OGH 10ObS10/13p

OGH10ObS10/13p16.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr.

Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Susanne Jonak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑Hillegeist‑Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 2012, GZ 8 Rs 108/12d‑43, womit das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 7. Februar 2012, GZ 32 Cgs 61/11h‑29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Der am 27. 12. 1961 geborene Kläger hat nach den Feststellungen des Erstgerichts in den Jahren 1981 bis 1983 einen Programmierkurs absolviert, im Jahr 2001 die Studienberechtigungsprüfung abgelegt und sich in den Jahren 2001 bis 2004 einer Ausbildung als Diplomsozialpädagoge unterzogen, die er am 13. 10. 2004 mit einer Diplomprüfung erfolgreich abgeschlossen hat. Vor dem Stichtag (1. 9. 2010) war der Kläger zuletzt als Kinder‑ und Jugendbetreuer tätig. Er erwarb in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag vom 17. 1. bis 30. 6. 2000 sechs Beitragsmonate als Programmierer; vom 19. 1. 2001 bis 30. 3. 2003 27 Beitragsmonate als Betreuer in einem Kinderwohnheim, vom 1. 10. 2003 bis Oktober 2004 zwölf Beitragsmonate als Kinder‑ und Jugendbetreuer und ab Oktober 2004 bis 15. 6. 2005 beim Evangelischen Hilfswerk neun Beitragsmonate „als qualifizierter Diplomsozialpädagoge“. Aufgrund des näher festgestellten medizinischen Leistungskalküls sind dem Kläger die Tätigkeiten eines Kinder‑ und Jugendbetreuers sowie eines Diplomsozialpädagogen nicht mehr möglich. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kommen für ihn noch Tätigkeiten wie beispielsweise die eines Kontrollarbeiters, Kassiers, Portiers oder Wächters im Standpostendienst in Zweischichtbetrieben sowie eines Verpackers oder Adressen/Verlagsarbeiters in Betracht.

Die beklagte Partei lehnte mit Bescheid vom 26. 11. 2010 den Antrag des Klägers vom 20. 8. 2010 auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab.

Das Erstgericht wies das vom Kläger dagegen erhobene und auf die Gewährung der beantragten Leistung ab dem Stichtag 1. 9. 2010 gerichtete Klagebegehren ab. Über die eingangs wiedergegebenen Feststellungen hinaus traf es folgende weitere Feststellungen:

„Die Aufgabe der Kinder‑ und JugendbetreuerInnen ist die tätige Mithilfe bzw Unterstützung der KindergartenpädagogInnen, HortnerInnen bzw SozialpädagogInnen bei der Kinder‑ und Jugendlichenbetreuung. Sie helfen den Kindern im Rahmen hauswirtschaftlicher Tätigkeiten, beispielsweise beim An‑ und Ausziehen (Überkleider, Schuhe etc), der Einnahme der Mahlzeiten, dem Servieren/Abservieren des Essens, Wegräumen des Geschirrs in den Geschirrspüler sowie bei der Körperhygiene. Für Spiele und Bastelarbeiten treffen sie die dafür notwendigen Vorbereitungen, unterstützen die PädagogInnen beim Spielen und Werken mit den Kindern und Jugendlichen bzw räumen Bastel‑ und Schreibmaterialien, Spiele und Spielzeug sowie Turngeräte nach dem Gebrauch wieder weg. Sie beaufsichtigen Kinder und begleiten sie bei Ausflügen. Im Rahmen der Lernbetreuung werden Kinder in der Gruppe nach der Schule betreut. Es wird dafür gesorgt, dass Hausübungen erledigt werden und es werden im Rahmen der Freizeitgestaltung eine Vielzahl an Möglichkeiten zur kreativen Freizeitgestaltung (Basteln, Spielen, Lesen, Videos ansehen, Ausflüge etc) angeboten.

Für die Berufsgruppe der Kinder‑ und Jugendbetreuer existierte zunächst keine geregelte Berufsausbildung. Die Arbeitnehmer wurden innerbetrieblich angewiesen und besuchten allenfalls einen einige Tage bis Wochen dauernden Einschulungskurs. Seit dem Jahr 2000 werden Kinder‑ und JugendbetreuerInnen in Form von 300 Stunden Theorie und 240 Stunden Praxis ausgebildet.

