OGH 8Ob146/09t

OGH8Ob146/09t18.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache des S***** W*****, über den Rekurs des Schuldners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. September 2009, GZ 47 R 467/09p-20, womit über Rekurs der Gläubigerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 13. Juli 2009, GZ 13 S 32/08y-17, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Der Schuldner beantragte am 14. 7. 2008 die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens und die Annahme eines Zahlungsplans. Er bezifferte die Summe der Verbindlichkeiten mit 34.797,53 EUR und bot eine Quote von 36,21 %, zahlbar in 84 gleich großen Raten zu je 150 EUR. Unter anderem gab der Schuldner drei Forderungen der Gläubigerin Republik Österreich (Einbringungsstelle beim OLG Wien) in Höhe von 8.856,26 EUR, 351,54 EUR und 462,50 EUR an. Sein monatliches Nettoeinkommen betrage 899,59 EUR, davon seien monatliche Ausgaben von 761 EUR zu zahlen. Der monatlich pfändbare Betrag belaufe sich auf 107,10 EUR.

Das Erstgericht eröffnete mit Beschluss vom 2. 9. 2008 das Verfahren, beraumte die Gläubigerversammlung und die Prüfungstagsatzung auf den 10. 12. 2008 an und setzte die Frist zur Forderungsanmeldung mit 20. 11. 2008 fest. Innerhalb dieser Frist langte eine Forderungsanmeldung der Republik Österreich, Einbringungsstelle, über 462,50 EUR sowie die einer weiteren Gläubigerin in Höhe von 1.295,58 EUR beim Erstgericht ein. Diese Forderungen wurden anerkannt. Der Schuldner verbesserte in der Tagsatzung am 10. 12. 2008 den Zahlungsplan auf eine Quote von 100 %, zahlbar bis 31. 12. 2008 mittels Einmalzahlung über Fremdfinanzierung. Das Erstgericht bestätigte den Zahlungsplan mit Beschluss vom 11. 12. 2008 und hob das Schuldenregulierungsverfahren gemäß § 196 KO „per 30. 12. 2008“ auf.

Am 5. 3. 2009 beantragte die Gläubigerin die Beschlussfassung gemäß § 197 Abs 2 KO über eine nach ihrer Behauptung angemeldete aber nicht berücksichtigte Forderung von 9.100,26 EUR aus dem Titel der Rückforderung gewährter Unterhaltsvorschüsse. Zur Hereinbringung dieser vollstreckbaren Forderung sei mit einem Beschluss des Berzirksgerichts Hernals vom 28. 5. 2008 die Exekution bewilligt worden.

Der Schuldner sprach sich gegen diesen Antrag aus. Die Frist des Zahlungsplans, den er fristgerecht erfüllt habe, sei am 31. 12. 2008 abgelaufen.

Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Die von der Gläubigerin behauptete Forderungsanmeldung sei nie bei Gericht eingelangt. Der von den Gläubigern am 10. 12. 2008 angenommene Zahlungsplan, dessen Frist mit 31. 12. 2008 begrenzt war, sei am 13. 12. 2008 vom Gemeinschuldner erfüllt worden. Ein Antrag gemäß § 197 Abs 2 KO könne nur innerhalb der Laufzeit des Zahlungsplans gestellt werden; der Antrag sei daher unzulässig.

Das Rekursgericht hob den angefochtenen Beschluss über einen Rekurs der Gläubigerin auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Die Verpflichtung des Schuldners, ein das Existenzminimum übersteigendes Einkommen für ihm bekannte Gläubiger zur Verfügung zu halten, die ohne sein Verschulden ihre Forderung nicht zur Abstimmung über den Zahlungsplan angemeldet hätten, ende in der Regel mit der im Zahlungsplan festgelegten Frist. Dies sei bei extrem kurzer Laufzeit des Zahlungsplans wie hier nicht sachgerecht. Eine Antragstellung durch einen Gläubiger sei daher innerhalb der in § 194 Abs 1 KO genannten Zahlungsfrist von sieben Jahren zulässig, sodass der Antrag der Konkursgläubigerin nicht verspätet sei. Das Erstgericht werde bei seiner neuerlich zu treffenden Entscheidung auf die Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners im Zeitpunkt des Fristablaufs des Zahlungsplans, im konkreten Fall daher auf Dezember 2008 abzustellen und diese zu erheben haben.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob nach Ablauf der Zahlungsfrist des Zahlungsplans eine Antragstellung gemäß § 197 Abs 2 KO zulässig sei.

