Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.021,42 EUR (darin enthalten 228,90 EUR USt und 648 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, GB 55119 Mitterkleinarl, Bezirksgericht S*****, bestehend (unter anderem) aus dem Grundstück Nr 651. Darüber führt ein ca 200 m langes Teilstück der sogenannten „S*****straße“, eines Forstaufschließungswegs, den die Österreichische Bundesforste AG (kurz: ÖBF) im Jahr 1959 errichtete. Den ÖBF wurde von den Rechtsvorgängern des Klägers das Recht der Durchfahrt eingeräumt. Die ÖBF gestatteten verschiedenen Almbauern gegen Bezahlung einer geringen (Schlüssel-)Gebühr die Benützung der Straße.
Auch der Beklagte hat eine Alm (K*****alm), die er mit Bewilligung der ÖBF seit der Errichtung über die Straße erreichte. Am 29. 5. 1985 schlossen der Kläger und der Beklagte als Benützungsberechtigte einerseits und die ÖBF andererseits eine Vereinbarung, in welcher die ÖBF die Mitbenutzung der Straße gestattete. Als Benützungszeit wurde die Zeit nach Schneeabgang bis zum Rupertitag (= 24. 9.) festgelegt. Der Beklagte benutzt die Straße jedoch „seit jeher“ auch nach dem Rupertitag.
Mit der am 20. 11. 2008 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger
1. festzustellen, dass dem Beklagten gegenüber dem Kläger als Eigentümer seiner näher bezeichneten Liegenschaft sowie seinen Rechtsnachfolgern „kein über die Vereinbarung vom 29. 5. 1985 hinausgehendes Benützungsrecht an der S*****straße zusteht“, und
2. den Beklagten dem Kläger gegenüber zu verpflichten, ab sofort „jede der in Punkt 1. bezeichneten Anmaßungs- und Eingriffshandlungen sowie jede ähnliche derartige Handlung zu unterlassen“, sowie
in eventu (ON 8)
3. den Beklagten gegenüber dem Kläger als Hälfteeigentümer seiner näher bezeichneten Liegenschaft sowie seinen Rechtsnachfolgern zu verpflichten, ab sofort keine weitergehende Benützung der S*****straße auf dieser Liegenschaft vorzunehmen „als die in der Vereinbarung vom 29. 5. 1985 vorgesehene Benützung, insbesondere das Befahren der S*****straße vom 25. 9. eines jeden Jahres bis zum Schneeabgang nicht vorzunehmen bzw jede derartige Anmaßung und Eingriffshandlung oder ähnliche derartige Handlung zu unterlassen“. Der Beklagte habe kein über die genannte Vereinbarung hinausgehendes Benützungsrecht an der S*****straße auf der Liegenschaft des Klägers.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Die Vereinbarung aus dem Jahr 1985 beziehe sich nicht auf den Grund des Klägers und sei auch nie umgesetzt worden. Der Beklagte stützte sein Benützungsrecht außerdem auf seine Jagdberechtigung hinsichtlich einer nicht in seinem Eigentum stehenden Alm.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf detaillierte weitere (dem Verfahren 7 Ob 267/08b entsprechende) Feststellungen zur Errichtung und Benützung der S*****straße (wonach diese bereits seit der Errichtung nicht nur von den Inhabern und Nutzern der Kl*****alm, sondern auch von jenen der H*****alm und der K*****alm [Familie T*****] sowie von Jagdberechtigten mit Gestattung der ÖBF und mit Wissen und stillschweigender Duldung des Klägers und seiner Rechtvorgänger befahren und begangen wurde) und zu den zwischen den Almbesitzern und den ÖBF getroffenen Vereinbarungen. Rechtlich führte es aus, das jahrzehntelange Hinnehmen der Weitergabe (Gestattung) der Mitbenutzung der Forststraße an die „talinneren Almbesitzer“ (und an Jagdberechtigte) durch die ÖBF sei nach der Verkehrssitte und nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen als konkludente Zustimmung durch den Kläger und deren Rechtsvorgänger zur Gestattung der Weitergabe auch der Mitbenützung der Forststraße unter Inanspruchnahme des in ihrem Verlauf befindlichen (hier allein strittigen) rund 200 m langen Teilstücks auf der Grundparzelle 651 des Klägers aufzufassen. Die vertragliche Einschränkung dieses Benützungsrechts zwischen den ÖBF und dem Beklagten gelte nur inter partes, sodass auch dieser (zeitlich) unbeschränkt auf dem Weg fahren dürfe.
