OGH 5Ob52/12a

OGH5Ob52/12a24.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** P*****, vertreten durch Dr. Peter Ouschan, Rechtsanwalt in Völkermarkt, gegen die beklagte Partei W***** P*****, vertreten durch Dr. Siegfried Rack und Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwälte in Völkermarkt, wegen 12.233,04 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 9. Dezember 2011, GZ 4 R 404/11w-27, mit dem infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Völkermarkt vom 30. September 2011, GZ 2 C 313/10y-21, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht sprach nachträglich über Abänderungsantrag (§ 508 ZPO) des Beklagten aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zu der vom Beklagten vertretenen Rechtsansicht, wonach § 16 Abs 9 (Satz 2) MRG betreffend die Notwendigkeit eines schriftlichen Erhöhungsbegehrens als Voraussetzung für das Wirksamwerden einer Indexänderung für den Mietzins analog auf Wertsicherungsbeträge aus einer Leibrente anzuwenden sei, liege - soweit überblickbar - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO kurz zu begründen ist:

1.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung 3 Ob 453, 454/52 (SZ 25/328) im Zusammenhang mit einer Wertsicherungsklausel betreffend eine Leibrentenforderung ausgeführt, es sei unrichtig, dass die forderungsberechtigte „Klägerin diese Erhöhung erst ab Mahnung oder doch einer 'erkennbaren Unzufriedenheit' mit der bisherigen Rente fordern könnte. ... Es handelt sich im vorliegenden Falle um eine Schuld mit einem bestimmten Fälligkeitstag. Die Höhe der Forderung wird bestimmt durch die im Vertrag festgesetzte Leibrente in Verbindung mit dem jeweiligen Lebenshaltungskostenindex. Die Schuld in der vertraglichen Höhe ist daher an dem im Vertrag festgesetzten Tag ohne vorherige Mahnung fällig. Das bloße Stillschweigen der Klägerin zur Bezahlung einer dem Vertrage nicht entsprechenden Rente bedeutet nicht Zustimmung oder Verzicht auf eine Erhöhung“.

1.2. In der Entscheidung 5 Ob 640/83 wird ausgeführt, dass der auf einer Wertsicherungsvereinbarung beruhende „Aufwertungsbetrag ein Teil der Schuld ist und als solcher auf demselben Rechtsgrund beruht (und während der gesamten Verjährungszeit der Schuld gefordert werden kann). Der Aufwertungsbetrag ist also in jeder Hinsicht als Teil der wertgesicherten Forderung zu behandeln (und nicht etwa als deren Nebenforderung) ...“. Weiters wird in besagter Entscheidung darauf hingewiesen, dass im Zweifel der Schuldner den Aufwertungsbetrag zu berechnen habe.

1.3. Aus den zuvor wiedergegebenen Entscheidungen ist eindeutig die Rechtsansicht ableitbar, dass Veränderungen der Leistungspflicht aufgrund einer Wertsicherungsklausel grundsätzlich gerade nicht einer besonderen Einmahnung durch den Berechtigten bedürfen.

2.1. Die vom Beklagten angestrebte analoge Anwendung des zu § 16 Abs 9 (Satz 2) MRG für die Geltendmachung der in einem Leibrentenvertrag vereinbarten Wertsicherung setzt als Analogieschluss eine planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung voraus (vgl RIS-Justiz RS0008866). Um eine solche annehmen zu können, müssen die für den geregelten wie den ungeregelten Fall maßgebenden Wertungen übereinstimmen, wofür es deutlicher Anhaltspunkte im Gesetz bedarf (vgl RIS-Justiz RS0008826; 4 Ob 248/06h). Solche Anhaltspunkte zeigt der Beklagte nicht auf und diese liegen auch deshalb nicht nahe, weil selbst § 16 (Abs 9 Satz 2) MRG nur im Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes gilt.

2.2. Die vom Beklagten offenbar erwogene Ähnlichkeit zwischen der Wertsicherung einer Leibrente und der „Wertbeständigkeit“ von Versicherungsprämien ist ebenfalls nicht zu erkennen.

3. Dass die bloß ohne Widerspruch erfolgte Entgegennahme zu niedriger Beträge noch keinen Verzicht auf eine aus der Wertsicherung gebührende Erhöhung begründet, folgt ebenfalls schon aus 3 Ob 453, 454/52 SZ 25/328 und dem allgemeinen Grundsatz, dass bei Annahme eines Verzichts besondere Vorsicht geboten ist (RIS-Justiz RS0014420; RS0014190).

4.1. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision unzulässig und deshalb zurückzuweisen.

4.2. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 40, 50 ZPO. Der Kläger hat - auch nicht erkennbar - auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979; insb 5 Ob 209/09k mwN).

Stichworte