OGH 1Ob30/13p

OGH1Ob30/13p21.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei E***** S*****, vertreten durch Dr. Johann Wolfgang Hochleitner, Rechtsanwalt in Eferding, wegen 112.522,63 EUR sA und Feststellung (10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Dezember 2012, GZ 2 R 121/12w-41, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 20. April 2012, GZ 3 Cg 18/10x-36, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

1. Die Klägerin begehrt unter Berufung auf ein Hälftemitverschulden der Beklagten den anteiligen Ersatz von Kosten, die sie als Versicherer des von einem Mitarbeiter des Unterbestandnehmers der Beklagten beauftragten Heizöllieferanten zur Beseitigung einer Kontamination getragen hat; zu dieser war es bei zwei Betankungsvorgängen durch den Austritt von Heizöl in den Tankraum, von wo es wegen einer Undichtheit in das Erdreich gelangen konnte, gekommen. Die Beklagte hielt dem Begehren entgegen, dass der Schaden allein auf das grob fahrlässige Verhalten des Fahrers der Versicherungsnehmerin der Klägerin zurückzuführen sei.

Rechtliche Beurteilung

2. Die Klägerin legt den Schwerpunkt ihres außerordentlichen Rechtsmittels auf eine der Beklagten als Liegenschaftseigentümerin anzulastende Schutzgesetz-verletzung und zielt damit auf deren Haftung als Anlagenbetreiberin ab, weil sie gegen die Pflicht zur Wartung und Instandhaltung des Öllagerraums verstoßen habe. Ob die Beklagte als Bestandgeberin auch Anlagenbetreiberin war, wie die Revisionswerberin meint, muss hier aber nicht geklärt werden, weil bereits die von den Tatsacheninstanzen zur Beurteilung eines Regresses unter Gesamtschuldnern festgestellten Zurechnungsmomente einen Rückgriff gegenüber der Beklagten ausschließen. Auf die von der Klägerin als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob sich der Eigentümer eines Öllagerraums sich seiner Pflichten nach § 31 Abs 1 WRG durch Vermieten oder Verpachten der Liegenschaft entledigen kann, kommt es daher nicht an.

3. Mehrere haftpflichtige Verursacher haften für die zur Verwendung einer Gewässerverunreinigung aufgewendeten Kosten zur ungeteilten Hand, auch dann, wenn einem der Verursacher diese Kosten ohne behördliche Intervention erwachsen sind (RIS-Justiz RS0108333 [T1]; RS0111936). Nach ständiger Rechtsprechung erfolgt der Ausgleich im Innenverhältnis zwischen dem Verursacher, der den Kostenaufwand iSd § 31 Abs 2 WRG getragen hat und einem anderen Ersatzpflichtigen nach den Grundsätzen des § 896 ABGB (RIS-Justiz RS0017493). Ob und in welchem Umfang ein Rückgriffsrecht entsteht, richtet sich primär nach dem besonderen Verhältnis unter den Solidarschuldnern. Dieses besondere Verhältnis kann auf rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen den Mitschuldnern beruhen, aber auch auf schadenersatzrechtlichen Verflechtungen und sonstigen Umständen, die im konkreten Fall ein Abweichen vom Rückgriff nach Kopfteilen rechtfertigen (1 Ob 204/12z = bbl 2013, 65/77 mwN). Auch die Schwere des Verschuldens kommt als „besonderes Verhältnis“ nach § 896 ABGB in Betracht (2 Ob 266/98a; P. Bydlinski, Die Regresskriterien bei der Schadenersatz-Gesamtschuld, RZ 2013, 57 ff [58 f] mit beachtlicher Kritik an der Heranziehung von Verursachungs- und Rechtswidrigkeitsanteilen). Die Zurechnungsgründe können dabei bei einem Gesamtschuldner so gering ausgeprägt sein, dass er im Innenverhältnis nicht zum Ausgleich heranzuziehen ist (vgl zum Mitverschulden nach § 1304 ABGB RIS-Justiz RS0027202, zuletzt 3 Ob 55/12b).

4. Das Verschulden des Tankwagenfahrers, der in mehrfacher Weise gegen die ihn treffenden Pflichten verstoßen hat, ist nicht mehr Thema des Revisionsverfahrens. Dem gegenüber, war die auf der von der Beklagten erworbenen Liegenschaft befindliche Heizanlage von befugten Gewerbetreibenden errichtet worden und war mit den erforderlichen Bewilligungen ausgestattet. Liegen die erforderlichen behördlichen Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb einer Tankanlage vor, ist aber ein Mitverschulden ihres Eigentümers/Betreibers in der Regel zu verneinen (RIS-Justiz RS0088981 [T2]). Hinzu kommt, dass gar nicht erwiesen ist, dass die Fuge im Bereich der Hohlkehle die Ursache für die Undichtheit des Öllagerraums war, wie die Klägerin selbst zugesteht. Nach dem festgestellten Sachverhalt fehlt es damit an Anhaltspunkten, dass die Undichtheit des Öllagerraums bei einem bloßen Augenschein feststellbar gewesen wäre. Nach den getroffenen Feststellungen hätte es nur die Befüllung des Raums mit Wasser ermöglicht, eine Undichtheit des Tankraums festzustellen. Eine solche Maßnahme ist aber nicht üblich, weswegen es der Beklagten auch nicht als Verschulden zugerechnet werden kann, dass sie diese unterlassen hat. Damit fehlt es aber jedenfalls an einem ausreichend gewichtigen Zurechnungsgrund, der den von der Klägerin angestrebten Rückgriff rechtfertigen könnte, selbst wenn man deren Ansicht teilen wollte, die Beklagte wäre als Bestandgeberin auch Anlagenbetreiberin gemäß § 31 Abs 1 WRG und als solche zur Instandhaltung des Öllagerraums verpflichtet gewesen.

4. Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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