Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten Karl K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - Karl K***** des Verbrechens der Untreue nach §§ 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt (I/1/a und b sowie 2).
Danach hat er
(I) zwischen 5. September und 27. November 2006 die ihm als gerichtlich bestelltem Sachwalter durch behördlichen Auftrag eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch der Betroffenen Anna H***** den 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil von insgesamt 314.306,80 Euro teils zugefügt, teils zuzufügen versucht, indem er im Zusammenhang mit der im Eigentum des Opfers stehenden Liegenschaft EZ ***** GB ***** B*****
1) bei Durchführung deren Verkaufs über gerichtliche Anordnung
a) Ing. Alfred F*****, Ing. Gerhard S***** und Ing. Alfred P***** (im Folgenden: die Bietergemeinschaft) von Franz R***** auffordern ließ, die Liegenschaft um den „offiziellen“ Kaufpreis von 570.000 Euro zu erstehen und zusätzlich eine „Schwarzgeldzahlung“ von zumindest 150.000 Euro zu leisten, die dem Opfer nicht zukommen sollte, wobei die Vollendung der Tat nur deswegen unterblieb, weil dieses „Angebot“ abgelehnt wurde;
b) der D***** GesmbH die genannte Liegenschaft um 705.000 Euro in Kenntnis des Umstands verkaufte, dass die Bietergemeinschaft zum Kauf dieser Liegenschaft um 850.000 Euro bereit war;
2) nach Abschluss des zu I/1/b genannten Kaufvertrags am 31. Oktober 2006 ohne vertragliche Verpflichtung zur Durchführung von Räumungs- oder Sanierungsmaßnahmen den - Franz R***** bereits zuvor erteilten - Auftrag zur Räumung des Objekts aufrecht hielt und diesem hiefür insgesamt 19.306,80 Euro bezahlte.
Der dagegen aus den Gründen der Z 1, 5, 8, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl K***** kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Besetzungsrüge (Z 1) hinsichtlich der Vorsitzenden des Schöffengerichts geltend gemachte Ausschlussgrund des § 43 Abs 1 Z 3 StPO, weil diese ein „lebenslanges freundschaftliches Verhältnis“ mit der als Zeugin vernommenen (für das Opfer als Pflegschaftsrichterin zuständigen) Dr. Silvia Kr***** verbinde, liegt nicht vor. Davon überzeugte sich der Oberste Gerichtshof in freier Beweiswürdigung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 97), insbesondere aufgrund einer gemäß § 285f StPO eingeholten schriftlichen Stellungnahme der Vorsitzenden, die der Verteidigung zur Äußerung zugestellt wurde. Herkunft aus derselben Gemeinde, der (aufgrund des Altersunterschieds nur teilweise überschneidende) Besuch desselben Gymnasiums und derselben Universität und gelegentlicher beruflicher Kontakt der genannten Personen ohne ein darüber hinausgehendes - in der Rüge ohne Substrat behauptetes - freundschaftliches Verhältnis reichen nicht aus, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der Vorsitzenden nach dem anzuwendenden objektiven Maßstab in Zweifel zu ziehen (vgl zum Ganzen: Lässig, WK-StPO § 43 Rz 9 ff [15]). Aufgrund welcher - „nicht im Hauptverhandlungsprotokoll protokollierter - Vorkommnisse“ derartige „massive Zweifel“ geweckt worden seien, führt die Rüge nicht aus. Ebenso wenig erläutert sie, welche Bedeutung das behauptete Naheverhältnis der genannten Zeugin zur Sachwalterin des Opfers und Privatbeteiligtenvertreterin in Bezug auf die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der Vorsitzenden haben soll.
Entgegen der offenbar unzureichenden Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite reklamierenden Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zu Grunde liegendes Wollen oder Wissen (vgl US 29) rechtsstaatlich vertretbar und bei leugnenden Angeklagten methodisch meist nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882). Zudem übergeht das Beschwerdevorbringen, dass die Feststellungen zur subjektiven Tatseite auch an anderer Stelle im Einklang mit Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen (vgl RIS-Justiz RS0118317) begründet wurden: So erachteten die Tatrichter die Verantwortung des Beschwerdeführers, „gutgläubig“ gehandelt zu haben, mit dem Hinweis auf seine „langjährige Tätigkeit“ (ersichtlich gemeint: als Sachwalter) und die - auch an anderer Stelle (US 20) näher beschriebene - „besondere Zusammenarbeit“ zwischen ihm und dem Mitangeklagten Franz R***** als widerlegt (US 28). Zur konstatierten „Motivation des Angeklagten“ (sich selbst bei gleichzeitiger Schädigung des Opfers zu bereichern) verweisen die Entscheidungsgründe auf die Aussagen der Zeugen Ing. Alfred F*****, Ing. Gerhard S***** und Ing. Alfred P***** (US 25), denen gegenüber das zu I/1/a inkriminierte Angebot gemacht wurde. Schließlich wurde die für die Wissentlichkeit des zu I/1/b angelasteten Befugnismissbrauchs maßgebliche Kenntnis des Beschwerdeführers von den übergangenen Kaufangeboten mit ausführlicher Begründung bejaht (US 22 ff).
Zum Schuldspruch I/2 stellte das Erstgericht im Wesentlichen fest, der Beschwerdeführer habe Franz R***** mit der Räumung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft beauftragt und diese Arbeiten ohne entsprechende Verpflichtung aus dem mit der D***** GesmbH am 31. Oktober 2006 geschlossenen Vertrag durchführen lassen und bezahlt, wodurch dem Opfer ein Vermögensnachteil zugefügt worden sei (US 15 f). Weshalb sich das Erstgericht unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mit einzelnen Bestimmungen dieses Vertrags hätte auseinandersetzen müssen, wonach die - in keinem erkennbaren Konnex mit einer Räumung stehende - „Gefahr des Besitzes“ erst mit Rechtswirksamkeit des Vertrags, also mit dessen pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung, übergehen sollte (vgl ON 29 im angeschlossenen Beiakt, AZ 234 P 225/07y des Bezirksgerichts Graz-Ost), vermag die Mängelrüge nicht darzulegen. Die in diesem Zusammenhang mit Hinweis auf die Verantwortung des Beschwerdeführers als fehlend reklamierte Feststellung (Z 9 lit a), wonach „im gegenständlichen Haus zum damaligen Zeitpunkt zwischen Oktober und November 2006 eine akute Feuergefahr und eine akute Gefahr der Substanzbeschädigung durch Wasserrohrbruch bestanden“ hätten, betrifft im Hinblick auf die Art der beauftragten und durchgeführten Arbeiten („besenreine“ Räumung des Mehrparteienhauses - vgl US 28) keine entscheidende Tatsache. Da eine Auswirkung der begehrten Feststellung auf die nach § 29 StGB gebildete Subsumtionseinheit nicht in Rede steht, wäre sie nur dann von Bedeutung, wenn sie einen Freispruch von diesem Anklagevorwurf zur Folge hätte (RIS-Justiz RS0120980; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 578). Dies käme aber nur dann in Betracht, wenn der Beschwerdeführer ausschließlich der Gefahrenabwehr dienende Sicherungs- oder Sanierungsarbeiten in Auftrag gegeben hätte, was die Tatrichter aber in Auseinandersetzung (US 27) mit der Verantwortung des Beschwerdeführers (vgl ON 7 in ON 91; vgl auch AS 277 ff/III) gerade nicht angenommen haben.
Zum weiteren, Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) reklamierenden Vorbringen der Mängelrüge:
Die Aussage des Zeugen Dr. Klaus Ra*****, die zuständige Pflegschaftsrichterin Dr. Silvia Kr***** habe Kenntnis von den Kaufangeboten der Bietergemeinschaft gehabt (AS 487/I), steht den Feststellungen zum Schuldspruch I/1/b nicht entgegen (vgl US 12) und war daher schon deshalb nicht gesondert erörterungsbedürftig (RIS-Justiz RS0098646). Soweit mit diesem Vorbringen die Glaubwürdigkeit der Zeugin Dr. Silvia Kr***** in Zweifel gezogen wird, fehlt der Bezug zu entscheidenden Tatsachen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 432).