Sozialpädagogen sind qualifizierte Fachkräfte, die je nach Schulausbildung (Pflichtschule bis AHS) eine zwischen ein und fünf Jahre dauernde Ausbildung mit abschließender Befähigungsprüfung (ein Kolleg für Sozialpädagogik, Ausbildungslehrgänge oder das Studium der Pädagogik bzw Psychologie) absolvieren. Sozialpädagogen übernehmen beratende, unterstützende, betreuende, vermittelnde und organisatorisch‑verwaltende Aufgaben. Zu den Klienten zählen vornehmlich Kinder und Jugendliche, Familienverbände, aber auch alte Menschen, die zB durch Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungsverlust oder Straffälligkeit in besondere Notlagen und schwierige Lebensverhältnisse geraten sind. Sie arbeiten in unterschiedlichen Einrichtungen des Sozialwesens (zB Jugendämtern, Kinderheimen, Jugendzentren) je nach Aufgabenbereich gemeinsam mit ihren Kollegen und anderen Fachkräften aus dem Sozialbereich (zB Jugendbetreuer, Sozialarbeiter, Behindertenbetreuer) zusammen. Sie sind meist auf einen Arbeitsbereich spezialisiert, so zB im Bereich Kinder‑ und Jugendarbeit, psychosozialer Dienst, Altenhilfe oder im Gesundheits‑ und Rehabilitationswesen. Sozialpädagogen betreuen im Bereich Kinder‑ und Jugendarbeit Kinder und Jugendliche in Heimen (zB Erziehungsheimen, Lehrlingsheimen, Schülerheimen, Internaten) oder in speziellen sozialpädagogischen Beratungsinstitutionen. Sie arbeiten mit schwer erziehbaren, verhaltens‑ oder entwicklungsauffälligen Kindern therapeutisch in Einzel‑ oder Gruppenarbeit. Im Bereich der Resozialisierung arbeiten sie mit straffällig gewordenen Jugendlichen oder Erwachsenen (zB als Bewährungshelfer). Im Gesundheits‑ und Rehabilitationsbereich betreuen sie behinderte Menschen oder Menschen, die nach Krankheiten oder Unfällen körperlich oder geistig beeinträchtigt wurden. In Sozial‑/Jugendämtern führen sie Beratungen durch und halten Sprechstunden zur Problem‑ und Konfliktlösung ab, vermitteln Hilfsangebote materieller und persönlicher Art, verfassen schriftliche Berichte und Stellungnahmen, leiten therapeutische Maßnahmen ein und führen diese durch und beeinflussen das jeweilige soziale Umfeld. Bei psychosozialen Beratungsdiensten beschäftigte Sozialpädagogen führen problembezogene Gespräche, klären die Vorgeschichte und die gegenwärtigen Beziehungen, erforschen die Umgebungseinflüsse sowie die familiären und sonstigen sozialen Bedingungen, erörtern Perspektiven, vermitteln Hilfe und bieten emotionale Unterstützung an ...“

Rechtlich führte das Erstgericht aus:

