OGH 7Ob140/12g

OGH7Ob140/12g26.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E* KG, *, vertreten durch Dr. Ernst Summerer, Rechtsanwalt in Retz, gegen die beklagte Partei D*-Versicherungs-AG, *, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Juli 2011, GZ 50 R 133/10f‑19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 30. September 2010, GZ 10 C 178/10i‑15, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2012:E102191

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.021,42 EUR (darin enthalten 228,90 EUR USt und 648 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs‑ und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt eine Kfz‑Werkstätte. Die Parteien schlossen einen Rechtsschutzversicherungsvertrag ab. Im Vorfeld wurde besprochen, dass die Klägerin eine Erweiterung ihres damals bei einer anderen Rechtsschutzversicherung bestehenden Rechtsschutzes wünschte. Grundlage des abgeschlossenen Versicherungsvertrags sind unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz‑Versicherung 2005 (ARB 2005).

Art 19 ARB 2005 lautet auszugsweise (unstrittig):

Schadenersatz- und Straf-Rechtsschutz für den Privat-, Berufs- und Betriebsbereich.

...

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst

2.1. Schadenersatz-Rechtsschutz

für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens;

...

3. Was ist nicht versichert?

3.1. Zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutz-Bausteinen umfasst der Versicherungsschutz nicht

...

3.1.3. die Geltendmachung von Ansprüchen aus schuldrechtlichen Verträgen sowie die Geltendmachung von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen (versicherbar in Artikel 23);

...“

 

Art 23 ARB 2005 lautet auszugsweise wie folgt:

Allgemeiner Vertrags‑Rechtsschutz

...

2. Was ist versichert?

2.1. Der Versicherungsschutz umfasst die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus

2.1.1. Versicherungsverträgen des Versicherungsnehmers über in Österreich gelegene Risken;

2.1.2. sonstigen schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen sowie aus Reparatur und sonstigen Werkverträgen des Versicherungsnehmers über unbewegliche Sachen.

Als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen gilt auch die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen.

...

2.3. Im Betriebsbereich besteht im Rahmen der Wahrnehmung rechtlicher Interessen gemäß Punkt 2.1.2. Versicherungsschutz wahlweise für Versicherungsfälle aus Verträgen über

2.3.1. Lieferungen und Leistungen Dritter an den Versicherungsnehmer;

2.3.2. Lieferungen und Leistungen des Versicherungsnehmers an Dritte.

...

3. Was ist nicht versichert?

...

Zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Versicherungszweigen umfasst der Versicherungsschutz nicht

3.4. die Abwehr von Ansprüchen aus der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten, wenn dieses Risiko im Rahmen eines Haftpflichtversicherungsvertrages versichert ist.

...“

 

Nicht festgestellt werden kann, dass der Klägerin im Rahmen des Beratungsgesprächs in Abweichung zu Art 23 ARB 2005 eine Zusage gemacht wurde. Weiters kann nicht festgestellt werden, ob zwischen den Parteien vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung besprochen wurde, dass die Klägerin keine Haftpflichtversicherung hat(te).

Die Klägerin wurde in zwei Verfahren vor einem Bezirksgericht geklagt. Im ersten Verfahren machte ein Kunde im Wesentlichen geltend, dass die Klägerin sein Fahrzeug mangelhaft repariert habe (nach den Behauptungen der Klägerin wurde sie mit der Begründung in Anspruch genommen, sie habe nach einer Motorreparatur die Einfüllung von Motoröl unterlassen, wodurch ein weiterer Schaden am Auto entstanden sei, und klagte zahlreiche Rechnungen für die Behebung des Schadens am Fahrzeug infolge weiterer Reparaturen ein. Im zweiten Verfahren machte ein Kunde geltend, dass infolge der von der Klägerin durchgeführten Reparaturarbeiten an der Klimaanlage seines Pkws der Kühler nicht ordnungsgemäß entlüftet worden sei, was zu einer Überhitzung des Motors und einem Motorschaden geführt habe. Er begehrte im Wesentlichen die Reparaturkosten der durch die mangelhafte Reparatur entstandenen Schäden.

