OGH 5Ob52/11z

OGH5Ob52/11z9.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinde P*****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Ing. Fritz B*****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, wegen 42.556,20 EUR sA, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Dezember 2010, GZ 3 R 167/10i-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 15. Mai 2010, GZ 15 Cg 122/09y-27, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte war von 1989 bis 2007 Bürgermeister der klagenden Gemeinde.

Um eine Verkehrsberuhigung zu erreichen, betraute die Klägerin Franz M***** damit, den Straßenverkehr mit Videoaufnahmen zu überwachen. Übertretungen von Verkehrsteilnehmern wurden dokumentiert und zur Anzeige gebracht. Die Klägerin erhielt aus den Straferlösen einen finanziellen Anteil; Franz M***** erhielt pro Anzeige einen bestimmten Geldbetrag.

Als im Jahr 2003 die Videoanlage des Franz M***** defekt wurde, sprach dieser den Beklagten an und schlug ihm vor, seine Anlage auf digitale Aufzeichnung umzustellen, was bestimmte Vorteile brächte. Zur Anschaffung der besonderen Hard- und Software fehlten Franz M***** aber die finanziellen Mittel. M***** und der Beklagte kamen daher überein, dass die klagende Gemeinde die Umrüstung vorfinanzieren werde. Der dem Franz M***** zur Verfügung gestellte Betrag sollte mit künftigen Leistungen Franz M*****s verrechnet werden.

Am 31. 7. 2003 übergab Franz M***** dem Beklagten zwei „Rechnungen“ über Hardware und diverse Leistungen wie Personaleinschulung und Umstellungskosten (über 23.970 EUR und 4.650 EUR) und drängte den Beklagten auf rasche Bezahlung. Der Beklagte holte eine Gemeindemitarbeiterin zu sich ins Büro, als M***** noch anwesend war, und gab ihr eine Auszahlungsanordnung über 28.764 EUR. Der Beklagte erklärte ihr, dass der Betrag eine Vorauszahlung sei und mit laufenden Rechnungen M*****s gegenverrechnet werde. Der Betrag sollte rasch überwiesen werden. Noch am selben Tag überwies die Gemeindeangestellte den Betrag von 28.764 EUR auf das Konto des Franz M***** namens der Klägerin.

Die damals urlaubsbedingt abwesende Anweisungsberechtigte unterfertigte erst nach ihrer Rückkehr die Überweisung als Anweisungsberechtigte.

Am 12. 9. 2003 legte Franz M***** dem Beklagten eine weitere Rechnung zur Vorfinanzierung seiner Aktivitäten für ein Videosystem und diverse Software über insgesamt (brutto) 3.900 EUR vor. Wieder genehmigte der Beklagte diese Rechnung und veranlasste die Auszahlung auf das Konto des Franz M*****.

Tatsächlich hat Franz M***** im Zusammenhang mit der Umstellung der Verkehrsüberwachung von analog auf digital keinerlei Leistungen an die Klägerin erbracht, weder Hard- noch Software angeschafft noch irgendwelche Einschulungsmaßnahmen vorgenommen. Er lieferte auch keine Videoaufnahmen von Verkehrssündern mehr.

Die Gemeinde versuchte zunächst, Zahlung von einem Partner oder Subunternehmer des Franz M***** zu erlangen, was dieser jedoch ablehnte. In der Folge bemühte sich die Klägerin, Zahlungen von Franz M***** zu erhalten, was jedoch ebenfalls nicht gelang. Deshalb erklärte sie am 19. 5. 2005 unter Setzung einer Nachfrist den Rücktritt vom Vertrag und forderte das Geld von ihm zurück.

Zu 2 Cg 267/06x des Landesgerichts Linz erwirkte die Klägerin am 7. 3. 2007 ein Versäumungsurteil gegen Franz M***** über 38.244 EUR. Die Exekution blieb jedoch erfolglos. Mangels kostendeckenden Vermögens wurde die Eröffnung eines Konkursverfahrens gegen Franz M***** abgelehnt (20. 6. 2007). Sämtliche Einbringungsmaßnahmen blieben erfolglos. Der Klägerin entstanden dadurch weitere Kosten von 4.312,20 EUR.

Vom Prüfungsausschuss der klagenden Gemeinde wurden die von Franz M***** dem Beklagten übergebenen Rechnungen, aufgrund derer der Beklagte die Zahlungen an Franz M***** veranlasst hatte, überprüft. Die Vorgangsweise des Beklagten wurde vom Prüfungsausschuss nicht grundsätzlich beanstandet, jedoch die Einschränkung hinzugefügt, dass richtigerweise zur Sicherstellung ein Eigentumsvorbehalt zu vereinbaren gewesen wäre. Dabei wurde der Prüfungsausschuss offenbar durch den Text der Rechnungen irre geführt und meinte, hier seien Leistungen von Franz M***** an die Klägerin erbracht worden. Die Vereinbarung zwischen M***** und dem Beklagten, „dass das Vorfinanzierungen waren“, war offenkundig dem Prüfungsausschuss nicht bekannt.