Da der Kläger erst ab der Beendigung seiner Ausbildung zum Diplomsozialpädagogen im Oktober 2004 als qualifizierter Sozialarbeiter eingesetzt werden konnte, sei er in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag unqualifiziert tätig gewesen. Da die Ausbildung zum Kinder‑ und Jugendbetreuer nicht ein dem Lehrberuf vergleichbares Ausbildungsniveau erreiche, müsse er sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen und sei daher nicht berufsunfähig.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger eine Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem 1. 9. 2010 zu gewähren, dem Grunde nach zu Recht bestehe. Unter einem wurde der beklagten Partei aufgetragen, dem Kläger vom 1. 9. 2010 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids eine vorläufige Zahlung von 500 EUR monatlich zu erbringen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und erachtete die Tatsachen‑ und Beweisrüge für nicht berechtigt. Nach Beweisergänzung traf es die ergänzende Feststellung, dass für den Kläger in der Berufsgruppe der Sozialpädagogen keine Tätigkeiten mehr in Betracht kommen. Grundsätzlich wären Arbeiten als Arbeits‑ oder Berufsausbildungsassistent denkbar, diese Arbeiten würden jedoch wegen der eingeschränkten Kontaktfähigkeit ausscheiden.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, nach § 273 Abs 1 ASVG (idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011 BGBl I 2010/111) gelte als berufsunfähig jener Versicherte, dessen Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken sei. Das Verweisungsfeld gemäß § 273 Abs 1 ASVG werde durch den Beruf bestimmt, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt habe. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger Berufsschutz als diplomierter Sozialpädagoge genieße, da er diese qualifizierte Tätigkeit zuletzt nicht nur ganz vorübergehend (nämlich fast neun Monate) als Angestelltentätigkeit ausgeübt habe. Da dem Kläger keine berufsschutzerhaltende Tätigkeit mehr möglich sei, sei er berufsunfähig iSd § 273 Abs 1 ASVG.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn der Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger hat, trotzdem ihm die Beantwortung der Revision freigestellt worden war, keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist, und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Die beklagte Partei macht in ihren Revisionsausführungen im Wesentlichen geltend, der Kläger habe im Beobachtungszeitraum 54 Beitragsmonate der Pflichtversicherung erworben, wovon 27 Beitragsmonate auf eine Tätigkeit als Kinder‑ und Jugendbetreuer entfallen. Er habe somit keine Angestelltentätigkeit, sondern eine im rechtlichen Sinn unqualifizierte Arbeitertätigkeit verrichtet. Sein Pensionsantrag sei daher als Antrag auf Zuerkennung der Invalidiätspension nach § 255 ASVG zu beurteilen. Selbst wenn der Kläger nach Erlangung seines Diploms in inhaltlicher Hinsicht eine Angestelltentätigkeit verrichtet haben sollte, habe die Prüfung der Berechtigung eines Pensionsanspruchs wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 255 ASVG zu erfolgen und wäre das Klagebegehren abzuweisen. Folge man jedoch der Auffassung des Berufungsgerichts, es sei auf die zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübte Angestelltentätigkeit abzustellen und nur von dieser Tätigkeit ausgehend das Verweisungsfeld zu prüfen, fehlten Feststellungen dazu, welche konkreten Tätigkeiten der Kläger vor und nach der Diplomverleihung ausgeübt habe. Die Erlangung eines Diploms während der Ausübung eines Dienstverhältnisses ziehe nicht die Rechtsfolge nach sich, dass eine vor der Diplomverleihung gelegene unqualifizierte Tätigkeit nach der Diplomverleihung „eo ipso“ zu einer qualifizierten Tätigkeit werde, ohne dass sich die Art oder der Inhalt der Tätigkeit ändere.

Dazu ist auszuführen:

1. Die Versicherungszugehörigkeit der §§ 13 ff ASVG betrifft die Zuordnung zu einem bestimmten Zweig der Pensionsversicherung im Versicherungsverhältnis, während § 245 ASVG die Zuordnung zu einem Zweig der Pensionsversicherung im Rahmen des Leistungsrechts betrifft ( Sonntag in Sonntag 3 , ASVG, § 245 Rz 1). Hat ein Versicherter Versicherungsmonate in mehreren Zweigen der Pensionsversicherung nach dem ASVG (nämlich der Arbeiter und der Angestellten) erworben, kommen für ihn gemäß § 245 Abs 1 ASVG die Leistungen des Zweigs der Pensionsversicherung in Betracht, dem er leistungszugehörig ist. Im vorliegenden Fall steht die Leistungszugehörigkeit des Klägers zur Pensionsversicherung der Angestellten unbestritten fest.

2.1 Aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit ist aus der Pensionsversicherung der Angestellten die Berufsunfähigkeitspension zu leisten. Die besonderen Leistungsvoraussetzungen für die Berufsunfähigkeitspension finden ihre Regelung im § 273 ASVG. Nach § 273 Abs 1 ASVG in der zum Stichtag geltenden Fassung des 2. SVÄG 2003, BGBl I 2003/145, gilt der Versicherte als berufsunfähig, dessen Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands auf weniger als die Hälfte desjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist.

2.2 Durch die Tätigkeit als Angestellter wird ein eigener und von einer anderen erlernten oder angelernten Tätigkeit unabhängiger Berufsschutz erworben. Eine Verweisung auf eine andere Angestelltentätigkeit kommt daher insoweit in Betracht, als durch deren Ausübung der Berufsschutz nach § 273 ASVG nicht verloren geht (RIS‑Justiz RS0083709). Das Verweisungsfeld wird dabei von dem zuletzt nicht bloß vorübergehend ausgeübten Angestelltenberuf bestimmt (RIS‑Justiz RS0083709 [T1]). Darunter sind alle Berufe zu verstehen, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen.

3. Obwohl der Kläger der Pensionsversicherung der Angestellten leistungszugehörig ist, kann sich die Lösung der Frage, ob der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit eingetreten ist, aber dennoch nach § 255 ASVG richten. Ist ein Versicherter zwar zur Pensionsversicherung der Angestellten leistungszugehörig, gehen aber die bei der Feststellung der Leistungszugehörigkeit zu berücksichtigenden Versicherungszeiten überwiegend auf eine Beschäftigung zurück, die gemäß § 13 ASVG die Zugehörigkeit zur Pensionsversicherung der Arbeiter begründet hätte, so ist der Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension inhaltlich nach § 255 ASVG zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0084342). Nach § 255 Abs 3 ASVG in der zum Stichtag 1. 9. 2010 geltenden Fassung des 2. SVÄG 2003 BGBl I 2003/145, gilt ein Versicherter, der nicht überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen im Sinne der Abs 1 und 2 tätig war, als invalid, wenn er infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands nicht mehr im Stande ist, durch eine Tätigkeit die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihm unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeit zugemutet werden kann, wenigstens die Hälfte des Entgelts zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt.