Das Berufungsgericht gab hingegen den aus dem Fehlen eines über die Vereinbarung mit den ÖBF vom 29. 5. 1985 hinausgehenden Benützungsrechts des Beklagten an der S*****straße zu Punkt 1. und 2 . abgeleiteten Feststellungs- und Unterlassungsbegehren statt. Rechtlich führte es aus, der Rechtsvorgänger des Klägers habe am 3. 11. 1980 einen Dienstbarkeitsbestellungsvertrag mit den ÖBF abgeschlossen. Durch das jahrzehntelange Hinnehmen der Weitergabe (Gestattung) habe der Kläger [zwar] konkludent zugestimmt, dass die ÖBF das rund 200 m lange Teilstück auf der Grundparzelle 651 uneingeschränkt benutzen und anderen Personen die Benutzung gestatten dürfen (7 Ob 267/08b). Die Rechtseinräumung durch die ÖBF, aus welcher der Beklagte sein Wegenutzungsrecht ableite, sei jedoch mit der Vereinbarung vom 29. 5. 1985 in der Weise geschehen, dass die Benützung ausdrücklich nur während der Zeit nach Schneeabgang bis zum Rupertitag eines jeden Jahres gestattet worden sei. Der Beklagte habe die Servitut auch nicht ersessen, weil selbst die zeitlich noch nicht eingeschränkte Nutzung vor dem 29. 5. 1985 (im Hinblick auf die beim jeweiligen Befahren für die Schlüsselausfolgung durch den Revierförster zu zahlende Schlüsselgebühr) ebenfalls auf einer vertraglichen Rechtsbeziehung zu den ÖBF beruht habe. Wenn aber der Nutzung seit Anbeginn eine vertragliche Vereinbarung mit den ÖBF zugrunde gelegen sei, leite der Beklagte die Rechtmäßigkeit seiner Besitzausübung auch nur aus dieser Vereinbarung ab.
Das Berufungsgericht sprach (zunächst) aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Auf Antrag des Beklagten änderte es mit Beschluss vom 16. 5. 2012 den letzteren Ausspruch dahin ab, dass es die ordentliche Revision mit folgender Begründung doch für zulässig erklärte:
Es existiere bisher noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, „ob sich der Beklagte auf eine Ersitzung berufen kann, weil die Inhaber der K*****alm (T*****) die an die ÖBF zu zahlenden Gebühren für die Wegnutzung nicht ausdrücklich auch für diesen Wegteil leisteten“.
Die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung begehrt die Wiederherstellung des klagsabweisenden Ersturteils; in eventu wird beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Erst- oder Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Revisionsbeantwortung des Klägers strebt die Zurückweisung der Revision mangels Zulässigkeit an; in eventu wird beantragt, der unbegründeten Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil die Beurteilung der im Wesentlichen bereits zu 7 Ob 267/08b geprüften Umstände des [auch hier] vorliegenden Einzelfalls eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung darstellt, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen ist, und auch berechtigt.
Der Revisionswerber behauptet, dass sich die Vereinbarung gar nicht auf das Grundstück des Klägers bezogen habe. Dieser könne auch keine Rechtsfolgen aus der Vereinbarung vom 29. 5. 1985 ableiten, weil er sie nicht mit dem Beklagten abgeschlossen habe. Die Einhebung der Gebühren vom Beklagten durch die ÖBF habe eine Ersitzung nicht verhindern können.
