OGH 6Ob42/13i

OGH6Ob42/13i8.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg zu FN ***** eingetragenen P***** Privatstiftung mit den Antragstellern 1. S***** H*****, 2. Dr. K***** G*****, 3. M***** P*****, alle vertreten durch Dr. Christian Kuhn Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Mag. P***** K*****, 2. Dr. G***** H*****, 3. E***** L*****, alle vertreten durch Dr. Daniel Bräunlich Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 23. Jänner 2013, GZ 6 R 13/13v‑22, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 12. Dezember 2012, GZ 45 Fr 8609/12x‑17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsteller sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Antragsgegnern die mit 2.370,44 EUR (darin enthalten 395,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Im Firmenbuch des Erstgerichts ist seit 13. Juni 1998 die von M***** P***** errichtete P***** Privatstiftung eingetragen. Die Stiftungsurkunde lautet in ihrer aktuellen Fassung vom 22. März 2011 auszugsweise:

„§ 2 Stiftungszweck

(1) Zweck der Stiftung ist:

a) die Unterstützung der Stifterin, insbesondere die Sicherung ihres angemessenen Lebensunterhaltes, ihrer Altersvorsorge sowie die private und wirtschaftliche Förderung der Stifterin im weitesten Sinne;

b) die Unterstützung und Förderung der Wissenschaft und Forschung […];

c) die Unterstützung und Förderung von Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem sittlichem oder materiellem Gebiet nützen;

d) [...]

[...].

§ 6 Stiftungsvorstand

[...]

(7) Zu Lebzeiten der Stifterin und solange diese handlungsfähig ist, werden die Mitglieder des Stiftungsvorstandes ‑ solange kein Beirat bestellt ist ‑ von dieser bestellt und ‑ soferne dies rechtlich zulässig ist ‑ auch abberufen, falls dies zwingend geboten ist, nur aus wichtigem Grund. Für den Fall, dass ein Beirat bestellt worden ist, obliegt die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes dem Beirat.

[...]

§ 6a Beirat

(1) Die Stifterin ist berechtigt aber nicht verpflichtet, einen Beirat einzurichten, dessen Aufgaben die Beratung des Stiftungsvorstandes sowie die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes ist.

(2) Der Beirat besteht aus mindestens einer und höchstens vier natürlichen Personen. Die Mitglieder des Beirats werden von der Stifterin bestellt und abberufen. [...].

§ 8 Begünstigte

(1) Begünstigte sind:

a) Die Stifterin bis zu ihrem Ableben;

b) Wissenschaftliche und sonstige Forschungseinrichtungen …

c) Einrichtungen des öffentlichen oder privaten Rechts, oder Personen, die die unter § 2 Absatz (1) c) angeführten Voraussetzungen erfüllen;

d) …

...“

Im Firmenbuch sind als Vorstandsmitglieder derzeit die Antragsgegner eingetragen.

Am 23. September 2011 errichtete die Stifterin gemäß § 6a der Stiftungsurkunde einen Beirat und bestellte P***** F***** zum einzigen Beiratsmitglied mit der Funktionsdauer bis 31. Dezember 2014. Die Stifterin behielt sich dabei ausdrücklich vor, Mitglieder des Beirats auch vor Ablauf ihrer Funktionsdauer abzuberufen.

Am 9. Oktober 2012 fasste P***** F***** folgenden Beschluss:

„I. Abberufung sämtlicher Mitglieder des Stiftungsvorstandes mit sofortiger Wirkung

Der Beirat der P***** Privatstiftung beruft hiemit sämtliche Mitglieder des Stiftungsvorstandes ([Antragsgegner]) der P***** Privatstiftung mit sofortiger Wirkung ab, dies aus folgenden Gründen:

a) Aufgrund unbefriedigender Anlageergebnisse hat die Stifterin mehrfach angeregt, das Depot der Stiftung auf eine Schweizer Bank zu transferieren. Diese Anregung wurde vom Stiftungsvorstand unbegründet abgelehnt. Hieraus sind der Stiftung Nachteile entstanden.

