Spruch:
Thomas W***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Thomas W***** wurde mit Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 31. März 2011 (ON 23) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 5. Februar 2011 in Salzburg durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) seinem Bruder Stefan W***** 50 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, indem er mit einem Küchenmesser mit einer etwa 20 cm langen Klinge vor dessen Gesicht hantierte, die Messerspitze an dessen Oberarm ansetzte und wiederholt Geld forderte.
Der Angeklagte erhob gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (ON 28), über diese Rechtsmittel wurde noch nicht entschieden.
Mit im Rahmen einer Haftverhandlung verkündetem - entgegen § 86 Abs 2 StPO nicht ausgefertigtem (und demnach den Verfahrensbeteiligten auch nicht zugestelltem) - Beschluss vom 10. Mai 2011 (ON 29 S 3) setzte das Landesgericht Salzburg die über den Beschuldigten am 6. Februar 2011 verhängte (ON 6) Untersuchungshaft aus dem Grund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO fort.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Linz der dagegen ergriffenen Beschwerde des Angeklagten (ON 31) nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem vom Erstgericht angenommenen Haftgrund fort.
Rechtliche Beurteilung
Die hiegegen erhobene Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Wie die Beschwerde zutreffend einräumt, ist die Dringlichkeit des Tatverdachts ab Fällung des Urteils erster Instanz im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nach ständiger Judikatur nicht mehr zu überprüfen (RIS-Justiz RS0061112, RS0108486; jüngst 13 Os 23/11y).
Indem sie einwendet, es sei „zur Hintanhaltung unwiederbringlichen Schadens erforderlich, den dringenden Tatverdacht unabhängig vom vorliegenden Urteil eigenständig zu beurteilen“, verkennt die Beschwerde den verfassungsrechtlichen Hintergrund der angeführten Rechtsprechung, die - in Übereinstimmung mit der Judikatur des EGMR - davon ausgeht, dass nach Feststellung der Schuld einer Person in einer Hauptverhandlung, die in ihrem Ablauf den Erfordernissen des Art 6 Abs 1 MRK entsprochen hat, Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft ihre Rechtfertigung (nicht in Art 5 Abs 1 lit c MRK, sondern) in Art 5 Abs 1 lit a MRK finden (14 Os 139/04, EvBl 2005/91, 395; RIS-Justiz RS0119511). Diese Eingriffsnorm, nach der jemandem die Freiheit entzogen werden darf, wenn er „rechtmäßig nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht“ in Haft gehalten wird, meint nämlich die Haft ab der erstinstanzlichen Verurteilung, nicht erst jene ab Rechtskraft des Urteils (EGMR 27. 6. 1968, Wemhoff gegen Deutschland, Nr 2122/64; Grabenwarter, EMRK4 § 21 Rz 12). Wird das erstgerichtliche Urteil im Rechtsmittelverfahren aufgehoben, macht dies die Freiheitsentziehung demnach keineswegs konventionswidrig. Deswegen werden auch vom EGMR Beschwerdeführer mit der Behauptung, der Schuldspruch oder die gegen sie verhängte Strafe würden auf einem Tatsachen-oder Rechtsirrtum des Erstgerichts beruhen, nicht gehört (EGMR 4. 8. 1999 [GK], Douiyeb gegen die Niederlande, Nr 31464/96, NJW 2000, 2888; Meyer-Ladewig, EMRK³ Art 5 Rz 26).
Das Vorbringen zum Haftgrund der Tatbegehungsgefahr setzt sich nicht mit der Argumentationskette des Oberlandesgerichts auseinander und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (RIS-Justiz RS0112012; jüngst 13 Os 23/11y).
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Ableitung dieses Haftgrundes aus der verschränkten Betrachtung der Art der Tathandlung, der Vorverurteilung wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung und des Umstands, dass das im Vorverfahren erlittene, mehrwöchige Haftübel - ausgehend vom erstinstanzlichen Urteil - den Beschwerdeführer nicht davon abzuhalten vermochte, massivst zum Nachteil des eigenen Bruders zu delinquieren, unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist.
Inwiefern dem Oberlandesgericht bei der Verneinung der Anwendbarkeit gelinderer Mittel ein Fehler unterlaufen sein soll, legt die Beschwerde nicht dar.
Da die behauptete Grundrechtsverletzung somit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)