OGH 9ObA25/12k

OGH9ObA25/12k29.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Peter Schnöller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** H*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei ÖBB-Personenverkehr AG, 1220 Wien, Wagramer Straße 17-19, vertreten durch Kunz, Schima, Wallentin, Rechtsanwälte OG in Wien, wegen (zuletzt) 6.231,06 EUR brutto sA und Feststellung (10.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. November 2011, GZ 10 Ra 64/11x-48, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 26. November 2010, GZ 1 Cga 63/08b-44, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.049,04 EUR (darin 174,84 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist bei der Beklagten beschäftigt. Auf sein Dienstverhältnis sind die „Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) anzuwenden, nach deren § 24 der ÖBB-Angestellte ein Monatsentgelt erhält, das aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen besteht. Die Höhe des Gehalts richtet sich nach der Gehaltsgruppe und der Gehaltsstufe. Die Gehaltsgruppe ergibt sich aus der Verwendung. Die Zuordnung der einzelnen Verwendungen zu den Gehaltsgruppen bestimmt die Anlage 1.

Anlage 1 enthält allgemeine „Verwendungsbezeichnungen“ der Arbeitnehmer. Die Bezeichnung der einzelnen Tätigkeiten werden darin nicht näher definiert. Bis 2008 gab es auch keine bestimmten Anforderungsprofile, Stellenplatz- oder Tätigkeitsbeschreibungen. Der „Lehrlingsausbildner“ ist darin nicht enthalten.

Der Kläger begann als Zugbegleiter, wurde in der Folge Auskunftsagent und Ende 2003 Mentor. Darunter ist eine Agententätigkeit mit einer Spezialisierung (zB Betreuung einer Hotline) und einer Unterstützung anderer Agenten zu verstehen, die bei Bewährung auch die Möglichkeit eines Aufstiegs zum Coach mit einschließt. Als Mentor bezog der Kläger ein Gehalt auf Basis der Gehaltsgruppe V. Andere Mentoren sind auch in die Gehaltsgruppe VI eingereiht, sei es, dass sie diese Einreihung aus einer früheren Tätigkeit mitbrachten, sei es, weil Absprachen mit dem Betriebsrat getroffen wurden.

Der Leiter des Call-Centers war Vorgesetzter des Klägers und der anderen dort tätigen Mitarbeiter und auch ihr direkter Ansprechpartner. Sie standen in keinem Kontakt zur Leitung des Personalwesens der Beklagten. Ob Mitarbeiter des Call-Centers die Tätigkeit eines Coach übernehmen sollten, entschied - sofern eine Planstelle laut Stellenplan frei war - der Vorgesetzte nach Leistung und Laufbahn des jeweiligen Mitarbeiters. Für seine Mitarbeiter waren die Entscheidungen des Vorgesetzten bindend. Deren Realisierung durch das Personalbüro war für sie lediglich ein Formalerfordernis.

Am 4. 12. 2003 wurden von der Beklagten als Reaktion auf die angeordnete Kostenreduktion neue Normierungsrichtlinien beschlossen, denen zufolge es ohne Verwendungsänderung eines Mitarbeiters zu keiner Beförderung mehr kommen sollte und alle Nachbesetzungen von Planstellen, bei denen es um die Beförderung eines Mitarbeiters ging, sowie alle Änderungen von Planstellenwertigkeiten dem Vorstand vorzulegen waren. Diese Stichtagsregelung wurde dem Betriebsrat, dem Kläger und dessen Vorgesetzten nicht bekannt. Der Betriebsrat hatte aber die Information, dass Höherreihungen nach dem Stichtag schwieriger würden.

Am 1. 1. 2005 wurde eine Agentin ohne Änderung ihrer Tätigkeit in die Gehaltsgruppe VI eingereiht.