b) Der Stiftungsvorstand hat wiederholt erst nach mehrfacher Aufforderung durch die Stifterin die Verpflichtungen der Privatstiftung gegenüber den Finanzbehörden erfüllt, was zu vermeidbarem Mehraufwand und Zusatzkosten geführt hat, die für die Privatstiftung von Nachteil waren.

c) Der Stiftungsvorstand hat die begünstigte Stifterin nur unvollständig und verzögert über die Vermögenslage der Stiftung informiert, worin eine Verletzung der Begünstigtenrechte gemäß § 30 PSG (Auskunftsrechte) zu erblicken ist.

d) In der Person des Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes [Zweitantragsgegner] kommt es wiederholt zu Interessenkonflikten. [Zweitantragsgegner] war persönlich am Erwerb von P*****-Aktien interessiert und wurde in der Folge Eigentümer derartiger Aktien. [Zweitantragsgegner] hat diese Aktien auch von der P***** Privatstiftung selbst erworben. Um sich den dafür erforderlichen Genehmigungsmechanismen zu entziehen, hat er seine Stiftungsvorstandsfunktion vorübergehend zurückgelegt.

e) Die Vorstandsmitglieder haben die Stifterin bedrängt, das Honorar für die Tätigkeit als Stiftungsvorstand deutlich zu erhöhen, aber die Stifterin sollte die ihr zustehenden Zahlungen neu in Euro statt in Schweizer Franken erhalten, als der Kurs des Euro zum Schweizer Franken fiel.

f) Das Mitglied des Stiftungsvorstandes [Zweitantragsgegner] hat gegenüber der Stifterin mehrfach erklärt, an seinem 70. Geburtstag seine Funktion als Mitglied des Stiftungsvorstandes niederlegen zu wollen. Obwohl [Zweitantragsgegner] am 29.6.2012 70 Jahre alt wurde, ist er bislang nicht von seiner Funktion als Stiftungsvorstand zurückgetreten.

g) Als die Stifterin gegenüber den Mitgliedern des Stiftungsvorstandes ihren Vertrauensmangel äußerte, boten diese der Stifterin an, unter folgenden Bedingungen ihre Ämter niederzulegen:

- die Stifterin erteilt dem Stiftungsvorstand hinsichtlich den Jahresabschlüssen und den dokumentierten Rechtsgeschäften die uneingeschränkte Entlastung im Sinne des § 35a Abs 1 Z 1 GmbHG;

- die Stifterin bestätigt, dass sämtliche Vergütungen der Stiftungsvorstände der vergangenen Jahre der Stifterin bekannt und von dieser veranlasst und/oder genehmigt wurden.

- die Stifterin bestätigt, dass ihr vom Stiftungsvorstand vierteljährlich Anlageinformationen und Aufstellungen über die Erträgnisse übermittelt wurden, dass sie über die Anlagepolitik laufend informiert wurde, dass diese von ihr gebilligt wurde und erteilt hiezu die uneingeschränkte Entlastung.

- Die Stifterin bestätigt die Vollständigkeit sämtlicher Stiftungsunterlagen.

Die diesbezüglichen Bedingungen entbehren jeglicher rechtlicher Grundlage, der Stifterin wurden die diesbezüglichen Informationen nicht erteilt. Die gewünschte Haftungsentbindung lässt auf ein pflichtwidriges Verhalten des Stiftungsvorstandes schließen. Aufgrund des dadurch entstandenen Misstrauens der Stifterin, ersuchte diese in der Folge um Übermittlung von Kopien sämtlicher Bankkontenauszüge der P***** Privatstiftung ab dem Jahr 2007. Dies lehnten die Mitglieder des Stiftungsvorstandes unter Hinweis auf den damit verbundenen beträchtlichen Kosten- und Verwaltungsaufwand ab. Dies verstärkte das Misstrauen der Stifterin, zumal die Erstellung von Kontoauszügen keinen erheblichen Aufwand verursacht und die schnellstmögliche Durchsicht hinsichtlich der Kontobewegungen gewährleistet. Erst über wiederholtes Ersuchen der Stifterin wurden dieser Ordner mit Unterlagen und Belegen der P***** Privatstiftung übergeben. Da die Ordner jedoch vorerst keine Kontoauszüge enthielten, konnte die Vollständigkeit der Belege vorerst nicht überprüft werden. Schließlich wurden der Stifterin - nach Ablauf mehrerer Monate - die Kontoauszüge zur Verfügung gestellt. Diesen konnte entnommen werden, dass in den vergangenen sechs Jahren Verwaltungskosten von mindestens EUR 230.000,00 verursacht wurden.

