OGH 6Ob153/12m

OGH6Ob153/12m16.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** AG, *****, vertreten durch Dr. Kurt Berger und Dr. Mathias Ettel, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. J***** L*****, 2. Mag. H***** R*****, beide vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 92.106,85 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. Mai 2012, GZ 6 R 67/12h‑56, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 24. Februar 2012, GZ 2 Cg 145/09i‑51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 2.323,22 EUR (darin 387,20 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt als Minderheitsgesellschafterin der W***** Gesellschaft m.b.H. (kurz: Gesellschaft) von den Beklagten Schadenersatz nach § 25 GmbHG zu Handen der Gesellschaft. Die beiden Beklagten waren im Jahr 2008 Geschäftsführer der Gesellschaft. Darüber hinaus war der Erstbeklagte Vorstands- und der Zweitbeklagte Aufsichtsratsmitglied der A***** AG, einer Schwestergesellschaft der Gesellschaft (kurz: Schwestergesellschaft), sowie beide Beklagte Geschäftsführer der gemeinsamen Muttergesellschaft der Gesellschaft, der R***** GmbH (kurz: Muttergesellschaft). Die Gesellschaft habe, vertreten durch die Beklagten, im Jahr Tischplatten an die Schwestergesellschaft zum Preis von 9,60 beziehungsweise 10,10 EUR pro Stück verkauft, obwohl die Herstellungskosten 10,09 EUR pro Stück und der kalkulierte Preis 12,97 EUR pro Stück betragen hätten. Aus der Differenz zwischen tatsächlich fakturiertem Preis und kalkuliertem Preis ergebe sich der Klagsbetrag. Die Beklagten hätten mit ihrer Vorgehensweise gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen lieferte die Gesellschaft ihrer Schwestergesellschaft die Tischplatten zwar zu Fakturenpreisen, die sie keinem anderen Kunden gewährte; allerdings lag der erwirtschaftete Deckungsbeitrag in Prozent des Umsatzes der Gesellschaft betreffend die Umsätze mit der Schwestergesellschaft (nur) im Vergleich zu einigen, nicht aber zu allen anderen Kunden niedriger. Unter Berücksichtigung der Ersparnis von Vertreterkosten lag der Deckungsbeitrag bei den an die Schwestergesellschaft gelieferten Tischplatten überhaupt in etwa in der gleichen Höhe wie bei allen anderen Tischplattenumsätzen. Zwar lagen die Fakturenerlöse unter den Vollkosten, deren Kalkulation jedoch auf den Daten des Vorjahres basierte und die deshalb als betriebswirtschaftliche Entscheidungsgrundlage für 2008 nur eingeschränkt verwertbar sind; vielmehr rechtfertigten die genannten positiven Deckungsbeiträge betriebswirtschaftlich eine Fakturierung unter den Vollkosten. Die Schwestergesellschaft weist gegenüber anderen Kunden der Gesellschaft eine derart unterschiedliche Charakteristik (größter Kunde der Gesellschaft, regelmäßige langjährige Produktabnahme, Übernahme von Werbemaßnahmen für die Gesellschaft, bonitätsmäßige Problemlagen der Schwestergesellschaft, die jedoch nicht zu Forderungsabschreibungen führten) auf, die es betriebswirtschaftlich rechtfertigen, im Rahmen eines Fremdvergleichs nicht allein auf den Abnahmepreis des Produkts abzustellen. Ein einziger richtiger Verrechnungspreis gegenüber der Schwestergesellschaft aus betriebswirtschaftlicher Sicht steht ebenso wenig fest wie der Umstand, inwieweit die Schwestergesellschaft durch die konkrete Fakturierung subventioniert wurde; vielmehr ist eine Bandbreite möglicher betriebswirtschaftlicher Preisbildung durch die Gesellschaft gegenüber ihrer Schwestergesellschaft anzunehmen, wobei der konkret verrechnete Preis innerhalb dieser betriebswirtschaftlich angemessenen Bandbreite lag. Die Vergleichbarkeitskriterien hinsichtlich Produkteigenschaften, Funktionen, Vertragsbedingungen, Marktgegebenheiten und Geschäftsstrategien ließen es für das Jahr 2008 betriebswirtschaftlich als begründet erscheinen, der Schwestergesellschaft im Vergleich zu anderen Kunden Sonderpreise zu gewähren, weil diese Kriterien tendenziell Vorteile für die Gesellschaft in der Geschäftsbeziehung mit der Schwestergesellschaft ergaben.