Im Jahr 2006 war die Planstelle eines Lehrlingsausbildners frei. Da der frühere Lehrlingsausbildner in der Gehaltsgruppe VIB eingereiht war, ging der Vorgesetzte des Klägers davon aus, dass auch der Kläger mit Beginn einer solchen Tätigkeit in diese Gehaltsgruppe eingereiht werden konnte. Er teilte dem Kläger aufgrund dessen Fähigkeiten seine Präferenz dafür mit, dass er nicht Coach, sondern Lehrlingsausbildner werden sollte und dafür in die Gehaltsgruppe VIB komme, womit der Kläger einverstanden war. In der Folge wurde zwischen dem Kläger, seinem Vorgesetzten, dessen Vorgesetzten und einem Betriebsratsmitglied eine Vereinbarung über die Tätigkeit des Klägers als Lehrlingsausbildner getroffen. Sie enthielt keinen Hinweis auf eine Gehaltsgruppe. Der Kläger und seine Vorgesetzten gingen aber davon aus, dass er in die Gehaltsgruppe VIB eingereiht würde. Der Kläger war in der Folge bis September 2008 als Lehrlingsausbildner tätig, ohne dass er in die Gehaltsgruppe VI eingereiht worden wäre. Seither ist er als Mitarbeiter des Betriebsrats tätig.

Mit seiner am 5. 5. 2008 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass er seit dem 1. 3. 2006, in eventu vom 1. 3. 2006 bis einschließlich 31. 8. 2009, im Hinblick auf seine Verwendung in die Gehaltsgruppe VIB eingestuft werde sowie die Zahlung von (zuletzt) 6.231,06 EUR brutto sA an Entgeltdifferenz zu seiner tatsächlichen Einstufung in die Gehaltsgruppe VB für den Zeitraum März 2006 bis März 2008. Er werde seit Jänner 2006 als Lehrlingsausbildner beschäftigt. Diese Verwendung sei einer solchen als Coach/Teamleiter im Call-Center gleichzuhalten. Im Jänner 2006 hätten neun Personen die Position eines Coach/Teamleiters im Call-Center innegehabt, von denen fünf in die Gehaltsgruppe VIB, zwei in die Gehaltsgruppe VIIA und ein Mitarbeiter in die Gehaltsgruppe VIIB eingestuft gewesen seien. Aufgrund des Verwendungs- und des Gleichbehandlungsprinzips hätte auch er in die Gehaltsgruppe VIB eingestuft werden müssen. Auch seine Vorgesetzten hätten ihm die Gleichwertigkeit der Tätigkeit und der Karriereleiter eines Lehrlingsausbildners mit der des Coach/Teamleiters zugesichert. Zudem seien auch die im Call-Center als Mentoren tätigen Mitarbeiter mehrheitlich in die Gehaltsgruppe VIB eingestuft gewesen, weshalb er bereits seit Beginn seiner Funktion als Mentor im August 2003 einen Anspruch auf Einstufung in die Gehaltsgruppe VIB gehabt habe.

Die Beklagte bestritt dies, beantragte Klagsabweisung und wandte im Wesentlichen ein, in der Anlage 1 der AVB sei weder die Verwendung als Call-Center Coach/Teamleiter noch die eines Lehrlingsausbildners angeführt. Zwischen der Tätigkeit des Klägers und der eines Call-Center Coach/Teamleiters bestünden quantitative und qualitative Unterschiede. Die Mitarbeiter des Call-Centers und insbesondere auch die Coaches/Teamleiter hätten unterschiedliche Ausbildungen und eine unterschiedlich lange Beschäftigungsdauer. Alle vom Kläger angeführten Mitarbeiter hätten ihre höheren Einstufungen aus früheren Tätigkeiten in das Call-Center mitgenommen. Eine Rückreihung sei nach den AVB nahezu nicht möglich. Selbst der über dem Kläger stehende Lehrlingsausbildungsleiter sei in dieselbe Gehaltsgruppe wie der Kläger eingestuft, Lehrlingsausbildner anderer Gesellschaften des ÖBB-Konzerns seien in die Gehaltsgruppe IVB oder VA eingereiht. Seit dem Stichtag 30. 4. 2004 würden aufgrund von Veränderungen in der Unternehmensstruktur und des Bestrebens, die Einkommensschere zu den nach der DBO entlohnten Mitarbeitern nicht zu sehr auseinanderklaffen zu lassen, keine Höherreihungen mehr vorgenommen. Der Kläger sei davor verwendungskonform eingestuft gewesen, sodass er auch vor dem Stichtag keinen Anspruch auf eine Höherreihung gehabt habe. Eine automatische planmäßige Vorreihung, auf die er allenfalls vertrauen hätte dürfen, sei nicht gegeben gewesen. Eine Befürwortung der Anhebung des Klägers in die Gehaltsgruppe VIB durch seinen Vorgesetzten sei lediglich als Verwendungszusage zu werten.