Weiters wurden den Feststellungen zu diesem Schuldspruch die in einem Aktenvermerk der Kriminalpolizei wiedergegebenen Angaben einer Krankenpflegerin (vgl AS 83/I), wonach man beim damals „in der geschlossenen Anstalt“ aufgenommenen Opfer einen Kaufvertragsentwurf der Bietergemeinschaft gefunden habe, ebenso zu Grunde gelegt (US 6), wie - zum Schuldspruch I/1/a - die Aussagen der Zeugen Ing. F***** und Ing. P*****, sie hätten sich zweimal (am 5. und am 6. September 2006) mit Franz R***** getroffen, um dessen Vorschlag zu besprechen (US 8 ff).
Mit den Angaben des Zeugen Ing. P***** zum Vorschlag des Franz R***** haben sich die Tatrichter ohnehin auseinandergesetzt (US 18 f); eine Wiedergabe der von der Beschwerde hervorgehobenen - abermals unerheblichen - Details der Zeugenaussage war schon mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht geboten.
Gleichermaßen vom Erstgericht erörtert wurden - zum Schuldspruch I/1/b - die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten (ursprünglichen) Angaben der Zeugin Dr. Silvia Kr***** über die angebliche Unseriosität der Bietergemeinschaft (vgl US 24 iVm ON 75 im angeschlossenen Beiakt, AZ 234 P 225/07y des Bezirksgerichts Graz-Ost) sowie die Aussage des Zeugen Dr. Klaus Ra***** zur Übermittlung der Kaufangebote der Bietergemeinschaft an das Pflegschaftsgericht und die Reaktion des Beschwerdeführers darauf (US 12 und 24). Die daraus isoliert zitierte (vgl hingegen die gegenteiligen Angaben dieses Zeugen über ausdrücklichen Vorhalt: AS 43/III) Passage, er habe das Fax des Beschwerdeführers vom 24. September 2006 „als Reaktion“ auf das Angebot vom 7. September 2006 (und nicht auf das verbesserte über 850.000 Euro vom 15. September 2006) erhalten (AS 249/II), war als Schlussfolgerung des Zeugen - somit nicht als Wahrnehmung über tatsächlich Vorgefallenes - kein erörterungsbedürftiges Beweisergebnis (vgl RIS-Justiz RS0097540). Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Erstgericht habe sich mit dem Inhalt des Schreibens vom 7. September 2006 nicht auseinandergesetzt, ist angesichts der gerade dazu getroffenen Feststellungen (US 11) und beweiswürdigenden Erwägungen (US 22 f) unverständlich.
Weshalb zur Konstatierung, das Pflegschaftsgericht habe dem Beschwerdeführer das verbesserte Kaufangebot der Bietergemeinschaft vom 15. September 2006 zugestellt (US 12), eine Erörterung von - selbst nach der Beschwerdebehauptung Jahre später vorgefallenen - Fehlleistungen im Betrieb dieses Gerichts notwendig gewesen wäre, bleibt ebenso unklar.
Dass der Abschluss des Kaufvertrags durch den Beschwerdeführer einer nachträglichen pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurfte, betrifft - wie bereits in der oberstgerichtlichen Entscheidung (13 Os 25/09i) im ersten Rechtsgang ausführlich dargelegt - keine entscheidende Tatsache. Teile des angeschlossenen Pflegschaftsakts, aus denen sich gerade dieser Umstand ergibt, enthalten daher mangels Erheblichkeit kein erörterungsbedürftiges Verfahrensergebnis (vgl RIS-Justiz RS0118316). Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) in diesem Zusammenhang ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen oberstgerichtlichen Ausführungen wortgleich zum ersten Rechtsgang angeblich fehlende Vertretungsmacht des Beschwerdeführers - unter missverständlicher Berufung auf das Schrifttum - bloß behauptet, bedarf sie keiner inhaltlichen Erwiderung.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) zieht aus von den Tatrichtern angeführten Prämissen (vgl zu den von der Pflegschaftsrichterin gegen die Bietergemeinschaft gehegten Bedenken: US 24, zu den Umständen betreffend die Zustellung deren Kaufangebots vom 15. September 2006: US 22 f) für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen und bekämpft damit bloß unzulässig die Beweiswürdigung des Erstgerichts unterhalb der vom geltend gemachten Nichtigkeitsgrund geforderten Erheblichkeitsschwelle (RIS-Justiz RS0099674).