h) Anfang des Jahres 2012 boten die Mitglieder des Stiftungsvorstandes der Stifterin erneut an, ihre Vorstandsfunktionen zurückzulegen, sofern die Stifterin schriftlich erklärt, keine Ansprüche ihnen gegenüber geltend zu machen. Obwohl die Stifterin unverzüglich eine wortgleiche Erklärung unterfertigte, haben die Mitglieder des Stiftungsvorstandes ihren Rücktritt nicht erklärt.

i) Besonders bezeichnend für die Einstellung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes ist das Schreiben von Rechtsanwalt Dr. Daniel Bräunlich an Dr. Christian Kuhn vom 2.4.2012, in dem dieser unter Punkt 4. Folgendes erklärt:

Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, dass wir über eine angemessene Abfindung der Stiftungsvorstände sprechen müssen. Diese sind ja auf unbestimmte Zeit bestellt worden. Es gibt sicherlich keinen Grund, der eine Abberufung aus wichtigem Grund rechtfertigen würde. Der (mögliche) Rücktritt des Stiftungsvorstandes erfolgt vielmehr über Wunsch der Stifterin.'

Abgesehen davon, dass für die Abberufung durch einen Beirat kein wichtiger Grund, sondern bloß ein sachlicher Grund vorliegen muss, gibt es keinen wie immer gearteten Rechtsgrund dafür, dass der Stiftungsvorstand eine 'angemessene Abfindung“ begehrt. Allein die Erhebung eines derartigen Begehrens stellt einen sachlichen Grund zur Abberufung dar.

Die vorgenannten Gründe, insbesondere dass die Mitglieder des Stiftungsvorstandes ihre Verpflichtungen gemäß § 17 PSG gegenüber der Privatstiftung nicht erfüllen, haben bewirkt, dass das Vertrauen in die Mitglieder des Vorstands verlorengegangen ist; darüber hinaus liegen auch Verstöße gegen die Stiftungsurkunde vor, weil das Vermögen der Stiftung nicht so verwaltet wurde, dass es in seinem Wert möglichst ungeschmälert erhalten geblieben ist. All diese Gründe rechtfertigen eine Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstands.

II. Neubestellung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands mit sofortiger Wirkung

Der Beirat bestellt gemäß § 6 Abs 7 der Stiftungsurkunde [Antragsteller] für die Funktionsdauer von drei Jahren gemäß § 6 Abs 6 der Stiftungsurkunde als Mitglieder des Stiftungsvorstandes der P***** Privatstiftung. Die Vorstandsmitglieder sind jeweils gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied zur Vertretung befugt.“

Die Antragsteller beantragten die Löschung der Antragsgegner und ihre eigene Eintragung jeweils als Vorstandsmitglieder. Sie brachten vor, die für die Abberufung maßgeblichen Gründe ergäben sich aus dem Beschluss des P***** F*****. Das PSG idF BGBl I 2010/111 gehe weiter als die bis dahin vorgelegene Judikatur und die Firmenbuchpraxis, die für die Abberufung einen wichtigen Grund verlangt hätten. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes sei daher ausreichend und die Abberufung der Vorstandsmitglieder aus den angeführten sachlichen Gründen rechtswirksam. Die Stiftungsurkunde, insbesondere deren § 6 Abs 7 und § 6a, entsprächen dem PSG idgF, der Beirat sei rechtswirksam eingerichtet und ein Einpersonenbeirat zulässig.

Die Antragsgegner beantragten die Zurück-, hilfsweise Abweisung des Antrags. Sie brachten zusammengefasst vor, ihre Abberufung als auf unbestimmte Zeit bestellte Vorstandsmitglieder sei nur aus wichtigem Grund möglich, ein solcher sei jedoch nicht dargelegt worden. In der Stiftungserklärung seien die Abberufungsgründe zu unbestimmt gefasst worden. Der Beirat sei nicht rechtswirksam eingerichtet worden, da § 6a der Stiftungsurkunde die Stifterin nur ermächtige, einen Beirat einzurichten, ein fakultatives Organ jedoch in der Stiftungsurkunde errichtet werden müsse. Ein Einpersonenbeirat sei rechtswidrig. Der Beirat sei als reines Vollzugsorgan der Stifterin konstruiert, das einzige Beiratsmitglied sei mit der Wahrnehmung der Interessen der Begünstigten im Beirat beauftragt, sodass diesen entgegen § 14 Abs 4 PSG die Stimmenmehrheit im Beirat zukomme. Der Beirat sei auch aufsichtsratsähnlich. Die im Beschluss des Beirats vom 9. Oktober 2012 angeführten Gründe rechtfertigten die Abberufung nicht. Sie seien vollkommen unsubstantiiert und erschöpften sich in pauschalen Vorwürfen. Die angeblich verursachten Nachteile seien nicht konkretisiert oder beziffert worden. Die erhobenen Vorwürfe träfen auch nicht zu.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es meinte rechtlich, aus § 14 Abs 4 PSG und den Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2011 gehe hervor, dass Vorstandsmitglieder nicht nur aus den wichtigen Gründen des § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG abberufen werden können. Es komme in gewissem Umfang, soweit damit nicht die erforderliche Unabhängigkeit des Stiftungsvorstands unterlaufen werde, auch eine Ausdehnung der Abberufungsgründe durch die Stiftungsurkunde in Betracht. § 6 Abs 7 der Stiftungsurkunde erlaube die Abberufung nur aus wichtigem Grund, falls dies zwingend geboten ist, ohne konkrete Abberufungsgründe festzulegen. Ausgehend von der Entscheidung 6 Ob 42/09h, in der eine weite Fassung der Abberufungsgründe abgelehnt worden sei, sei für eine Ausweitung der Abberufungsgründe in der Stiftungsurkunde die konkrete Bezeichnung der sachlichen Abberufungsgründe erforderlich. Da dies in der Stiftungsurkunde unterblieben sei, sei eine Abberufung der Vorstandsmitglieder nur aus wichtigem Grund möglich. Da selbst nach dem Vorbringen der Antragsteller die Vorstandsmitglieder nur aus sachlichen Gründen abberufen worden seien, sei der Antrag schon aus diesem Grund abzuweisen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es führte aus:

1. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 14 Abs 3 und 4 PSG idF Budgetbegleitgesetz 2011 könne nur einem mehrgliedrigen Organ das Recht zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern zukommen. Die Abberufung des Stiftungsvorstands sei somit schon im Hinblick darauf nicht rechtswirksam erfolgt, dass das PSG einem nur aus einer Person bestehenden Organ die Abberufungsbefugnis nicht einräume. Somit bedürfe es keiner Stellungnahme zur Frage der gesetzmäßig erfolgten Einrichtung („geheimes Organ") und zur Aufsichtsratsähnlichkeit des Beirats.

