Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der dem Schuldspruch 1./ zugrundeliegenden Taten (auch) nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG sowie im Unterbleiben der Subsumtion der dem Schuldspruch 2./ zugrunde liegenden Taten auch unter Abs 2 des § 27 SMG, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie weiters der Beschluss gemäß § 494a StPO aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Mit seiner Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch Einziehungserkenntnisse und einen Verfallsausspruch enthält, wurde Mohamed J***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (1./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (2./) schuldig erkannt.
Danach hat er im Zeitraum von Mai 2011 bis 19. Dezember 2011 in Graz vorschriftswidrig Suchtgift
1./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, wobei er die Taten gewerbsmäßig beging und zu AZ 10 Hv 29/08f des Landesgerichts für Strafsachen Graz schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist, indem er zumindest 3.500 g Cannabiskraut erwarb und davon zumindest 3.172 g Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 158,6 g THC [US 4]) gewinnbringend verkaufte;
2./ erworben und besessen, indem er von der zu 1./ genannten (gemeint: erworbenen) Menge ca 250 g Cannabiskraut selbst konsumierte sowie 50 g Cannabiskraut bis zur Sicherstellung am 4. Juli 2011 und weitere 28 g Cannabiskraut bis zur Sicherstellung am 19. Dezember 2011 besaß.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Die allgemeinen Ausführungen des Beschwerdeführers zur generellen Beurteilung der Nichtigkeitsgründe durch den Obersten Gerichtshof und zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung entziehen sich mangels Bezugnahme auf das vorliegende Urteil einer inhaltlichen Erwiderung.
Soweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) - unter Vernachlässigung der Verpflichtung zur exakten Bezeichnung der argumentativen Basis der Beschwerde (RIS-Justiz RS0124172 [T5]) - eine fehlende Berücksichtigung einzelner, auf das Ausmaß des Eigenkonsums bezogener Aussagen des Angeklagten in der Hauptverhandlung (ON 74 S 2-6) kritisiert, übergeht sie die Erwägungen des Schöffengerichts, das sich mit den wechselnden Angaben des Beschwerdeführers zum Eigenkonsum auseinandersetzte und darlegte, weshalb es - unter Einbeziehung der Ergebnisse von Harnproben - zu dem Schluss kam, dass der Angeklagte von der von ihm angeschafften Suchtgiftmenge maximal 250 g Cannabiskraut selbst konsumiert hatte (US 5 f; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394). Der Umstand, dass das Erstgericht nicht den vollständigen Inhalt dieser Aussage wie überhaupt sämtliche Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörterte und sich damit in Richtung aller denkbaren Schlussfolgerungen auseinandersetzte, vermag Nichtigkeit nach Z 5 nicht zu begründen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
Erkennbar gegen den Schuldspruch 1./ wendet sich die Subsumtionsrüge (Z 10) wegen Unterlassung der Annahme der Privilegierung nach § 28a Abs 3 SMG iVm § 27 Abs 5 SMG. Sie behauptet das Fehlen negativer Konstatierungen, wonach es dem Angeklagten „nicht darauf ankam, dass er durch die Weitergabe überwiegend seinen Eigenkonsum finanziere“, nimmt prozessordnungswidrig jedoch nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584), wonach der Angeklagte aufgrund seiner angespannten finanziellen Lage beschloss, Cannabiskraut zu verkaufen, um dadurch seinen Lebensunterhalt zu finanzieren (US 3), und seine Ausgaben für den Eigenkonsum selbst im denkbar günstigsten Fall deutlich unter der Hälfte seines Gewinns gelegen sein müssen, weshalb vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 27 Abs 5 SMG, nämlich im Besonderen einer Tatbegehung vorwiegend deshalb, um sich für den persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel für deren Erwerb zu beschaffen, „keine Rede sein“ kann (US 3 f und 7 f; vgl RIS-Justiz RS0125836).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass - wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - hinsichtlich der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch 1./ zugrundeliegenden Taten unter die Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG das Gesetz infolge eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet wurde (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Die Urteilsannahmen, der Angeklagte habe es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass bei seinen Suchtgiftweitergaben „in Summe“ die Grenzmenge des § 28b SMG mehrfach überschritten wurde, und es sei ihm geradezu darauf angekommen, sich durch den wiederkehrenden Verkauf von THC-hältigem Cannabiskraut eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 4), bzw der Angeklagte habe mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt, eine die Grenzmenge übersteigende Menge an Suchtgift anderen zu überlassen (US 7 erster Absatz), und bei seinen Weitergaben „gewerbsmäßig“ gehandelt (US 7), vermögen die Verurteilung (auch) nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG, welche die Absicht voraussetzt, sich durch das wiederholte Überlassen von die Grenzmenge (jeweils) übersteigenden Suchtgiftquanten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht zu tragen (vgl RIS-Justiz RS0112225 [T11] und RS0114843 [T5]). Die Aufhebung des Schuldspruchs 1./ in der rechtlichen Unterstellung der dort beschriebenen Taten (auch) unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG ist daher unumgänglich, zumal die Qualifikation nicht schon allein im Fall einer (rechtskräftigen) Verurteilung wegen einer Straftat nach Abs 1 (vgl US 3), sondern erst bei kumulativem Vorliegen dieser Voraussetzung und gewerbsmäßiger Begehung einer Straftat nach Abs 1 erfüllt ist.
Der in Schuldspruch 2./ inkriminierte Erwerb und Besitz von Suchtmitteln wurde ausnahmslos § 27 Abs 1 Z 2 erster und zweiter Fall SMG unterstellt. Bei ausschließlich zum eigenen persönlichen Gebrauch erfolgter Tatbegehung käme dem Angeklagten jedoch die Privilegierung des § 27 Abs 2 SMG zugute. Ob dies zutrifft, richtet sich nicht nach einer Gesamtbetrachtung aller dieselbe strafbare Handlung begründenden Straftaten. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang jeder einzelne - jeweils für sich eine selbständige strafbare Handlung begründende - Suchtgiftbezug gesondert zu betrachten (RIS-Justiz RS0126214). Feststellungen dazu, zu welchem Zweck der Angeklagte insbesondere das sichergestellte Suchtgift (US 4) erwarb und besaß, wurden nicht getroffen (vgl RIS-Justiz RS0124624), was eine Aufhebung des Urteils (auch) im Umfang der Nichtunterstellung der dem Schuldspruch 2./ zugrunde liegenden Taten unter § 27 Abs 2 SMG gebietet.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO. Kosten für das amtswegige Einschreiten des Obersten Gerichtshofs fallen dem Angeklagten nicht zur Last (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).
Bleibt zum (unangefochtenen) Einziehungserkenntnis anzumerken, dass § 26 Abs 1 StGB nur in Betracht kommt, wenn diese vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken, was bei Mobiltelefonen, in denen Daten von Lieferanten und Abnehmern eines Suchtgifthändlers gespeichert sind, denkbar ist (RIS-Justiz RS0121298 [T1 und T4; 15 Os 76/07a]). Feststellungen dazu enthält das Urteil nicht. Mit Blick auf das vom Angeklagten abgegebene Einverständnis zur Vernichtung der von der Einziehung betroffenen Mobiltelefone (US 2 und ON 74 S 7) liegt jedoch ein Nachteil iSd § 290 Abs 1 StPO nicht vor (RIS-Justiz RS0088201 [T11 und T14]; 11 Os 116/11k).
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