Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 447,98 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 74,66 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger absolvierte im Jahr 1983 seine Ausbildung zum Heilmasseur und Heilbademeister gemäß dem Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, BGBl 1961/102 (MTF-SHD-G). Seit 1. 10. 1999 ist der Kläger als Heilmasseur bzw medizinischer Masseur in einem von der Beklagten betriebenen Regenerationszentrum tätig. Er ist in Gehaltsgruppe I/Dienstklasse B des Schemas für das Pflegepersonal der Dienstordnung A für Angestellte bei Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) eingestuft. Nach dem Inkrafttreten des Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetzes (MMHmG, BGBl I 2002/169) am 1. 3. 2003 (§ 89 Abs 1 MMHmG) bestand der Kläger am 3. 11. 2004 die Prüfung zum Erwerb der Spezialqualifikation „Elektrotherapie“ gemäß § 81 MMHmG mit Erfolg. Eine weitere Zusatzausbildung absolvierte der Kläger in der Spezialmassage „Lymphdrainage“ im Ausmaß von 80 Unterrichtseinheiten. Mit Ausnahme dieser Zusatzausbildungen verfügt der Kläger über keine Ausbildung nach dem MMHmG.
Der Kläger arbeitete vor allem als Masseur für die Beklagte, seine Haupttätigkeit war stets die Erfüllung von klassischen Aufgaben eines Heilmasseurs. Neben klassischen Massagen führte er Spezialmassagen durch, und zwar Akupunkt-, Lymphdrainage- und Reflexzonenmassagen. Seit dem 1. 1. 2009 macht der Kläger keine Spezialmassagen mehr; er wird nur mehr für klassische Massagen und Elektrotherapie eingesetzt. Es ist nicht feststellbar, dass der Kläger bis Ende 2008 Spezialmassagen im Ausmaß von 30 % oder mehr seiner Gesamtarbeitszeit durchgeführt hätte.
Der Kläger macht geltend, dass er richtigerweise nicht in Gehaltsgruppe I/B DO.A, sondern ab 1. 7. 2004 in Gehaltsgruppe I/C und ab 1. 1. 2009 in Gehaltsgruppe I/D einzustufen gewesen wäre und begehrt die Zahlung daraus resultierender Entgeltdifferenzen. Er bringt vor, dass die Einreihungsbestimmungen der DO.A für medizinische Masseure und Heilmasseure infolge der durch das MMHmG neu geschaffenen Rechtslage mit Wirksamkeit vom 1. 7. 2004 angepasst worden seien. Die von ihm begehrte höhere Einstufung sei einerseits gerechtfertigt, weil er Spezialmassagen wie Lymphdrainagen, Reflexzonenmassagen oder Akupunktmassagen in erheblichem Umfang ausgeübt habe. Andererseits sei er als Heilmasseur nach dem MTF-SHD-G nach Ablegung der Prüfung in der Spezialqualifikation Elektrotherapie innerhalb der in § 81 MMHmG vorgesehenen Frist berechtigt, den Beruf des medizinischen Masseurs auszuüben, sodass auch daher die begehrte höhere Einstufung vorzunehmen sei. Eine davon abweichende Auslegung der DO.A verstieße gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz, weil der Kläger bei gleicher Tätigkeit geringer entlohnt würde als jene Masseure, die die Berufsberechtigung nach dem MMHmG erworben hätten.
