OGH 14Os152/11a

OGH14Os152/11a24.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef G***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 28. Juni 2011, GZ 11 Hv 53/09x-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef G***** im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten: 14 Os 144/10y) des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (1 bis 6) schuldig erkannt.

Danach hat er in G***** mit dem Ziel, Bargeld herauszulocken, demnach mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, durch die wahrheitswidrige Vorgabe, zur Durchführung bankinterner Transaktionen im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften Unterschriften und die Bekanntgabe von Losungswörtern zu benötigen, somit durch Täuschung über Tatsachen, folgende Personen zu Handlungen verleitet, durch welche sie mit einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurden, und zwar

(1) am 24. und 26. Mai 2006 Johann H***** zur Leistung seiner Unterschrift auf einem von diesem nicht gewollten Auftrag zum Verkauf von 1.370 Aktien und auf einem Auszahlungsbeleg betreffend ein Girokonto von Johann und Pauline H*****, wobei der Angeklagte den Verkaufserlös von 48.168,50 Euro zunächst auf ein von ihm eröffnetes, Johann H***** nicht bekanntes Sparkonto einzahlte, in weiterer Folge diesen Betrag samt Zinsen (insgesamt 48.480,45 Euro) in mehreren Teilbeträgen zur Gänze behob und sich zueignete;

(2) am 29. Juni 2004 (zu ergänzen: Johann H*****) zur Leistung einer Unterschrift auf einem Auszahlungsbeleg betreffend das zu 1 genannte Girokonto, wodurch der Angeklagte den aus einem Wertpapierverkauf stammenden Erlös von 100.000 Euro auf ein Sparkonto mit der Bezeichnung „Rudolf“ und dem Losungswort „S*****“ einzahlen und von dort in weiterer Folge in mehreren Teilbeträgen bis zum 22. April 2005 zur Gänze bar beheben und sich zueignen konnte;

(3) am 21. April 2005 Johann H***** zur Angabe des Losungsworts auf einem Auszahlungsbeleg über 50.000 Euro, von welcher Summe der Angeklagte 40.000 Euro auf das zu 1 genannte Girokonto einzahlte, um eine bevorstehende Wertpapiertransaktion vorzutäuschen, während er sich den Differenzbetrag von 10.000 Euro bar zueignete;

(4)a) und b) von 10. März 2005 bis 18. Jänner 2007 Ludwig R***** zur Leistung seiner Unterschrift auf Auszahlungsbelegen, mit welchen der Angeklagte in sechs Fällen Transaktionen zwischen dem Sparkonto und dem Girokonto des Opfers durchführte und sich Differenzbeträge von insgesamt 60.000 Euro bar zueignete;

(5) am 27. März 2001 Ludwig R***** zur Leistung seiner Unterschrift auf einem Auszahlungsbeleg, wodurch er sich den Erlös aus einem Wertpapierverkauf von 18.916 Euro zueignen konnte;

(6) von 19. Jänner bis 22. Oktober 2001 August P***** zur Leistung seiner Unterschrift im Zuge vermeintlich vorgenommener Wertpapiergeschäfte, die in Form von Bartransaktionen unter Einbindung von Konten des Opfers abgewickelt werden sollten, wobei sich der Angeklagte die aus den Aus- und Einzahlungen entstandenen Differenzbeträge von insgesamt (umgerechnet) 5.086 Euro bar zueignete.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 9 lit a und b, 10 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit b) in Betreff des Schuldspruchs 1 die Annahme tätiger Reue (§ 167 StGB) fordert, dabei jedoch bloß auf eine Urteilspassage (US 15) anstatt auf den vollständigen Urteilssachverhalt abstellt, demzufolge der Beschwerdeführer - auch ohne Einberechnung von Zinsen - nicht einmal den gesamten, aus dieser Tat entstandenen Schaden gutgemacht hat (vgl US 8 f), verfehlt sie den gesetzlichen Bezugspunkt. Lediglich der Vollständigkeit halber sei daher angemerkt, dass im - hier gegebenen - Fall des Bestehens mehrerer (deliktisch begründeter) Schulden des Täters gegenüber denselben Geschädigten - hier Johann und Pauline H***** (Schuldsprüche 1 bis 3) - (vollständige) Schadensgutmachung iSd § 167 Abs 2 StGB eine Widmung (unter Bezeichnung der dem Ersatz zugrunde liegenden Tat) erfordert hätte, weil die ins Treffen geführte Buchung zugunsten bloß eines dieser beiden Opfer ohne ausdrückliche Zuordnung eine ganz bestimmte Tat nicht klar ersichtlich betraf (RIS-Justiz RS0033543 [T1 und T2]; Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 167 Rz 28). Zudem handelt es sich bei der vorliegenden Konstellation betrügerisch vorgenommener Umbuchung und Barbehebung von Kundengeldern um einen der von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle, in denen auch (dem Opfer entgangene und vom Täter zumindest teilweise tatplangemäß lukrierte) Zinsen Teil des vollständig zu ersetzenden Schadens sind (vgl RIS-Justiz RS0095116, RS0095152; Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 167 Rz 55 ff).

