OGH 6Ob95/11f

OGH6Ob95/11f16.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. G***** K*****, 2. H***** K*****, beide *****, vertreten durch Mag. Karl Komann, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagte Partei M***** N*****, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und Dr. Christian Puswald, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit (Streitwert 6.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 23. Februar 2011, GZ 2 R 24/11y-25, womit das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 25. November 2010, GZ 8 C 54/09a-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 623,70 EUR (darin 102,12 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, in die Einverleibung der Dienstbarkeit des Abstellens von maximal zwei PKW auf einer näher bezeichneten Stelle eines im Eigentum des Beklagten stehenden Grundstücks einzuwilligen, ab. Im Jahr 1975 sei den Rechtsvorgängern der Kläger lediglich ein obligatorisches Recht, auf dem bezeichneten Grundstreifen zu parken, eingeräumt worden. Hätte ein dingliches Recht begründet werden sollen, wäre dem vor einem Notar errichteten Übereinkommen auch eine Aufsandungserklärung beigefügt worden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass die Rechtsauffassung „nicht ganz von der Hand zu weisen sei“, dass die wiederholte Überbindung der Berechtigung auf Rechtsnachfolger im Zusammenhalt mit der ursprünglichen Vereinbarung (Erbübereinkommen zwischen den Rechtsvorgängern) ein dingliches Recht begründen habe können.

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Dienstbarkeiten oder Servituten sind dingliche, unter anderem auf Privatrechtstitel beruhende (§ 480 ABGB), in der Regel durch Verbücherung erworbene Rechte auf beschränkte Nutzung einer fremden Sache, denen - bei bejahenden Dienstbarkeiten - die Pflicht des jeweiligen Eigentümers dieser Sache zur Duldung dieser Nutzung gegenübersteht (RIS-Justiz RS0104356).

Vertragliche, nicht verbücherte Servituten sind zulässig, binden jedoch nur die Vertragsparteien; sie sind aber auch gegen deren Gesamtrechtsnachfolger und bei Übernahme durch den Einzelrechtsnachfolger auch diesem gegenüber wirksam (RIS-Justiz RS0011649 [T9]). Lehre und Rechtsprechung anerkennen die Gültigkeit von Vereinbarungen, mit denen Berechtigungen, die ihrem Inhalt nach sonst Gegenstand von Dienstbarkeitsbestellungsverträgen sind, mit bloß obligatorischer Wirkung eingeräumt werden, wenn die Absicht zur Verdinglichung fehlt (RIS-Justiz RS0011659).

Ob eine Vereinbarung im Einzelfall - insbesondere unter Erforschung der im konkreten Fall verfolgten Parteiabsicht - richtig ausgelegt wurde, stellt nach ständiger Rechtsprechung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) dar, wenn in krasser Verkennung der Auslegungsgrundsätze ein unvertretbares, aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierendes Auslegungsergebnis erzielt wurde, was etwa dann der Fall ist, wenn die Interpretation mit Sprachregeln, allgemeinen Erkenntnissätzen oder gesetzlichen Auslegungsregeln im Widerspruch steht (RIS-Justiz RS0042776 [T31]). Der Auslegung einer Dienstbarkeitsvereinbarung kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu (6 Ob 118/09k).

In der Auffassung der Vorinstanzen, die gegenständliche Vereinbarung sei lediglich als Einräumung eines obligatorischen Rechts zu verstehen, ist keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken. Nachvollziehbar ist der Hinweis der Vorinstanzen auf den Umstand, dass - hätten die Parteien die Begründung einer dinglichen Servitut intendiert - in die von einem Notar verfasste Urkunde auch eine entsprechende Aufsandungserklärung aufgenommen worden wäre.

Damit bringen die Revisionswerber aber keine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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