Die Beklagte wandte dagegen ein, dass die Einstufung des Klägers, der über keine Ausbildung nach dem MMHmG verfüge, zutreffend sei. Die erworbenen Spezialausbildungen des Klägers in den Bereichen Elektrotherapie und Spezialmassage „Lymphdrainage“ könnten eine Ausbildung nach dem MMHmG nicht ersetzen. Der Kläger habe Spezialmassagen - insbesondere auch die Spezialmassage „Lymphdrainage“ - nicht in einem erheblichen Ausmaß seiner Gesamttätigkeit ausgeübt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger sei als Heilmasseur gemäß MTF-SHD-G zutreffend in Gehaltsgruppe I/B eingereiht. Die Voraussetzungen der Einreihung in Gehaltsgruppe I/D seien nicht gegeben: Der Kläger verfüge über keine Ausbildung nach dem MMHmG, sondern habe nur eine für die Frage der Einreihung nicht relevante Zusatzausbildung in Elektrotherapie absolviert. Er habe zwar eine Zusatzausbildung in der Spezialmassage „Lymphdrainage“ erworben, habe diese aber nicht in erheblichem Ausmaß ausgeübt, weil er die von der Judikatur dafür angesetzte Grenze von 30 % der Gesamttätigkeit nicht erreicht habe. Dass der Kläger auch andere Spezialmassagen ausgeübt habe, sei nicht maßgeblich, weil er dafür keine entsprechende Ausbildung gehabt habe. Darüber hinaus habe der Kläger Spezialmassagen nur vorübergehend und in einem nicht erheblichem Umfang erbracht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers gegen dieses Urteil nicht Folge. Es treffe zwar zu, dass der Kläger durch Erfüllung der Voraussetzungen in den Übergangsbestimmungen der §§ 80 f MMHmG die Berechtigung zur Ausübung des Berufs des medizinischen Masseurs und zur Führung der Berufsbezeichnung medizinischer Masseur erworben habe. Er sei auch berechtigt, die Spezialmassagen Lymphdrainage, Reflexzonenmassage und Akupunktmassage durchzuführen. Der Umstand, dass der Kläger als Heilmasseur gemäß MTF-SHD-G gemäß der Übergangsbestimmung des § 80 Abs 1 MMHmG diese Berufsberechtigung erworben habe, ändere jedoch nichts daran, dass die nach den neuen Bestimmungen des MMHmG ausgebildeten medizinischen Masseure und Heilmasseure eine höhere Qualifikation besäßen. Über diese verfüge der Kläger, der keine Ausbildung iSd MMHmG absolviert habe, nicht. Die DO.A habe diesem Qualifikationsunterschied dadurch Rechnung getragen, dass Heilmasseure „alt“ in die Dienstklasse B, Heilmasseure mit einer Ausbildung nach dem MMHmG bzw Heilmasseure „alt“, die ihre Fortbildungsverpflichtung in zumindest einer der Spezialmassagen Lymphdrainage, Reflexzonenmassage oder Akupunktmassage erfüllt haben und diese Spezialmassage auch in erheblichem Ausmaß ausüben, hingegen in die Dienstklasse C bzw D einzureihen seien. Die nach diesen Kriterien vorgenommene unterschiedliche Einstufung sei sachlich gerechtfertigt und stelle keine willkürliche Schlechterstellung dar, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche. Mit dem von der DO.A verwendeten Begriff der „Ausbildung“ sei die gesamte Ausbildung nach dem MMHmG und nicht lediglich eine Teilausbildung gemeint. Der Kläger verfüge lediglich über eine Zusatzausbildung in der Spezialmassage „Lymphdrainage“. Weitere Voraussetzung der höheren Einstufung sei jedoch, dass diese Spezialmassage auch im erheblichen Ausmaß, worunter nach der Rechtsprechung zur DO.A etwa 30 % der Gesamttätigkeit zu verstehen seien, ausgeübt werde. Der Kläger habe jedoch diese Spezialmassage selbst unter Berücksichtigung von Vor- und Nachbereitungszeiten lediglich in einem Ausmaß von 7,5 % der tatsächlich von ihm geleisteten Nettoarbeitszeit ausgeübt, daher nicht im geforderten erheblichen Ausmaß. Auf die weiteren vom Kläger ausgeübten Spezialmassagen Reflexzonen- und Akupunktmassage komme es für die Bewertung der Erheblichkeit nicht an, weil er für diese keine Zusatzausbildung habe.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision im Hinblick auf die hier vorzunehmende Auslegung der Einreihungsbestimmungen des Kollektivvertrags zulässig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1.1 Die Einreihung des Pflegepersonals hat unter Bedachtnahme auf § 36 DO.A ausschließlich nach den Gehaltsgruppen und Dienstklassen gemäß § 38 DO.A zu erfolgen. § 38 DO.A lautet - bezogen auf die hier maßgeblichen Stichtage - auszugsweise:
1.1.1 Zum Stichtag 1. 7. 2004 (§ 209 DO.A):
„Gehaltsgruppe I
…
Dienstklasse B
1. ... Heilmasseure/-innen gemäß dem MTF-SHD-G.
