OGH 5Ob12/94

OGH5Ob12/9428.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dipl.Ing. Herbert H*****, vertreten durch Dr.Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wegen Vormerkung des Eigentumsrechtes, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 25. November 1993, GZ 5 R 399/93, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Stockerau vom 13.September 1993, TZ 3205/93, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Ob der im Alleineigentum des Gerhart H*****, geboren 1952-07-05, stehenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch 11142 ***** ist unter B LNr 1e (TZ 2797/93) die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung vorgemerkt.

Unter TZ 2582/93 (C LNr 10 a) sowie unter TZ 3202/93 (C-LNr 13a) sind vertragliche Belastungs- und Veräußerungsverbote für Elvira H*****, geboren ***** 1927, bzw. Cornelia H*****, geboren ***** 1965 eingetragen.

Unter TZ 3204/93 (C LNr 14a) sowie unter TZ 3214/93 (C LNr 15a) sind ob dieser Liegenschaft auf Grund von einstweiligen Verfügungen des Landesgerichtes Korneuburg vom 3. September 1993 (2 Cg 146/93h) bzw. vom 10. September 1993 (2 Cg 150/93x) das an den Alleineigentümer der Liegenschaft ergangene Veräußerungs- und Belastungsverbot eingetragen. In den genannten einstweiligen Verfügungen wurde auch die Abnahme und gerichtliche Hinterlegung der einzigen Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses für die beabsichtigte Veräußerung vom 3. August 1993, TZ 2797/93 (B LNr 1e), angeordnet.

Mit dem am 9. September 1993 beim Erstgericht eingebrachten Gesuch, TZ 3205/93, beantragte der Antragsteller aufgrund des Kaufvertrages vom 7.September 1993 und der "Zustimmungserklärungen" der Elvira H***** sowie der Cornelia H*****, je vom 7. September 1993, sowie unter Vorlage des Rangordnungsbeschlusses vom 3. August 1993, TZ 2797/1993, und der Baulandbestätigung der *****gemeinde S***** die Vormerkung des Eigentumsrechtes für sich im Range der Anmerkung der Rangordnung TZ 2797/93. Am 13. September 1993, also am 4. Tag nach dem Einlangen dieses Vormerkungsgesuches, nahm der Vorsteher des Erstgerichtes die einzige Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses aus dem Grundbuchsakt und in gerichtliche Verwahrung (Amtsvermerk vom 13. September 1993, Jv 737/93).

Das Erstgericht wies den Antrag auf Vormerkung des Eigentumsrechtes im Range der Rangordnung ab; infolge des Fehlens der einzigen Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses könne nunmehr (das heißt im Zeitpunkte der Entscheidung) das Gesuch nicht mehr bewilligt werden.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß gerichteten Rekurs nicht Folge. Im Zeitpunkt der Beschlußfassung sei die erforderliche Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses nicht mehr vorgelegen. Der ordentliche Rekurs sei zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob im Falle der nach dem Einlangen des Gesuches erfolgten Abnahme des Rangordnungsbeschlusses auch von der Sach- und Rechtslage zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Beschlusses auszugehen sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die angefochtenen Beschlüsse abzuändern und die begehrte Vormerkung des Eigentums im Range der Rangordnung zu bewilligen.

Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 93 GBG ist der Zeitpunkt, in dem ein Ansuchen bei dem Grundbuchsgericht einlangt, für die Beurteilung dieses Ansuchens entscheidend. Diese Bestimmung entspricht verfahrensrechtlich dem materiellrechtlichen Rangordnungsgrundsatz gemäß § 29 GBG. Die Berücksichtigung späterer Vorgänge zwischen dem Einlangen des Gesuches und der gerichtlichen Erledigung ist dem Grundbuchsgericht regelmäßig verwehrt, weil das Grundbuchsverfahren als reines Aktenverfahren - von wenigen, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - Zwischenerledigungen verbietet (§ 95 Abs 1 GBG). Im Grundbuchsverfahren ist daher eine Änderung der Entscheidungsgrundlagen im Zeitraum zwischen Einlangen des Gesuches bei Gericht und dessen Erledigung rechtlich unerheblich (vgl Bartsch, Grundbuchsgesetz7, 94 FN 76). Die Wirksamkeit der Anmerkung der Rangordnung ist gemäß § 55 GBG mit (höchstens) einem Jahr befristet, das Eintragungsgesuch muß daher gemäß § 57 Abs 2 GBG bis zum Ende dieser Frist erfolgen. Ein (nachträglicher) Ablauf dieser Frist zwischen dem Einlangen und der Erledigung des Gesuches ist folgerichtig ebenso unschädlich, wie die hier erfolgte "Abnahme" des Rangordnungsbeschlusses in diesem Zeitraum. In Durchführung des materiellen Rangordnungsgrundsatzes reicht es daher aus, daß der Rangordnungsbeschluß im Zeitpunkt des Einlangens des Gesuches beim Grundbuchsgericht vorlag.