2. Selbst wenn aber einem Einpersonenbeirat das Recht zur Abberufung des Stiftungsvorstands eingeräumt werden könnte, hätte P***** F***** den auf bloß sachliche Gründe gestützten Abberufungsbeschluss nicht rechtswirksam gefasst: Nach § 14 Abs 4 PSG dürfe ua Personen, die von Begünstigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Organ nach § 14 Abs 2 PSG beauftragt worden seien, nicht die Mehrheit der Stimmen zustehen. Jedes Organ nach § 14 Abs 2 PSG, so auch der Beirat (sofern man ihm Organqualität zumesse), könne nur zur Wahrung des Stiftungszwecks vorgesehen werden. Stiftungszweck sei nach der Stiftungsurkunde in erster Linie die Unterstützung der Stifterin, die bis zu ihrem Ableben Begünstigte sei. Der Wirkungsbereich des Beirats umfasse daher die Wahrung der Interessen der Stifterin. Die Bestellung des P***** F***** als einziges Beiratsmitglied müsse daher einer Beauftragung mit der Wahrnehmung der Interessen der begünstigten Stifterin im Organ nach § 14 Abs 2 PSG gleichgesetzt werden. Es könne nämlich nicht entscheidend sein, ob die Verpflichtung zur Wahrnehmung der Interessen der Begünstigten auf der Erteilung eines diesbezüglichen Auftrags oder auf einem Bestellungsakt der Begünstigten beruhe, der den Bestellten aufgrund der dadurch erlangten Funktion zur Wahrnehmung der Interessen der Begünstigten im Organ nach § 14 Abs 2 PSG verpflichte. Der Beirat (Organqualität vorausgesetzt) bestehe daher aus einer Person, die von der Begünstigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Organ beauftragt worden sei. Er erfülle daher die Voraussetzungen nach § 14 Abs 4 PSG nicht, weshalb er mit seiner einzigen Stimme die nur auf sachliche Abberufungsgründe (und somit nicht auf die Gründe nach § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG) gestützte Abberufung des Stiftungsvorstands nicht durchsetzen könne. Dass das Erstgericht das Vorliegen sachlicher Abberufungsgründe ungeprüft gelassen habe, begründe daher keinen Verfahrensmangel.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil zu den vom Rekursgericht entschiedenen, sich aus § 14 Abs 3 und Abs 4 PSG idF BGBl I 2010/111 ergebenden Rechtsfragen noch keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Der erkennende Senat hat erwogen:

1.1. Die Antragsteller haben sich in ihren Rechtsmitteln im Rubrum jeweils „als Mitglieder des Stiftungsvorstands“ bezeichnet und im Text der Rechtsmittel als „Antragsteller“ (ohne Hinweis auf ein Handeln in fremdem Namen) das Rechtsmittel erhoben. Unterschrieben sind die Rechtsmittel jedoch mit „P***** Privatstiftung“.

1.2. Es ist daher zunächst fraglich, ob die Antragsteller die Rechtsmittel im eigenen Namen oder im Namen der Stiftung oder in beider Namen erhoben haben. Im Fall der Erhebung namens der Stiftung wäre überdies die Legitimation der Antragsteller im Zeitpunkt der Erhebung der Rechtsmittel zweifelhaft, steht doch die Wirksamkeit ihrer Bestellung zu Stiftungsvorstandsmitgliedern und somit ihre (in dieser Entscheidung letztlich verneinte) Vertretungsmacht für die Stiftung gerade auf dem Prüfstand.

1.3. Diese Fragen müssen aber letztlich nicht geklärt werden:

1.3.1. Die Privatstiftung selbst genießt im vorliegenden Eintragungsverfahren Parteistellung und Rechtsmittellegitimation, weil sie als betroffener Rechtsträger zur Anmeldung ihrer vertretungsbefugten Organe verpflichtet ist (vgl zur GmbH 6 Ob 170/07d; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, § 17 Rz 8; vgl auch Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 15 FBG Rz 72, jeweils mwN).

1.3.2. Der erkennende Senat hat ausgesprochen, dass zur Vermeidung des bei der Privatstiftung bestehenden Kontrolldefizits auch abberufene Vorstandsmitglieder einer Privatstiftung im Verfahren betreffend ihre Löschung auch außerhalb eines Verfahrens nach § 27 Abs 2 PSG rekurslegitimiert sind (6 Ob 195/10k = RIS-Justiz RS0059158 [T13]; 6 Ob 101/11p = RIS-Justiz RS0059158 [T14]). Dasselbe muss spiegelbildlich auch für jedes (außerhalb von § 27 Abs 1 PSG) bestellte Vorstandsmitglied einer Privatstiftung gelten, dem die Eintragung verweigert wurde. Dabei kann im Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels dahingestellt bleiben, ob die Bestellung rechtswirksam war, weil im Streit um die Partei- und Prozessfähigkeit der Betreffende als partei- und prozessfähig zu behandeln ist (RIS-Justiz RS0035423). Dies gilt auch für die Frage des Vorliegens von Vertretungsmacht (RIS-Justiz RS0035423 [T3, T4]; 6 Ob 240/10b) und in gleicher Weise für die hier Voraussetzung für die Rekurslegitimation bildende Organeigenschaft (6 Ob 195/10k).