4. Von der Frage der Leistungszugehörigkeit ist somit die Frage zu trennen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 255 ASVG oder nach § 273 ASVG zu prüfen sind. Hiefür ist die tatsächlich verrichtete Tätigkeit maßgeblich, nicht die arbeitsvertragliche Einstufung oder die Anmeldung durch den Arbeitgeber (RIS‑Justiz RS0083738). „Vertragsangestellte“, die zwar Arbeitertätigkeiten verrichten, für deren Dienstverhältnis aber nach dem Dienstvertrag das Angestelltengesetz gelten soll, werden zwar bei der Frage der Leistungszugehörigkeit und Leistungszuständigkeit den echten Angestellten gleichgestellt. Bei der Prüfung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, ist jedoch von der tatsächlichen Tätigkeit auszugehen (RIS‑Justiz RS0083723). Auch zwischen dem Versicherten und seinem Arbeitgeber darüber getroffene Vereinbarungen, welchem Versicherungszweig eine Tätigkeit zuzuordnen ist, sind nicht bindend (10 ObS 220/02d, SSV‑NF 16/84).

5.1 Wenngleich sich keine Beweisergebnisse und Feststellungen dazu finden, welche Tätigkeiten der Kläger als Kinder‑ und Jugendbetreuer tatsächlich ausgeübt hat, legten die Vorinstanzen ihren Entscheidungen jeweils zugrunde, dass diese Tätigkeiten ‑ jedenfalls bezogen auf den Zeitraum vor Absolvierung der Ausbildung zum Diplomsozialpädagogen ‑ dem Berufsbild eines Kinder‑ und Jugendbetreuers entsprachen und es sich dabei offenbar um eine Arbeiterberufstätigkeit gehandelt habe, die keinen Berufsschutz begründe.

5.2 Das Berufungsgericht gründete seine Entscheidung darauf, dass der Kläger nach Absolvierung seiner Ausbildung zuletzt als Diplomsozialpädagoge beim Evangelischen Hilfswerk eingesetzt worden sei und eine dem Berufsbild eines Diplomsozialpädagogen entsprechende berufsschutzbegründende Tätigkeit als Angestellter ausgeübt habe. Wie die Revisionswerberin aufzeigt, fehlt für diese Ansicht aber eine entsprechende Tatsachengrundlage, steht doch nicht fest, ob und allenfalls in welcher Weise sich die tatsächliche Tätigkeit des Klägers nach Absolvierung seiner Ausbildung zum Diplomsozialpädagogen geändert hat. Unbestritten ist lediglich, dass der Kläger den vorgesehenen Ausbildungsweg für diplomierte Sozialpädagogen beschritten hat. Letzterem kommt allerdings keine entscheidende Bedeutung zu. Vielmehr ist bei der Prüfung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, von der tatsächlichen Tätigkeit auszugehen (RIS‑Justiz RS0083723).

Eine abschließende Beurteilung kann aber nicht erfolgen, weil Feststellungen zur Frage fehlen, ob die vom Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag erworbenen Beitragszeiten überwiegend auf Beschäftigungen zurückgehen, die gemäß § 13 ASVG die Zuständigkeit zur Pensionsversicherung der Arbeiter begründet hätten. Den Großteil der Beitragszeiten des Klägers bilden seine 27 Beitragsmonate als Betreuer in einem Kinderwohnheim. Sollte es sich zB bei dieser Tätigkeit um keine Angestelltentätigkeit handeln, würde bereits ein weiterer Beitragsmonat als Arbeiter für ein Überwiegen der Arbeiter-Beitragsmonate ausreichen.

Im fortzusetzenden Verfahren werden daher entsprechende Feststellungen zum genauen Tätigkeitsinhalt der vom Kläger verrichteten Berufstätigkeiten zu treffen sein, um beurteilen zu können, ob die Arbeiter‑ oder Angestelltenbeitragsmonate überwiegen.

Da es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, war in Stattgebung der Revision der beklagten Partei die Sache unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen an das Erstgericht zurückzuverweisen.

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