Mit der am 29. 10. 2007 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten den Ersatz des ihr entstandenen Schadens in Höhe von 42.556,20 EUR sA, der sich aus Zahlungen an Franz M***** in Höhe von 38.244 EUR und den Verfahrens- und Exekutionskosten gegen Franz M***** von 4.312,20 EUR zusammensetzt.

Der Beklagte habe sein Amt iSd § 302 StGB missbraucht. Er habe, ohne dazu gemäß § 58 Abs 2 Z 7 Oö. Gemeindeordnung 1990 (im Folgenden: Oö. GemO) befugt zu sein, eigenmächtig, nämlich ohne Beschluss des Gemeinderats, der nach § 43 Oö. GemO zuständig gewesen wäre, Franz M***** ein Darlehen aus Gemeindegeldern ohne entsprechende Sicherstellung zugezählt. Damit habe er die Klägerin insgesamt in Höhe des Klagsbetrags geschädigt. Die Klägerin habe erst nach Vorliegen des vollstreckbaren Versäumungsurteils gegen Franz M***** am 7. 3. 2007 bzw nach erfolgloser Exekution Kenntnis davon erlangt, dass die klagsgegenständlichen Rechnungsbeträge uneinbringlich seien.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Es bestehe keine Rechtsgrundlage dafür, die gegen Franz M***** nicht durchsetzbare Forderung gegen ihn geltend zu machen. Der Anspruch der Klägerin sei auch verjährt, da die behaupteten Rechtsverletzungen im Sommer 2003 stattgefunden hätten. Ein wegen dieser Sache gegen ihn geführtes Strafverfahren wegen Amtsmissbrauchs sei eingestellt worden.

Er habe mit M***** im Jahr 2003 vereinbart, dass zur Vorfinanzierung der Anschaffung digitaler Überwachungsgeräte von der Klägerin der streitgegenständliche Betrag zur Verfügung gestellt werde. Die Rückzahlung hätte durch Gegenverrechnung erfolgen sollen, wobei die vereinbarten 220 ATS pro Anzeige an M***** so lange nicht ausbezahlt hätten werden sollen, bis der vorfinanzierte Betrag abgedeckt sei. Dabei habe es sich nicht um ein Darlehen, sondern um einen Vertrag sui generis gehandelt, der in diesem Sinn nicht der Genehmigungspflicht der Gemeindeordnung unterliege. Anhaltspunkte für Zahlungsschwierigkeiten M*****s habe es nicht gegeben. Der Beklagte sei zur festgestellten Vorgangsweise berechtigt gewesen. Franz M***** sei von der klagenden Partei mit der Durchführung einer mobilen Videoüberwachung beauftragt gewesen. Durch mehrere Jahre hindurch sei diese erfolgreich durchgeführt worden. Der gegenständliche Vorgang betreffe nur ein Detail der Abwicklung, nämlich die Umstellung von analogen auf digitale Videoüberwachungsgeräte und die Vorfinanzierung der diesbezüglichen Anschaffungskosten. Als Bürgermeister sei er zufolge § 58 Abs 2 Z 3 und 4 Oö. GemO zur Auszahlung berechtigt gewesen, ohne davor den Gemeindevorstand oder Gemeinderat befassen zu müssen. Ihm obliege nämlich die Verwaltung des Gemeindeeigentums, wozu auch die zur laufenden Geschäftsführung erforderlichen Anschaffungen zählten.

Der Prüfungsausschuss der Gemeinde habe den Vorgang in der Folge geprüft und nicht beanstandet, dass eine Genehmigung des Gemeinderats fehle. Damit gelte der Vorgang als von der klagenden Partei genehmigt. Auch habe er nur eine Grundsatzentscheidung über die Anschaffung der digitalen Videoüberwachungsgeräte getroffen, die mit einer Gegenverrechnung vorzufinanzieren gewesen seien, die Detailabwicklung habe er der Amtsleiterin übertragen, sodass für allfällige Fehler die Klägerin sich deren Verschulden anrechnen lassen müsse. Das gelte auch für Auszahlungsanordnungen, die, sollte ein Gemeinderatsbeschluss erforderlich gewesen sein, von den zuständigen Gemeindeangestellten nicht durchgeführt hätte werden dürfen.

