OGH 10Ob3/12g

OGH10Ob3/12g14.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** F*****, vertreten durch Dr. Georg Gorton und DDr. Birgit Gorton, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Ing. K***** R*****, vertreten durch Dr. Gottfried Kassin, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 26. Mai 2011, GZ 2 R 83/11z-49, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan vom 29. Oktober 2010, GZ 3 C 333/09h-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 225,07 EUR (davon 37,51 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger betreibt eine Wasserversorgungsanlage, aus der der Beklagte für seine Liegenschaft Trink- und Nutzwasser bezieht. Das Wasserbezugsrecht räumten die Rechtsvorgänger des Klägers dem Beklagten im Kaufvertrag vom 8. 3. 1985 über die Liegenschaft ein. Nach Punkt 5. dieses Vertrags ist er berechtigt, „gegen angemessene Bezahlung beliebig Trink- und Nutzwasser zu beziehen“.

Zwischen den Parteien ist strittig, ob der angemessene Wasserzins 1,30 EUR (Kläger) oder 1,10 EUR (Beklagter) pro m³ Wasser beträgt.

Soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung begehrt der Kläger gegenüber dem Beklagten als Eigentümer einer Liegenschaft mit einem Wohnhaus die Feststellung, dass er verpflichtet sei, für den Bezug von Trink- und Nutzwasser in diesem Wohnhaus an ihn als Wasserversorger einen Wasserzins in der Höhe von 1,30 EUR/m³ bezogenen Trink- und Nutzwassers zu zahlen. Dazu bringt er im Wesentlichen vor, das Feststellungsbegehren beziehe sich auf das Jahr 2008 und die Zukunft. Da der Beklagte den geforderten angemessenen und örtlichen Wasserzins bestreite, sei er „genötigt“, diesen gerichtlich feststellen zu lassen. Er sei im Hinblick auf die Einschränkung um das Zahlungsbegehren von 42,02 EUR für den Abrechnungszeitraum 2007/2008 berechtigt, ein Feststellungsbegehren zu stellen.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, der geforderte Wasserzins sei nicht angemessen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es bejahte das Feststellungsinteresse. Den Leistungsanspruch an Wasserzins für das Jahr 2010 könne der Kläger noch nicht geltend machen, weil die Abrechnung erst im September eines laufenden Jahres erfolge und der Anspruch aus dem Jahr 2010 noch nicht fällig gestellt werden konnte.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Beklagten wegen Nichtigkeit, gab ihr im Übrigen Folge und wies das Feststellungsbegehren ab. Der Mangel des rechtlichen Interesses bei Feststellungsklagen sei von Amts wegen und auch noch im Rechtsmittelverfahren zu beachten. Das rechtliche Interesse an der Feststellung sei zu verneinen. Das Rechtsverhältnis der Parteien werde durch das vom Kläger begehrte Feststellungsurteil nicht ein für alle Mal geregelt, weil der vereinbarte „angemessene Wasserzins“ in Zukunft schwanken könne, sodass künftige Leistungsstreite nicht verhindert würden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Wenn sich der Kläger mit dem Feststellungsbegehren auf einen Wasserzins von 1,30 EUR/m³ festlegen könne, wären für die Zukunft Rechtsstreitigkeiten über seine diesbezüglichen Ansprüche verhindert, sodass die Zulässigkeit der Feststellungsklage gegeben sein könnte.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten beantwortete Revision des Klägers ist entgegen dem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung der Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

1. Dem Feststellungsbegehren liegt keine ziffernmäßig bestimmte Forderung - und damit kein geldgleicher Anspruch iSd § 56 Abs 2 JN (vgl dazu RIS-Justiz RS0042439; RS0114182) - zu Grunde, begehrt doch der Kläger lediglich die Feststellung der Höhe des Wasserzinses pro m³ bezogenen Trink- und Nutzwassers.

Die Bewertung des Feststellungsbegehrens durch den Kläger mit 730 EUR erfolgte in der Klage ausdrücklich nur nach § 14 (lit c) RATG, ohne den Wert des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstands gemäß § 56 Abs 2 JN anzugeben. In einem solchen Fall gilt gemäß § 56 Abs 2 dritter Satz JN der Betrag von 5.000 EUR als Streitwert. Auch in der letztgenannten Bestimmung ist keine den Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz zwingend determinierende Bewertungsvorschrift zu sehen, wird sie doch in § 500 Abs 3 ZPO nicht erwähnt (1 Ob 204/06s; RIS-Justiz RS0119818 [T1]). Demzufolge bestand für die zweite Instanz kein Hindernis, in der Berufungsentscheidung - für den Obersten Gerichtshof mangels offenkundiger Überbewertung bindend (RIS-Justiz RS0042515; RS0043252 [T2]; RS0118748 [T1]) - auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteige. Der Meinung des Beklagten, die Revision sei absolut unzulässig, ist daher nicht zu folgen.

2. Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung iSd § 228 ZPO richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen - vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0039177 [T1]; RS0037977 [T2]).

Eine solche Fehlbeurteilung liegt jedoch nicht vor: Grundsätzlich ist bei Dauerrechtsverhältnissen in Beziehung auf den Bestand und Inhalt dieser Rechte die Feststellungsklage zulässig, ohne Rücksicht darauf, ob eine Leistungsklage auf aus dem Rechtsverhältnis fällig gewordene Leistungen möglich ist oder nicht (RIS-Justiz RS0039110). Entscheidend ist aber, dass das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für alle Mal Klarheit zu schaffen und einen künftigen Rechtsstreit zu vermeiden (RIS-Justiz RS0038908). Das rechtliche Interesse fehlt bei Untauglichkeit der Feststellungsklage, das heißt wenn die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils die Beseitigung der Unsicherheit für das Rechtsverhältnis nicht garantieren kann (Rechberger/Klicka in Rechberger³ § 228 Rz 11).

Der festgestellte ortsübliche Wasserzins bezieht sich auf die Jahre 2009 und 2010. Für diesen Zeitraum hätte der Kläger die Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage (Gegenteiliges wird in der Revision nicht geltend gemacht), sodass insofern kein rechtliches Interesse an einer Feststellungsklage besteht. Die Angemessenheit eines Wasserzinses für künftigen Wasserbezug ist erst in der (ungewissen) Zukunft zu beurteilen. Der angemessene Wasserzins unterliegt aber zukünftigen Preisschwankungen, sodass eine objektive Ungewissheit bestehen bleibt. Die Höhe des zukünftigen Wasserzinses könnte sich nicht nur zu Gunsten, sondern auch zu Ungunsten des Klägers ändern. Im zweitgenannten Fall hätte der Beklagte aber weniger als 1,30 EUR pro m³ Wasser an den Kläger zu zahlen. Angesichts dessen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die begehrte Feststellung nicht berechtigt ist, zutreffend, bedeutet sie doch eine Änderung des Umfangs der vertraglichen Leistungspflicht des Beklagten, der nur verpflichtet ist, einen angemessenen Wasserzins zu zahlen, der aber niederer als 1,30/m³ EUR sein kann.

3. Mangels erheblicher Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass der Kläger die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen hat.

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