Spruch:
Der Antrag des Klägers, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der §§ 205 Abs 4 ASVG sowie 148i und 148j BSVG wegen Verfassungswidrigkeit zu beantragen, wird zurückgewiesen.
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 20. 1. 1999 sprach die beklagte Partei aus, dass dem Kläger für die Folgen der von ihm als selbständig erwerbstätiger Säger am 3. 10. 1983 und am 4. 4. 1997 erlittenen Arbeitsunfälle ab 1. 2. 1999 eine Gesamtrente als Dauerrente im Ausmaß von 20 vH der Vollrente gebührt.
Aufgrund eines vor dem Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht am 28. 5. 2008 abgeschlossenen Vergleichs, AZ 11 Cgs 14/08a, gewährte die Sozialversicherungsanstalt der Bauern dem Kläger für die Folgen eines Arbeitsunfalls vom 7. 11. 2006 ab 7. 11. 2007 eine Betriebsrente im Ausmaß von 30 vH der Vollrente.
Die beklagte Partei erhöhte daraufhin mit Bescheid vom 4. 2. 2009 die dem Kläger für die Folgen der beiden Arbeitsunfälle vom 3. 10. 1983 und 4. 4. 1997 zuerkannte Gesamtrente als Dauerrente von 20 vH der Vollrente ab 7. 11. 2007 auf 20 vH der Vollrente zuzüglich Zusatzrente, weil beim Kläger eine Schwerversehrtheit iSd § 205 Abs 4 ASVG vorliege.
Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 2. 6. 2009 wurde dem Kläger ab 1. 5. 2009 eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer zuerkannt.
Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 16. 6. 2009 wurde ausgesprochen, dass die für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 7. 11. 2006 im Ausmaß von 30 vH der Vollrente gewährte Betriebsrente gemäß § 148i Abs 1 BSVG mit 1. 5. 2009 wegfalle und dem Kläger gemäß § 148j Abs 2 und 3 sowie § 299 Abs 5 BSVG anstelle der weggefallenen Betriebsrente eine Abfindung im Betrag von 26.863,30 EUR gebühre. Der Kläger erhielt in der Folge diesen Abfindungsbetrag ausbezahlt.
Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 17. 3. 2010 setzte die beklagte Partei die dem Kläger für die Folgen der Versicherungsfälle vom 3. 10. 1983 und 4. 4. 1997 zuerkannte Gesamtrente als Dauerrente von 20 vH der Vollrente zuzüglich Zusatzrente ab 1. 4. 2010 auf eine Gesamtrente als Dauerrente von 20 vH der Vollrente herab. Die beklagte Partei begründete den Wegfall der Zusatzrente damit, dass der Kläger nach dem Wegfall der nach dem Versicherungsfall vom 7. 11. 2006 zuerkannten Betriebsrente nicht mehr als Schwerversehrter iSd § 205 Abs 4 ASVG anzusehen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren, ihm die für die Versicherungsfälle vom 3. 10. 1983 und 4. 4. 1997 zuerkannte Gesamtdauerrente von 20 vH der Vollrente zuzüglich der Zusatzrente im gesetzlichen Ausmaß über den 31. 3. 2010 hinaus weiter zu gewähren.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei in Wiederholung des durch die Klage außer Kraft getretenen Bescheids schuldig, dem Kläger aus Anlass der beiden Arbeitsunfälle vom 3. 10.1983 und 4. 4. 1997 ab 1. 4. 2010 eine Gesamtdauerrente in der Höhe von 20 vH der Vollrente im gesetzlichen Ausmaß weiterzugewähren. Das Mehrbegehren auf Gewährung der Zusatzrente im gesetzlichen Ausmaß über den 31. 3. 