Im Weiteren berief sich der Beklagte darauf, dass der Gemeinderat bei seinerzeitiger Befassung dem Vorgang ohnedies zugestimmt hätte.

Ein darüber hinausgehendes Vorbringen des Beklagten in der letzten mündlichen Streitverhandlung vom 26. 1. 2010 wies das Erstgericht wegen Verspätung zurück.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung des Klagsbetrags (die Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens blieb unangefochten).

Es beurteilte die Zurverfügungstellung des Geldbetrags durch den Beklagten an Franz M***** mit der Abrede der Gegenverrechnung als Darlehensvertrag. Darlehensgewährung falle gemäß § 58 Oö. GemO nicht in die Zuständigkeit des Bürgermeisters und unterliege damit der Generalklausel des § 43 Oö. GemO, wonach dem Gemeinderat alle Angelegenheit obliegen, die nicht ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind. Die §§ 84 und 85 Oö. GemO sähen noch besondere Einschränkungen bei der Gewährung von Darlehen und Haftungsübernahmen durch die Gemeinde vor. Der Beklagte habe also eigenmächtig gehandelt und die Kompetenzen des Bürgermeisters überschritten. Mangels des erforderlichen Gemeinderatsbeschlusses binde die ohne Vertretungsbefugnis abgegebene Willenserklärung des Bürgermeisters die Gemeinde grundsätzlich nicht.

Die Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten sei verfehlt, weil damit der Schutzzweck gerade jener Normen, nämlich jener der Gemeindeordnung, unterlaufen werde, die bestimmte Zuständigkeiten und einen bestimmten Verfahrensablauf sicherstellen sollten.

Der Anspruch sei auch nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist nicht vor dem Eintritt des Schadens, also der tatsächlichen exekutiven Nichteinbringbarkeit der Forderung der Gemeinde eingetreten sei.

Der Beklagte hafte der Klägerin daher aus dem Titel des Schadenersatzes für den ihr zugefügten Nachteil.

Der dagegen vom Beklagten erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Teil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht verneinte die behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, weil dieses das in der letzten mündlichen Streitverhandlung erstattete Vorbringen des Beklagten zu Recht als verspätet beurteilt habe. Auch die in diesem Zusammenhang gestellten Beweisanträge seien verspätet erstattet worden.

In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichts, dass die zwischen dem Beklagten und Franz M***** abgeschlossene Vereinbarung als Darlehensvertrag zu qualifizieren sei. Es entspreche dem Wesen eines Darlehens, dass vertretbare Sachen in das Eigentum des Empfängers gegeben würden, der verpflichtet sei, die gleiche Menge gleicher Art und Güte zurückzugeben. Ein Vorschuss dagegen sei ein Geldbetrag, der jemandem vorausbezahlt werde, obwohl er erst später Anspruch auf Leistung des Geldbetrags hätte. Nach dem Inhalt der zwischen dem Beklagten und Franz M***** getroffenen Vereinbarungen sollten die Geldbeträge zur Vorfinanzierung einer neuen Videoanlage dienen, der dafür zur Verfügung gestellte Betrag sollte mit späteren Rechnungen des Franz M***** gegenverrechnet und so wieder abbezahlt werden. Die Vorgangsweise sei daher zutreffend als Vereinbarung eines Darlehens qualifiziert worden.

Im Weiteren erkannte das Berufungsgericht, dass das abgeschlossene Rechtsgeschäft eindeutig der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen sei und der Beklagte als Organwalter nicht in Vollziehung der Gesetze, also in Hoheitsverwaltung tätig gewesen sei. Das Gewähren eines Darlehens gehöre zu den Privatrechtsgeschäften einer Gemeinde. Es seien also weder das AHG noch das OrgHG heranzuziehen, sondern die Bestimmungen des ABGB, modifiziert durch jene des DHG.

Ein Bürgermeister übe als Organwalter ein politisches Amt aus und sei kein Dienstnehmer der Gemeinde. Nach der Rechtsprechung könne ein Bürgermeister allerdings dann, wenn er seine Organfunktion in einer Art und Weise hauptberuflich wahrnehme, die zumindest in die Nähe einer Vollzeitbeschäftigung komme, in den Genuss der Haftungserleichterungen des DHG kommen (RIS-Justiz RS0109981). Diese Frage sei jedoch noch nicht abschließend geklärt, weil das Erstgericht keine geeigneten Feststellungen getroffen habe, die eine Anwendbarkeit des DHG auf den Beklagten ermögliche. Dazu führte das Berufungsgericht weiter aus, dass die in § 2 DHG geregelte Mäßigung des Ersatzes des Dienstnehmers nicht ausdrücklich begehrt werden müsse, weil schon die Bestreitung der Schadenersatzpflicht ein solches Mäßigungsbegehren impliziere. In diesem Sinn sei das erstinstanzliche Verfahren somit noch ergänzungsbedürftig.

Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten bejahte das Berufungsgericht, weil ihm als Bürgermeister der klagenden Gemeinde keine Vertretungsmacht dafür zugekommen sei, dem Franz M***** aus Gemeindegeldern ein Darlehen zuzuzählen. Nach der Gemeindeordnung ergebe sich keine Zuständigkeit des Bürgermeisters für ein solches Rechtsgeschäft (§ 58 Oö. GemO). Es falle daher gemäß § 43 Abs 1 Oö. GemO ausschließlich in die Zuständigkeit des Gemeinderats.

Nach dem auch für Gemeinden geltenden § 1016 ABGB könne ein vom Bürgermeister ohne Vertretungsmacht geschlossenes Geschäft nachträglich genehmigt oder geheilt werden (9 ObA 9/09b; RIS-Justiz RS0014709). Entgegen der Ansicht des Beklagten habe jedoch die unterbliebene Beanstandung des Zahlungsvorgangs durch den Prüfungsausschuss keine solche Genehmigung bewirkt. Der Prüfungsausschuss sei zufolge § 91 Oö. GemO eine innergemeindliche Kontrollinstanz, treffe aber selbst keine Entscheidungen, weil diese ausschließlich dem Gemeinderat bzw dem sonst zuständigen Gemeindeorgan vorbehalten seien. Eine Entscheidung des Gemeinderats könnte daher selbst durch eine unterlassene Beanstandung des Prüfungsausschusses nicht bewirkt werden. Der Beklagte habe somit nicht behauptet, dass ein dazu vertretungsbefugtes Organ der Klägerin das Rechtsgeschäft nachträglich mit dem Bewusstsein genehmigt habe, dass der Bürgermeister vollmachtslos das Geschäft im Namen der Gemeinde abgeschlossen habe. Es liege daher ein nicht genehmigtes vollmachtsloses Vertreterhandeln des Beklagten vor, das auch kausal für den der Klägerin eingetretenen Schaden sei.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts hielt das Berufungsgericht den Schadenseintritt nicht erst mit dem Feststehen der Uneinbringlichkeit des dem Franz M***** übergebenen Geldbetrags für bewirkt, sondern bereits mit der rechtsgrundlosen Zahlung. Als Vermögensnachteil sei es nach der Rechtsprechung anzusehen, wenn anstelle des Besitzes eines Bargeldbetrags nur eine gleich hohe Geldforderung trete, weil diese mit dem Risiko der Einbringlichkeit bzw dem der Rechtsverfolgung behaftet sei. Anderes gelte nur, wenn der Schuldner bereit und imstande wäre, seine Verbindlichkeit unverzüglich abzutragen (9 ObA 2300/96t mwN). Damit sei der Schaden bei der Klägerin unmittelbar durch die kompetenzlos und damit rechtswidrig veranlasste Darlehenszuzählung an Franz M***** entstanden.

Für die Frage der vom Beklagten eingewendeten Verjährung komme es nun maßgeblich darauf an, wann dem nach der Gemeindeordnung zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen einen schädigenden Bürgermeister zuständigen Organ der Gemeinde, zufolge § 43 Abs 1 Oö. GemO also dem Gemeinderat, der Sachverhalt soweit bekannt geworden sei, dass die Klage mit Aussicht auf Erfolg hätte erhoben werden können. Dieser Zeitpunkt lasse sich allerdings den erstinstanzlichen Feststellungen nicht entnehmen, sodass insofern die Verjährungsfrage noch nicht abschließend beurteilt werden könne.

Eine Berufung des Beklagten auf rechtmäßiges Alternativverhalten, weil der Gemeinderat einer Darlehenshingabe zweifellos zugestimmt hätte, sei verfehlt. Zum einen spreche der vom Erstgericht dargestellte Schutzzweck der die Zuständigkeit maßgeblich regelnden Gemeindeordnung, die gerade eigenmächtiges Handeln und dadurch eintretende Nachteile in der Vermögenslage der Gemeinde verhindern wolle, dagegen. Vor allem aber sei maßgeblich, dass der Gemeinderat ein anderes Organ der Klägerin, nämlich das zuständige Organ sei. Allfällige fiktive Handlungen des Gemeinderats hätten bei Prüfung des Kausalzusammenhangs zwischen dem rechtswidrigen Tun des Beklagten und dem eingetretenen Schaden außer Betracht zu bleiben. Hätte sich der Beklagte rechtmäßig verhalten (rechtmäßiges Alternativverhalten), also sich die Kompetenz zur Darlehenshingabe nicht angemaßt, wäre der eingetretene Schaden unterblieben.