Die Klägerin stellte das Feststellungsbegehren, dass ihr die Beklagte aufgrund des Rechtsschutzversicherungsvertrags in den beiden bezirksgerichtlichen Rechtsstreiten Versicherungsschutz dadurch zu gewähren habe, dass sie die Kosten für die Abwehr der Forderung der Anspruchsteller und im Fall des Unterliegens der Klägerin sämtliche Prozesskosten beider Gerichtsverfahren bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme zu übernehmen habe. Sie betreibe einen Kfz‑Handelsbetrieb und eine Reparaturwerkstätte. Im Zusammenhang mit zwei Schadensfällen hätten Kunden Schadenersatz‑ bzw Gewährleistungsforderungen gegen sie geltend gemacht und eingeklagt, für welche die Beklagte keine Rechtsschutzdeckung gegeben habe. Streitgegenständlich seien nicht Forderungen der Kunden auf Leistungserbringung, sondern Schadenersatzforderungen basierend darauf, dass die Klägerin eine Vertragsverletzung begangen habe, die zum Eintritt eines Vermögensschadens geführt habe.

Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, dass die Klägerin Deckung für zwei Gerichtsverfahren begehre, in welchen Kunden gegen sie aus dem Titel des Schadenersatzes die Kosten für die Behebung der Mangelfolgeschäden geltend machten. Die Abwehr solcher Mangelfolgeschäden falle in den Zuständigkeitsbereich der Haftpflichtversicherung. Mangelfolgeschäden seien keine „reinen“ Vermögensschäden. Ihr sei bei Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags nicht bekannt gemacht worden, dass die Klägerin keine Haftpflichtversicherung habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Klägerin sei nicht der Nachweis gelungen, dass „über die ARB 2005 hinausgehend bzw in Abweichung dazu“ eine gesonderte Vereinbarung getroffen oder ihr gesagt worden sei, dass die Rechtsschutzversicherung auch solche Schäden decke, „die dadurch entstehen, dass aufgrund mangelhafter Reparatur weitere Schäden entstehen, für die im Rahmen des Schadenersatzes Reparaturkosten begehrt werden“. Dieses Risiko decke die Haftpflichtversicherung ab. Art 23 ARB 2005 umfasse nicht die Deckung der Kosten einer neuerlichen, nunmehr fachgerechten Instandsetzung durch die ursprüngliche Werkstätte bzw durch eine andere Werkstätte. Art 23.2.1.2. ARB 2005 regle den Rechtsschutz für die Reparaturarbeiten an sich, nicht jedoch den Mangelfolgeschaden. Da es sich bei den geltend gemachten Forderungen auch nicht um „reine“ Vermögensschäden handle, komme Satz 2 dieser Bestimmung nicht zur Anwendung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und dem Klagebegehren statt. Rechtlich führte es aus, die positive Deckungsbeschreibung des Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutzes in „Art 23.2.1. erster Absatz ARB 2002/GEN“ umfasse die Geltendmachung und Abwehr von Erfüllungsansprüchen und auch von Erfüllungssurrogaten aus schuldrechtlichen Verträgen. Diesem Basistatbestand seien im zweiten Absatz zwei Ergänzungstatbestände angefügt worden, die gegenüber dem Basistatbestand konstitutive Bedeutung hätten, also Deckung gewährten, die sich aus dem Grundtatbestand nicht ergeben. Sie erklärten ausdrücklich ‑ soweit hier von Interesse ‑ auch die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen „reiner“ Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstünden, zum Gegenstand der Deckung im Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutz. Im Fall der Abwehr von Ansprüchen, die aus der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten entstünden, seien auch „reine“ Vermögensschäden gedeckt. Die Kunden der Klägerin begehrten in jenen Rechtsfällen, für welche wiederum die Klägerin Rechtsschutzdeckung von der Beklagten verlange, insofern nicht den Ersatz „reiner“ Vermögensschäden, als sie von der Klägerin die Kosten der durch angeblich mangelhafte Instandsetzung entstandenen Schäden verlangten. Zweifellos handle es sich dabei um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen, die sich aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers ergäben.

Aus dem Wortlaut des Art 23.2.1. im Zusammenhang mit Art 23.3.4. ARB 2005 lasse sich allein der Sinn ableiten, dass die Abwehr von Ansprüchen aus der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten nur dann versichert sei, wenn dieses Risiko nicht im Rahmen eines Haftpflichtversicherungsvertrags versichert sei. Der Regelungszweck des Art 23.3.4. ARB 2005 bestehe nach dem Wortlaut offenkundig darin, dass es aufgrund der Deckungsumschreibung des Art 23.2.1. ARB 2005 zu Überschneidungen mit einer bestehenden Haftpflichtversicherung kommen könne. Für derartige Situationen beschreibe Art 23.3.4. ARB 2005 einen Abgrenzungsausschluss, der aber nur dann zum Tragen komme, wenn das Risiko der Abwehr von Ansprüchen aus der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten tatsächlich im Weg einer Haftpflichtversicherung gedeckt sei. Da die Klägerin keine Haftpflichtversicherung habe, treffe die Beklagte eine Deckungspflicht.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und erklärte zunächst die ordentliche Revision für nicht zulässig. Auf Antrag der Beklagten nach § 508 ZPO änderte es mit Beschluss vom 16. 7. 2012 den Ausspruch der Unzulässigkeit der Revision dahin ab, dass es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte, weil die Beklagte stichhältig aufzeige, dass auch eine andere Auslegung des Artikel 23.2.1.2. ARB 2005 denkbar sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Klagebegehren abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel ihrer Prozessgegnerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch berechtigt.

1. Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen decken wegen der schweren Überschaubarkeit und Kalkulierbarkeit und der Größe des Rechtskostenrisikos im gesamten Bereich des privaten wie auch öffentlichen Rechts nur Teilgebiete ab (RIS‑Justiz RS0114605). Eine universelle Gefahrenübernahme, bei der der Versicherer jeden beliebigen Bedarf des Versicherungsnehmers nach Rechtsschutz decken müsste, ist in Österreich nicht gebräuchlich (7 Ob 268/01i; 7 Ob 250/07a; 7 Ob 17/08p = SZ 2008/93, jeweils mwN). Dementsprechend werden im ersten Teil der ARB 2005, und zwar in den für alle Rechtsschutzversicherungsarten „Gemeinsamen Bestimmungen“ der Art 1 bis 16 ARB 2005 die Grundlagen des Rechtsschutzversicherungsvertrags sowie Fragen, die für alle versicherbaren Risken von Bedeutung sind, behandelt, wobei auf Abweichungen in den „Besonderen Bestimmungen“ jeweils hingewiesen wird. Die „Besonderen Bestimmungen“ in den Art 17 ff ARB 2005 enthalten die sogenannten „Rechtsschutzbausteine“, die jeweils die Eigenschaften und Rechtsgebiete, für die Versicherungsschutz besteht, beschreiben. Ergänzt werden in den einzelnen Bausteinen spezifische Obliegenheiten, Risikoausschlüsse und Wartefristen. Diese Rechtsschutzbausteine werden teils einzeln, teils in Form von Rechtsschutzkombinationen („Paketen“) angeboten, deren Zusammensetzung im Tarif geregelt ist. Der Versicherungsnehmer hat die Möglichkeit, das für ihn passende, typisierte Paket oder mehrere davon auszuwählen (7 Ob 250/07a [ARB 1997] mwN).

2. Die positive Deckungsbeschreibung des Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutzes in Art 23.2.1.2. ARB 2005 („Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen ...“) umfasst die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen auf Erfüllung und Erfüllungssurrogate aus schuldrechtlichen Verträgen. Diesem Basistatbestand wurden im weiteren Absatz zwei Ergänzungstatbestände angefügt, die gegenüber dem Basistatbestand konstitutive Bedeutung haben, also Deckung gewähren, die sich aus dem Grundtatbestand nicht ergeben würde. Zum einen wird ausdrücklich ‑ soweit hier von Interesse ‑ auch die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen „reiner“ Vermögensschäden gedeckt, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen. Zum anderen wird auch die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen, zum Gegenstand der Deckung im Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutz erklärt (Kronsteiner, Die neuen Musterbedingungen für die Rechtsschutz‑Versicherung, VR 1994, 172 [176 f]; Fenyves, Zur Deckung von Ansprüchen nach § 5j KSchG in der Rechtsschutzversicherung, VR 2003, 89 f; 7 Ob 17/08p = SZ 2008/93 [ARB 2002]; 7 Ob 250/07a [ARB 1988]; vgl zum Basistatbestand: 7 Ob 3/93; Fenyves, Ausgewählte Fragen des Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutzes, FS Ostheim [1990], 559 [565, 569]). Ziel dieser Zusatzdeckungen ist es, „vertragsnahe“ Ansprüche auf Ersatz „reiner“ Vermögensschäden nicht beim (Allgemeinen) Schadenersatz‑Rechtsschutz, sondern beim (Allgemeinen) Vertrags‑Rechtsschutz anzusiedeln (Fenyves aaO VR 2003, 90).

Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin erfasst der Basistatbestand des Art 23.2.1.2. ARB 2005 nicht die Verfolgung oder Abwehr jeglicher Ansprüche „aufgrund“ schuldrechtlicher Verträge des Versicherungsnehmers betreffend bewegliche Sachen. Zum einen sind im Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutz nur Ansprüche „aus“ Verträgen gedeckt. Zum anderen hätten die beiden Ergänzungstatbestände keinen eigenständigen Deckungsumfang, wenn ihre Zusatzdeckung bereits im Grundtatbestand enthalten wäre. Abgesehen davon, dass durch die zitierte Rechtsprechung geklärt ist, dass die Deckungsbeschreibung des Art 23.2.1.2. ARB 2005 die Geltendmachung und Abwehr von Erfüllungsansprüchen und Erfüllungssurrogaten aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen umfasst, kann auch im Überblick auf § 915 ABGB diese Bestimmung vom durchschnittlich versierten Versicherungsnehmer nicht anders verstanden werden.

3. Mangelfolgeschäden sind Schäden, die sich nicht unmittelbar auf die Erstellung des Werks beziehen, sondern daraus resultieren, dass die mangelhafte Leistung an anderen Vermögenswerten Schäden hervorruft (RIS‑Justiz RS0114204; 7 Ob 114/08b). Ein Mangelfolgeschaden liegt vor, wenn dem Werkbesteller durch den Mangel weitere Nachteile entstehen (4 Ob 47/01t). Durch die Mangelhaftigkeit wird ein weiterer Schaden verursacht (vgl § 933a Abs 3 ABGB).

3.1. Bei einem Mangelfolgeschaden handelt es sich weder um einen Erfüllungsanspruch noch um ein Erfüllungssurrogat im Sinn des Art 23.2.1.2. ARB 2005, bezieht sich doch dieser Schaden nicht unmittelbar auf das Leistungsinteresse. Der Mangelfolgeschaden betrifft weder einen „reinen“ Erfüllungsanspruch noch einen Schadenersatzanspruch, der der Erreichung des unmittelbaren Leistungsinteresses dient und im Fall der gänzlichen oder teilweisen Nichterfüllung an die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt (siehe zum Erfüllungssurrogat Dunst in Kronsteiner/Lafenthaler/Soriat, Erläuterungen zu den Musterbedingungen für die Rechtsschutz‑Versicherung [ARB 2007], 283 [zu Art 17.2.1.1. ARB 1994]).

3.2. Die Zusatzdeckung im Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutz betrifft die Geltendmachung und Abwehr wegen „reiner“ Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen.

„Reine“ Vermögensschäden sind Schäden, die weder durch einen (versicherten) Personenschaden noch durch einen (versicherten) Sachschaden entstanden sind (7 Ob 250/07a [ARB 1997]; 7 Ob 147/07d; 7 Ob 114/08b ua). Es sind dies nachteilige Veränderungen des Vermögens, die beim Geschädigten eintreten, ohne dass sie Folge der Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts dieses Geschädigten sind (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II13 [2007] 314; Koziol, Schadenersatz für reine Vermögensschäden, JBl 2004, 273).

Mangelfolgeschäden können auch „reine“ Vermögensschäden aus Schlecht‑ oder Nichterfüllung sein (vgl 7 Ob 147/07d; 7 Ob 114/08b; Karner/Koziol, Ersatz von Mangelfolgeschäden in Veräußerungsketten von Unternehmern, JBl 2012, 141 [142]).

Während Fenyves (aaO VR 2003, 90) im Zusammenhang mit der vorstehend genannten Zusatzdeckung im Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutz den Schadenersatz für Mangelfolge‑ oder Begleitschäden im Zuge einer Vertragserfüllung nennt, geht Kronsteiner (aaO VR 1994, 177) davon aus, dass die Geltendmachung von Mangelfolge‑ und Begleitschäden an Personen und Sachen (inklusive abgeleiteter Vermögensschäden) im Zuständigkeitsbereich des Allgemeinen Schadenersatz‑Rechtsschutzes verbleibt (hier: Art 19.2.1. ARB 2005). Das ergebe sich ‑ so Kronsteiner ‑ sowohl aus der Textierung der Ausschlusstatbestände im Allgemeinen Schadenersatz‑Rechtsschutz (hier: Art 19.3.1.3. ARB 2005) als auch aus der Grundkonzeption der Schadenersatzdeckung, die für die Folgen der Verletzung absolut geschützter Güter jedenfalls zuständig sei. Konsequenterweise bestehe für die Abwehr von Mangelfolge‑ und Begleitschäden an Personen und Sachen kein Versicherungsschutz. Der Schadenersatz‑Rechtsschutz beziehe sich immer nur auf die Geltendmachung von Ansprüchen, die Deckungsbeschreibung des Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutzes beziehe sich hinsichtlich jener Ansprüche, die über das Erfüllungsinteresse hinausgingen, nur auf „reine“ Vermögensschäden (in diesem Sinn auchDunst in Kronsteiner/Lafenthaler, Erläuterungen zu den Musterbedingungen für die Rechtsschutz‑Versicherung [ARB 1994], 165 ff [zu Art 17.2.1.1. ARB 1994]; Waldeck in Kronsteiner/Lafenthaler, Erläuterungen zu den Musterbedingungen für die Rechtsschutz‑Versicherung [ARB 1994], 188 f [zu Art 19.3.1.3. ARB 1994]).