2010 hinaus wies es ab. In seiner rechtlichen Beurteilung des bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalts verwies das Erstgericht auf die Bestimmung des § 205 Abs 4 ASVG, wonach Versehrte, die Anspruch auf eine Versehrtenrente von mindestens 50 vH oder auf mehrere Versehrtenrenten nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz haben, deren Hundertsätze zusammen die Zahl 50 erreichen, als Schwerversehrte gelten. Das Gesetz stelle dabei ausschließlich auf den Bezug einer Rente und nicht auf den Grad der Schwerversehrtheit ab. Da der Kläger nach dem Wegfall der Betriebsrente nur noch eine Gesamtdauerrente in Höhe von 20 vH und keine darüber hinausgehenden Rentenleistungen beziehe, gelte er nicht mehr als Schwerversehrter iSd § 205 Abs 4 ASVG. Es stehe ihm daher auch keine Zusatzrente nach § 205a ASVG mehr zu.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Der Kläger habe nach dem Wegfall der Betriebsrente nur Anspruch auf eine Gesamtrente als Dauerrente im Ausmaß von 20 vH der Vollrente. Damit erfülle er nicht mehr die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Zusatzrente für Schwerversehrte gemäß § 205a ASVG. Gegen dieses Ergebnis bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof zur entscheidungswesentlichen Frage der Auslegung der Bestimmung des § 205 Abs 4 ASVG im Zusammenhang mit dem Wegfall einer Betriebsrente nach § 148i Abs 1 BSVG noch nicht Stellung genommen habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionswerber macht im Wesentlichen geltend, aus den Gesetzesmaterialien zur 22. BSVG-Novelle (RV 1236 BlgNR 20. GP 30 f) gehe hervor, dass der Wegfall der Betriebsrente nach § 148i Abs 1 BSVG nicht einem Erlöschen des Anspruchs auf Betriebsrente gleichzusetzen sei, weil an die Stelle der künftigen Betriebsrente der Kapitalbetrag trete. In den Erläuternden Bemerkungen werde auch eingeräumt, dass eine amtswegige Abfindung der Betriebsrente bei Schwerversehrten bedenklich sein und möglicherweise zu Ungleichbehandlungen führen könne. Es liege daher im Hinblick auf die Abfindung mit der Betriebsrente kein Erlöschen des Anspruchs, sondern nur ein Wechsel der Auszahlungsweise vor. Es sei nicht sachgerecht, eine wegen Pensionsgewährung weggefallene Betriebsrente nach dem BSVG nicht mehr in die Bemessung der Versehrtenrente nach § 205 Abs 4 ASVG einzubeziehen. Beim Kläger bestehe aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 7. 11. 2006 weiterhin eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vH und er habe weiterhin kapitalisiert abgegoltene Ansprüche aus den Folgen dieses Arbeitsunfalls. Außerdem würden nach § 148j BSVG Ansprüche auf Heilbehandlung und berufliche Rehabilitation, Ansprüche auf Versorgung mit Körperersatzstücken, orthopädischen Behelfen und anderen Hilfsmitteln sowie Ansprüche der Hinterbliebenen nicht berührt. Es gebühre ihm daher weiterhin die Zulage für Schwerversehrte gemäß § 205 Abs 4 ASVG. Im Hinblick auf die zitierten Gesetzesmaterialien sei eine verfassungsrechtliche Überprüfung der maßgebenden Bestimmungen des § 205 Abs 4 ASVG und der §§ 148i und 148j BSVG unbedingt erforderlich.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
1. Gemäß § 205 Abs 1 ASVG wird die Versehrtenrente nach dem Grade der durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit bemessen. Die Rente beträgt jährlich, solange der Versehrte infolge des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit 1. völlig erwerbsunfähig ist, 66 2/3 vH der Bemessungsgrundlage (Vollrente); 2. teilweise erwerbsunfähig ist, den Teil der Vollrente, der dem Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht (Teilrente). Versehrte, die Anspruch auf eine Versehrtenrente von mindestens 50 vH oder auf mehrere Versehrtenrenten nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz haben, deren Hundertsätze zusammen die Zahl 50 erreichen, gelten als Schwerversehrte (§ 205 Abs 4 ASVG).
1.1 Schwerversehrten iSd § 205 Abs 4 ASVG gebührt gemäß § 205a Abs 1 ASVG eine Zusatzrente 1. bei einer unter 70 % verminderten Erwerbsfähigkeit in der Höhe von 20 %, 2. bei einer um zumindest 70 % verminderten Erwerbsfähigkeit in der Höhe von 50 % ihrer Versehrtenrente oder der Summe ihrer Versehrtenrente. Auf die Zusatzrente sind die Bestimmungen über die Versehrtenrenten entsprechend anzuwenden (§ 205a Abs 2 ASVG). Diese Zulagenkonstruktion für Schwerversehrte wurde vom Gesetzgeber gewählt, um Schwerversehrten höhere Renten sichern zu können, ohne die Berechnungsregel für die Teilrente in komplizierter Weise ändern zu müssen. Die Schwerversehrtenzulage ist aber in rechtlicher Hinsicht wie die Versehrtenrente zu behandeln (10 ObS 203/92 = SSV-NF 6/93 mwN).
1.2 Die Versehrtenrente kann gemäß § 209 ASVG als vorläufige Versehrtenrente oder als Dauerrente gewährt werden. Die befristete vorläufige Rente kann zur Verwaltungsvereinfachung auch in Form einer einmaligen Zahlung, der sogenannten Gesamtvergütung (§ 209 Abs 2 ASVG) flüssig gemacht werden. Dauern die Unfallfolgen über den abgefundenen Zeitraum hinaus an, ist auf Antrag eine weitere Versehrtenrente zu gewähren (§ 209 Abs 2 ASVG).
1.3 Versehrtenrenten von nicht mehr als 25 vH der Vollrente können gemäß § 184 Abs 1 ASVG mit Zustimmung des Versehrten durch Gewährung eines dem Wert der Rente entsprechenden Kapitals abgefunden werden. Auf Antrag des Anspruchsberechtigten kann der Träger der Unfallversicherung auch eine Versehrtenrente von mehr als 25 vH der Vollrente ganz oder teilweise mit dem dem Wert der Rente oder des Rententeils entsprechenden Kapital abfinden, wenn die zweckmäßige Verwendung des Abfindungsbetrags gesichert ist (§ 184 Abs 2 erster Satz ASVG). Der Anspruch auf Rente besteht trotz der Abfindung, solange die Folgen des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit nachträglich eine wesentliche Verschlimmerung (§ 183 Abs 1 zweiter Satz ASVG) erfahren. Die neu zu bemessende Rente wird um den Betrag gekürzt, der dem Grad der der abgefundenen Rente zugrunde gelegten Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht (§ 184 Abs 3 ASVG). Durch die Abfindung werden Ansprüche auf Heilbehandlung und Berufsfürsorge, Ansprüche auf Versorgung mit Körperersatzstücken, orthopädischen Behelfen und anderen Hilfsmitteln, die Kinderzuschüsse und die Ansprüche der Hinterbliebenen nicht berührt (§ 184 Abs 4 ASVG). Das Abfindungskapital ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen (§ 184 Abs 5 ASVG).
1.4 Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei den Abfindungen von Versehrtenrenten nach den §§ 184 und 209 ASVG um ausnahmsweisen Ersatz für die primären laufenden Unterhaltsansprüche durch eine einmalige Geldleistung in der Höhe der kapitalisierten Rente (10 ObS 94/89 = SSV-NF 4/34). Bei der Gesamtvergütung (§ 209 Abs 2 ASVG) handelt es sich nicht um einen besonderen Leistungsanspruch, sondern nur um einen vom Versicherungsträger gewählten Auszahlungsmodus einer vorläufigen und befristet angenommenen Versehrtenrente (10 ObS 132/90 = SSV-NF 4/71).
2. Das Recht der bäuerlichen Unfallversicherung wurde mit der 22. Novelle zum BSVG, BGBl I 1998/140, für Versicherungsfälle, die ab dem 1. 1. 1999 eintreten, grundlegend neu geregelt. Als Leistung der Unfallversicherung wird demnach ua die Betriebsrente gewährt.
2.1 Auch die Betriebsrente wird nach dem Grad der durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit bemessen (§ 149e Abs 1 BSVG). Die Rente beträgt gemäß § 149e Abs 2 BSVG - ebenso wie die Versehrtenrente nach der Parallelbestimmung des § 205 Abs 2 ASVG - jährlich, solange der Versehrte infolge des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit 1. völlig erwerbsunfähig ist, 66 2/3 % der Bemessungsgrundlage (Vollrente), 2. teilweise erwerbsunfähig ist, den Teil der Vollrente, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht (Teilrente). Versehrte, die Anspruch auf eine Betriebsrente von mindestens 50 % oder auf mehrere Betriebsrenten oder Versehrtenrenten nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz haben, deren Prozentsätze zusammen die Zahl 50 erreichen, gelten als Schwerversehrte (§ 149e Abs 3 BSVG).
2.2 Schwerversehrten iSd § 149e Abs 3 BSVG gebührt gemäß § 149f Abs 1 BSVG idF BGBl I 2000/142 analog zu § 205a Abs 1 ASVG eine Zusatzrente 1. bei einer unter 70 % verminderten Erwerbsfähigkeit in der Höhe von 20 %, 2. bei einer um zumindest 70 % verminderten Erwerbsfähigkeit in der Höhe von 50 % ihrer Betriebsrente. Auch auf die Zusatzrente sind die Bestimmungen über die Betriebsrente entsprechend anzuwenden (§ 149f Abs 2 BSVG).
2.3 Die in der bäuerlichen Unfallversicherung gewährten Geldleistungen dienen teilweise anderen Zwecken als jene nach dem ASVG. Das BSVG verfolgt zwei Ziele: primär die Aufrechterhaltung des bäuerlichen Betriebs und erst sekundär die Sicherung eines gewissen Ausgleichs für das durch die Minderung der Erwerbsfähigkeit entfallende Erwerbseinkommen. Diese doppelte Zielsetzung wird vor allem bei der Betriebsrente deutlich sichtbar (Tomandl, Sozialrecht6 Rz 233).
2.4 Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 22. Novelle zum BSVG (1236 BlgNR 20. GP 30 f) wird in diesem Zusammenhang ua darauf hingewiesen, dass die anstelle der bisherigen Unfallrenten gewährten Betriebsrenten vor allem der Weiterführung des Betriebs dienen und einen echten Ausgleich für den unfallbedingten, auf Dauer eingetretenen Einkommensverlust bieten sollen. Diesem Ziel diene ua eine Konzentration der Betriebsrenten auf die aktiven Bauern und Bäuerinnen, indem bei bereits in Pensionsbezug stehenden Unfallopfern wegen des bereits vollzogenen Ausstiegs aus dem Erwerbsleben eine Betriebsrente nicht mehr anfalle und Betriebsrenten bei Pensionsanfall bzw Betriebsaufgabe durch Kapitalisierung abgelöst werden.
2.5 In diesem Sinne sieht § 148i Abs 1 BSVG in seinen seit Inkrafttreten dieser Bestimmung bereits mehrfach geänderten Fassungen als Grundsatz vor, dass Betriebsrenten, die als Dauerrenten festgestellt wurden, bei Pensionsanfall bzw Betriebsaufgabe wegfallen. Anstelle der weggefallenen Betriebsrente gebührt dem Versehrten gemäß § 148j Abs 2 BSVG eine Abfindung mit dem der Hälfte des Werts der Betriebsrente entsprechenden Kapital. Für die Ermittlung des Abfindungskapitals gilt § 184 Abs 5 ASVG (§ 148j Abs 3 BSVG). Auch § 148j Abs 4 und 5 BSVG enthalten entsprechende Parallelbestimmungen zu § 184 Abs 3 und 4 ASVG.
Es trifft zwar grundsätzlich zu, wie der Kläger geltend macht, dass dieser Wegfall der Betriebsrente nicht einem Erlöschen des Anspruchs gleichzusetzen ist, weil an die Stelle der künftigen Betriebsrente der Kapitalbetrag tritt. Die Leistung der kapitalisierten Einmalzahlung beendet aber jedenfalls den laufenden Leistungsbezug des Versehrten aus der Unfallversicherung und es ist somit in diesem Fall mit dem Wegfall der Betriebsrente auch der Anspruch auf diese Leistung untergegangen.