2. …
Dienstklasse C
1. …
2. Medizinische Masseure(innen)/ Heilmas-seure(innen), die eine Ausbildung nach dem MMHmG erworben haben sowie … Heilmasseure(innen) gemäß dem MTF-SHD-G, die eine Zusatzausbildung in den Spezialmassagen Lymphdrainage oder Reflexzonenmassage oder Akupunktmassage absolviert haben und diese auch in erheblichem Ausmaß ausüben.“
1.1.2 Zum Stichtag 1. 1. 2008 (§ 227 DO.A):
„ (3) In Gehaltsgruppe I, Dienstklasse B sind einzureihen:
1. ... Heilmasseure/-innen gemäß dem MTF-SHD-G.
2. …
(4) In Gehaltsgruppe I, Dienstklasse C sind einzureihen:
1. …
2. Medizinische Masseure(innen)/ Heilmasseure-(innen), die eine Ausbildung nach dem MMHmG erworben haben sowie … Heilmasseure(innen) gemäß dem MTF-SHD-G, die eine Zusatzausbildung in den Spezialmassagen Lymphdrainage oder Reflexzonenmassage oder Akupunktmassage absolviert haben und diese auch in erheblichem Ausmaß ausüben.“
1.1.3 Zum Stichtag 1. 1. 2009 (in Geltung seit 1. 10. 2008, § 228 DO.A):
„...
(3) In Gehaltsgruppe I, Dienstklasse B sind einzureihen:
1. … Heilmasseure/-innen gemäß dem MTF-SHD-G
2. …
(4a) In Gehaltsgruppe I, Dienstklasse D sind einzureihen:
1. Medizinische Masseure(innen)/ Heilmasseure-(innen), die eine Ausbildung nach dem MMHmG erworben haben,
2. … Heilmasseure(innen) gemäß dem MTF-SHD-G, die eine Zusatzausbildung in den Spezialmassagen Lymphdrainage oder Reflexzonenmassage oder Akupunktmassage absolviert haben und diese auch in erheblichem Ausmaß ausüben.“
1.2 Es ist daher festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die Einstufung in Gehaltsgruppe I/C Z 2 (Stichtag 1. 7. 2004) bzw in Gehaltsgruppe I/C idF des § 38 Abs 4 DO.A (Stichtag 1. 1. 2008) mit denjenigen für die Einstufung in die Gehaltsgruppe I/D idF des § 38 Abs 4a DO.A (Stichtag 1. 10. 2008) inhaltlich ident sind. Dies ist im Verfahren auch nicht strittig. Soweit daher in weiterer Folge auf die Bestimmung des § 38 Abs 4a DO.A eingegangen wird, beziehen sich diese Ausführungen auch immer auf die dargestellten Vorgängerbestimmungen.
2. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen einer Einstufung in die Gehaltsgruppe I/D auch gemäß § 38 Abs 4a Z 2 DO.A nicht erfüllt, weil er zwar über eine Zusatzausbildung in der Spezialmassage „Lymphdrainage“ verfügt, diese jedoch nicht im erforderlichen erheblichen Ausmaß ausgeübt hat. Dieser Rechtsansicht tritt der Kläger in der Revision nicht entgegen, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.
3.1 Gemäß § 38 Abs 4a Z 1 DO.A sind in Gehaltsgruppe I/D nur jene medizinischen Masseure bzw Heilmasseure einzuordnen, die eine Ausbildung nach dem MMHmG erworben haben. Der Rechtsansicht des Revisionswerbers, dass bereits der Erwerb der Zusatzausbildungen für Elektrotherapie bzw Spezialmassage „Lymphdrainage“ eine solche Ausbildung darstellt, steht, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, schon der Wortlaut des § 38 Abs 4a DO.A und die sich aus dem Text des Kollektivvertrags ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien (9 ObA 119/08b; RIS-Justiz RS0010089) entgegen. Die Kollektivvertragsparteien verwenden innerhalb der Bestimmung des § 38 Abs 4a DO.A in Z 1 den Begriff der „Ausbildung nach dem MMHmG“, während Z 2 dieser Bestimmung ausdrücklich von einer „Zusatzausbildung“ in bestimmten Spezialmassagen spricht. Schon daher hat die Argumentation des Revisionswerbers, dass § 38 Abs 4a DO.A nur (irgend-)eine Ausbildung nach dem MMHmG zum Gegenstand habe, keine Grundlage.