Das Erstgericht werde, um einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot hintanzuhalten, mit den Parteien die vom Berufungsgericht dargestellte Rechtslage zu erörtern haben. Sodann sei eine Verfahrensergänzung zu den vom Berufungsgericht aufgezeigten Fragen erforderlich.

Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, unter welchen Voraussetzungen ein kompetenzwidrig (eigenmächtig) handelnder Bürgermeister seiner Gemeinde ersatzpflichtig werde.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Rekurse beider Streitteile.

Die Klägerin beantragt, in Stattgebung ihres Rekurses den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

Der Beklagte beantragt, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Klageabweisung abzuändern. Hilfsweise wird der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung durch das Rekursgericht gestellt.

Beide Parteien haben Rekursbeantwortungen erstattet, in welchen wechselseitig primär die Zurückweisung des jeweils gegnerischen Rechtsmittels, in eventu diesem keine Folge zu geben, beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

I.) Zum Rekurs der Klägerin:

Mit der Wahl zum Bürgermeister wird lediglich die Organfunktion, nicht aber ein wie immer geartetes schuldrechtliches Verhältnis zur Gemeinde begründet. Rechte und Pflichten des Organwalters gegenüber der Gemeinde ergeben sich aus den gemeinderechtlichen Bestimmungen. Bürgermeister üben ein politisches Amt aus und sind keine Dienstnehmer der Gemeinde (Eypeltauer/Strasser, Die Haftung der Organe und der Bediensteten der Gemeinden, 39).

1.) Das DHG ist nicht nur dann anwendbar, wenn ein privatrechtliches oder öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis besteht, sondern ist durch § 1 Abs 1 Satz 2 DHG „auf sonstige Personen, die, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Auftrag oder für Rechnung bestimmter anderer Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind“, ausgedehnt (vgl Eypeltauer/Strasser aaO; 9 ObA 320/97t SZ 71/63 ebenfalls im Zusammenhang mit einem [ehemaligen] Bürgermeister). Bei Verwirklichung dieser Voraussetzungen, dass ein Bürgermeister seine Organfunktion in einer Art und Weise hauptberuflich wahrnahm, die zumindest in die Nähe einer Vollzeitbeschäftigung kommt, hat der Oberste Gerichtshof eine Anwendung der Haftungserleichterungen des DHG auch für einen solchen Organwalter bejaht (9 ObA 320/97t SZ 71/63).

Mag man auch schon in der Bestreitung eines Schadenersatzanspruchs - ähnlich wie im Fall einer Konventionalstrafe - ein Begehren auf Mäßigung iSd § 2 DHG sehen (vgl RIS-Justiz RS0032161; RS0032167; RS0041998 [T1]), hätte der Beklagte, gerade weil kein Dienstverhältnis zur Klägerin vorliegt, jene Umstände behaupten und beweisen müssen, die im Sinn der dargestellten Lehre und Rechtsprechung eine Subsumierung unter § 1 Abs 1 Satz 2 DHG zulassen. Er hat sich aber im erstinstanzlichen Verfahren weder auf die Anwendbarkeit des DHG gestützt, noch einen entsprechenden, darunter subsumierbaren Sachverhalt behauptet.

Jeglicher Feststellungsmangel, der zur Aufhebung eines Urteils führt, setzt jedoch voraus, dass entsprechende erstinstanzliche Prozessbehauptungen vorliegen. Es ist unzulässig, nur zu dem Zweck ein erstrichterliches Urteil aufzuheben, um Erörterungen über Tatsachen zu veranlassen, die im bisherigen Verfahren nicht behauptet worden sind (RIS-Justiz RS0042444).

Der Oberste Gerichtshof ist Rechts- und nicht Tatsacheninstanz, weshalb grundsätzlich die Frage, ob zur Gewinnung noch erforderlicher Feststellungen weitere Beweise notwendig sind, als Akt der Beweiswürdigung nicht anfechtbar ist (RIS-Justiz RS0043414). Das setzt jedoch voraus, dass die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht richtig ist (8 Ob 145/06s; Zechner in Fasching² § 519 Rz 107 mwN). Zu Recht rügt daher die Klägerin als Rekurswerberin den Umstand, dass das Berufungsgericht insofern zu Unrecht eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils anordnete (vgl RIS-Justiz RS0108072).

2.) Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin ist jedoch die Sache dennoch noch nicht entscheidungsreif iSd § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO. Die Verjährungsfrage ist nämlich - unabhängig von der Anwendbarkeit des DHG - nicht abschließend geklärt.