Mit seinem gegen diesen Beschluss erhobenen Revisionsrekurs strebt der Gemeinschuldner die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses an.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

I. Auf den vorliegenden Sachverhalt sind materiell noch die Bestimmungen der KO vor Inkrafttreten des IRÄG 2010 BGBl I 2010/29 anzuwenden (§ 273 Abs 1 IO).

II. § 197 KO wurde mit der KO-Novelle 1993, BGBl 1993/974, als Teil der neuen Sonderbestimmungen für natürliche Personen (§§ 181 - 216 KO, „Privatkonkurs“) geschaffen. Mit dieser Novelle beabsichtigte der Gesetzgeber, auch Nichtunternehmern die Chance für einen Neuanfang zu geben, wozu er auch Beeinträchtigungen der Gläubiger in Kauf nahm (Konecny, Restschuldbefreiung bei insolventen natürlichen Personen, ÖBA 1994, 911).

Neben der weiter bestehenden Möglichkeit des Ausgleichs sah der Gesetzgeber die Restschuldbefreiung auf hintereinander folgenden Wegen vor (ErlRV 1218 BlgNR 18. GP, 13): Scheitert ein außergerichtlicher Ausgleich des Schuldners und gelingt auch kein Zwangsausgleich im Rahmen eines Konkursverfahrens, so ist das Vermögen des Schuldners zu verwerten. Erst nach der Verwertung seines Vermögens hat der Schuldner die Möglichkeit, den Gläubigern einen Zahlungsplan anzubieten. Der Zahlungsplan ist seinem Wesen nach ein Zwangsausgleich (künftig: Sanierungsplan) mit Besonderheiten. Für ihn gelten daher gemäß § 193 Abs 1 KO grundsätzlich die Bestimmungen für den Zwangsausgleich. Von diesem unterscheidet er sich vor allem dadurch, dass keine Mindestquote erforderlich ist und die Zahlungsfrist bis zu sieben Jahren dauern darf. Der Schuldner hat den Gläubigern ohne Rücksicht auf die Erlöse der schon durchgeführten Vermögensverwertung (§ 193 Abs 2 KO) eine Quote anzubieten, die seiner Einkommenslage in den folgenden fünf Jahren entspricht. Gelingt es dem Schuldner, den angenommenen und gerichtlich bestätigten Zahlungsplan zu erfüllen, so ist er - abgesehen von Forderungen, die nur aus seinem Verschulden unberücksichtigt blieben (§ 197 Abs 1 Satz 2 iVm § 156 Abs 6 KO) - von allen Verbindlichkeiten befreit. Die die Quote übersteigenden Forderungsteile bleiben lediglich als Naturalobligation weiter bestehen (Kodek, Privatkonkurs Rz 414 mwH in FN 224).

II.1 Gemäß § 197 KO (seit der InsNov 2002, BGBl I 2002/75: § 197 Abs 1 KO und nunmehr im Wesentlichen § 197 Abs 1 IO) haben Konkursgläubiger, die ihre Forderungen bei Abstimmung über den Zahlungsplan nicht angemeldet haben, Anspruch auf die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote nur insoweit, als diese der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. § 156 Abs 6 KO (nunmehr § 156 Abs 4 IO) bleibt unberührt. Auch die Bestimmung des § 197 KO weicht vom sonstigen Zwangsausgleichsrecht ab und ist nach ihrer Intention im Stadium der Erfüllung des Ausgleichs von Bedeutung. Während der Zwangsausgleich grundsätzlich gegenüber allen - auch den nicht anmeldenden - Gläubigern wirkt (§ 53 Abs 1 AO; vgl nunmehr § 156 IO), sieht § 197 Abs 1 KO eine Einschränkung der Leistungspflicht des Schuldners gegenüber Gläubigern vor, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben (8 Ob 69/03k).

§ 197 Abs 1 KO verfolgt den Zweck, die Erfüllung eines Zahlungsplans nicht daran scheitern zu lassen, dass der Schuldner Konkursgläubigern, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, die gesamte Quote zahlen muss (ErlRV 1218 BlgNR 18. GP, 25; 8 Ob 117/06y). Der Schuldner, der sich ohnehin schon bis zum Existenzminimum (3 Ob 232/00i) anspannen muss, um eine Zustimmung der Gläubiger zum Zahlungsplan zu erhalten, soll nicht gezwungen werden, unpfändbare Teile seines Einkommens anzugreifen, um ein Scheitern des Zahlungsplans zu verhindern (8 Ob 290/00f). Während daher die Unterlassung einer Forderungsanmeldung im (Zwangs-)ausgleich nicht zum Verlust derselben führt (SZ 61/244), kann einem säumigen Gläubiger im Fall eines Zahlungsplans durchaus der Verlust der Forderung drohen (8 Ob 45/08p; Lovrek in Konecny/Schubert, KO § 156 Rz 23; Konecny aaO 918).

II.2 Konecny (aaO 918) kritisierte § 197 KO vor allem deshalb, weil es sachlich nicht zu rechtfertigen sei, dass untätig bleibende Gläubiger den völligen Verlust ihrer Forderung riskierten. Dem hielt Mohr (in Konecny/Schubert, KO § 197 Rz 1) insbesondere entgegen, dass der Zahlungsplan anders als der Zwangsausgleich die vorhergehende Verwertung des Vermögens des Schuldners voraussetze. § 197 KO sei daher sachgerecht. Auch Kodek (Privatkonkurs Rz 436) erachtet § 197 KO als sachgerecht, weil diese Bestimmung der sich für den Schuldner aus dem Unterbleiben der Anmeldung ergebenden Zwangslage Rechnung trägt.

II.3 Mit der InsNov 2002 wurden dem sonst unverändert bleibenden § 197 KO die Absätze 2 und 3 hinzugefügt (nunmehr im Wesentlichen § 197 Abs 2 und 3 IO). Die Novelle verschärfte die Nachteile für Gläubiger, die ihre Konkursforderungen nicht anmelden (Mohr, Neuerungen im Privatkonkurs, ecolex 2002, 802). Der Gesetzgeber erkannte als Problem, dass Konkursgläubiger, die - wie auch die Gläubigerin im konkreten Fall - bereits über einen Exekutionstitel verfügen, ihre Forderungen nicht anmelden (so schon Kodek, Verfahrensrechtliche Fragen der Berücksichtigung nicht angemeldeter Forderungen im Zahlungsplan - § 197 KO, ZIK 2001, 8). Sie hätten dazu keinen Grund, weil sie nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses Exekution führen könnten. Es liege am Schuldner, mit Oppositionsklage geltend zu machen, dass die Leistung der Zahlungsplanquote nicht seiner Einkommens- und Vermögenslage entspreche (vgl 3 Ob 232/00i). Dies biete dem Schuldner jedoch nicht ausreichend Schutz, weil er nach exekutivem Zugriff auf sein Arbeitseinkommen nicht mehr über die pfändbaren Bezüge verfüge, um die Zahlungsplanraten zu zahlen (ErlRV 988 BlgNR 21. GP, 38).

§ 197 Abs 3 KO legt daher fest, dass ein Gläubiger, der seine Forderung nicht angemeldet hat, Exekution nur nach Maßgabe eines Beschlusses gemäß § 197 Abs 2 KO führen kann. § 197 Abs 2 KO bestimmt, dass das Konkursgericht auf Antrag vorläufig (§ 66 AO, vgl nunmehr § 156b IO) zu entscheiden hat, ob die zu zahlende Quote der nachträglich hervorgekommenen Forderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. Der eine Provisorialentscheidung (8 Ob 117/06y) darstellende Beschluss des Konkursgerichts hat - über Antrag des Schuldners oder des betroffenen Gläubigers - jenen Betrag festzulegen, den der Schuldner nach den Kriterien des § 197 Abs 2 KO zu zahlen hat. Bei der Bemessung dieses Betrags ist zu beachten, dass dem Schuldner das Existenzminimum zu verbleiben hat (3 Ob 232/00i). Als „Faustregel“ gilt, dass ein nicht anmeldender Gläubiger keinen Anspruch auf die Quote hat, wenn der Schuldner den unpfändbaren Teil seiner Bezüge angreifen müsste (Lovrek aaO § 156 Rz 23).

III. Der vorliegende Fall weicht infolge der Vereinbarung einer Einmalzahlung innerhalb einer extrem kurzen Zahlungsfrist von weniger als einem Monat vom Regelfall eines (Zwangs-)ausgleichs (vgl zB den zu 3 Ob 232/00i entschiedenen Sachverhalt) deutlich ab (Kodek, Privatkonkurs Rz 438, bezeichnet ihn als Extremfall). Dazu kommt, dass eine Quote von 100 % vereinbart wurde und daher - auch hier vom Regelfall abweichend - gerade kein Schuldennachlass, in dessen Genuss der Schuldner nach Erfüllung des Zahlungsplans käme.

