European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00063.13K.0417.000
Spruch:
Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine unheilbare Ehezerrüttung dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlagen der Ehe objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört haben, wobei es genügt, dass die klagende Partei die eheliche Gesinnung verloren hat (RIS‑Justiz RS0056832). Während die Frage, ob und wann eine Ehe objektiv zerrüttet ist, eine auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen nach objektivem Maßstab zu beurteilende Rechtsfrage ist (RIS‑Justiz RS0043423), zählt die Frage, ob ein Ehegatte die Ehe subjektiv als unheilbar zerrüttet ansieht, zum ‑ beim Obersten Gerichtshof nicht mehr anfechtbaren ‑ Tatsachenbereich (RIS‑Justiz RS0043423 [T4]; RS0043432 [T4]). Eheverfehlungen, die nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe gesetzt werden, haben bei der Verschuldensabwägung kein entscheidendes Gewicht (RIS‑Justiz RS0057338). In diesen Fällen fehlt es zwischen der neuen Eheverfehlung und der Zerrüttung am ursächlichen Zusammenhang (RIS‑Justiz RS0056921; RS0056939). Eheverfehlungen nach Zerrüttung der Ehe können nur dann noch von Bedeutung sein, wenn die Ehe noch nicht unheilbar zerrüttet ist und der verletzte Ehegatte bei verständiger Würdigung die weitere Eheverfehlung noch als Zerrüttung empfinden durfte (RIS‑Justiz RS0056887; RS0057338 [T7]).
2. Welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen, welchen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, ob noch eine Vertiefung der Zerrüttung als möglich anzusehen ist oder bereits ausgeschlossen werden kann und wie das beiderseitige Fehlverhalten zu gewichten ist, sind Fragen des Einzelfalls.
3. Beim Beklagten ist seit einem Unfall im Jahr 2002 eine 24‑Stunden Betreuung notwendig. Seither ist keine normale Kommunikation mit ihm möglich, nur Schimpfwörter konnte er verständlich äußern. Bereits ab 2003/2004 bestand zwischen den Streitteilen nur mehr ein Verhältnis wie zwischen Pflegerin und zu pflegender Person. Die Klägerin war mit der Situation der Pflege und den (dem Beklagten nicht als Verschulden anzulastenden) Wutausbrüchen überfordert. Die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft war aufgehoben. Vor diesem Hintergrund stellt die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Ehe der Streitteile ‑ vor allem auch im Hinblick darauf, dass keine Besserung des Zustands erwartet werden konnte ‑ bereits zum Zeitpunkt 2003/2004 unheilbar zerrüttet gewesen ist, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
4. Davon ausgehend konnten spätere Eheverfehlungen der Klägerin auch keine ehezerrüttende Wirkung mehr haben.
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