OGH 3Ob201/11x

OGH3Ob201/11x8.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S*****, geboren am *****, vertreten durch das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger (Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung Bezirke 3 und 11, Wien 3, Karl Borromäus-Platz 3), über den Revisionsrekurs des Vaters Y*****, vertreten durch Dr. Matthias Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. Mai 2011, GZ 45 R 112/11w-45, mit dem über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 6. Juli 2010, GZ 9 PU 260/09z-35, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters, den für seine Tochter zu leistenden Geldunterhalt ab 1. Dezember 2009 von 261 EUR monatlich auf 50 EUR monatlich herabzusetzen ab. Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung und ließ den Revisionsrekurs nachträglich im Hinblick auf die Einzelfallgerechtigkeit zu, weil sich die Belastungsgrenze zu Lasten der zwei weiteren unterhaltsberechtigten Kinder des Unterhaltsschuldners auswirke.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem Ausspruch ist keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu beantworten.

1. Der Aufhebungsgrund der mangelhaften Fassung des angefochtenen Beschlusses (§ 57 Z 1 AußStrG) ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RIS-Justiz RS0007484, RS0042133). Zwar ist die Begründung des Beschlusses des Rekursgerichts kurz und knapp; sie setzt sich jedoch ausreichend mit der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts und den Argumenten im Rekurs auseinander, sodass kein Grund für eine Aufhebung aufgrund eines Verfahrensverstoßes nach § 57 Z 1 AußStrG vorliegt.

2. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, dass die vom Unterhaltsschuldner von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse bezogene Abfindung für nicht konsumierten Urlaub in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, wobei sie auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen ist, entspricht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0009524 [T1], RS0009667 [T5]; zuletzt 8 Ob 31/10g).

3. Die Beurteilung der Frage, in welcher Weise eine vom Unterhaltsschuldner bezogene Abfertigung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0050466 [T3]). Für Zwecke der Unterhaltsbemessung ist eine vom Unterhaltspflichtigen bezogene Abfertigung in der Regel auf so viele Monate aufzuteilen wie diese Abfertigung Monatsentgelten entspricht (RIS-Justiz RS0050466), jedoch kann im Einzelfall auch ein anderer Aufteilungsschlüssel herangezogen werden (RIS-Justiz RS0009667 [T24]; RS0050466 [T7]). Dass im Einzelfall auch andere Einrechnungsmethoden denkbar oder sogar zweckmäßig wären, rechtfertigt für sich allein nicht die Anrufung des Obersten Gerichtshofs zur Wahrung der Rechtssicherheit (RIS-Justiz RS0050466 [T4, T19]).

4. Die gebotene Einzelfallentscheidung ist nur dann vom Obersten Gerichtshof überprüfbar, wenn aufgrund einer eklatanten Überschreitung des Ermessens eine unvertretbare Fehlbeurteilung vorliegt (RIS-Justiz RS0044088). Eine solche liegt jedoch nicht vor.

5. Durch die entsprechende Aufteilung der Abfertigung und der Urlaubsabfindung auf die Monate der Arbeitslosigkeit ergibt sich - unter Bedachtnahme auf die Sorgepflicht für zwei weitere Kinder - auch keine Unterschreitung des Unterhaltsexistenzminimums. In seinem Revisionsrekurs weicht der Unterhaltsschuldner von der von den Vorinstanzen (zum Teil unter Bedachtnahme auf den Anspannungsgrundsatz) herangezogenen Unterhaltsbemessungsgrundlage ab. Der Betrag von 960 EUR wird für die Kontrollrechnung im Zusammenhang mit der Belastungsgrenze herangezogen und vernachlässigt die Erhöhung der Bemessungsgrundlage infolge der erläuterten Aufteilung der Abfertigungen.

6. Die Frage des Eigeneinkommens des Kindes unterliegt dem Neuerungsverbot und bietet schon allein deshalb keinen Anlass für eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen, weil diese neuen Tatsachen erst nach der Entscheidung der ersten Instanz eingetreten sind (RIS-Justiz RS0006928).

7. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist der Revisionsrekurs des Unterhaltsschuldners daher als unzulässig zurückzuweisen

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