Das Grundbuchsgericht hat zwar das Ansuchen und seine Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen (§ 94 Abs 1 GBG), die Beilagen müssen daher auch zur Zeit der Entscheidung über das Grundbuchsgesuch vom Gericht überprüft werden können. Dies bedeutet aber nicht, daß die Beilagen im Grundbuchsakt selbst erliegen müssen. Es genügt vielmehr, daß diese Beilagen beim Grundbuchsgericht erliegen. Dies war hier auch der Fall. Das Grundbuchsgericht wäre jedenfalls in der Lage gewesen, in die in "Verwahrung" des Vorstehers des Erstgerichtes befindliche Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses Einsicht zu nehmen und der ihm obliegenden Prüfungspflicht nachzukommen.

Demzufolge wäre das Ansuchen zu bewilligen, stünde ihm nicht doch ein gemäß § 94 Abs 1 GBG amtswegig wahrzunehmendes Hindernis entgegen.

Ein zwischen Angehörigen begründetes im Grundbuch eingetragenes Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB hat absolute Wirkung und verbietet die Eigentumsübertragung (Koziol-Welser9 II 47). Diese Wirkung des Verbotes kann allerdings durch das Einverständnis des Verbotsberechtigten beseitigt werden (Koziol-Welser, aaO, 48 s. Rechtsprechungshinweis). Die Veräußerung der mit dem Verbot belasteten Liegenschaft ist daher trotz des haftenden Verbotes zulässig, wenn der Verbotsberechtigte zustimmt. Unter Zustimmung ist aber die Aufgabe des Rechtes des Verbotsberechtigten zu verstehen (SZ 15/17); denn das Veräußerungs- und Belastungsverbot gemäß § 364c ABGB verpflichtet nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstige Rechtsnachfolger; dabei handelt es sich um zwingendes Recht (Spielbüchler - Rummel, ABGB**2 Rz 15 zu § 364c). Eine vertragsmäßige Ausdehnung der Bindung auf sonstige Rechtsnachfolger des ersten Eigentümers ist nach dem Wortlaut des § 364 c ABGB unwirksam, da das Verbot nach diesem Wortlaut, wie ausgedehnt es auch vereinbart sein mag, doch immer nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger verpflichtet. Die Zulassung einer vertragsmäßigen Ausdehnung der sich aus dem Belastungs- und Veräußerungsverbot ergebenden Verpflichtung auf die Erben und sonstigen Rechtsnachfolger des ersten Eigentümers widerspräche aber auch dem vom Gesetz angestrebten Zweck, Kredit und Verkehr im allgemeinen vor der Hemmung durch Belastungs- und Veräußerungsverbote zu bewahren (SZ 25/95 mwN; ebenso Koziol-Welser aaO 47 f mwN).

Die "Zustimmungserklärungen" der Verbotsberechtigten (C LNr 10a und

13a) vom 7. September 1993 haben folgenden Wortlaut: "In Zustimmung

zu diesem Kaufvertrag erteilt hiemit Elvira H***** bzw. Cornelia

H***** ........ ihre ausdrückliche Einwilligung, daß unter

Fortbestand des zu ihren Gunsten eingetragenen Belastungs- und

Veräußerungsverbotes das Eigentumsrecht für Herrn Dipl.Ing.Herbert

H***** ob der Liegenschaft ...... einverleibt werden kann".

Im Kaufvertrag vom selben Tag wird darauf Bezug genommen wie folgt:

"Weiters übernimmt die kaufende Partei die Belastungs- und

Veräußerungsverbote ....... zur Duldung und erklärt, die verkaufende

Partei diesbezüglich vollkommen klag- und schadlos zu halten."

In diesem Zusammenhang halten die Vertragsteile noch fest, daß die

Zustimmung zum gegenständlichen Kaufvertrag von Frau Elvira H*****

...... und Frau Cornelia H***** ..... als aus den Belastungs- und

Veräußerungsverboten Berechtigten bereits erfolgt ist.

Die Berechtigten aus den Veräußerungsverboten haben ihre "Zustimmung" zur Veräußerung der Liegenschaft somit bloß "unter Fortbestand des zu ihren Gunsten eigetragenen Veräußerungs- und Belastungsverbotes", erteilt und versuchen damit nur in unzulässiger Weise das Verbot auf den Rechtsnachfolger (Käufer) zu übertragen und dadurch die zwingende Beschränkung auf den ersten Vertragspartner (Verkäufer) zu umgehen. Da die Verbotsberechtigten mit diesen Erklärungen auf ihr Recht aus den Veräußerungsverboten nicht verzichtet haben, liegen keine "Zustimmungserklärungen" vor, die eine Veräußerung der Liegenschaft trotz der haftenden Verbote zulässig machen würden. Der Antragsteller kann daher die hier für die beabsichtigte Veräußerung erwirkte Rangordnung nicht ausnützen (vgl. Spielbüchler in Rummel, ABGB**2, Rz 13 zu § 364 c).

Zu Bemerken ist allerdings noch, daß das zugunsten der Cornelia H***** einverleibte Veräußerungsverbot der Ranganmerkung im Rang nachfolgt und damit der Vormerkung des Eigentumsrechtes des Antragstellers im Rang der angemerkten Rangordnung an sich nicht im Wege stünde.

Aus diesen die Bewilligung hindernden Gründen erweist sich der Revisionsrekurs als im Ergebnis nicht berechtigt.

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