OGH 6Ob41/11i

OGH6Ob41/11i14.4.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. K***** GmbH, *****, 2. Dr. P***** S***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K*****, beide vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Gregor Berchtold und Dr. Ralf Geymayer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Zahlung, Feststellung und Unterlassung sowie Abgabe von Willenserklärungen (Gesamtstreitwert 750.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. Dezember 2010, AZ 41 R 228/09x, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die K***** GmbH und die K***** GmbH und Co KG nahmen mit Mietvertrag vom 31. 7. 1989 von der Beklagten in der S***** ein Geschäftslokal auf unbestimmte Zeit in Bestand. Die Erstklägerin ist Universalrechtsnachfolgerin der K***** GmbH und Co KG, die dort ein Bekleidungshandelsgeschäft betreibt. Der Zweitkläger ist Masseverwalter im Konkurs der K***** GmbH. Im Sideletter vom 26. 6. 1989 findet sich eine Konkurrenzklausel. Sowohl der Geschäftsführer der beklagten Partei als auch die Geschäftsführer der Bestandnehmer verstanden diese Klausel in dem Sinn, dass die Beklagte Betriebsflächen von mehr als 500 m² für den bezeichneten Geschäftszweck nicht ohne Zustimmung der Bestandnehmer vergeben darf. Am 7. 5. 1997 vereinbarten die Parteien des Bestandsvertrags als Nachtrag, dass „mit dem Mieter zeitgerecht das Einvernehmen hergestellt werden muss, wenn im S***** Betriebsflächen von mehr als 500 m² für Herrenoberbekleidung und/oder Damenoberbekleidung und/oder Kinderoberbekleidung zur Vergabe gelangen sollen“. Der Geschäftsführer der Erstklägerin wies die Geschäftsführer der Beklagten bereits im Jahr 2003 darauf hin, dass K***** auf den Konkurrenzschutz bestehe. Dennoch gab die Beklagte ohne Zustimmung der Kläger Geschäftsflächen von mehr als 500 m² an die Textilhandelsketten F***** und N***** in Bestand.

Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Feststellungsbegehren hinsichtlich der Haftung für zukünftige Schäden, dem Unterlassungsbegehren, Begehren auf Abgabe von Willenserklärungen und dem Feststellungsbegehren betreffend die Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung der Kläger statt. Die Organe der Beklagten hätten sich zumindest fahrlässig über die Konkurrenzschutzklausel hinweggesetzt. Eine gesonderte Kündigung der Konkurrenschutzklausel bei gleichzeitigem Fortbestehen des Bestandvertrags, dessen Bestandteil sie bilde, sei rechtlich nicht möglich.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Die strittige Klausel sei ergänzend und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den im Mietvertrag ausgeschlossenen Konkurrenzschutz vereinbart worden. Eine „partielle“ Kündigung sei rechtlich nicht möglich und daher unwirksam. Der Zweitkläger sei nach wie vor Bestandnehmer des Mietvertrags; auch wenn die K***** GmbH in Konkurs verfallen sei und das Unternehmen derzeit nur von der Erstklägerin geführt werde, beschränke dies nicht die Rechte des Zweitklägers auf Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Frage, wie eine Vertragsklausel verstanden wurde, die Beweiswürdigung betreffe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig.

1. Der Umstand allein, dass die zu lösende Frage in einer Vielzahl von Fällen auftritt, bewirkt nicht deren Erheblichkeit iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042816).

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es sich bei dem vereinbarten Konkurrenzschutz um eine vertragliche Nebenpflicht handle, ist nicht zu beanstanden (vgl 1 Ob 113/02v). Nach dem Zweck der Klausel kann diese im redlichen Geschäftsverkehr nur dahin verstanden werden, dass dieser Schutz grundsätzlich für die gesamte Dauer des Bestandvertrags Gültigkeit haben soll. Eine gesonderte Kündigung der Konkurrenzklausel ist demnach - auch bei Deutung der Klausel als selbständige Nebenpflicht - nicht zulässig.

3. Die Revisionsausführungen, die nähere Feststellungen zur Frage des Verschuldens vermissen, orientieren sich nicht am festgestellten Sachverhalt. Demnach wurde die beklagte Partei im Jahr 2003 ausdrücklich auf den bestehenden Konkurrenzschutz hingewiesen und hat dennoch Bestandverträge mit anderen Textilhandelsketten abgeschlossen. Die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB greift nach ständiger Rechtsprechung auch bei der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten (RIS-Justiz RS0026236). Den ihr obliegenden Entlastungsbeweis hat die beklagte Partei nicht erbracht.

4. Auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach auch dem Zweitkläger ein Feststellungsinteresse zukommt, ist nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, dass dieser nach wie vor Bestandnehmer des entsprechenden Mietvertrags ist, liegt ein rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO schon bei einer Gefährdung der Rechtssphäre des Klägers vor. Eine derartige Gefährdung kann schon darin gelegen sein, dass der Beklagte den klägerischen Anspruch verneint (RIS-Justiz RS0039007).

5. Ist eine abschließende Sacherledigung ohne Berufungsverhandlung möglich, stellt es keinen Verfahrensmangel dar, über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (RIS-Justiz RS0125957). Soweit die Revisionswerberin dem Berufungsgericht vorwirft, die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils übernommen und deshalb zu Unrecht von der Vereinbarung einer Konkurrenzschutzklausel ausgegangen zu sein, bekämpft sie in Wahrheit die Beweiswürdigung und die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts, was im Revisionsverfahren nicht zulässig ist (1 Ob 111/10w). Im Übrigen kann aus den Feststellungen im „D*****-Verfahren“ für den vorliegenden Fall schon deshalb nichts gewonnen werden, weil trotz identen Wortlauts der Klausel möglich ist, dass der - insoweit maßgebliche - Wille der Vertragsparteien in eine andere Richtung ging (vgl zB RIS-Justiz RS0017915, RS0113932).

6. Entgegen den Revisionsausführungen hat sich das Berufungsgericht ausreichend mit der Beweisrüge befasst. Dass es dabei von der Möglichkeit einer verkürzten Begründung gemäß § 500a ZPO Gebrauch machte, ist nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0123827, RS0122301). Die behauptete Aktenwidrigkeit bekämpft in Wahrheit die nicht revisible Beweiswürdigung der Vorinstanzen (RIS-Justiz RS0043383, RS0117019).

7. Damit gelingt es der Revisionswerberin nicht, Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität aufzuzeigen, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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