OGH 1Ob255/12z

OGH1Ob255/12z31.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dieter P*****, Deutschland, vertreten durch die Verfahrenshelferin Dr. Julia Kusternigg, LL.M., Rechtsanwältin in Klagenfurt, diese vertreten durch Mag. Andrea Lehner, Rechtsanwältin in Saalfelden, gegen die beklagte Partei Peter S***** GmbH, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Kleinszig/Dr. Puswald - Partnerschaft in St. Veit an der Glan, wegen 22.333,36 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 17.021,60 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2011, GZ 3 R 224/11b-37, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 30. September 2011, GZ 26 Cg 222/09g-33, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die am 6. 2. 2012 und 5. 11. 2012 erhobenen Revisionen sowie die Revisionsbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Urteil änderte das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren insgesamt abwies. Das Berufungsgericht, das über einen Entscheidungsgegenstand von 17.021,60 EUR sA entschied, erklärte gemäß § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig.

Das Berufungsurteil wurde dem gemäß § 6 erster Satz EIRAG von der Vertreterin des Klägers, einer deutschen Rechtsanwältin, namhaft gemachten, in Österreich wohn-haften Zustellungsbevollmächtigten - einem österreichischem Rechtsanwalt - am 4. 1. 2012 zugestellt.

Am 6. 2. 2012 erhob der Kläger, vertreten durch seine deutsche Rechtsvertreterin, welche die Voraussetzungen des § 5 Abs 3 EIRAG erfüllt, die ordentliche Revision und beantragte am selben Tag die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang. Die Revision wurde der Beklagtenvertreterin am 9. 2. 2012 zugestellt. Die Beklagte erstattete dazu keine Revisionsbeantwortung.

Nachdem dem Kläger insbesondere die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 3 ZPO (Beigebung eines Rechtsanwalts) vom Erstgericht bewilligt worden war, brachte er am 5. 11. 2012 eine weitere Revision ein. Die Beklagte erstattete dazu eine am 27. 11. 2012 eingebrachte Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen des Klägers und die Revisionsbeantwortung der Beklagten sind verspätet.

1. Gemäß § 505 Abs 2 erster Satz ZPO beträgt die Revisionsfrist vier Wochen von der Zustellung des Berufungserkenntnisses an; sie kann nicht verlängert werden. Gemäß § 222 Abs 1 ZPO idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I 2010/111, werden unter anderem die Notfristen im Revisionsverfahren zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Jänner gehemmt. Fällt der Anfang dieses Zeitraums in den Lauf einer solchen Notfrist oder der Beginn einer solchen Notfrist in diesen Zeitraum, so wird die Notfrist um die ganze Dauer oder um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil dieses Zeitraums verlängert. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (RIS-Justiz RS0127140), schließt die Verwendung der Präposition „zwischen“ in § 222 Abs 1 ZPO (idF des Budgetbegleitgesetzes 2011) ein Verständnis dahin, dass von dieser Formulierung auch der Anfangs- und Endtermin umfasst ist, keineswegs aus. Der Tag des Beginns wie auch der Tag des Endes der Fristenhemmung sind von dieser umfasst. Der 24. Dezember und der 6. Jänner sind daher jeweils mitzuzählen.

Wird das Urteil - wie hier - zwischen 24. Dezember und 6. Jänner zugestellt und handelt es sich um keinen Fall des § 222 Abs 2 ZPO idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, beginnt die vierwöchige Rechtsmittelfrist am 7. Jänner um 00:00 Uhr und endet am 3. Februar um 24:00 Uhr (RIS-Justiz RS0036496 [T5]). Das gilt auch dann, wenn der 7. 1. - wie im Jahr 2012 - ein Samstag war (7 Ob 510/95 = RdW 1995, 264). Es besteht keine Grundlage dafür, den ersten Tag nach den Gerichtsferien als den Tag der Zustellung zu behandeln (RIS-Justiz RS0036272; zuletzt 1 Ob 90/10g mwN). Die vierwöchige Revisionsfrist endete daher am Freitag, dem 3. 2. 2012 (Kolmasch, Fristenhemmung im Winter, Zak 2011/774, 411). Die am 6. 2. 2012 von seiner bevollmächtigten Rechtsvertreterin eingebrachte Revision des Klägers ist daher verspätet.

Ganz abgesehen vom Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0041666 [T1, T32, T58]) gilt dies auch für die am 5. 11. 2012 - nach Bewilligung der Verfahrenshilfe - eingebrachte Revision des Klägers. Gemäß § 505 Abs 2 zweiter Satz ZPO ist auf die Revisionsfrist die Regelung des § 464 Abs 3 ZPO sinngemäß anzuwenden. Hat danach der Kläger innerhalb der vierwöchigen Revisionsfrist die Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für ihn die Revisionsfrist mit der Zustellung des Bescheids über die Bestellung des Rechtsanwalts und einer schriftlichen Urteilsausfertigung an diesen. Voraussetzung für die Unterbrechung der Revisionsfrist ist daher, dass die Partei noch während deren Lauf die Bewilligung der Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt. Der Antrag des Klägers auf Verfahrenshilfe wurde jedoch ebenfalls erst am 6. 2. 2012 eingebracht, somit zu einem Zeitpunkt, als bereits die Rechtskraft des Berufungsurteils eingetreten war. Der erst nach Ablauf der Revisionsfrist gestellte Antrag auf Verfahrenshilfe war demnach nicht geeignet, die Revisionsfrist zu unterbrechen. Dass das Erstgericht dennoch die Verfahrenshilfe bewilligte, dem Kläger eine Rechtsanwältin für die Erhebung der Revision beigab und dieser die Entscheidung des Berufungsgerichts zustellte, vermag die bereits eingetretene Rechtskraft der Entscheidung nicht zu beseitigen (RIS-Justiz RS0036235 [T6, T11]; zuletzt 10 ObS 185/10v).

Die Revisionen sind daher als verspätet zurückzuweisen.

2. Gemäß § 507a Abs 1 ZPO steht es dem Revisionsgegner frei, binnen der Notfrist von vier Wochen ab der Zustellung der Revisionsschrift eine Revisionsbeantwortung mittels Schriftsatzes zu überreichen. Diese Frist beginnt bei einer (ordentlichen) Revision, deren Zulässigkeit das Berufungsgericht nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen hat, mit der Zustellung der Revisionsschrift durch das Erstgericht (§ 507a Abs 2 Z 1 ZPO). Die vom Kläger am 6. 2. 2012 eingebrachte Revision wurde der Beklagtenvertreterin am 9. 2. 2012 zugestellt. Innerhalb der vierwöchigen Frist brachte die Beklagte keine Revisionsbeantwortung ein.

Durch die Zustellung der (unzulässigen) weiteren (zweiten) Revision des Klägers an die Beklagtenvertreterin am 8. 11. 2012 wird der Beklagten keine Möglichkeit einer inhaltlichen Revisionsbeantwortung eröffnet. Auf die Unzulässigkeit dieser Revision wurde nicht hingewiesen. Die Revisionsbeantwortung der Beklagten ist daher zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte