OGH 8Ob25/12b

OGH8Ob25/12b28.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** M*****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M***** ***** M*****, vertreten durch Margreiter & Margreiter Rechtsanwälte in Hall in Tirol, wegen Ehescheidung (Streitwert 4.360 EUR), über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. Jänner 2012, GZ 4 R 464/11f-47, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 30. September 2011, GZ 2 C 35/09h-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Verschuldenszumessung bei einer Scheidung kann in aller Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen, weil sie zur Gänze von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt (RIS-Justiz RS0119414; RS0118125; RS0044188 [T5, T8, T12], RS0043423 [T7, T9], RS0057325 [T5], RS0110837 [T1]). Ein überwiegendes Verschulden eines der Ehegatten ist nur dann auszusprechen, wenn der graduelle Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich und evident hervortritt und das mindere Verschulden fast völlig in den Hintergrund tritt. Die Frage, wie im Einzelfall die Verschuldensanteile zu gewichten sind, könnte nur im Fall einer krassen Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Revision begründen (8 Ob 147/06k; RIS-Justiz RS0057325 [T4, T5]; vgl RS0057821, RS0057858).

1. Revision des Klägers

Der Kläger versucht, das ihm von den Vorinstanzen als ehezerrüttend angelastete Verhalten als durchaus sozial adäquat darzustellen, übergeht dabei aber wesentliche Elemente des festgestellten Sachverhalts.

Nicht die zeitintensive Ausübung des Radrennsports an sich oder die allzu sparsame Dotierung des Haushaltsgelds und das Beschränken der Mithilfe im Haushalt auf sporadisch anfallende „Männerarbeit“ als solche haben aus Sicht der Vorinstanzen sein Mitverschulden an der Zerrüttung der Ehe begründet, sondern die eigennützige Fortsetzung dieser Gewohnheiten auch gegen den erklärten Protest der Beklagten, deren anderslautende Interessen und Wünsche vom Kläger ohne erkennbare sachliche Notwendigkeit übergangen und abgelehnt wurden.

Die Frage, ab wann eine Ehe unheilbar zerrüttet war, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab. Hier steht fest, dass beide Streitteile ihre Ehe spätestens bei Einbringung der Scheidungsklage subjektiv als irreparabel zerrüttet angesehen haben. Inwiefern die auf diese Feststellung gegründete rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts unvertretbar sein sollte, ist nicht nachvollziehbar (RIS-Justiz RS0043432 [T4, T5]).

Erachtet das Berufungsgericht die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend, kann es sich gemäß § 500a ZPO unter Hinweis darauf mit einer kurzen Begründung seiner Beurteilung begnügen. Einen überschießenden Gebrauch dieser Begründungserleichterung, der gegebenenfalls einen Mangel des Berufungsverfahrens bewirken könnte, vermag der Kläger nicht aufzuzeigen.

2. Revision der Beklagten

Die Beklagte argumentiert, das ihr als ehezerstörend angelastete Verhalten könne im Großen und Ganzen nur als verständliche, allenfalls gelegentlich überzogene Reaktion auf die festgestellten schweren Eheverfehlungen des Beklagten angesehen werden und trete diesen gegenüber völlig in den Hintergrund.

Auch die Beklagte setzt sich aber damit über wesentliche Sachverhaltsfeststellungen hinweg. Sie hat danach nicht nur berechtigte Kritik am ehezerstörenden Verhalten des Klägers geübt, sondern ihm in den letzten Jahren vor Einleitung des Scheidungsverfahrens ständig auch ungerechtfertigte, teils in sich widersprüchliche Vorhaltungen gemacht und ihm das Gefühl vermittelt, dass er ihr nichts recht machen könne. Fest steht darüber hinaus, dass sie ihm keine Zuneigung mehr schenkte, selten bis nie ein Lob aussprach und ihren Ekel vor seiner Art zu küssen ausdrückte.

Die Vorinstanzen haben der Beklagten nicht angelastet, den Anstoß zum Abbruch der Beziehungen zur Mutter des Klägers gegeben zu haben, wohl aber, diesen Kontaktabbruch im Bewusstsein, dass der Kläger darunter litt, jahrelang aufrecht erhalten zu haben.

Auch die Beklagte vermag damit insgesamt keine die Zulässigkeit der Revision begründende krasse Fehlbeurteilung des graduellen Unterschieds der beiderseitigen Verschuldensanteile durch das Berufungsgericht darzulegen (vgl RIS-Justiz RS0057821).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte