OGH 1Ob97/13s

OGH1Ob97/13s27.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Oberösterreich, vertreten durch Mag. Klaus Michael Fürlinger und Mag. Hans Peherstorfer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 31 Cg 99/09h des Landesgerichts Linz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 22. April 2013, GZ 4 R 14/13a-6, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 28. Dezember 2012, GZ 31 Cg 66/12k-3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Vorprüfungsverfahrens ist ganz allgemein die Prüfung, ob der Wiederaufnahmskläger selbst bei Annahme des Zutreffens der von ihm behaupteten Wiederaufnahmsgründe das Ziel seiner Rechtsgestaltungsklage, die Beseitigung (Aufhebung oder Abänderung) der bekämpften gerichtlichen Entscheidung, erreichen könnte (vgl RIS-Justiz RS0044640). Bei der abstrakt vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen im Vorprüfungsverfahren lässt sich nur beurteilen, ob sich aus dem Klagsvorbringen selbst ergibt, dass die vorgebrachten Tatsachen oder die aus den neuen Beweismitteln abzuleitenden Tatsachen sogar dann, wenn man sie als richtig unterstellt, zu keiner Änderung der (früheren) Entscheidung führen können. Wäre dies zu bejahen, dann sind die allfälligen Neuerungen abstrakt als Wiederaufnahmsgrund untauglich und die Klage ist mit Beschluss zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0044631). Die Prüfung der Schlüssigkeit der Wiederaufnahmsklage im Vorprüfungsverfahren hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und begründet nur im Fall einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung eine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS-Justiz RS0037780 [T14]). Eine solche zeigt die klagende Partei in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs aber nicht auf.

Im Vorprozess wurde die klagende Partei verpflichtet, der hier beklagten Partei frustrierte Kosten rechtswidrig aufgehobener Baubewilligungen zu ersetzen. Zusätzlich wurde ihre Haftung für zukünftige Schäden aus ihrem Bescheid vom 21. 2. 2007, mit dem die Baubewilligungsbescheide rechtswidrig aufgehoben worden waren, festgestellt. Die klagende Partei begehrt gestützt auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO die Wiederaufnahme dieses rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens. Nach ihrem Vorbringen sei die beklagte Partei nach Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids durch den Verwaltungsgerichtshof und noch vor Umwidmung der Bauflächen in Grünland an der (noch möglichen) Verwirklichung des Projekts gar nicht mehr interessiert gewesen. An einem allfälligen Verdienstentgang treffe sie deshalb das Alleinverschulden. Hätte sie das Projekt fortgesetzt und verwirklicht, wären auch die im Baubewilligungsverfahren entstandenen Kosten nicht frustriert gewesen.

Mit diesem Vorbringen vermag die Revisionswerberin aber nicht zu erklären, inwieweit der behauptete, durch Vorlage von Urkunden zu beweisende nachträgliche Entschluss der Bauwerberin, das Projekt nicht fortzusetzen, das Ergebnis des Vorprozesses ändern hätte können. Dass die Bauwerberin von Anfang an nicht die Absicht gehabt hätte, das Projekt zu realisieren, und deshalb sinnlos die Erteilung von Baubewilligungen erwirkt hätte, behauptet die klagende Partei ohnehin nicht, ebenso wenig die fortdauernde Wirksamkeit der aufgehobenen Baubewilligungen. Damit ist aber schwer verständlich, wieso im Zusammenhang mit deren Erwirkung aufgelaufene Verfahrenskosten nicht frustriert sein sollten. Für die Berechtigung eines Feststellungsbegehrens reicht nach der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur (RIS-Justiz RS0038865) die Möglichkeit des Eintritts zukünftiger Schäden bereits aus. Gerade die Abstandnahme von der Durchführung eines Bauprojekts nach Aufhebung von Baubewilligungen wäre geeignet, finanzielle Nachteile der Bauwerberin zu bewirken, und zwar nicht nur durch entgangene Einnahmen aus einer Vermietung, sondern auch aufgrund von Ansprüchen Dritter, die auf die Realisierung vertraut hätten. Hätte die Bauwerberin das Projekt fortgesetzt, wäre der Eintritt von Schäden aufgrund eines verzögerten Baubeginns und der Belastung mit neuen Kosten für die Erteilung der Bewilligung auf der Hand gelegen. Entgegen ihren Befürchtungen, die sie zur Einbringung der Wiederaufnahmsklage veranlasst haben sollen, steht der klagenden Partei im bereits eingeleiteten Leistungsprozess auf Zahlung entgangenen Mietzinses der Einwand offen, dass dieser Schaden (teilweise) nicht auf das haftungsbegründende Ereignis, also den rechtswidrigen Entzug der Baubewilligung, sondern ausschließlich auf den Entschluss der Bauwerberin, das Projekt nicht fortzusetzen, zurückzuführen sei (vgl RIS-Justiz RS0111722 [T1, T6]). Mit ihrem bereits im Vorprozess erstatteten Vorbringen, die Bauwerberin hätte trotz der Aufhebung der Baubewilligungen und der letztlich erfolgten Umwidmung der Bauflächen in Grünland ihr Projekt umsetzen können, macht sie auch kein Mitverschulden, sondern eine Verletzung der Obliegenheit geltend, den drohenden Schaden zu vermeiden oder zu verringern (RIS-Justiz RS0027043; vgl RS0022681 [T4]; vgl Karner in KBB3 § 1304 ABGB Rz 9 mwN). Die Frage der Schadensminderungspflicht betrifft aber nicht den Grund des Anspruchs, sondern dessen Höhe (RIS-Justiz RS0040783 [T1]; RS0106185 [T4]) und war deshalb im Feststellungsurteil des Vorprozesses nicht abschließend zu klären.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte