OGH 3Ob125/12x

OGH3Ob125/12x11.7.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des F*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betroffenen Person, vertreten durch Mag. Michael Nierla, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 3. April 2012, GZ 16 R 86/12d‑116, womit infolge Rekurses der betroffenen Person der Beschluss des Bezirksgerichts Neunkirchen vom 22. Dezember 2011, GZ 11 P 58/08f‑108, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betroffenen Person wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Für den am 12. November 1932 geborenen Betroffenen war mit Beschluss vom 11. November 2004 (ON 23) seine Nichte Mag. T***** zur Sachwalterin bestellt worden.

Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 die bisherige Sachwalter enthoben und den NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung zum Sachwalter bestellt. Die bisher bestellte Sachwalterin habe ihre Tätigkeiten für den Betroffenen wiederholt nur mit erheblicher Verspätung erbracht. Die Rechnungslegung für das Jahr 2010 sei noch immer nicht erfolgt, weshalb die bisher bestellte Sachwalterin nicht mehr als geeignet angesehen werden könne.

Das Rekursgericht gab dem dagegen vom Betroffenen erhobenen Rekurs nicht Folge. Der Betroffene verfüge über beträchtliche Barmittel. Trotz unzähliger Ankündigungen habe die bisherige Sachwalterin den Bericht für das Jahr 2010 noch immer nicht gelegt. Auch in den vergangenen Jahren habe die Sachwalterin immer wieder um Fristverlängerung wegen Erkrankungen, beruflicher Überlastung etc ersucht. Da die enthobene Sachwalterin ihren Pflichten im Rahmen der Vermögensverwaltung zum Nachteil des Wohles des Betroffenen nicht ausreichend nachgekommen sei, sei eine Umbestellung notwendig. Dabei werde nicht in Zweifel gezogen, dass die enthobene Sachwalterin den Betroffenen bisher ausgezeichnet und mit großem Einsatz persönlich betreut habe.

In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs bringt der Betroffene ‑ kurz zusammengefasst ‑ vor, dass die bisherige Sachwalterin ihre „aufopfernde Betreuungstätigkeit“ unentgeltlich erbracht habe, während die Neubestellung des Vereins eine erhebliche finanzielle Belastung mit sich bringen werde. Diesen Umstand hätten die Vorinstanzen von Amts wegen berücksichtigen müssen.

Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage dargestellt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der bisherige Sachwalter ist legitimiert, namens des Betroffenen ein Rechtsmittel gegen einen Umbestellungsbeschluss einzubringen (RIS-Justiz RS0006229 [T23]).

2. Die Beurteilung der Notwendigkeit der Umbestellung eines Sachwalters ist auf den Einzelfall bezogen und betrifft grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0117813 [T2]). Eine Einzelfallentscheidung ist für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0044088).

2.1. Ein solcher Fall liegt nicht vor: Angesichts der der Sachwalterin zuzurechnenden Verzögerungen, vor allem zuletzt bei der Rechnungslegung für 2012, ist die Umbestellung jedenfalls vertretbar. Verlässlichkeit im Umgang mit dem Pflegschaftsgericht muss als ein wesentliches Kriterium der Eignung einer Person für die Funktion eines Sachwalters angesehen werden. Ohne Rechnungslegung kann die Vermögensverwaltung nicht überprüft werden.

2.2. Die Unentgeltlichkeit der Leistungs‑ erbringung durch die bisherige Sachwalterin hat keine entscheidende Bedeutung. Der Umstand, dass der neu bestellte Sachwalter auf seine Ansprüche nach § 276 ABGB nicht verzichten wird, kann die Abberufung einer nicht ‑ mehr - geeigneten Person nicht verhindern.

3. Im Übrigen hat es der Betroffene unterlassen, die nunmehr geltend gemachten Einwände bereits im Rekurs zu erheben. Eine im Rekursverfahren nicht vorgebrachte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens kann im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr nachgeholt werden (RIS-Justiz RS0043111 [T22 und T26]), ebenso eine im Rechtsmittel an die zweite Instanz unterlassene Rechtsrüge (RIS-Justiz RS0043480 [T12]). Der Oberste Gerichtshof ist auch nicht Tatsacheninstanz (RIS‑Justiz RS0007236 [T3 und T4]).

4. Mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Betroffenen zurückzuweisen.

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