Die Revisionsbeantwortung hält dem entgegen, dem Beklagten sei aufgrund der Zahlung an die ÖBF bewusst gewesen, dass er nicht Besitzer oder Eigentümer sei, sondern für die Benützung des Weges zahlen müsse. Er habe daher nie einen echten und redlichen Besitzwillen haben können. Außerdem liege ein schriftlicher Vertrag zwischen dem Beklagten und den ÖBF vor, in dem die vertragliche Nutzung im Detail geregelt sei. Nur in diesem Rahmen seien dem Beklagten Rechte von den ÖBF eingeräumt worden. Inzwischen herrsche ein reges Verkehrsaufkommen auf der Forststraße, weil auch andere Personen und Verbände unter Bezugnahme auf die Entscheidung 7 Ob 267/08b behaupteten, sie seien von den ÖBF berechtigt worden, das Grundstück des Klägers kostenfrei in Anspruch zu nehmen. Auch bei anderen Weganlagen werde aufgrund dieses Urteils im Vorverfahren den Grundeigentümern von nun „vermeintlich Berechtigten“ vorgeworfen, sie hätten sie fünf bis zehn Jahre fahren lassen und seien daher berechtigt, den Weg zu nutzen. Das „Fahrenlassen“ sei freilich nicht in Form einer ausdrücklichen Zustimmung erfolgt, „sondern vielmehr einfach dadurch, dass es nicht ausdrücklich verboten wurde (damit Konkludenz!)“. All diese Probleme seien im gegenständlichen Fall aber nicht relevant, weil hier eine explizite schriftliche Vereinbarung vorliege, die „den Rahmen“ zwischen den ÖBF und dem Beklagten regle.
Das Berufungsgericht habe zwar richtig erkannt, dass der Kläger (nach der zitierten Entscheidung) nun jede Rechtseinräumung der ÖBF an beliebige Dritte dulden müsse. Wenn - wie hier - keine solche Rechtseinräumung an Dritte vorliege, weil die ÖBF eine weitergehende Nutzung durch den Beklagten nicht wünschten, liege es aber am Kläger als Eigentümer, seine Rechte selbst auf seinem Teilstück durchzusetzen, und an den ÖBF, ihre Rechte am Rest des Weges zu behaupten. Es wäre daher - entgegen der Ansicht des Beklagten - seine Aufgabe gewesen, darzustellen, dass er noch weitergehende Rechte aus einem Vertrag mit den ÖBF ableiten könne als jene, die dort dargestellt seien. Die ÖBF seien aufgrund der Entscheidung 7 Ob 267/08b berechtigt, Rechte des Klägers aus dem Titel Eigentum weiterzugeben, dies auch gegen den Willen des Klägers. Da im vorliegenden Fall solche Rechte nicht weitergegeben worden seien, scheide eine Nutzung vom Rupertitag bis zur Schneeschmelze aus.
Hiezu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
1. Wie der erkennende Senat zu 10 Ob 45/11g auch zuletzt wieder bekräftigt hat, können Dienstbarkeiten nach § 480 ABGB auch vertraglich eingeräumt werden; ein Dienstbarkeitsvertrag kann auch durch schlüssiges Verhalten iSd § 863 ABGB zustandekommen (Hofmann in Rummel, ABGB³ § 480 Rz 1; Spath in Schwimann/Kodek, ABGB II4 § 480 Rz 2 jeweils mwN uva). Nach ständiger Rechtsprechung kommt ein schlüssiger Dienstbarkeitsvertrag nicht schon durch die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs des dienenden Gutes (zB durch die bloße Duldung der Zufahrt durch längere Zeit - RIS-Justiz RS0011661), sondern erst dann zustande, wenn zusätzliche Sachverhaltselemente den Schluss erlauben, der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille der (jeweils) Belasteten habe sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezogen (RIS-Justiz RS0111562).
1.1. So wird beispielsweise ein stillschweigender Vertragsschluss gewöhnlich angenommen, wenn der Liegenschaftseigentümer die Errichtung und Benützung einer kostspieligen Anlage duldet, weil er wissen musste, dass der Begünstigte solche Aufwendungen nicht getätigt hätte, wenn ihm das Gebrauchsrecht jederzeit entzogen werden könnte. In diesen Fällen ist somit der Schluss erlaubt, dass der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende Wille des Belasteten sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezog (RIS-Justiz RS0114010; RS0011650; RS0011661 [T3]).
1.2. In der Entscheidung 6 Ob 155/00p (NZ 2001, 343 [Hoyer]) wurde, weil Liegenschaftseigentümer jahrelang unangefochten die auf dem Grundstück des jeweils anderen Nachbarn liegenden Stücke eines einheitlichen Weges befahren und begangen haben, das schlüssige Zustandekommen einer Grunddienstbarkeitsvereinbarung bejaht.