Prozessordnungswidrig präsentiert sich auch die weitere, pauschal Rechtsfehler mangels Feststellungen reklamierende Rechtsrüge (Z 9 lit a), die bloß auf die rechtlichen Erwägungen in den Entscheidungsgründen (US 14 f), nicht jedoch auf die Urteilskonstatierungen (US 4 ff) Bezug nimmt (vgl RIS-Justiz RS0100877; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 413).

Nominell im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10, der Sache nach Z 9 lit a) wendet der Beschwerdeführer ein, den Entscheidungsgründen sei nicht zu entnehmen, ob er die Opfer anlässlich jeder einzelnen Transaktion durch Täuschung über Tatsachen zur selbstschädigenden Unterschriftsleistung oder Bekanntgabe von Losungswörtern verleitet habe. Die zum Teil (etwa zu den Schuldsprüchen 1 und 2) zunächst vorgenommene Transferierung der Kundengelder auf Sparbücher bewirke noch keine Vermögensschädigung; für eine Subsumtion der vom Beschwerdeführer in weiterer Folge durchgeführten Behebungen als Veruntreuung oder Untreue fehlten entsprechende Konstatierungen. Diese Argumentation übergeht jedoch prozessordnungswidrig den - hinreichend deutlich festgestellten - Gesamtzusammenhang, wonach der Beschwerdeführer jeweils von Beginn an mit dem Ziel, das „Vermögen seiner exklusiv betreuten Kunden abzuziehen“ (US 4), diese über die Notwendigkeit von Wertpapiertransaktionen und mit diesen im Zusammenhang stehenden Buchungen täuschte und so zur Leistung von Unterschriften und Bekanntgabe von Losungswörtern verleitete. Diese (selbstschädigenden) Handlungen ermöglichten dem Beschwerdeführer den Zugriff auf Kundengelder, den er sukzessive im Wege bewusst verwirrend gestalteter Vorgänge (mehrfacher Umbuchungen sowie Ein- und Auszahlungen) verwirklichte. Ein von Beginn an gegebener, tatbestandsmäßiger Vorsatz ist - dem Beschwerdevorbringen zuwider - den Entscheidungsgründen deutlich genug zu entnehmen (US 4, 6 und 14). Dass einzelne dieser (den Betrug abschließende) Manipulationen auch ohne (weitere) täuschungsbedingte Verfügungen der Opfer durchgeführt werden konnten, ändert - wie der Vollständigkeit halber angemerkt sei - nichts an der Qualifikation des Gesamtverhaltens als Betrug (vgl Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 72 mwN).

Weshalb angebliche Unklarheit des Referats der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) im Urteilstenor „sekundäre Feststellungsmängel“ in Bezug auf den Schuldspruch 6 zur Folge habe, lässt die weitere Rüge offen.

Dass der Beschwerdeführer „Sparbücher und/oder Konten nicht in Vermögensaufstellungen angeführt hat“, wurde ihm ohnehin nicht gesondert angelastet, weshalb Ausführungen in Richtung einer „straflosen Nachtat“ keiner Erörterung bedürfen.

Die das Unterbleiben einer bedingten Nachsicht der gesamten Strafe kritisierende Sanktionsrüge (Z 11) enthält bloß ein Berufungsvorbringen (RIS-Justiz RS0100032).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte