Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, über den Antrag unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.
Text
Begründung
Über das Vermögen der Antragstellerin wurde im Februar 1996 das Konkursverfahren eröffnet, das in einen am 8. Mai 1996 angenommenen und am 24. Mai 1996 bestätigten Zwangsausgleich mündete. Danach sollten die Gläubiger binnen 14 Tagen ab rechtskräftiger Bestätigung 20 % ihrer Forderung vom Masseverwalter erhalten. Das Konkursverfahren wurde dann mit Beschluss vom 27. Juni 1996 aufgehoben.
Mit Schreiben vom 13. 12. 2000 machte ein Gläubiger der früheren Gemeinschuldnerin geltend, dass er dieser am 1. Februar 1995 ein Darlehen in Höhe von S 800.000 zugezählt habe und dieses im Hinblick auf die Konkurseröffnung fällig gewesen sei. Diese nicht angemeldete Forderung sei vom Zwangsausgleich erfasst, weshalb der Betrag von 20 %, sohin 160.000 S samt Verzugszinsen und die Kosten des Schreibens des Einschreitens geltend gemacht würden. Dieser Betrag sei bei sonstigem Wiederaufleben der gesamten Darlehensforderung binnen zwei Wochen zu bezahlen.
Daraufhin stellte die frühere Gemeinschuldnerin am 28. 12. 2000 den Antrag auf Feststellung der Höhe der bestrittenen Forderung im Sinne des § 66 AO, um bis zur Beendigung eines allfälligen Rechtsstreites über diese Forderung die Säumnisfolgen und das Wiederaufleben der Forderung gemäß § 156 KO zu vermeiden. Sie stützte sich darauf, dass ihr dieses Darlehen gar nicht gewährt worden sei.
Das Erstgericht wies den Antrag zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass zwischen einem solchen Antrag und dem Konkursverfahren eine zeitliche Nähe gegeben sein müsse. Diese sei hier jedoch zu verneinen. Ein Antrag auf Feststellung könne nur solange gestellt werden, als zumindest die Erfüllung des Zwangsausgleiches noch nicht abgeschlossen sei.
Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es ging in seiner ausführlichen rechtlichen Begründung zusammengefasst davon aus, dass im Gesetz nicht eindeutig geregelt sei, bis zu welchem Zeitpunkt eine Antragstellung nach § 66 AO möglich wäre. Auch stellte es unter Analyse der verschiedenen bisher ergangenen Entscheidungen dar, dass zur Frage, ob auch eine erheblich nach Abschluss der Ausgleichserfüllung geltend gemachte Forderung den Schuldner zur Antragstellung berechtige, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Es schloss sich schließlich der Ansicht des Erstgerichtes an, wonach eine Entscheidung nach § 66 AO nicht mehr in Frage komme, wenn seit der Abwicklung im Sinne von "Erfüllung" des Ausgleichs eine "erhebliche Zeit" verstrichen sei. Der Zweck des § 66 AO liege darin, den antragstellenden Schuldner vor Verzugsfolgen zu bewahren und ihm die "ausgleichskonforme" Befriedigung strittiger Forderungen in der mutmaßlichen Höhe zu ermöglichen. Dies komme aber nach Abschluss des Ausgleichsvergleiches nicht mehr in Betracht. Andernfalls würde auch in zwei verschiedenen Verfahren, einerseits im provisorischen Verfahren nach § 66 AO und andererseits im Streitverfahren über die gleiche Forderung entschieden werden. Dem Charakter einer "Provisorialentscheidung" im Sinne des § 66 AO entspreche es, rasch eine vorläufige Rechtsklarheit zu schaffen, was hier nur vor Ausgleichserfüllung geboten sei. Daher bleibe dem Schuldner, wenn er nicht ein Wiederaufleben risikieren wolle, nichts anderes über, als die behauptete Forderung zunächst im Umfang der Ausgleichsquote zu befriedigen und eine sich aus der endgültigen Entscheidung allenfalls ergebende Überzahlung zurückzufordern.
Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig, da zur Frage der zeitlichen Begrenzung eines Antrages nach § 66 AO keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig und auch berechtigt.