1.3. Zu 2 Ob 593/89 wurde das schlüssige Zustandekommen einer Grunddienstbarkeitsvereinbarung ebenfalls bejaht, weil die Liegenschaftseigentümerin in Kenntnis des Umstands, dass ihr Grundstück schon früher durch längere Zeit regelmäßig und unwidersprochen zu Weidezwecken benützt worden war und auf diesem Grundstück Anlagen vorhanden waren und benützt wurden, die diesem Zweck dienten, die weitere regelmäßige Benützung dieses Grundstücks für Weidezwecke ohne jeden Einwand durch einen Zeitraum von 15 Jahren duldete.
1.4. Auch in der Entscheidung 1 Ob 57/87 gelangte der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die bewusste Duldung der Ausübung der Servitut durch ca 19 Jahre mit Überlegung aller Umstände (§ 863 ABGB) als stillschweigende Genehmigung der Dienstbarkeit angesehen werden muss.
1.5. In der Entscheidung 10 Ob 45/11g hat der Senat - unter Hinweis auf die Entscheidungen 10 Ob 83/07i und 7 Ob 267/08b - ebenfalls ausgesprochen, in der Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach die (im Einzelnen festgestellte) bewusste Duldung der Ausübung der Dienstbarkeit durch ca 17 Jahre mit Überlegung aller Umstände (§ 863 ABGB) als schlüssige Einräumung der Dienstbarkeit angesehen werden müsse, könne im Hinblick auf die oben dargestellten Grundsätze keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.
2. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung hat regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung, es sei denn, es läge eine krasse Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (RIS-Justiz RS0043253 [T8]; 10 Ob 24/11v; 10 Ob 45/11g).
3. Was den vorliegenden Fall betrifft, ist jedoch zunächst davon auszugehen, dass in der Entscheidung 7 Ob 267/08b zu dem auch hier maßgebenden, von den dortigen Vorinstanzen übereinstimmend (vorliegend aber nur vom Erstgericht) klagsabweisend beurteilten Sachverhalt bereits Folgendes festgehalten wurde:
„Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 10 Ob 83/07i eine ordentliche Revision zurückgewiesen und dies - neben dem Hinweis auf die eben zitierten Rechtssätze und Entscheidungen - wie folgt begründet: 'Da die Vorinstanzen somit mit vertretbarer Begründung das konkludente Entstehen der von der Klägerin geltend gemachten Dienstbarkeit bejaht haben, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob das Klagebegehren mit Erfolg auch auf den Titel der Ersitzung gestützt werden kann und den von der Beklagten im Verfahren erster Instanz in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand, die Klägerin habe den gegenständlichen Weg in ihrer Eigenschaft als Mieterin ohne jeglichen Ersitzungswillen benutzt.'
Nichts anderes kann für den vorliegenden Fall gelten; steht doch fest, dass die jahrzehntelangen Wegbenützungen und deren Gestattung durch die ÖBF jedenfalls über mehr als 20 Jahre (seit 1985) hindurch seitens der Kläger und ihrer Rechtsvorgänger - trotz Kenntnis hievon und von den festgestellten weiteren Aktivitäten der Wegbenützer (Errichtung einer Einschienenbahn und eines Stichweges von der Forststraße zur jeweiligen Almhütte) - völlig unbeanstandet blieb und sich die Kläger erst im Jahr 2007 gegen die Benützung durch Dritte ausgesprochen haben. Auch hier liegt die bekämpfte (Einzelfall-)Beurteilung daher im Rahmen der dargestellten Rechtsprechung, weshalb keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung erblickt werden kann (7 Ob 267/08b).“
3.1. Der Kläger war also mit seinem gegen andere „talinnere Almbesitzer“ geführten Verfahren (7 Ob 267/08b) deshalb nicht erfolgreich, weil der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht der dortigen Vorinstanzen billigte und diese Entscheidung über - im Wesentlichen gleiche - Feststellungen ausdrücklich darauf stützte, dass Dienstbarkeiten gemäß § 480 ABGB auch vertraglich eingeräumt werden können und ein Dienstbarkeitsvertrag durch schlüssiges Verhalten iSd § 863 ABGB zustandekommen kann.
