OGH 7Ob510/95

OGH7Ob510/9522.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr.Christian Beurle ua Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Walter K*****, vertreten durch Dr.Reinhard Ratschiller, Rechtsanwalt in Salzburg, infolge Revisionsrekurses der beklagten Patei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 12.Dezember 1994, GZ 1 R 256, 257/94-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 18. November 1994, GZ 7 Cg 146/94-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit ihrer beim Landesgericht Linz eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei S 621.068,20 mit der Behauptung, der Beklagte habe aufgrund einer Vertriebsvereinbarung als selbständiger Kaufmann die Vermittlung von Kapitalanlagen, Geschäftsanteilen, Wirtschaftsbeteiligungen und "C***** Produkten" für die klagende Partei durchgeführt. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses seien noch Provisionsbezüge, denen keine Provisionsansprüche gegenüberstünden, sowie vereinbarungsgemäß in Rechnung gestellte Aufwendungen für den Beklagten in Höhe des Klagsbetrages offen.

Der Beklagte bemängelte die Gerichtsbesetzung, weil er eine arbeitnehmerähnliche Stellung bei der klagenden Partei innegehabt habe. Es sei daher das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht zuständig. Im übrigen beantragte der Beklagte Klagsabweisung.

Das Erstgericht entschied, daß die Rechtssache vom Landesgericht Linz in der Besetzung als Arbeits- und Sozialgericht weiterzuführen sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es aussprach, daß das Landesgericht Linz das anhängige Verfahren durch den Einzelrichter weiterzuführen habe. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Diese Entscheidung wurde dem Vertreter der beklagten Partei am 3. Jänner 1995 zugestellt. Mit seinem am 23.1.1995 zur Post gegebenen Revisionsrekurs beantragt der Beklagte die Abänderung des Beschlusses im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist verspätet.

Gemäß § 222 ZPO dauern die Gerichtsferien vom 24.Dezember bis 6. Jänner. Fällt der Beginn der Rechtsmittelfrist in die Gerichtsferien, so wird die Frist um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der Gerichtsferien verlängert (§ 225 Abs.1 ZPO). Bei Zustellung während der Gerichtsferien beginnt die Rechtsmittelfrist daher mit 0 Uhr des ersten Tages nach den Gerichtsferien zu laufen. Dies gilt auch dann, wenn - wie in diesem Jahr - der erste Tag ein Samstag (oder Sonntag) ist (RZ 1989/108 ua). Die 14tägige Rekursfrist des § 521 ZPO begann daher mit 0 Uhr des 7.1.1995 und endete mit Ablauf des 20.1.1995, sodaß die Rechtsmittelfrist am 23.1.1995 bereits abgelaufen war.

Ein Fall des § 521a ZPO (Zweiseitigkeit des Rekurses und damit vierwöchige Rekursfrist) liegt nicht vor, weil dies für Entscheidungen nach § 37 Abs.3 ASGG nicht vorgesehen ist (vgl. EFSlg 44.131). Wie bereits das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, wird bei einer derartigen Entscheidung - anders als bei einer Entscheidung nach § 40a ZPO (vgl Rechberger, ZPO, Anm.6 zu § 40a JN) - das Prozeßrechtsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet.

Der Revisionsrekurs ist zudem entgegen dem diesbezüglichen Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig im Sinn des § 528 Abs.1 ZPO, weil die Rechtsansicht des Gerichtes zweiter Instanz, daß bei Prüfung der hier anstehenden Frage der Gerichtsbesetzung (wie auch bei Fragen der Zulässigkeit des Rechtsweges, der Zuständigkeit und bei Entscheidungen gemäß § 40a JN) vom Begehren und den Behauptungen des Klägers auszugehen ist, und daß es auf die Einwendungen des Beklagten nicht ankommt, der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entspricht (EvBl 1990/90 mit zahlreichen Judikaturnachweisen; weiters 9 ObA 121/92, 9 ObA 901/93, 9 ObA 113/94 ua). Da sich die klagende Partei selbst auf die der Geschäftsbeziehung zum Beklagten zugrundeliegenden Vereinbarungen berief und diese auch vorlegte, war es zulässig und geboten, nicht nur den Wortlaut der Schriftsätze der klagenden Partei, sondern auch diese Urkunden, deren Inhalt von den Behauptungen der klagenden Partei umfaßt ist, zur Prüfung der Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit und damit der richtigen Gerichtsbesetzung heranzuziehen.

Ob aufgrund der Klagsbehauptungen und der vorhandenen Unterlagen, auf die sich die klagende Partei berief, die Arbeitnehmerähnlichkeit zu bejahen ist, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalles ab. Schon geringfügige Abweichungen des zugrundeliegenden Vertragswerkes können in Grenzfällen wie dem hier vorliegenden ausschlaggebend sein. Ob bei Beachtung der vom Gericht zweiter Instanz richtig dargestellten Kriterien, die nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bei der Abgrenzung der arbeitnehmerähnlichen Personen im Sinn des § 51 Abs.3 Z 2 ASGG von den selbständigen Unternehmern heranzuziehen sind, zugunsten der Arbeitnehmerähnlichkeit zu entscheiden ist oder nicht, läßt sich in Grenzfällen keine allgemein gültige Regel aufstellen. Eine krasse Fehlbeurteilung dieses Einzelfalles durch das Gericht zweiter Instanz liegt nicht vor.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte