OGH 9ObA33/12m

OGH9ObA33/12m17.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Rodlauer und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** B*****, vertreten durch Mag. Andrea Futterknecht, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, Magistratsabteilung 2, Rathausstraße 4, 1082 Wien, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 21.800 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Jänner 2012, GZ 7 Ra 124/11y-15, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 28. Juni 2011, GZ 35 Cga 63/11g-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht verneinte - in Bestätigung des Erstgerichts - das Vorliegen des Kündigungsgrundes des § 42 Abs 2 Z 2 Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995). Nach dieser Bestimmung ist die Gemeinde Wien zur Kündigung eines Vertragsbediensteten dann berechtigt, wenn dieser für die Erfüllung seiner Dienstpflichten gesundheitlich ungeeignet ist. Das Berufungsgericht legte seiner Beurteilung die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zugrunde, die für eine Kündigung nach § 42 Abs 2 Z 2 VBO 1995, wenn diese auf überdurchschnittlich lange Krankenstände während einer längeren Zeit gestützt wurde, auch eine entsprechend ungünstige Zukunftsprognose verlangt. Die Prognose geht vom Kündigungszeitpunkt aus (vgl 8 ObA 103/06i; 8 ObA 48/08d; 8 ObA 53/11v; RIS-Justiz RS0082225 ua). Dabei wird auf regelmäßig auftretende und laufend ansteigende Krankheitstage abgestellt (9 ObA 135/06b ua). Beim Erfordernis des „längeren Zeitraums“ (9 ObA 56/02d ua) wird von der Rechtsprechung darauf abgestellt, dass sich die über dem Durchschnitt liegenden Krankenstände über mehrere Jahre erstreckten (9 ObA 15/05d ua). Bei der Annahme überdurchschnittlicher Krankenstände orientiert sich die Rechtsprechung an Krankenständen, die jährlich sieben Wochen und darüber ausmachen (8 ObA 110/06v; RIS-Justiz RS0113471 ua).

Dass der Kläger bis zu seiner Kündigung durch die Beklagte vom 1. 3. 2011 hohe Krankenstände aufwies, ist nicht weiter strittig. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im Fall des Klägers ein der Prognose zugrundeliegender Zeitraum von 14 Monaten (Jänner 2010 bis Ende Februar 2011) noch keine ausreichende Grundlage für eine ungünstige Prognose darstelle, ist im Hinblick auf die Rechtsprechung, die üblicherweise auf sich über mehrere Jahre erstreckende, über dem Durchschnitt liegende Krankenstände abstellt, vertretbar. Es gibt insoweit keine starren Grenzen (8 ObA 103/06i ua). Der Vergleich mit unterschiedlichen Krankenstandsverläufen in anderen Entscheidungen ist nicht geeignet, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Maßgebend sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls (8 ObA 7/08z; 8 ObA 53/11v ua). Von einer „extrem abweichenden Ermessensausübung“ des Berufungsgerichts kann hier jedenfalls entgegen der Annahme der Revisionswerberin nicht ausgegangen werden. Eine Verlängerung des Beobachtungszeitraums von 14 Monaten durch Hinzurechnung früherer Jahre mit nicht über dem Durchschnitt liegenden Krankenständen des Dienstnehmers wird der zu § 42 Abs 2 Z 2 VBO 1995 ergangenen Rechtsprechung nicht gerecht. Eine erhebliche Rechtsfrage zeigt die Revisionswerberin auch insoweit nicht auf.

Wurde das Ersturteil nur in einem bestimmten Punkt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten, dann können andere Punkte in der Rechtsrüge der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger, ZPO³ § 503 Rz 27 mwN ua). Mit Überlegungen der Revisionswerberin zu einem zweiten, in der Berufung gegen das Ersturteil allerdings nicht relevierten Kündigungsgrund des § 42 Abs 2 Z 6 VBO 1995 (Nichterreichung des allgemein erzielbaren Arbeitserfolgs) kann daher keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt werden.

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Stichworte