3.2. Der Kläger missversteht, dass der Oberste Gerichtshof die Annahme einer schlüssigen Einräumung des Nutzungsrechts für die „talinneren Almbesitzer“ deshalb gebilligt hat, weil die jahrzehntelangen Wegbenützungen und deren Gestattung durch die ÖBF jedenfalls über mehr als 20 Jahre durch den Kläger und seine Rechtsvorgänger - trotz Kenntnis davon und von den näher festgestellten weiteren Aktivitäten der Wegbenützer (wie die Errichtung einer Einschienenbahn und eines Stichweges zu der Forststraße zur jeweiligen Almhütte) - völlig unbeanstandet blieben und sich der Kläger erst im Jahr 2007 gegen die Benutzung durch Dritte ausgesprochen hat (so jüngst auch 8 Ob 77/12z).
4. Von diesen - bereits zu 7 Ob 267/08b und 8 Ob 77/12z maßgebenden - Feststellungen ausgehend, stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage der Ersitzung auch hier nicht: Da die konkludente Begründung der vom Beklagten behaupteten vertraglichen (zeitlich nicht beschränkten) Dienstbarkeit auch ihm gegenüber zu bejahen ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Dienstbarkeit mit Erfolg auch auf den Titel der Ersitzung gestützt werden könnte. Dem in der Revisionsbeantwortung aufrecht erhaltenen Einwand des Klägers, der Beklagte habe den Weg ohne Ersitzungswillen benutzt, fehlt daher die Relevanz.
5. Im vorliegenden Fall berief sich der Beklagte einerseits darauf, dass die schriftliche Vereinbarung mit den ÖBF gar nicht mit der zeitlichen Beschränkung umgesetzt worden sei, andererseits auf den Umstand, dass er die Straße auch als Jagdberechtigter nutze. Beide Argumente erweisen sich als berechtigt.
5.1. Nach den Feststellungen haben der Beklagte und seine Familienmitglieder die Straße (seit jeher, insb nach 1985) auch nach dem Rupertitag benützt, wobei weder der Kläger noch die ÖBF jemals Einwände dagegen erhoben (Seite 18 des Ersturteils). Im Sinn der dargelegten Grundsätze ist somit von einer stillschweigenden Gestattung der Wegbenutzung - auch über den schriftlichen Vertrag hinaus - auszugehen. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass der Beklagte die Forststraße nur entsprechend der Vereinbarung mit den ÖBF benützt hätte.
5.2. Darüber hinaus wäre auch der Einwand des Beklagten beachtlich, dass er die S*****straße als Jagdberechtigter auf der K*****alm benutzen durfte: Eine derartige, von den ÖBF eingeräumte Nutzungsberechtigung ist aus den erstgerichtlichen Feststellungen nämlich abzuleiten (Seite 14 des Ersturteils).
5.3. In jedem Fall ist den Feststellungen eine mehrere Jahrzehnte lange durchgehende Nutzung der Straße durch den Beklagten zu entnehmen, die von den ÖBF auch dem Kläger gestattet wurde. Daraus muss im Sinn der zitierten Entscheidungen eine schlüssige Einräumung des Nutzungsrechts (auch über den Rupertitag hinaus) abgeleitet werden. Da sich der Kläger gegenüber dem Beklagten somit nicht auf dessen Vereinbarung mit den ÖBF aus dem Jahr 1985 berufen kann, muss nicht weiter darauf eingegangen werden, ob diese Vereinbarung überhaupt (auch) das hier allein verfahrensgegenständliche kurze Wegstück, das über den Grund des Klägers führt, umfasste.
5.4. Es ist daher in Stattgebung der Revision des Beklagten das klagsabweisende Ersturteil wiederherzustellen.
5.5. Die Kostenentscheidung für das Berufungs- und Revisionsverfahren gründet sich auf §§ 50, 41 Abs 1 ZPO. Für den Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO (der nach Abs 2 verbunden mit der ordentlichen Revision einzubringen ist) gebührt kein gesondertes Honorar (10 Ob 73/06t), weil die in Tarifpost 3C genannten Beträge auch die Entlohnung für an das Berufungs- oder Rekursgericht gestellte Anträge auf Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit des Rechtsmittels umfassen (Anm 1 zu TP 3 RATG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)