1.4. Nach dem Grundsatz der „sacherledigungsfreundlichen Auslegung“ ist zumindest im Zweifel davon auszugehen, dass ein Rechtsmittel vom tatsächlich Rechtsmittellegitimierten erhoben wurde (6 Ob 10/07z = RIS-Justiz RS0109396 [T1]). Im vorliegenden Fall ist daher der Revisionsrekurs im Zweifel sowohl von den Antragstellern als auch von der Privatstiftung erhoben anzusehen.

2. Gemäß § 14 Abs 2 PSG können die Stifter weitere Organe zur Wahrung des Stiftungszwecks vorsehen. Gemäß § 14 Abs 3 PSG ist, wenn einem Organ gemäß Abs 2 das Recht zukommt, den Stiftungsvorstand oder eines seiner Mitglieder abzuberufen, für derartige Entscheidungen eine Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen erforderlich; hat das Organ weniger als vier Mitglieder, so ist Stimmeneinhelligkeit erforderlich. Soll in einem solchen Fall der Stiftungsvorstand oder eines seiner Mitglieder aus anderen als den in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG angeführten Gründen abberufen werden, so darf gemäß § 14 Abs 4 PSG Begünstigten, deren Angehörigen (§ 15 Abs 2) und Personen, die von Begünstigten oder deren Angehörigen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Organ nach Abs 2 beauftragt wurden, bei dieser Entscheidung insgesamt nicht die Mehrheit der Stimmen zustehen.

3.1. Ein Organ iSd § 14 Abs 2 bis 4 PSG kann ‑ entgegen der Auffassung des Rekursgerichts ‑ auch aus nur einem Organmitglied bestehen (vgl 6 Ob 42/09h, wo der erkennende Senat nicht beanstandete, dass der dortige als Organ qualifizierte Beirat aus mindestens einem, höchstens jedoch aus vier Mitgliedern bestand; Arnold, PSG2 § 14 Rz 18 aE: „mindestens ein Organmitglied“). Aus dem Wortlaut der genannten Bestimmung kann nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Bei einem eingliedrigen Organ ist freilich die von § 14 Abs 3 PSG geforderte Stimmeneinhelligkeit notwendigerweise stets gegeben. Abgesehen von denjenigen Organen, für die das Gesetz eine Mindestanzahl an Mitgliedern vorsieht (für die Privatstiftung der Stiftungsvorstand gemäß § 15 Abs 1 PSG und der Aufsichtsrat gemäß § 23 Abs 1 PSG), gibt es weder im Privatstiftungs- noch im Gesellschaftsrecht eine generelle Norm, die für (sonstige) Organe eine Mindestzahl von Mitgliedern vorschreibt.

3.2. Der Beirat ist durch die grobe Umschreibung seiner Kompetenzen in § 6a Abs 1 der Stiftungsurkunde noch hinreichend eingerichtet iSd § 9 Abs 2 Z 4 PSG (vgl 6 Ob 305/01y; 6 Ob 291/02s; RIS-Justiz RS0117121 [T2]; Arnold, PSG2, § 14 Rz 18; vgl auch 6 Ob 239/08b = RIS‑Justiz RS0116028 [T1, T2, T3] = RS0107655 [T1]) und daher Organ. Dass die Konstituierung des Beirats abgesehen von seiner Regelung in der Stiftungsurkunde auch noch eines Willensakts der Stifterin bedarf, steht der Bejahung der Organqualität des Beirats nicht entgegen (Arnold, PSG2 § 14 Rz 19 unter Hinweis auf 6 Ob 291/02s).