Die Gläubigerin hat ihre Forderung nicht (auch nicht verspätet, vgl 8 Ob 45/08a) angemeldet. § 197 KO geht nun gerade vom Fall der Nichtanmeldung der Forderung aus (8 Ob 250/00y). Dass die Forderung im nach Verbesserung angenommenen und bestätigten Zahlungsplan nicht berücksichtigt wurde, spielt daher keine Rolle. Überdies sind allfällige Mängel des Zahlungsplans durch dessen rechtskräftige Bestätigung geheilt (RIS-Justiz RS0114816).

IV. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass der Antrag nach § 197 Abs 2 KO auch noch nach Ablauf der Zahlungsfrist und Erfüllung des Zahlungsplans zulässig ist, ist zutreffend. Eine Beschlussfassung nach § 197 Abs 2 KO kann auch nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans und Aufhebung des Konkursverfahrens beantragt werden (8 Ob 45/08p). Der Oberste Gerichtshof hat darüber hinaus bereits ausgesprochen, dass eine Antragstellung nach § 66 AO selbst nach Ablauf der Erfüllungsfrist für den Zwangsausgleich bis zur Befriedigung dieser Forderung noch möglich ist (8 Ob 132/01x = SZ 74/172).

In dem zu 8 Ob 132/01x entschiedenen Sachverhalt erfolgte die Geltendmachung einer Forderung rund viereinhalb Jahre nach Bestätigung und Erfüllung eines Zwangsausgleichs (sowie Aufhebung des Konkurses). Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass sich die Bestimmungen über das Wiederaufleben auf angemeldete wie auf nicht angemeldete Forderungen beziehen, sodass auch im gleichen Umfang für den Schuldner die Möglichkeit gegeben sein müsse, das Wiederaufleben durch eine Antragstellung nach § 66 AO zu verhindern. Sowohl angemeldete wie nicht angemeldete Forderungen könnten nur innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist geltend gemacht werden, sodass in diesem Umfang auch die Antragstellung gemäß § 66 AO möglich sein müsse.

IV.1 Auch für eine Antragstellung gemäß § 197 Abs 2 KO sieht das Gesetz keine Frist vor. Ein zeitlicher Konnex zum Abschluss des Zahlungsplans ist grundsätzlich nicht erforderlich (Kodek, Privatkonkurs Rz 495; Fink, Der Privatkonkurs nach der Insolvenzrechtsnovelle 2002, ÖJZ 2003/11, 209 FN 102; erkennbar auch Mohr in Konecny/Schubert, KO § 197 Rz 4 aE). Eine Verjährung der geltend gemachten Judikatsschuld ergibt sich hier weder aus dem Vorbringen der Gläubigerin noch aus dem sonstigen Akteninhalt.

Auch nach der InsNov 2002 hat nämlich § 197 KO gerade nicht den Zweck des völligen Forderungsverlusts des Gläubigers (zum Zweck des § 197 KO vgl 8 Ob 117/06y; Fink aaO 209; Mohr, Insolvenzrecht 2002, 105 ff; Mohr, Aktuelles zum Privatkonkurs, in FS Hopf [2007], 159). Schon nach seinem Wortlaut berührt § 197 Abs 1 KO nicht die Forderung des nicht anmeldenden Gläubigers als solche. Ausdrücklich gesteht diese Bestimmung dem Gläubiger einen Anspruch auf die Quote dem Grunde nach zu. Sie schränkt in der Regel - je nach Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners - nur diesen Anspruch des Gläubigers ein. Nur über diese Einschränkung - nicht aber über den Bestand der Forderung an sich oder die Höhe der Quote - ist ein Beschluss nach § 197 Abs 2 KO zu fassen.

Dieser Beschluss kann sowohl im Interesse des Schuldners als auch des Gläubigers liegen: Erst nach Fassung eines Beschlusses gemäß § 197 Abs 2 KO weiß nämlich der Schuldner, ob er überhaupt etwas leisten muss (ErlRV 988 BlgNR 21. GP, 38). Umgekehrt kann der Gläubiger seine titulierte Forderung nur im Weg eines Beschlusses gemäß § 197 Abs 2 KO durchsetzen. Bereits ausgeführt wurde, dass der Schuldner mit Hilfe eines Antrags gemäß § 197 Abs 2 KO auch ein Wiederaufleben der Forderung gemäß § 156 Abs 4 KO (vgl nunmehr: § 156a IO) verhindern kann (8 Ob 117/06y). Daran besteht, wie sich aus 8 Ob 132/01x ergibt, grundsätzlich auch nach Ablauf der Frist zur Erfüllung des Zahlungsplans grundsätzlich ein Interesse, mag die Frage des Wiederauflebens im besonderen konkreten Fall auch keine Rolle spielen.

V. Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren über den Antrag der Gläubigerin inhaltlich zu entscheiden haben.

V.1 Gemäß § 197 Abs 2 KO hat das Gericht auszusprechen, ob und in welcher Höhe die nachträglich angemeldete Forderung vorläufig zu berücksichtigen ist (8 Ob 117/06y; Kodek Privatkonkurs Rz 441, 485). Bei der Beurteilung, ob die zu zahlende Quote den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners entspricht, geht es nicht um den Bestand der Forderung dem Grunde oder der Höhe nach an sich (die hier nach den Ausführungen im Rekurs im Übrigen gar nicht strittig ist). Das Konkursgericht hat vielmehr festzustellen, inwieweit der Schuldner aufgrund seiner konkreten Einkommens- und Vermögenslage imstande ist, die nachträglich geltend gemachte Forderung zu befriedigen (8 Ob 117/06y).

V.2 Wie schon ausgeführt, bezieht sich § 197 KO auf die Erfüllung des Zahlungsplans, nicht aber auf dessen Inhalt (so schon zur Rechtslage nach der KO-Nov 1993 Mohr in Konecny/Schubert, KO § 197 Rz 1). Das Konkursgericht hat daher bei seiner Entscheidung den vom Schuldner nach Verbesserung angebotenen, von den Gläubigern angenommenen und vom Gericht bestätigten Zahlungsplan zu beachten. Keinesfalls darf durch die Entscheidung gemäß § 197 Abs 2 KO gewissermaßen ein „neuer“ Zahlungsplan geschaffen werden. Dazu fehlen die gesetzlichen Grundlagen. Der Gesetzgeber hat überdies die Möglichkeit eines geänderten, neuen Zahlungsplans ausdrücklich geregelt. Ein solcher ist allerdings nur unter den (hier nicht zu behandelnden) Voraussetzungen des § 198 KO (nunmehr § 198 IO) zulässig (auch in diesem Punkt weichen die Regelungen des Zahlungsplans von jenen über den sonstigen Zwangsausgleich ab, Kodek Privatkonkurs Rz 446).

V.3 Da aber der Zahlungsplan im konkreten Fall bereits erfüllt ist, „verliert“ § 197 KO seinen „Hauptzweck“, nämlich, seine Erfüllung nicht scheitern zu lassen. Weil aber grundsätzlich die Regeln des Zwangsausgleichs zu beachten sind, verbleibt die Notwendigkeit, über die davon, wie ausgeführt, grundsätzlich ja nicht berührte Forderung der nicht anmeldenden Gläubigerin iSd § 197 Abs 2 und 3 KO aus den schon dargelegten Gründen eine Entscheidung zu treffen. Eine letztlich vollkommen befriedigende Lösung für die hier zu beurteilende Fallkonstellation ist aus dem Gesetz nicht zu gewinnen.

VI. Mohr (Insolvenzrecht 2002, 107) führt - für den hier nicht vorliegenden Regelfall - aus, dass die vorläufige Entscheidung gemäß § 197 Abs 2 KO den Zeitraum von der Fälligkeit der ersten Zahlungsplanrate bis zum Ende der Zahlungsfrist des Zahlungsplans zu umfassen habe (vgl dazu illustrativ den in 8 Ob 117/06y wiedergegebenen Beschluss des Erstgerichts). Für die Entscheidung sei die weitere Entwicklung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners von Bedeutung (Kodek, Privatkonkurs Rz 439). Es sei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, und überdies eine Prognose über die weitere Entwicklung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners anzustellen. In der Literatur wird dazu vorgeschlagen, entweder auf die Höchstdauer der gesetzlich vorgesehenen Zahlungsfrist von sieben Jahren (Kodek aaO Rz 438) oder auf eine „für die Bemessung maßgebende fiktive Dauer, ausgehend vom Einkommen und der Höhe der Quote“ einer Zahlungsfrist (Mohr, Aktuelles zum Privatkonkurs, in FS Hopf [2007], 157; derselbe, Privatkonkurs², 98) abzustellen.

VI.1 Der für die Entscheidung gemäß § 197 Abs 2 KO zu beachtende Zahlungsplan sieht im hier vorliegenden besonderen Fall eine Quote von 100 % bei einer sehr kurzen Zahlungsfrist (Einmalzahlung innerhalb von 21 Tagen) vor. Eine Veränderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners zu einem „späteren Zeitpunkt“ (außerhalb dieser sehr kurzen Zeitspanne) ist daher nicht denkbar, weil durch die Entscheidung kein „fiktiver Zahlungsplan“ geschaffen werden darf. Mohr (in Konecny/Schubert KO § 197 Rz 4 aE) will für den Fall, dass der Gläubiger die nach dem Zahlungsplan geschuldete Quote erst nach Ablauf der Frist des Zahlungsplans begehrt, auf die Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners im Zeitpunkt des Fristablaufs abstellen. Dieser - auch vom Rekursgericht geteilten - Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden:

VII. Der Beschluss gemäß § 197 Abs 2 KO soll wie ausgeführt nur eine vorläufige Regelung treffen. Die endgültige Entscheidung über die Voraussetzungen des § 197 Abs 1 KO erfolgt, wenn wie hier schon ein Exekutionstitel vorliegt, in einem Oppositions- oder Feststellungsverfahren (Kodek, Privatkonkurs Rz 442; Fink aaO 210). Durch die Entscheidung des Gerichts soll lediglich festgelegt werden, welche Zahlung der Schuldner auf die im Zahlungsplan vereinbarte Quote und unter Berücksichtigung der im Zahlungsplan festgelegten Fristen nach seiner Einkommens- und Vermögenslage leisten kann.

VII.1 Im hier zu beurteilenden Sonderfall, in dem die Frist des Zahlungsplans bereits abgelaufen ist, kann die Frage, ob der Schuldner in der Lage ist, aufgrund seiner konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse die nachträglich geltend gemachte Forderung der Gläubigerin zu befriedigen, sinnvoll nur aus der Sicht des Zeitpunkts der Entscheidung des Gerichts über den Antrag beurteilt werden.

Dies ergibt sich auch aus folgender Überlegung:

Die Entscheidung gemäß § 197 Abs 2 KO muss im Interesse sowohl des Gläubigers einer titulierten Forderung als auch des Schuldners derart gestaltet sein, dass ihre Durchsetzung gemäß § 197 Abs 3 KO realistisch ist. Insbesondere sollen ein nachfolgendes Oppositionsverfahren (ErlRV 988 BlgNR 21. GP, 38), aber auch willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte Ergebnisse nach Möglichkeit vermieden werden.

Stellte man nämlich für die Beurteilung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Erfüllungsfrist des Zahlungsplans ab, und liegt dieser Zeitpunkt schon weiter zurück (vgl zum Zwangsausgleich 8 Ob 132/01x), so wird in einem solchen Fall das Ergebnis der Beschlussfassung in der Regel kaum mit der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners übereinstimmen. Der Schuldner, der im Zeitpunkt der Beschlussfassung gemäß § 197 Abs 2 KO über kein Einkommen verfügt, könnte dennoch zur vorläufigen Zahlung der Quote verpflichtet werden, wenn er im Zeitpunkt der Erfüllung des Zahlungsplans über ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt hat (die wirtschaftliche Gesundung des Schuldners ist ja auch das Ziel des Zahlungsplans). Aber auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Ein Gläubiger ginge seiner Forderung im Ergebnis verlustig, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der Erfüllung des Zahlungsplans vermögens- und einkommenslos war, obwohl er im Zeitpunkt der Entscheidung gemäß § 197 Abs 2 KO durchaus in der Lage wäre, die Quote zu befriedigen.

VII.2 Eine Prognose über die Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ist für die Entscheidung gemäß § 197 Abs 2 KO im konkreten Fall, in dem nur eine einmalige vorläufige Zahlung festgesetzt werden kann, nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß anzustellen. Der Untersuchungsgrundsatz im Insolvenzverfahren (§ 254 Abs 5 IO, früher § 173 Abs 5 KO, ist gemäß § 273 Abs 8 IO im fortzusetzenden Verfahren anzuwenden) begründet keine uferlose Nachforschungspflicht (RIS-Justiz RS0120938; Deixler-Hübner in Konecny/Schubert, KO § 173 KO Rz 13). Beachtlich sind daher nur jene feststellbaren Änderungen in den Einkommens- oder Vermögensverhältnissen, die in naher Zukunft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten werden.

Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.

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