Dazu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Von der Zusatzdeckung im Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutz werden die Mangelfolge‑ oder Begleitschäden im Zuge einer Vertragserfüllung erfasst, die nicht Folge der Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts sind. Die Geltendmachung von Mangelfolge‑ oder Begleitschäden an Personen und Sachen, die auf der Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts (wie insbesondere Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum) beruhen, ist dagegen von der Deckung im Allgemeinen Schadenersatz‑Rechtsschutz erfasst. Für die Abwehr solcher Mangelfolge‑ oder Begleitschäden an Personen und Sachen besteht in der Rechtsschutzversicherung kein Versicherungsschutz. Der Schadenersatz‑Rechtsschutz bezieht sich nämlich nur auf die Geltendmachung von Ansprüchen.

4. Aufgrund der umfassenden Deckungsbe-schreibung des Art 23.2.1.2. ARB 2005 kann es zu Überschneidungen mit einer bestehenden Haftpflichtver-sicherung (insbesondere mit einer bestehenden Transport‑ oder Vermögensschaden‑Haftpflichtversicherung) kommen. Für derartige Situationen beschreibt Art 23.3.4. ARB 2005 einen „Abgrenzungsausschluss“ („Deckungsabgrenzungsaus-schluss“), der aber nur zum Tragen kommt, wenn das Risiko der Abwehr von Ansprüchen aus der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten tatsächlich im Weg einer Haftpflichtversicherung versichert ist. Ausschlaggebend ist dabei die Risikoumschreibung der bestehenden Haftpflichtversicherung. Bestünde danach Versicherungs-schutz, greift der Risikoausschluss unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer tatsächlich die Haftpflichtdeckung in Anspruch nimmt oder nicht oder ihn durch Verletzung einer Obliegenheit verloren hat (vgl Waldeck in Kronsteiner/Lafenthaler, Erläuterungen zu den Musterbedingungen für die Rechtsschutz‑Versicherung [ARB 1994], 223).

5. Die Klägerin beansprucht Rechtsschutz-deckung für die Abwehr von Mangelfolgeschäden (wovon auch die Parteien im Revisionsverfahren ausgehen), die zwei ihrer Kunden aufgrund behaupteter mangelhafter Reparatur ihrer Pkw gerichtlich geltend machten.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Basistatbestand des Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutzes in Art 23.2.1.2. ARB 2005 nicht erfüllt, geht es dabei doch weder um die Abwehr von Erfüllungsansprüchen noch von Erfüllungssurrogaten aus schuldrechtlichen Verträgen über bewegliche Sachen (siehe vorstehend Punkt 3.1.).

Die Zusatzdeckung im Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutz für die Abwehr von Ansprüchen wegen „reiner“ Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, besteht hinsichtlich dieser Mangelfolgeschäden nicht, sind sie doch Folge der Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts der Kunden. Da mit der behaupteten Schlecht‑ oder Nichterfüllung durch die Klägerin ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Kunden an ihren Kraftfahrzeugen verbunden ist, liegen keine „reinen“ Vermögensschäden vor. Bei den von den Kunden begehrten Reparaturkosten für weitere Schäden an den Pkws handelt es sich um Sachschäden. Für die Abwehr dieser Ansprüche besteht für die Klägerin mangels „reinen“ Vermögensschadens keine Deckung im Allgemeinen Vertrags‑Rechtsschutz.

Da im Schadenersatz‑Rechtsschutz (Art 19.2.1. ARB 2005) nur die Geltendmachung von Ansprüchen versichert ist, ist die Abwehr der von den Kunden der Klägerin begehrten Sachschäden von dieser Bestimmung nicht gedeckt. Auf diesen „Rechtsschutzbaustein“ stützte die Klägerin ihren Deckungsanspruch auch nicht.

6. In Stattgebung der Revision gegen das abändernde Berufungsurteil ist daher das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Prozesskosten des Berufungs‑ und Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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