2.6 Von dieser verpflichtenden Abfindung des Rentenbezugs bei Betriebsaufgabe oder Pensionsanfall gemäß § 148j Abs 2 BSVG unterscheidet sich die nur mit Zustimmung des Versehrten mögliche (freiwillige) Abfindung der Betriebsrente nach § 148j Abs 1 BSVG. Nach dieser durch das SRÄG 2005, BGBl I 2005/71, neu gefassten Bestimmung können Betriebsrenten mit Zustimmung des Versehrten durch Gewährung eines der Hälfte des Werts der Rente entsprechenden Kapitals ganz oder teilweise abgefunden werden. Nach erfolgter Abfindung wird die Betriebsrente im halben Ausmaß bis zum Wegfall nach § 148i Abs 1 erster Satz BSVG weitergewährt. Für den Fall einer freiwilligen Abfindung der Betriebsrente nach § 148j Abs 1 BSVG hat der Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt, dass bei der Beurteilung einer Schwerversehrtheit (§ 149e Abs 3 BSVG) das Ausmaß der Betriebsrente zum Zeitpunkt der Abfindung zu berücksichtigen ist. Es sind somit bei einer freiwilligen Abfindung der Betriebsrente nach § 148j Abs 1 BSVG bei der Beurteilung der Schwerversehrteneigenschaft auch abgefundene Renten bzw Rententeile zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Bestimmung des § 148j Abs 4 BSVG zu verweisen, wonach der Anspruch auf Rente trotz der (freiwilligen) Abfindung gemäß Abs 1 besteht, solange die Folgen des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit nachträglich eine wesentliche Verschlimmerung (§ 148h Abs 1 zweiter Satz BSVG) erfahren. Eine vergleichbare Regelung hat der Gesetzgeber für den im gegenständlichen Verfahren zu beurteilenden Fall einer verpflichtenden Abfindung des Rentenbezugs bei Pensionsanfall gemäß § 148j Abs 2 BSVG hingegen nicht vorgesehen.
2.7 Daraus ist zweifellos der Schluss zu ziehen, dass sich der Gesetzgeber der Problematik der Abfindung von Betriebsrenten bei der Beurteilung der Schwerversehrteneigenschaft sehr wohl bewusst war. Er wollte aber ganz offenbar die Berücksichtigung abgefundener Betriebsrenten bzw Rententeile bei der Beurteilung der Schwerversehrteneigenschaft nur bei einer (freiwilligen) Abfindung von Renten nach § 148j Abs 1 BSVG normieren, bei der Rententeile auch nach der Zahlung der Abfindung weitergewährt werden und bei der im Fall einer wesentlichen Verschlimmerung der Folgen des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit ein Wiederaufleben des Anspruchs auf Betriebsrente vorgesehen ist, während bei der verpflichtenden Abfindung des Rentenbezugs bei Betriebsaufgabe oder Pensionsanfall gemäß § 148j Abs 2 BSVG der laufende Rentenbezug durch die Leistung einer kapitalisierten Einmalzahlung jedenfalls beendet wird.
3. Unter Berücksichtigung dieser zu der vergleichbaren Rechtslage nach dem BSVG dargelegten Erwägungen schließt sich der erkennende Senat der am Gesetzeswortlaut orientierten Auslegung des § 205 Abs 4 ASVG durch das Berufungsgericht an, wonach die Eigenschaft als Schwerversehrter und die damit verbundene Gewährung einer Zusatzrente nach § 205a ASVG einen weiterhin bestehenden Anspruch auf eine Versehrtenrente von mindestens 50 vH oder auf mehrere Versehrtenrenten, deren Hundertsätze zusammen die Zahl 50 erreichen, voraussetzt. Soweit der Kläger darauf verweist, dass bei ihm weiterhin die festgestellte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vH der Vollrente aus dem Arbeitsunfall vom 7. 11. 2006 bestehe, ist dem entgegenzuhalten, dass die Schwerversehrteneigenschaft nicht allein auf den festgestellten Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versehrten, sondern auf einen Anspruch des Versehrten auf eine entsprechende Versehrtenrente abstellt. Gegen dieses Ergebnis bestehen auch unter Berücksichtigung der Revisionsausführungen des Klägers keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Regelung im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt. Der Oberste Gerichtshof sieht sich somit zu der vom Kläger beantragten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst. Da der Kläger die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nur anregen kann, war sein diesbezüglicher Antrag zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0054189 ua). Die Revision musste somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
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