Welche Bedeutung die unter dem Aspekt der Z 8 zitierte Rechtsprechung zum Überraschungsverbot (vgl 12 Os 38/05p; 13 Os 80/08a) mit Blick auf den Schuldspruch I/2 im vorliegenden Fall haben soll, in dem bereits die Anklage dem Beschwerdeführer vorwarf, dass er ohne entsprechende Verpflichtung aus dem Kaufvertrag „den Auftrag zur Räumung dieses Objektes erteilte bzw. aufrecht erhielt und Franz R***** hiefür insgesamt € 19.306,80 bezahlte“ (vgl ON 8 in ON 91) und er schon zuvor ausführlich zum Vorwurf vernommen worden war, den bereits vor Abschluss des Kaufvertrags mit der D***** GesmbH erteilten Räumungsauftrag danach nicht widerrufen und die daraus resultierenden Rechnungen ohne entsprechende Verpflichtung bezahlt zu haben (ON 7 S 5 ff in ON 91), vermag die Beschwerde nicht darzulegen.
Der von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) begehrten Feststellung, es habe sich bei dem vom Beschwerdeführer pflichtwidrig übergangenen Kaufangebot nicht um das „Bestgebot“ gehandelt, stehen die Feststellungen des Erstgerichts, wonach dem Opfer gerade durch die Nichtberücksichtigung dieses Angebots ein Vermögensnachteil von 145.000 Euro zugefügt worden sei (US 13 f), entgegen. Im Übrigen enthält die ins Treffen geführte Stellungnahme der Pflegschaftsrichterin (ON 46) gerade keine Indizien für die begehrte Feststellung, denn ihre Ausführungen beziehen sich - soweit sie überhaupt substantielle Bedenken zu einem Vertragsinhalt enthalten (AS 161/II) - ausschließlich auf den von der Bietergemeinschaft dem Opfer ein halbes Jahr davor unterbreiteten Kaufvertragsentwurf (vgl dazu US 6) und nicht auf das vom Schuldspruch I/1/b gemeinte Angebot.
Schließlich liegt auch der von der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) reklamierte Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot nicht vor. Die vom Erstgericht dem Beschwerdeführer als erschwerend angelastete „Begehung aus besonders verwerflichen Beweggründen unter Ausnützung seiner Stellung als Sachwalter“ (US 31) hat nämlich nicht - wie die Rüge behauptet - bloß die Stellung als Machthaber, sondern insbesondere auch das Tatmotiv im Auge. Das Ziel, sich selbst (vgl US 8 ff zum Schuldspruch I/1/a) oder einen Dritten (vgl US 20 iVm 28 zum Schuldspruch I/2) zum Nachteil der unter Sachwalterschaft stehenden - mithin von der Rechtsordnung als besonders schutzwürdig angesehenen - Person zu bereichern, ist keineswegs Tatbestandsmerkmal der Untreue, bestimmt solcherart also nicht schon die Strafdrohung (vgl § 32 Abs 2 erster Satz StGB). Es bringt den in § 33 Z 5 StGB angesprochenen besonderen Gesinnungsunwert (vgl Ebner in WK2 § 33 Rz 17) zum Ausdruck, der auch in der Begehungsweise eines (wissentlich und mit Schädigungsvorsatz vorgenommenen) Missbrauchs durch behördlichen Auftrag eingeräumter Befugnis nicht vertypt ist.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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