Das Erstgericht gab dem Zahlungs- und dem Hauptfeststellungsbegehren statt. Über den eingangs dargelegten Sachverhalt hinaus stellte es die Aufgaben des Lehrlingsausbildners, jene des Call-Center-Coach sowie den Umstand fest, dass der Coach in die Grundeinstufung VIB eingereiht gewesen sei. Es erachtete die Tätigkeit des Lehrlingsausbildners mit der eines Call-Center-Coach jedenfalls als gleichwertig, sodass der Kläger in die Gehaltsgruppe VIB einzureihen sei. Die Stichtagsregelung sei zwar prinzipiell zulässig, komme auf den Kläger jedoch nicht zur Anwendung, weil sich seine Tätigkeit tatsächlich geändert habe. Die Beklagte habe auch bei der Vorrückung einer anderen Mitarbeiterin nicht an der Stichtagsregelung festgehalten. Der Kläger könne sich zudem auf die Zusagen seiner Vorgesetzten berufen. Es sei von einer stillschweigenden Vollmachtserteilung im Sinn einer Anscheinsvollmacht der Beklagten an die Vorgesetzten auszugehen, weil sie jahrelang Zusagen gemacht hätten, wer in welche Gehaltsgruppe eingereiht würde und aufgrund dieser Zusagen jeweils auch eine diesbezügliche Einstufung erfolgt sei. Der Kläger habe daraus nur den Schluss ziehen können, dass seine Vorgesetzten zu derartigen Zusagen bevollmächtigt seien. Hingegen habe er durch seine Tätigkeit als Mentor keinen Anspruch auf eine Einstufung in die Gehaltsgruppe VIB erworben, weil es sich beim Mentor bloß um eine Call-Center-interne Bezeichnung gehandelt habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten im klagsabweisenden Sinn Folge. Unter Darlegung seiner bereits in den Parallelverfahren geäußerten Rechtsansicht (zuletzt: 10 Ra 36/10b [Personenkassiere]; 10 Ra 59/10k [Reisebüromitarbeiter], 10 Ra 66/10i [Buchungsagenten im Call-Center]; 10 Ra 65/10t [Mentor und Coach im Call-Center]) führte es zusammengefasst aus, dass die Tätigkeit des Lehrlingsausbildners in der Gehaltsgruppenzuordnung der AVB nicht enthalten sei, der Kläger könne sich daher nicht auf eine seiner Tätigkeit entsprechende Einstufung nach dieser berufen. Da er die Funktion des Lehrlingsausbildners erst am 1. 3. 2006 übernommen habe und die Beklagte nach dem 30. 4. 2004 weder einen anderen Lehrlingsausbildner noch einen Call-Center-Coach/Teamleiter von einer niedrigeren in die Gehaltsgruppe VIB eingereiht habe, liege auch keine Verletzung der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsverpflichtung vor. Abgesehen davon, dass die Beklagte die mit 30. 4. 2004 festgesetzte Stichtagsregelung jedenfalls der Personalvertretung mitgeteilt habe, sei sie nicht verhalten gewesen, die Änderung den Arbeitnehmern, die erst in Zukunft in eine „gleichbehandlungsrelevante Situation“ gekommen seien, auch gesondert mitzuteilen. Es sei auch von keiner die Beklagte bindenden einzelvertraglichen Zusage einer Entlohnung nach dieser Gehaltsgruppe oder einer Umreihung in eine Planstelle mit dieser Gehaltsgruppe auszugehen, weil die Zusagen der Vorgesetzten des Klägers bloß als Ausübung des ihnen zustehenden Vorschlagsrechts zu verstehen gewesen seien und allen Beteiligten, insbesondere auch dem Kläger, bekannt gewesen sei, dass die Einstufung in eine bestimmte Gehaltsgruppe entsprechend einem Posten laut Stellenplan erst vom Personalbüro der Beklagten vorgenommen werde. Bei der schriftlichen Vereinbarung vom 21. 3. 2006 habe es sich nicht um eine dienstvertragliche Vereinbarung zwischen den Streitteilen, sondern vor allem um eine solche bezüglich der arbeitsorganisatorischen Eingliederung des Klägers im Call-Center gehandelt. Die festgestellte Höherreihung einer einzelnen Mitarbeiterin, die weder die Tätigkeit eines Coach/Teamleiters noch eines Lehrlingsausbildners ausgeübt habe, sei für die Einstufung des Klägers irrelevant. Aus der Realisierung der Vorschläge des Leiters des Call-Centers durch das Personalbüro könne nur geschlossen werden, dass das Personalbüro dem jeweiligen Leiter des Call-Centers das personelle Vorschlagsrecht eingeräumt habe, nicht aber, dass es die Entscheidung über die Einstufung eines Mitarbeiters an ihn übertragen hätte. Dies stehe der Annahme entgegen, dass die Beklagte im Wege einer Anscheinsvollmacht zu einer entsprechenden Einstufung verpflichtet worden sei.