Nach § 156 Abs 1 KO wird der Gemeinschuldner durch den rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleich nicht nur von den die Ausgleichsquote übersteigenden Verbindlichkeiten hinsichtlich jener Gläubiger, die am Konkursverfahren teilgenommen haben, sondern hinsichtlich aller Gläubiger befreit. Entsprechend Abs 4 dieser Bestimmung wird dieser Nachlass jedoch für die Forderungen jener Gläubiger hinfällig, gegenüber denen der Schuldner mit der Erfüllung des Ausgleichs in Verzug gerät. Dabei ist ein solcher Verzug aber erst dann anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens 14-tägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht gezahlt hat. Eine andere Regelung im Ausgleich ist zulässig, jedoch kann hinsichtlich des Erfordernisses der qualifizierten Mahnung nicht zum Nachteil des Schuldners von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden. Dann, wenn die Ausgleichsquote in Raten in einem ein Jahr übersteigenden Zeitraum zu erfüllen ist, ist ein Verzug überhaupt erst dann anzunehmen, wenn der Schuldner eine seit mindestens sechs Wochen fällige Verbindlichkeit trotz schriftlicher Mahnung in der vom Gläubiger zu bestimmenden mindestens 14-tägigen Nachfrist nicht gezahlt hat. Nach Abs 6 dieser Bestimmung können allerdings Gläubiger, deren Forderungen nur aus Verschulden des Gemeinschuldners im Ausgleich unberücksichtigt blieben, nach Aufhebung des Konkurses die Zahlung ihrer Forderung im vollen Betrag vom Gemeinschuldner verlangen.
Ferner ist zu beachten, dass auch die Bestimmung des § 66 AO im Zwangsausgleichsverfahren analog anzuwenden ist (vgl RIS-Justiz RS0008972 = SZ 65/150 mit ausführlicher Begründung). Danach ist dann, wenn bisher keine Entscheidung über die Höhe einer Forderung ergangen ist, unabhängig davon, ob das Verfahren nach der Bestätigung aufgehoben wurde oder nicht, auf Antrag des Schuldners oder Gläubigers die mutmaßliche Höhe der bestrittenen Forderungen oder des Ausfalls festzustellen. Die Verzugsfolgen im oben dargestellten Sinne können nicht eintreten, wenn der Schuldner bis zur endgültigen Feststellung der Höhe der Forderung diese in dem "provisorisch" festgestellten Umfange erfüllt. Nach der endgültigen Feststellung der Forderung ist dann das Fehlende nachzuzahlen bzw vom Gläubiger eine allfällige Überzahlung zurückzuleisten.
Geht man nun mit der bisherigen Rechtsprechung und der Lehre davon aus, dass sich die Bestimmungen über das Wiederaufleben der Forderungen auf nicht angemeldete Forderungen genauso wie auf angemeldete Forderungen beziehen (vgl in diesem Sinne insbesondere SZ 40/130; ZBl 1929, 286; SZ 40/130; Bartsch-Pollak II, 434 ff), so muss dies aber auch für die Möglichkeit dieses Wiederauflebens durch eine Antragstellung nach § 66 AO zu verhindern, im gleichen Umfange gelten (vgl auch Bartsch-Pollak II, 441). Kann doch der Schuldner nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass ein Gläubiger - auch ohne Verschulden des Schuldners (vgl dazu ohnehin die Wiederauflebenssanktion des § 156 Abs 6 KO) - seine Forderung nicht im Ausgleich anmeldet. Wird damit doch schon die Ermittlung einer der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners angemessenen Ausgleichsquote erschwert (vgl im Übrigen § 197 KO). Es besteht daher kein Anlass, jene Gläubiger gegenüber den anderen auch noch dadurch besser zu stellen, dass der Schuldner mangels Möglichkeit einer Antragstellung nach § 66 AO auch noch gezwungen wird, zur Vermeidung der Verzugsfolgen des § 156 Abs 4 KO selbst der Höhe nach strittige Forderungen vorweg im Umfang der Ausgleichsquote zur Gänze zu befriedigen.
Sowohl bei Anmeldung als auch bei Nichtanmeldung von Forderungen besteht die Möglichkeit, diese Forderungen innerhalb der Verjährungsfrist geltend zu machen. In diesem Umfang muss auch die Antragstellung nach § 66 AO als zulässig erachtet werden. Erst nach Befriedigung der Forderung kann auch von einer "Erfüllung" des Ausgleiches hinsichtlich dieser Forderung ausgegangen werden.
Insgesamt ist daher der Antrag der früheren Gemeinschuldnerin als zulässig zu erachten und daher den Vorinstanzen die Entscheidung in der Sache aufzutragen.
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