3.2 Dies ergibt sich auch aus den Bestimmungen des MMHmG, auf dessen Inkrafttreten die Kollektivvertragsparteien bereits mit der oben wiedergegebenen Formulierung der Dienstklasse C Z 2 in § 38 DO.A mit 1. 7. 2004 ausdrücklich reagiert haben. Das MMHmG regelt die Berufe und die Ausbildungen des medizinischen Masseurs (§§ 1 Z 1, 17 bis 28 MMHmG) und des Heilmasseurs (§§ 1 Z 2, 50 bis 56 MMHmG). Es unterscheidet in seinen Regelungen ausdrücklich die Ausbildung als solche vom Erwerb von Spezialqualifikationen (§§ 60 ff, 68 bis 72 MMHmG), zu denen ua gemäß § 69 MMHmG die Elektrotherapie zählt. Die in § 38 Abs 4a DO.A vorgenommene Unterscheidung der Begriffe der Ausbildung und Spezial-(Zusatz-)ausbildung entspricht daher jener des MMHmG.
3.3 Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf die Übergangsbestimmungen der §§ 80, 81 MMHmG. Diese Bestimmungen regeln lediglich Fragen der Berufsberechtigung, nicht aber solche der Ausbildung. Die Kollektivvertragsparteien beabsichtigen mit der Regelung des § 38 Abs 4a DO.A, die höhere Ausbildung nach dem MMHmG zu honorieren. Die bloße Möglichkeit der Erhaltung der Berufsberechtigung führt daher nicht zur vom Kläger gewünschten höheren Einstufung gemäß § 38 Abs 4a DO.A.
4. Der vom Revisionswerber angesprochene verfassungsrechtliche Gleichheitssatz, an den die Kollektivvertragsparteien im Rahmen des normativen Teils des Kollektivvertrags gebunden sind (RIS-Justiz RS0038765; RS0038552), verbietet sachlich nicht begründbare Regelungen, also willkürliche Differenzierungen, lässt aber unterschiedliche Regelungen dort zu, wo sie durch entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt sind (RIS-Justiz RS0053889). Wie ausgeführt berücksichtigt die Bestimmung des § 38 Abs 4a DO.A den bereits vom Berufungsgericht ins Treffen geführten höheren Ausbildungsgrad sowohl von medizinischen Masseuren als auch von Heilmasseuren nach dem MMHmG. Die Entscheidung des Kollektivvertrags, der vom Gesetzgeber intendierten höherwertigen Ausbildung nach dem MMHmG einen besonderen Stellenwert für die Einstufung beizumessen, liegt im zulässigen Gestaltungsspielraum der Kollektivvertragsparteien (8 ObA 20/09p mwH; Resch, Die Einstufung im Kollektivvertrag, wbl 1999, 237 [244]). Auch der EuGH hat (zu ex-Art 119 EGV, nunmehr Art 157 AEUV) bereits ausgesprochen, dass eine unterschiedliche Berufsausbildung auch einen Faktor darstellen kann, der eine unterschiedliche Vergütung für Arbeitnehmer, die die gleiche Arbeit verrichten, objektiv rechtfertigen kann (EuGH C-309/97, Wiener GKK, Rz 19; 8 ObA 96/11t ua). Eine willkürliche Differenzierung ist hier um so weniger anzunehmen, als die Kollektivvertragsparteien ohnehin auch Heilmasseuren nach dem MTF-SHD-G, die keine Ausbildung nach dem MMHmG haben, eine Einstufung in die höhere Dienstklasse unter den Voraussetzungen des § 38 Abs 4a Z 2 DO.A ermöglichen, wodurch das vom MMHmG angestrebte Ausbildungsniveau erreicht werden soll.
5. Was der Kläger mit seinem nicht näher konkretisierten Hinweis auf „§ 2 Abs 1 Z 2“ GlBG bzw überhaupt mit dem Hinweis auf das GlBG meint, ist nicht ersichtlich, kann jedoch dahingestellt bleiben, weil der im gesamten Verfahren qualifiziert vertretene Kläger sich in erster Instanz ausdrücklich auf eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes, nicht aber auf eine Verletzung eines Diskriminierungsverbots nach dem GlBG berufen hat.
Der Revision war aus diesen Gründen nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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