Ganz zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass der Schaden (die Vermögensminderung) nicht erst mit der endgültigen Uneinbringlichkeit einer Forderung eintritt, sondern schon mit der durch den Schadenersatzpflichtigen veranlassten Leistung einer nicht geschuldeten Zahlung, sofern der zur Zurückzahlung Verpflichtete (Franz M*****) nicht bereit bzw in der Lage ist, seiner Verpflichtung nachzukommen (RIS-Justiz RS0022602). Der unmittelbaren Verfügung über einen präsenten Bargeldbetrag kann eine gleich hohe Geldforderung schon deshalb grundsätzlich nicht gleichgehalten werden, weil sie stets mit dem Risiko der Einbringlichkeit bzw Rechtsverfolgung behaftet ist. Ein Schaden - im Sinne des weiten Schadensbegriffs des ABGB (RIS-Justiz RS0022537) - liegt nur dann nicht vor, wenn der Dritte als Kondiktionsschuldner sich bereit erklärt und auch imstande ist, seiner Rückzahlungsverpflichtung unverzüglich nachzukommen (1 Ob 533/92 SZ 65/41; 9 ObA 2300/96t SZ 70/104). Anderes gilt nur, wenn der Schadenseintritt vom Ausgang eines Verfahrens abhängt (RIS-Justiz RS0083144 [T4; T14; T21]), was hier nicht der Fall ist.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Kenntnis des Sachverhalts, der den Grund des Entschädigungsanspruchs darstellt, als für den Beginn der Verjährungsfrist maßgeblich erachtet. Diese Kenntnis tritt dann ein, wenn dem Geschädigten der Sachverhalt soweit bekannt ist, dass er eine Klage - auch eine Feststellungsklage - mit Aussicht auf Erfolg erheben kann (RIS-Justiz RS0034524; Dehn in KBB³ § 1489 Rz 3; R. Madl in ABGB-ON § 1489 Rz 7 jeweils mwN). Weder die Klagsführung gegen M***** noch das Feststehen der Uneinbringlichkeit sind maßgeblich für den Beginn der Verjährungsfrist. Das Erstgericht hat - ausgehend von seiner unrichtigen Rechtsansicht - jegliche Feststellungen unterlassen, die eine Beurteilung der Kenntnis des zur Entscheidung über eine Klagsführung zuständigen Gemeindeorgans zuließen.

Insofern erweist sich die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils infolge sekundärer Feststellungsmängel daher jedenfalls als zutreffend und unumgänglich.

II.) Zum Rekurs des Beklagten:

1.) Bestimmungen einer Gemeindeordnung, hier der Oö. GemO 1990 LGBl 1990/91 idgF, die bestimmte Rechtsgeschäfte dem Gemeinderat vorbehalten, stellen nicht bloß interne Organisationsvorschriften dar, sondern beinhalten eine Beschränkung der allgemeinen Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters (RIS-Justiz RS0014664). Für die Frage der Gültigkeit eines von einer Gemeinde abgeschlossenen Vertrags kommt es zufolge § 867 ABGB entscheidend auf die Bestimmung der Gemeindeordnung an. Eine durch erforderlichen Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckte Willenserklärung eines Bürgermeisters bindet mangels der hiefür erforderlichen Vertretungsbefugnis grundsätzlich die Gemeinde nicht (RIS-Justiz RS0014699 [T12; T19; T32]).

2.) Gemäß § 43 Abs 1 Oö. GemO obliegen dem Gemeinderat alle in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Angelegenheiten, soweit sie nicht gesetzlich ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind. § 58 Abs 2 Oö. GemO regelt die Zuständigkeiten des Bürgermeisters im eigenen Wirkungsbereich (Putschögl/Neuhofer Oberösterreichische Gemeindeordnung 368 unter Hinweis auf weitere, hier nicht maßgebliche Zuständigkeiten).

3.) Die Vorinstanzen (S 16 des Ersturteils und S 18 des Beschlusses der Berufungsgerichts) haben die zwischen dem Beklagten und Franz M***** getroffene Vereinbarung über die Vorfinanzierung der Anschaffung von Hard- und Software samt diverser sonstiger Leistungen bei künftiger Verrechnung mit von Franz M***** zu erbringenden Leistungen als Darlehensvertrag beurteilt, gegen welche Qualifikation sich der Rekurswerber mit Recht wendet. Wenn auch ein Darlehensvertrag unter einem bestimmten Verwendungszweck vereinbart werden kann, so ist doch die grundsätzliche Voraussetzung einer diesbezüglichen Qualifikation, dass eine Rückzahlung versprochen wird. Fehlt eine Rückzahlungsvereinbarung, so liegt allenfalls ein anderes Rechtsgeschäft vor (vgl Griss in KBB³ § 983 ABGB Rz 8 mwN). Richtigerweise ist die getroffene Vereinbarung als Vorschuss zu qualifizieren, nämlich als Vorausleistung (so auch S 7 letzter Absatz des Ersturteils), die in Erwartung einer Gegenleistung gegeben wird. Unter Vorschuss wird ein Geldbetrag verstanden, der jemandem vorausbezahlt wird, obwohl er sonst erst später Anspruch auf die Leistung des Geldbetrags hätte, so etwa, wenn ein Werklohn vor dem üblichen Fälligkeitstermin zu leisten ist (RIS-Justiz RS0021417; Griss aaO Rz 9). Vor allem fällt unter den Begriff des Vorschusses eine antizipierte Leistung in Erwartung einer Gegenleistung, wobei ein Vorschuss nicht nur vor Fälligkeit, sondern sogar vor Entstehung der Schuld gewährt werden kann (RIS-Justiz RS0019458). Dass ein Vorschuss von der Forderung abgerechnet und nicht gegen sie aufgerechnet wird (vgl RIS-Justiz RS0019454), hier aber eine „Gegenverrechnung“ vereinbart war, ändert an dieser Qualifizierung als Vorschuss nichts.

Für den Rekurswerber ist dadurch allerdings im Ergebnis nichts gewonnen. Auch eine Vorschussvereinbarung hätte eines Gemeinderatsbeschlusses bedurft, ist sie doch weder durch § 58 Abs 2 Z 3 noch Z 4 Oö. GemO gedeckt. Bezog sich auch ein früherer Gemeinderatsbeschluss auf die Beauftragung Franz M*****s mit der Verkehrsüberwachung, so ist doch nicht zu unterstellen, dass davon auch eine künftige Vorfinanzierung gänzlich neu anzuschaffender Betriebsmittel des Auftragnehmers umfasst gewesen wäre. Soweit sich der Rekurswerber in diesem Zusammenhang auf sein in der letzten mündlichen Streitverhandlung (ON 26) erstattetes Vorbringen bezieht, ist er auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen, wonach dieses Vorbringen zu Recht wegen Verspätung zurückgewiesen wurde. Nach den maßgeblichen Feststellungen lag gerade kein Beschluss des zuständigen Kollegialorgans vor, der den Beklagten zur getroffenen Vereinbarung iSd § 58 Abs 2 Z 3 Oö. GemO berechtigt hätte. Soweit der Rekurswerber meint, die Vereinbarung eines Vorschusses habe zur laufenden Geschäftsführung erforderliche Anschaffungen betroffen, kann dem nicht gefolgt werden. Unter Anschaffungen „zur laufenden Geschäftsführung“ iSd § 58 Abs 2 Z 4 Oö. GemO können jedenfalls nicht solche verstanden werden, die einmalig einen größeren Geldbetrag erfordern, weil schon einerseits der Begriff „laufend“ nach seinem Wortsinn (§ 6 ABGB; P. Bydlinski in KBB³ § 6 Rz 2 und 3) dagegen spricht und andererseits ein Zusammenhang mit der Geschäftsführung des Bürgermeisters insoweit nicht erkennbar ist. Schon die Vorinstanzen haben darauf hingewiesen, dass überdies die in § 58 Abs 2 Z 7 Oö. GemO festgesetzte Betragshöhe überschritten wurde.

4.) Die zu Gunsten des Gemeinderats in § 43 Abs 1 Oö. GemO enthaltene klare Abgrenzung der Kompetenztatbestände lässt sohin keinen Zweifel daran, dass der vom Beklagten M***** zugesagte und über seine Veranlassung an diesen auch ausbezahlte Vorschuss in Überschreitung der ihm nach der Gemeindeordnung zukommenden Vertretungsmacht erfolgte. Mangels eines hiefür erforderlichen Gemeinderatsbeschlusses wurde die Klägerin durch die Willenserklärung des Beklagten grundsätzlich nicht gebunden (RIS-Justiz RS0014664).

5.) Überschreitet der Gewalthaber die Grenzen seiner Vollmacht, so wird der Gewaltgeber gemäß § 1016 ABGB nur insoweit verpflichtet, als er das Geschäft genehmigt oder sich den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zugewendet hat. Diese Regel gilt auch für Gemeinden (9 ObA 191/91 SZ 64/151; 1 Ob 31/97h; RIS-Justiz RS0014709). Weil klarerweise von einer Vorteilszuwendung keine Rede sein kann - M***** erbrachte ja keine weiteren Leistungen mehr -, käme es darauf an, ob das zuständige Gemeindeorgan ausdrücklich oder schlüssig dem Geschäft die Genehmigung erteilte. Die in diesem Zusammenhang vom Beklagten ins Treffen geführte Prüfung durch den Prüfungsausschuss deckte zwar die Gesetzwidrigkeit der Mittelverwendung durch den Beklagten nicht auf, hat aber darüber hinaus nicht die von ihm in Anspruch genommene rechtliche Bedeutung. Der Prüfungsausschuss ist zwar zufolge seiner in § 91 Abs 2 Oö. GemO zur Feststellung der Gesetzmäßigkeit einer Ausgabe zuständig, nicht aber obliegt ihm eine Vertretungsbefugnis zum Abschluss von Rechtsgeschäften. Aus diesem Grund kann eine mangelnde Beanstandung durch den Prüfungsausschuss auch nicht als Genehmigung durch den zuständigen Gemeinderat gewertet werden.

6.) Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens (Koziol, Grundfragen des Schadenersatzrechts, Rz 7/22 ff) bzw die Bestreitung der Kausalität der Unterlassung der Einholung der Zustimmung des Gemeinderats für den eingetretenen Schaden, nicht von vornherein abzulehnen. Der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens mit Beweislastumkehr wird nur dort nicht zugelassen, wo Vorschriften ein mit besonderen Sicherheitsgarantien ausgestattetes Verfahren gewährleisten sollen (vgl etwa Verhaftung ohne Haftbefehl: SZ 54/108; nicht begründeter Sicherstellungsauftrag: SZ 59/141; Koziol/Welser II13 318 FN 104), wo ein streng ausgestaltetes Verfahren dem besonderen Schutz hochrangiger Güter dient (Karollus, Funktion und Dogmatik aus Schutzgesetzverletzung 405 f; Koziol, aaO, Rz 7/32).

Die bloße Verletzung von Zuständigkeitsvorschriften, Verfahrensvorschriften oder Formalfehler können den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht ausschließen. So wurde der Einwand etwa bei vorschriftswidriger Pfändung (1 Ob 5/93 RZ 1995, 202) oder bei Sicherungsmaßnahmen durch eine unzuständige Behörde (1 Ob 42/90 SZ 64/23; vgl Koziol/Welser II13 318 mit FN 103; Karner in KBB³ § 1295 Rz 14 mwN) zugelassen.

Auch wenn die in einer Gemeindeordnung festgeschriebene Einschränkung der Vertretungsbefugnis eines Bürgermeisters gerade dazu dient, eigenmächtiges Handeln und daraus entstehende Nachteile zu verhindern, bedeutet dies noch nicht, dass einem Verstoß dagegen ein Gewicht zukäme, wie es in den von Lehre und Rechtsprechung anerkannten Fällen zum Schutz besonders hochrangiger Güter gefordert wird (vgl Karollus, aaO und Koziol, Österr. Haftpflichtrecht I³ Rz 8/70 ff). Dem Beklagten steht daher der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens offen.

Das Erstgericht wird daher im ergänzenden Verfahren nach Erörterung mit den Parteien entsprechende Tatsachengrundlagen zu schaffen haben, die eine Beurteilung der Frage ermöglichen, ob der (allein zuständige) Gemeinderat im Jahr 2003 bei Befassung mit höchster Wahrscheinlichkeit eine entsprechende Zuschussvereinbarung mit M***** getroffen hätte.

7.) Was schließlich den Einwand des Beklagten betrifft, ihn treffe kein Verschulden an einem der Klägerin entstandenen Schaden (gemeint wohl: es fehle ihm die Vorhersehbarkeit an einem der Klägerin entstehenden Schaden), weil die Vermögenslage M*****s für ihn nicht erkennbar gewesen sei, reicht es aus, darauf hinzuweisen, dass der Vertragspartner der Gemeinde nicht einmal in der Lage war, die zu seiner Berufsausübung notwendige Geräteumstellung zu finanzieren. Dass ein solcher Vertragspartner kein Vertrauen genießen kann, insbesondere aber sogar eine Vorschussgewährung an ihn ernsten Bedenken begegnen muss, liegt auf der Hand.

8.) Soweit der Beklagte das Fehlverhalten jener Gemeindebediensteten ins Treffen führt, die seiner Auszahlungsanweisung nicht hätten Folge leisten dürfen, übersieht er den Umstand, dass es im Fall mehrerer Schädiger zu einer Solidarverpflichtung (§ 1302 ABGB), nicht aber zu seiner (gänzlichen) Exkulpierung käme.

Insgesamt war aus den dargestellten Gründen die vom Berufungsgericht verfügte Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils daher zu bestätigen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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