Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der am ***** 1960 geborene Kläger bewarb sich auf ein von der Beklagten geschaltetes Stelleninserat als Außendienstmitarbeiter. Er verfügte über sämtliche in der Stellenausschreibung geforderten Kriterien. Nachdem der Geschäftsführer der Beklagten erstmals am 14. 3. 2011 um 10:40 Uhr die Bewerbungsunterlagen des Klägers mit E‑Mail erhalten hatte, teilte er dem Kläger um 10:43 Uhr dieses Tages mit E‑Mail mit, dass der Kläger für die Stelle zu alt sei. Dass der Kläger die Stelle nur deshalb nicht erhalten hatte, weil er nicht über die von der Beklagten geforderte Außendiensterfahrung verfügt und er den Geschäftsführer der Beklagten durch wiederholte Telefonanrufe zu einer Entscheidungsfindung gedrängt habe, konnte nicht festgestellt werden.
Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage 4.748,33 EUR an Schadenersatz gemäß § 26 Abs 1 Z 1 GlBG, weil niemand aufgrund seines Alters bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses diskriminiert werden dürfe und er aufgrund seiner Ausbildung und Vortätigkeiten „Bestbewerber“ gewesen sei. Das in der Klage erhobene Feststellungsbegehren ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Die Beklagte bestritt dies und wendete ein, dass ihr Geschäftsführer den Kläger mit der Absage nicht diskriminieren, sondern lediglich den Kontakt mit dem aufdringlichen Kläger abbrechen habe wollen. Der Kläger sei nicht „Bestbewerber“ gewesen, weil er zum einen nicht über die erforderliche Außendiensterfahrung verfügt habe und zum anderen schon aufgrund seines persönlichen Verhaltens die Stelle nie bekommen hätte. Da die ausgeschriebene Stelle bis heute nicht besetzt sei, könne schon begrifflich nicht von einer Diskriminierung gesprochen werden.
Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren statt, weil der Kläger eine Diskriminierung wegen seines Alters glaubhaft gemacht, die Beklagte hingegen den Entlastungsbeweis nicht erbracht habe. Der Kläger sei auch als „Bestqualifizierter“ iSd § 26 Abs 1 Z 1 GlBG anzusehen.
Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts und führte zu § 17 Abs 1 Z 1 iVm § 19 Abs 1 GlBG aus, dass es ‑ wie sich aus dem Gesetzestext klar ergebe („erfahren würde“) ‑ nicht notwendig sei, dass eine Diskriminierung gegenüber einer konkreten anderen Person erfolgt sei. Vielmehr sei auf eine „hypothetische Vergleichsperson“ abzustellen. Es komme also nicht darauf an, ob die Stelle besetzt worden sei, sondern es sei zu prüfen, ob der Kläger gegenüber einer Person, die über vergleichbare Qualifikationen und Fähigkeiten wie der Kläger verfüge, allerdings jünger sei, diskriminiert worden sei.
Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ließ es mit der Begründung zu, dass sich ihre Rechtsansicht, wenn eine Stelle überhaupt nicht besetzt werde, sei auf eine „fiktive Vergleichsperson“ abzustellen, zwar auf Meinungen in der Lehre, nicht aber auf eine höchstgerichtliche Judikatur stützen könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.
Der Kläger beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof ist bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS‑Justiz RS0042656). Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
§ 17 Abs 1 Z 1 GlBG verbietet ua aufgrund des Alters jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.
§ 19 GlBG beinhaltet die Begriffsbestimmung in der unmittelbaren (Abs 1) und der mittelbaren Diskriminierung (Abs 2) für den II. Teil des GlBG, so wie § 5 GlBG für den I. Teil des GlBG. Nach § 19 Abs 1 GlBG liegt ‑ folgend Art 2 Abs 2 lit a RL 2000/78/EG ‑ eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person aufgrund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Allgemein wird eine Diskriminierung angenommen, wenn unterschiedliche Vorschriften auf gleiche Sachverhalte oder gleiche Vorschriften auf ungleiche Sachverhalte angewendet werden (9 ObA 70/12b; RIS‑Justiz RS0120417). Die Definition der unmittelbaren Diskriminierung erfordert es, dass jeweils eine Vergleichsperson gefunden wird (RV 307 BlgNR 22. GP 11). Dass diese Vergleichsperson dann eine „hypothetische“ sein muss, wenn sich nur eine Person bewirbt („Einpersonenbewerbung“) (vgl Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 3 Rz 25) oder ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ nur eine Person das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle erfüllt, ergibt sich schon aus dem Gesetz („erfahren würde“) (vgl Rebhahn in Rebhahn, GlBG § 5 Rz 3; Windisch‑Graetz in ZellKomm2 § 5 GlBG Rz 2). Insofern hat sich die Rechtslage durch die GleichbehandlungsrahmenRL 2000/78/EG und das Gleichbehandlungsgesetz BGBl I 2004/66 geändert (vgl Rebhahn aaO, § 3 Rz 7 und § 5 Rz 2).
Da der Kläger im Bewerbungsvorgang alleine wegen seines zu hohen Alters benachteiligt wurde, wurde er nach § 17 Abs 1 Z 1 GlBG bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses wegen seines Alters diskriminiert, also gegenüber einem vergleichbaren jüngeren Bewerber benachteiligt. Dies muss aber ‑ entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin ‑ nicht zwangsläufig zur Folge haben, dass eine bestimmte andere Person bevorzugt wurde. Dass die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle bisher nicht besetzt wurde, ändert nichts an der unmittelbaren Diskriminierung des Klägers iSd § 19 Abs 1 GlBG.
Da die Revisionswerberin darüber hinaus keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, war ihre Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Die Revisionsgegnerin hat nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979 ua).
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