Die Revision sei zulässig, weil der Beurteilung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Entlohnung von Dienstnehmern der Beklagten mit einer gleichen oder wertigkeitsmäßig vergleichbaren Verwendung in der Konstellation des Klägers eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsstattgebung. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat am heutigen Tag zur Rechtslage der Einstufung von Mitarbeitern der Beklagten, deren Verwendung nicht explizit in Anhang 1 der AVB genannt ist (9 ObA 135/11k: CCC-Agenten/ Gruppenreservierer; 9 ObA 122/11y: Reisebüromitarbeiter) Folgendes ausgeführt:

1. Nach ständiger Rechtsprechung kommt den verschiedenen Dienstvorschriften, wie etwa Dienstordnungen, Besoldungsordnungen oder Disziplinarordnungen der Charakter von Vertragsschablonen zu, die mit dem Abschluss der jeweiligen Einzeldienstverträge rechtlich wirksam werden und die Vertragspartner als lex contractus binden (RIS-Justiz RS0054759 ua). Diese Erwägungen treffen grundsätzlich auch auf die mit 1. 1. 1996 in Kraft getretenen AVB zu.

Nach § 24 Abs 2 AVB richtet sich die Höhe des Gehalts nach der Gehaltsgruppe und der Gehaltsstufe. Die Gehaltsgruppe ergibt sich aus der Verwendung. Die Zuordnung der einzelnen Verwendungen zu den Gehaltsgruppen bestimmt die Anlage 1 (Gehaltsgruppenzuordnung).

§ 25 Abs 1 AVB sieht einen Stellenplan vor; dieser ist das Verzeichnis der für den dauernden Personalbedarf des Unternehmens notwendigen Planstellen. Mit jeder Planstelle ist eine bestimmte Verwendung verbunden, die aus Anlage 1 ersichtlich ist.

Der Oberste Gerichtshof hat sich in den Entscheidungen 8 ObA 110/01m und 9 ObA 21/04k mit der Frage auseinandergesetzt, wie ÖBB-Bedienstete zu entlohnen sind, wenn sie nicht ihrer Planstelle entsprechend, sondern (dort:) höherwertig verwendet werden. Dazu wurde bereits zu 8 ObA 110/01m ausgeführt, dass der in § 25 AVB genannte Stellenplan lediglich eine budgetäre Vorausplanung des prognostizierten Personalbedarfs darstellt, wie sie auch bei jedem sonstigen privatrechtlichen Großunternehmen notwendigerweise erstellt wird. Er ist gegliedert nach den einzelnen Verwendungen und ihrer aus der Gehaltsgruppenzuordnung Anlage 1 bestimmten Wertigkeit, aus der sich wiederum das nach § 24 AVB zu beurteilende Entgelt ergibt. Ob der einzelne Bedienstete formell und seiner Tätigkeit entsprechend zutreffend in eine derartige Planstelle eingereiht wurde, ist für seinen Entlohnungsanspruch unerheblich. Der Bedienstete ist selbst dann seiner Verwendung gemäß einzureihen und zu entlohnen, wenn im Stellenplan kein (freier) Dienstposten dieser Art vorgesehen ist.

2. Die AVB gelten - mit hier nicht maßgeblichen Ausnahmen - für alle Dienstverhältnisse zu den Österreichischen Bundesbahnen (§ 1 Abs 1 AVB). § 24 Abs 2 AVB sieht einschränkungslos vor, dass sich die Gehaltsgruppe aus der Verwendung ergibt und die Zuordnung der einzelnen Verwendung zu einer Gehaltsgruppe von Anlage 1 bestimmt wird. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte für in Anlage 1 nicht eigens erwähnte Verwendungen andere Zuordnungskriterien vereinbart hätte. Dem Kläger kann daher zugestanden werden, dass die möglichen Verwendungen der ÖBB-Mitarbeiter mit der Gehaltsgruppenzuordnung der Anlage 1 umfassend und vollständig erfasst werden sollten.

3. Ihm gelingt es allerdings nicht, einen Sachverhalt darzulegen, der einen Anspruch der CCC-Agenten auf die begehrte Einstufung in die Gehaltsgruppe VB begründen könnte:

Der Versuch, in Auslegung der AVB (§ 914 ABGB) eine Zuordnung der CCC-Agenten zu einer in Anlage 1 erwähnten allgemeineren Verwendungsbezeichnung vorzunehmen, wofür sich am ehesten die Verwendung 'Bahnhofsbediensteter' anböte, scheitert daran, dass 'Bahnhofsbedienstete' in den Klassifizierungen 5 (ON 469) bis 1 (ON 767) mit zugeordneten Gehaltsgruppen von IVB bis VIIB vorkommen, diesen Klassifizierungen aber keine Wertigkeiten, keine bestimmten Tätigkeitsmerkmale und vor dem Jahr 2008 auch keine bestimmten Anforderungsprofile beigemessen wurden. Diese Verwendungsbezeichnungen bieten daher keine verlässliche Grundlage für die begehrte Gehaltsgruppenzuordnung.

Anhaltspunkte für eine entsprechende Wertigkeit können auch nicht durch einen Vergleich mit anderen Verwendungen und diesen zugeordneten Gehaltsgruppen der Anlage 1 gewonnen werden, weil sie auch bei sehr großzügiger Auslegung der einzelnen Verwendungsbezeichnungen keine Vergleichbarkeit mit CCC-Agenten erlauben und zum Teil ebenso Klassifizierungen unterliegen, die nicht durch Anforderungsprofile bestimmt sind (zB 'Fahrdienstleiter 5 bis Fahrdienstleiter 1').

4. Einem Heranziehen ähnlicher Tätigkeiten (zB Personenkassierer, Reisebüromitarbeiter) steht entgegen, dass - wie aus Parallelverfahren (8 ObA 77/11y; 9 ObA 122/11y) bekannt - auch bei diesen das von der Beklagten praktizierte Planstellenprinzip zur Anwendung gelangte.

5. Der Kläger beruft sich letztlich auch nur darauf, dass die Beklagte durch die Einstufung der Mehrheit der CCC-Agenten in die Gehaltsgruppe VB eben diese Wertigkeit der Tätigkeit zum Ausdruck gebracht hätte. Dem steht allerdings entgegen, dass eine Einstufung in diese Gehaltsgruppe oft nur als Ergebnis der Entwicklung eines Mitarbeiters angesehen wurde ('Zielwertigkeit'), sofern er nicht bereits aus einer Vorverwendung einen Anspruch auf eine Entlohnung in dieser oder einer höheren Gehaltsgruppe 'mitbrachte'. Zum Teil waren Planstellen mit der Wertigkeit VB auch ein punktuelles Ergebnis von im Zuge einer Nachbesetzung geführten Verhandlungen zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten. Auf die inhaltliche Richtigkeit der begehrten Einstufung in die Gehaltsgruppe VB lässt sich daraus nicht schließen.

6. Nichts anderes würde gelten, wenn man die Mehrheit der Einstufungen der betroffenen Mitarbeiter nicht nach dem festgestellten Istzustand als Ergebnis der Höherreihungen der CCC-Agenten, sondern nach deren meist niedrigerer Ersteinstufung beurteilen wollte, weil auch sie nur dem Planstellensystem folgte.

7. Diese Umstände stehen auch jeder Erwägung dahin entgegen, im Sinne einer ergänzenden Vertragsauslegung zur Frage, was in Kenntnis der Unzulänglichkeit des Planstellensystems vereinbart worden wäre, hypothetisch einen Willen der Beklagten zu einer Grundeinstufung in die Gehaltsgruppe VB anzunehmen oder - unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen, des von den Parteien verfolgten Zwecks sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte - eine entsprechende Vertragsergänzung am Maßstab vernünftiger und redlicher Parteien vorzunehmen (s dazu nur Bollenberger in KBB3 § 914 Rz 8 f; vgl auch RIS-Justiz RS0113932).

8. Das Klagebegehren könnte demnach nur berechtigt sein, wenn die Beklagte durch ihre Entlohnungspraktik gegen das allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoßen hat.

Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist der Arbeitgeber verpflichtet, einzelne Arbeitnehmer nicht willkürlich, also ohne sachliche Rechtfertigung, schlechter zu behandeln als die übrigen. Die neuere Rechtsprechung stellt dabei die Prüfung in den Vordergrund, ob der Behandlung bessergestellter Arbeitnehmer ein erkennbares generalisierendes Prinzip - bei dessen Bestimmung der Arbeitgeber grundsätzlich im gesetzlichen und kollektivvertraglichen Rahmen frei ist - zu Grunde liegt, von dem der Arbeitgeber im Einzelfall willkürlich oder ohne sachlichen Grund abgewichen ist und dem Einzelnen das vorenthält, was er anderen zubilligt (9 ObA 24/02y; 9 ObA 99/06h; 9 ObA 78/10a).

9. Im vorliegenden Fall könnte ein generalisierbares Prinzip der Beförderung von CCC-Agenten darin gesehen werden, dass Nachbesetzungen von der Beklagten stets nach Maßgabe der vorhandenen freien Planstellen und bestimmter individueller Qualifikationsmerkale der Bewerber vorgenommen wurden. Für den Kläger wäre damit aber nichts gewonnen, weil die Beklagte bei jeder Nachbesetzung auf diese Weise vorgegangen ist. Eine Diskriminierung der vom Klagebegehren betroffenen Minderheit ist somit nicht zu erkennen.

10. Der Gleichbehandlungsgrundsatz hindert den Arbeitgeber schließlich nicht daran, in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren und Vergünstigungen den ab einem bestimmten Zeitpunkt in Betracht kommenden Arbeitnehmern nicht mehr zu gewähren (RIS-Justiz RS0060204). Bei dem maßgeblichen Zeitpunkt muss es sich keineswegs um einen solchen handeln, der vor der Einstellung der nicht mehr begünstigten Arbeitnehmer liegt beziehungsweise mit diesem Zeitpunkt zusammenfällt. Willkür im Sinne einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Unterscheidung ist dann zu verneinen, wenn sich die - im Zusammenhang mit einer zeitlichen Differenzierung grundsätzlich zulässige - Stichtagsregelung als Reaktion auf Veränderungen der Ertragslage, der Unternehmensstruktur oder auch der Unternehmensphilosophie darstellt (RIS-Justiz RS0060204 [T25; T26]).

11. Aus dieser Rechtsprechung haben die Vorinstanzen zutreffend abgeleitet, dass die Beklagte aufgrund der veränderten Unternehmensstruktur, des Ziels der Kosteneinsparung und dem Bestreben, eine allzu große Einkommensdifferenz zwischen den nach den AVB und den nach der DBO entlohnten CCC-Agenten zu vermeiden, mit Stichtag 30. 4. 2004 berechtigt war, die Höherreihungen einzustellen und neue CCC-Agenten nach den AVB in die Gehaltsgruppe IVB einzustufen. Eine willkürliche Vorgehensweise ist darin nicht zu sehen.

12. Der Kläger beruft sich schließlich darauf, dass bezüglich der Einstufung der CCC-Agenten in die Verwendungsgruppe VB eine betriebliche Übung bestehe.

Eine vom Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer begründete betriebliche Übung kann, soweit sie seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, durch die - gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) - Zustimmung der Arbeitnehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge werden (RIS-Justiz RS0014539 [T3]). Für das Entstehen eines vertraglichen Anspruchs aufgrund einer Betriebsübung ist entscheidend, welchen Eindruck die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung vom schlüssigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers haben durften (RIS-Justiz RS0014489 [T2]).

13. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die höhere Einstufung erst nach Freiwerden einer Planstelle gerade der Annahme widerspricht, dass die Beklagte jeden neu eingesetzten CCC-Agenten alleine aufgrund seiner Verwendung entsprechend begünstigen wollte. Der Gestaltungswille des Dienstgebers konnte daher nicht dahin verstanden werden, dass eine Einstufung der CCC-Agenten in die Verwendungsgruppe VB unabhängig von einer frei werdenden Planstelle erfolgen sollte. Das Verhalten der Beklagten war aber auch nicht dahin zu verstehen, dass eine frei gewordene Planstelle der Gehaltsgruppe VB jedenfalls mit dieser Wertigkeit nachbesetzt werden sollte, weil die Wertigkeit von Planstellen zum Teil zur Verhandlungsmasse zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten gehörte.“

Mangels eines vom Kläger dargelegten Sachverhalts, aus dem sich ein Rechtsanspruch der CCC-Agenten auf die Gehaltsgruppe VB ableiten ließ, wurde der Revision in jenen Verfahren ein Erfolg versagt. Zum entsprechenden Ergebnis kam der Oberste Gerichtshof auch in seiner Entscheidung vom 28. 3. 2012, 8 ObA 77/11y (Personenkassiere).

All diese Erwägungen haben auch für den vorliegenden Fall Geltung. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Kläger nicht auf eine höhere Einstufung anderer Lehrlingsausbildner beruft, sondern als Vergleichsmaßstab die Gruppe der Call-Center-Coaches/Teamleiter heranzieht (die freilich ebenfalls der Nachbesetzung nach dem Planstellensystem unterlag). Hervorzuheben sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts (Berufungsurteil S 15), dass die Beklagte seit dem 30. 4 .2004 die Einstufung neu ernannter Call-Center Coaches/Teamleiter nicht mehr wie früher in die Gehaltsgruppe VIB, sondern nur mehr in die Gehaltsgruppe VB vornimmt. All dies steht aber der - mit den Revisionsausführungen der genannten Verfahren im Wesentlichen gleichlautenden - Rechtsansicht des Klägers entgegen, dass er jedenfalls ab 1. 3. 2006 unter Berücksichtigung des § 24 Abs 2 AVB, aufgrund ergänzender Vertragsauslegung, nach den Prinzipien des arbeitsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes und aufgrund betrieblicher Übung Anspruch auf die begehrte Einstufung habe.

Der Kläger beruft sich darüber hinaus auch auf das Schreiben des Vorstands vom 4. 12. 2003, wonach bei einer höheren Verwendung sehr wohl eine höhere Einstufung zuzuerkennen sei und dass er ab 1. 3. 2006 tatsächlich qualitativ höher verwendet worden sei. Bei diesem Schreiben handelt es sich jedoch um die neuen Normierungsrichtlinien der Beklagten, auf deren Grundlage die einzelnen Geschäftsbereiche in Abstimmung mit dem Vorstand neue Ordnungsprinzipien erarbeiten sollten und die überdies vorsehen, dass alle Nachbesetzungen von Planstellen, bei denen es um eine Beförderung eines Mitarbeiters geht (Verleihung einer höherwertigen Ordnungsnummer), dem Vorstand zur Entscheidung vorzulegen sind. Das Schreiben als solches bildet daher keine Grundlage für einen Individualanspruch des Klägers auf eine Einstufung in die Gehaltsgruppe VIB.

Dass die Höherreihung einer einzelnen Mitarbeiterin in die Gruppe VIB den Kläger noch nicht dazu berechtigt, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt. Dies gilt umso mehr, als jene Mitarbeiterin weder als Lehrlingsausbildnerin noch als Teamleiterin eingesetzt war.

Schließlich kann sich der Kläger auch nicht auf eine verbindliche einzelvertragliche Zusage seines Vorgesetzten auf eine Einstufung in die Gehaltsgruppe VIB berufen. Diesbezüglich kann auf die zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts verwiesen werden, dass dem Vorgesetzten gegenüber dem Personalbüro lediglich ein Vorschlagsrecht für die berufliche Entwicklung seiner Mitarbeiter zukam, mögen sie sich auch stets auf seine Aussagen verlassen haben. Dass die Vorschläge vom Personalbüro in der Vergangenheit idR aufgegriffen wurden, ändert daran nichts und konnte auch nicht dahin verstanden werden, dass die Beklagte dem Vorgesetzten die Personalhoheit für seine Mitarbeiter übertragen hätte. Davon ging offenbar selbst der Kläger nicht aus („Es ist richtig, wenn Herr L***** sagte, dass ich natürlich nur dann in die Gehaltsstufe VIB komme, wenn dies von der Personalabteilung so bestätigt wird.“ Kläger, ON 43 S 26). Damit geht der Kläger auch zu Unrecht davon aus, dass die Beklagte durch die Umsetzung der Vorschläge des Vorgesetzten den Anschein gesetzt habe, dieser wäre zur rechtsverbindlichen Zusage von Höherreihungen bevollmächtigt gewesen (vgl RIS-Justiz RS0020331; RS0019609).

Da sohin auch keine einzelvertragliche Zusage der Beklagten an den Kläger, ihn für seine Tätigkeit als Lehrlingsausbildner nach der Gehaltsgruppe VIB zu entlohnen, angenommen werden kann, hat das Berufungsgericht das Klagebegehren zu Recht abgewiesen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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