Die Vorinstanzen, die das Klagebegehren abwiesen, stützten sich bei diesen Feststellungen auf das Gutachten eines Sachverständigen, der in die Sachverständigenliste unter anderem für die Fachgebiete Betriebswissenschaft, Betriebswirtschaft und Betriebsergebnisrechnung eingetragen ist, und verneinten das Vorliegen eines Schadens zu Lasten der Gesellschaft. Der Sachverständige hatte sich bei Erstattung seines Gutachtens auf die Brutto‑Margen‑Methode und auf die Methode des (inneren) Preisvergleichs gestützt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den bei Vornahme eines Drittvergleichs bei Umsatzgeschäften für die Beurteilung des Preises maßgeblichen Parametern, insbesondere zur Zulässigkeit der vom Sachverständigen zur Ermittlung des angemessenen Preises herangezogenen Methode, zur Zulässigkeit der Anerkennung von Bandbreiten bei der Bewertung der im Austauschverhältnis stehenden Leistungen, zur Erforderlichkeit der Präzisierung solcher Bandbreiten und zur Maßgeblichkeit des Marktpreises bei Durchführung eines Drittvergleichs.

1. Der erkennende Senat hat erst jüngst im Zusammenhang mit der Prüfung verbotener Einlagengewähr durch Abschluss unangemessener Rechtsgeschäfte klargestellt, dass dabei auf einen Drittvergleich abzustellen ist, in dessen Rahmen zu prüfen ist, ob das Geschäft auch mit einem anderen unbeteiligten Dritten und bejahendenfalls auch zu diesen Bedingungen geschlossen worden wäre; in diesen Fremdvergleich sind nicht nur die konkreten Konditionen einzubeziehen, sondern vor allem auch die Frage, ob mit einem gesellschaftsfremden Dritten überhaupt ein derartiges Geschäft abgeschlossen worden wäre oder ob ein gewissenhaft und sorgfältig nach unternehmerischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer unter gleichen Umständen ein solches Geschäft nicht oder nicht zu diesen Bedingungen abgeschlossen hätte (6 Ob 110/12p).

Auf Grundlage der im vorliegenden Verfahren getroffenen Feststellungen sind die Vorinstanzen durchaus vertretbar davon ausgegangen, dass die Gesellschaft auch einer Fremdgesellschaft zu denselben Konditionen Tischplatten geliefert hätte, hätte sie mit dieser eine vergleichbare Geschäftsbeziehung unterhalten. Zu welchen Konditionen andere Anbieter an die Schwestergesellschaft geliefert hätten, ist entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung nicht maßgeblich.

2. Besteht für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen keine gesetzlich vorgeschriebene Methode, unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs das von den Tatsacheninstanzen gebilligte Ergebnis des Sachverständigengutachtens ‑ als Tatfrage ‑ keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof (RIS‑Justiz RS0118604); eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn eine grundsätzlich inadäquate Methode angewendet wurde (RIS‑Justiz RS0010087 [T2]).

Eine gesetzlich vorgeschriebene Beurteilungsmethode besteht im hier zu beurteilenden Zusammenhang nicht; angesichts der in der Entscheidung 6 Ob 110/12p aufgezeigten Kriterien kann auch die vom Sachverständigen angewandte betriebswirtschaftliche (vgl RIS‑Justiz RS0010087) Methode der Heranziehung eines Preisvergleichs nicht als inadäquat angesehen werden.

3. Die vom Berufungsgericht aufgezeigte erhebliche Rechtsfrage intendiert tatsächlich die Vorgabe einer konkret anzuwendenden Ermittlungsmethode durch den Obersten Gerichtshof, was aber nicht dessen Aufgabe ist. Bei der Beweisaufnahme durch Sachverständige ist es nämlich deren Aufgabe, aufgrund ihrer einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gerichtsauftrag jeweils maßgebenden strittigen Tatfrage(n) am besten eignet; andernfalls verhinderte das Gericht, dem es an der notwendigen Fachkunde zur Lösung der durch Sachverständige zu beurteilenden Tatfragen mangelt, die Fruchtbarmachung spezifischen Expertenwissens. Das Gericht hat daher Sachverständigen die im Zuge der Auftragserledigung anzuwendende(n) Methode(n) im Allgemeinen nicht vorzuschreiben, gehört doch die Methodenwahl zum Kern der Sachverständigentätigkeit (RIS‑Justiz RS0119439).

4. Damit ist aber der Oberste Gerichtshof bei seiner Entscheidung an die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen gebunden, auf deren Basis das Klagebegehren zutreffend abgewiesen wurde. Soweit die Klägerin in ihrer Revision die Nichteinholung weiterer Gutachten rügt, hat bereits das Berufungsgericht diesen angeblichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens verneint; eine neuerliche Geltendmachung dieser Frage vor dem Obersten Gerichtshof ist nicht zulässig (RIS‑Justiz RS0042963).

5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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