OGH 6Ob125/12v

OGH6Ob125/12v13.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** S*****, vertreten durch Dr. Anton Waltl und andere Rechtsanwälte in Zell am See, gegen die beklagte Partei F***** S*****, vertreten durch Dr. Karl Ludwig Vavrovsky, Rechtsanwalt in Salzburg, als Verfahrenshelfer, wegen 33.774,05 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Mai 2012, GZ 4 R 79/12h‑52, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Bei Auslegung des Begriffs des förderungswürdigen Bewirtschafters im Sinn der Sonderrichtlinie ÖPUL 95 ist nicht auf diejenige Person abzustellen, die willkürlich Besitzhandlungen auf landwirtschaftlichen Flächen vornimmt, sondern auf den „Verwalter“ der Flächen; im Zusammenhang mit dem Abstellen auf die Bewirtschaftung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung kann dies aus der Sicht des Erklärungsadressaten nur bedeuten, dass die Bewirtschaftung sämtlicher gemeldeter Flächen auf einer materiellrechtlichen Grundlage (etwa auf einem auch nur vom Pächter abgeleiteten Nutzungsrecht) beruht; besteht eine derartige Grundlage, ist der Bewirtschafter rechtmäßiger (§ 316 ABGB) und redlicher (§ 326 ABGB) Rechtsbesitzer (6 Ob 61/05x).

2. Die Auffassung der Vorinstanzen, vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung habe in den Jahren 2006 und 2007 der Kläger den Erbhof bewirtschaftet, ist jedenfalls vertretbar:

2.1. Die Vereinbarung vom 23. 9. 1988 (Erbschaftskaufvertrag) ist als quasifideikommissarische Substitution zu verstehen (vgl Punkt XII. [Es wird Nacherbfolge vereinbart. Bezüglich der Nacherben und des Substitutionsfalls, wann also die Nacherbschaft eintritt, gilt folgendes: ….]). Der Beklagte als Käufer verpflichtete sich zur Übergabe des Erbhofs an den Kläger (als einen der Erbschaftsverkäufer); die Übergabsverpflichtung trat mit Stichtag 7. 10. 2003 „in Kraft“. Damit sind auf diese Vereinbarung die Rechtsvorschriften über die fideikommissarische Substitution (§§ 608 ff ABGB) analog anzuwenden (RIS‑Justiz RS0010431).

2.2. Auch wenn der Kläger nicht - wie in dem der Entscheidung 5 Ob 34/90 zugrunde liegenden Fall (sofortiger Übergang des Eigentums) ‑ aufgrund der erwähnten Vereinbarung sofort aufschiebend bedingtes Eigentum erwarb, fiel ihm doch im Hinblick auf § 703 ABGB mit Eintritt der Bedingung im Jahr 2003 die Nacherbschaft an (Kletečka/Holzinger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.00 [2010] § 615 Rz 9; Gruber/Sprohar-Heimlich/Scheuba, Instrumente zur Sicherung des Erblasserwillens, in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge [2010] § 18 Rz 23). Ab diesem Zeitpunkt standen ihm gegenüber dem Beklagten jene Rechte zu wie dem Eigentümer gegen den Fruchtnießer (Gruber/Sprohar-Heimlich/Scheuba aaO Rz 24); die Parteien hatten zusammen die Rechte eines freien Eigentümers (vgl 5 Ob 99/90 SZ 63/209; Fritsch in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht [2007] 217; Gruber/Sprohar-Heimlich/Scheuba aaO). Im Sinn der Entscheidung 6 Ob 61/05x lag somit eine materiellrechtliche Grundlage zur Bewirtschaftung des Erbhofs durch den Kläger vor.

2.3. Der Beklagte stellt in seiner außerordentlichen Revision ausschließlich auf die Frage der Eintragung des Eigentumsrechts am Erbhof und insoweit auf die Rechtskraft des Urteils des Landesgerichts Salzburg vom 7. 3. 2007, GZ 1 Cg 226/04h‑54, ab. Dieses verpflichtete ihn zur Unterfertigung eines Vertrags, mit dem er dem Kläger den Erbhof übergibt, dies in Erfüllung der übernommenen Verpflichtung, das Eigentumsrecht am Erbhof ab 7. 10. 2003 an den Kläger zu übertragen. Damit soll es aber nach Ansicht der außerordentlichen Revision bei Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bewirtschaftung nicht auf den ursprünglichen Erbschaftskaufvertrag ankommen.

Darauf kommt es aber gar nicht an. Für den Kläger bestand bereits in den Jahren 2006 und 2007 die materiellrechtliche Grundlage für die Bewirtschaftung des Erbhofs in seinem Anwartschaftsrecht aufgrund der quasifideikommissarischen Substitution (zum Anwartschaftsrecht ausführlich 3 Ob 75/07m SZ 2007/112). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Bewirtschaftungsmaßnahmen auf den landwirtschaftlichen Flächen in den Jahren 2006 und 2007 im Sinn der Entscheidung 6 Ob 61/05x „willkürlich“ vorgenommen hätte. Ob in diesen Jahren auch dem Beklagten ein Bewirtschaftungsrecht (aufgrund seines Eigentums) zugekommen wäre, ist nicht maßgeblich: Tatsächlich wurde der Erbhof ja ausschließlich vom Kläger bewirtschaftet, während der Beklagte lediglich danach trachtete, das Verfahren zu verzögern und damit die Eigentumsübertragung auf den Kläger hinauszuschieben.

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