OGH 9ObA87/10z

OGH9ObA87/10z27.4.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** W*****, vertreten durch Dr. Richard Benda ua, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Pacher ua, Rechtsanwälte in Graz, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juli 2010, GZ 7 Ra 49/10w-38, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. März 2010, GZ 36 Cga 65/09w-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Dies ist hier nicht der Fall.

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ist, muss vorerst ohne Rücksicht auf andere Anfechtungsvoraussetzungen und ohne Koppelung mit anderen Tatbeständen oder Tatbestandsmerkmalen geprüft werden, ob durch sie wesentliche Interessen des betroffenen Arbeitnehmers - die über das „normale“ Maß hinaus eine Kündigung für den Arbeitnehmer nachteilig machen (RIS-Justiz RS0051753 [T5] ua) - beeinträchtigt werden (9 ObA 58/06d; RIS-Justiz RS0051640 ua). Dabei ist auf die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des Arbeitnehmers abzustellen (RIS-Justiz RS0051806 ua). Für diese Umstände ist der Arbeitnehmer behauptungs- und beweispflichtig (RIS-Justiz RS0051746 ua). Bei der Beurteilung kommt es stets auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0051741 [T5] ua), die - soweit die Beurteilung wie im vorliegenden Fall unter Heranziehung und Beachtung der vom Obersten Gerichtshof in seiner Judikatur erarbeiteten Grundsätze erfolgte - regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage zur Wahrung der Rechtseinheit oder Rechtsfortentwicklung iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen (8 ObA 127/03i; 9 ObA 58/06d; 9 ObA 93/08d; 9 ObA 86/10b ua).

Das Berufungsgericht verneinte unter Abwägung der gesamten wirtschaftlichen und sozialen Lage der Klägerin, die im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im 37. Lebensjahr stand, die mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Sozialwidrigkeit der Arbeitgeberkündigung. Eine unvertretbare Beurteilung des Berufungsgerichts, die unter dem Aspekt der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt. Soweit die Revisionswerberin das den vorinstanzlichen Urteilen zugrundeliegende Gutachten des vom Erstgericht bestellten berufskundlichen Sachverständigen mit verschiedenen Überlegungen in Frage stellt, handelt es sich um Fragen der Beweiswürdigung, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden können (Kodek in Rechberger, ZPO³ § 503 Rz 1 mwN; 8 ObA 127/03i ua). Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Revisionswerberin ist daher nicht einzugehen. Sie kann insoweit nur auf die Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden.

Soweit die Revisionswerberin in der Zulassungsbeschwerde neuerlich die Frage der nicht erfolgten Vernehmung eines informierten Vertreters des Arbeitsmarktservice aufwirft, ist sie darauf zu verweisen, dass (angebliche) Verfahrensmängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die bereits vom Berufungsgericht verneint wurden, nicht erneut in der Revision gerügt werden können (Kodek in Rechberger, ZPO³ § 503 Z 9 mwN ua). Die diesbezüglichen Erörterungen der Revisionswerberin sind daher ebenfalls nicht geeignet, das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage des Verfahrensrechts iSd § 502 Abs 1 ZPO darzutun. Mängel des Berufungsverfahrens, die eine erhebliche Rechtsfrage begründen, liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Stichworte