4. Im Übrigen aber teilt der Oberste Gerichtshof die Begründung des Rekursgerichts in dessen Punkt 2. Darauf wird verwiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

5. Nach dieser Beurteilung haftet dem rekursgerichtlichen Verfahren kein Mangel an.

6. Den dagegen vorgebrachten Argumenten im Revisionsrekurs ist Folgendes zu entgegnen:

6.1. Die Rechtsmittelwerber meinen sinngemäß, der Beirat sei nicht mit der Wahrnehmung der Interessen der begünstigten Stifterin beauftragt worden: Er sei ihr gegenüber nicht weisungsgebunden. Daraus, dass der Beirat gemäß § 14 Abs 2 PSG zur Wahrung des Stiftungszwecks, der in der Unterstützung der Stifterin gemäß § 2 der Stiftungsurkunde bestehe, bestellt werde, könne nicht auf ein konkretes Mandatsverhältnis zwischen Stifterin und Beirat geschlossen werden. Ein derartiger Schluss sei absurd, weil alle Organe zur Wahrung des Stiftungszwecks verpflichtet seien, ohne deswegen schon Beauftragte bestimmter Personen zu sein. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts würde dazu führen, dass in einer Stiftung, deren Zweck die Ausschüttung von Begünstigungen sei, nie ein Beirat mit Abberufungskompetenz aus sachlichem Grund eingesetzt werden könnte, weil dann immer von einer Beauftragung der Mitglieder des Beirats mit der Wahrnehmung der Interessen der Begünstigten durch diese auszugehen wäre.

6.2. Dies ist nicht überzeugend: Der Beirat, der hier von der Stifterin in der Stiftungsurkunde eingerichtet und durch ihren Beschluss vom 23. September 2012 errichtet wurde, wird von ihr bestellt und abberufen. Die Stifterin hat sich im Bestellungsbeschluss die Abberufung des Beiratsmitglieds auch vor Ablauf der Funktionsdauer, somit die jederzeitige Abberufung, ohne Einschränkung auf irgendwelche Gründe vorbehalten. Der Beirat hängt daher so sehr am Gängelband der Stifterin, dass von einer Unabhängigkeit des Beirats von der Stifterin und deren Willen und Interessen keine Rede sein kann.

6.3. Die Auffassung des Rekursgerichts, die Beauftragung mit den Interessen könne nicht nur durch Auftrag (im Sinne der §§ 1002 ff ABGB), sondern auch durch Bestellung eines Organs, dem nach der (vom Stifter stammenden) Stiftungsurkunde die Wahrnehmung der Interessen des begünstigen Stifters obliegt, findet im Gesetzeswortlaut des § 14 Abs 4 PSG durchaus Deckung.

6.4. Dies träfe aber ‑ entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerber ‑ auf einen vom Stifter bestellten Beirat, dem nach der Stiftungsurkunde die Wahrnehmung der Interessen der Begünstigten obliegt, die nicht auch Stifter sind, nicht zu, weil dann der Beirat nicht ‑ wie § 14 Abs 4 PSG verlangt ‑ von den Begünstigten beauftragt wäre.

7. Im Licht dieser Beurteilung stellen sich die weiteren von den Rechtsmittelwerbern aufgeworfenen Fragen,

- ob die Abberufung eines Vorstandsmitglieds aus einem anderen Grund als den in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG angeführten Gründen die Nennung dieses Grundes in der Stiftungserklärung voraussetzt;

- ob ein unbefristet bestelltes Vorstandsmitglied nur aus wichtigem oder auch aus sachlichem Grund abberufen werden kann,

nicht.

8. Nach den vorstehenden Erwägungen ist auch nicht mehr darauf einzugehen, dass die Zulässigkeit der Eintragung aller drei Antragsteller als Vorstandsmitglieder auch deshalb fraglich wäre, weil zwei von ihnen nach dem Firmenbuchgesuch ihren Wohnsitz in der Schweiz haben und demnach die Voraussetzungen gemäß § 15 Abs 1 PSG nicht vorzuliegen scheinen.

9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 AußStrG.

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