Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.064,78 EUR (darin enthalten 344,13 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin brachte vor, dass sie bis 31. 12. 2000 Arbeitnehmerin Dipl.-Ing. Josef K*****, des Alleingesellschafters und Geschäftsführers der K***** GmbH (in weiterer Folge: GmbH) gewesen sei. Unternehmensgegenstand der GmbH sei die Erbringung von Dienstleistungen im Bergbau gewesen. Die Klägerin sei der GmbH im Wege des Personalleasings überlassen worden. Die GmbH sei Ende 2000/Anfang 2001 insolvenzrechtlich überschuldet gewesen, wofür der Geschäftsführer den damaligen Ehegatten der Klägerin, der Arbeitnehmer der GmbH gewesen sei, verantwortlich gemacht habe.
Die GmbH habe sich zur Abwehr der drohenden Insolvenz um die Gewährung eines weiteren Kredits bei der beklagten Partei bemüht, die dafür jedoch über die Bürgschaft des Geschäftsführers und Alleingesellschafters der GmbH hinausgehende Sicherheiten zur Einräumung eines Kontokorrentkredits verlangt habe. Der Geschäftsführer habe sich an die Klägerin gewandt und sie unter der Zusage, mit ihr einen Arbeitsvertrag abzuschließen, dazu überredet, ihr Wertpapierdepot bei der beklagten Partei sowie Anteile einer ihr gehörigen Eigentumswohnung als Sicherheiten für einen Kontokorrentkredit zu verpfänden. Er habe im Hinblick auf das künftige Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der GmbH Druck auf diese ausgeübt und den Abschluss des Arbeitsvertrags von der Gewährung des Kredits abhängig gemacht. Im Jänner 2001 habe der Geschäftsführer der Klägerin zusätzlich zum versprochenen Arbeitsverhältnis einen Geschäftsanteil an der GmbH in Höhe von 20 vH des Stammkapitals zum symbolischen Abtretungspreis von 1 EUR überlassen.
Die beklagte Partei sei die Hausbank sämtlicher Beteiligter, insbesondere der GmbH und der Klägerin, gewesen. Ihr seien die dramatischen finanziellen Gegebenheiten der GmbH bekannt gewesen, sie habe dennoch zur Kreditgewährung auf die Beibringung weiterer Sicherheiten gedrängt und die Klägerin nicht über das Risiko aufgeklärt. Insbesondere hätte die beklagte Partei auch den Druck, dem die Klägerin durch die GmbH bzw deren Geschäftsführer ausgesetzt gewesen sei, erkennen müssen. Aufgrund schuldhafter Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten habe die beklagte Partei bei der Klägerin einen Irrtum über den wesentlichen Umstand der Kreditwürdigkeit des Hauptschuldners veranlasst. Die Pfandbestellung sei nichtig, weil sie gegen die §§ 3, 4 Kautionsschutzgesetz (KautSchG) verstoße.
Das Klagebegehren richtete sich zunächst auch auf Einwilligung der beklagten Partei in die Löschung eines für sie im Grundbuch an der der Klägerin gehörigen Eigentumswohnung einverleibten Höchstbetragspfandrechts von 600.000 ATS sowie Herausgabe eines näher bezeichneten und ebenfalls zugunsten der Kreditforderungen verpfändeten Wertpapierdepots. Die Klägerin habe ihre Wohnung um 40.000 EUR im Zuge des Verfahrens veräußert und den vertragserrichtenden Notar vom anhängigen Verfahren informiert. Dieser habe dessen ungeachtet einen Standardvertrag errichtet, in welchem ihr Wunsch, den Kaufpreis bis zur rechtskräftigen Entscheidung auf ein Treuhandkonto zu erlegen, nicht berücksichtigt worden sei. Der Kaufpreis sei daher an die beklagte Partei überwiesen worden, die nun verpflichtet sei, ihn an die Klägerin, die das Höchstbetragspfandrecht nie anerkannt habe, (zurück-)zuzahlen. Dieses Zahlungsbegehren trat an die Stelle des ursprünglichen Löschungsbegehrens.
Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren zusammengefasst damit, dass kein Zusammenhang zwischen dem Abschluss eines Arbeitsvertrags der Klägerin zur GmbH und der Bestellung der Sicherheiten bestanden habe, sodass die Bestimmungen des KautSchG nicht anzuwenden seien. Die Klägerin sei mehrfach bei der beklagten Partei erschienen und habe ausdrücklich bestätigt, dass die finanzielle Lage der GmbH ausgezeichnet sei. Sie sei über das Risiko der Bestellung von Sicherheiten für ein junges Unternehmen, dessen Entwicklung noch nicht fundiert beurteilt werden könne, aufgeklärt worden, habe jedoch erwidert, dass ihr eine Beteiligung von 20 vH an der GmbH zugesagt worden sei, sodass die Pfandbestellung in ihrem Interesse gelegen sei. Nur vier Tage nach Unterzeichnung der Pfandurkunden sei der Antrag auf Eintragung der Beteiligung bereits beim Firmenbuchgericht eingelangt.
Über das Vermögen der GmbH wurde am 5. 9. 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren (einschließlich des bei Schluss der Verhandlung nicht mehr aufrechten Löschungseinwilligungsbegehrens - s ON 11) ab. Es führte rechtlich aus, dass der beklagten Partei keine Verletzung der Aufklärungspflicht vorgeworfen werden könne, weil die Klägerin ohnehin Bescheid über die finanzielle Situation der GmbH gewusst habe. Weder habe die beklagte Partei gegenüber der Klägerin auf Bestellung des Pfandrechts bestanden, noch habe die GmbH oder deren Geschäftsführer die Aufrechterhaltung oder den Abschluss eines Arbeitsvertrags davon abhängig gemacht.
Das Berufungsgericht hob über Berufung der Klägerin dieses Urteil auf, weil die Feststellungen des Erstgerichts auf einer mangelhaften Beweiswürdigung beruhten. Darüber hinaus sei das Urteil sekundär mangelhaft geblieben. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass eine analoge Anwendung der §§ 25c und 25d KSchG auf die Interzession durch bloße Pfandbestellung nicht anwendbar seien. Das Eingehen riskanter persönlicher Sicherungsgeschäfte könne unter bestimmten Voraussetzungen sittenwidrig sein, dafür fehlten jedoch entscheidungswesentliche Feststellungen. Die Feststellung des Erstgerichts, es habe bei der GmbH ein „finanzieller Engpass bestanden", sei nicht ausreichend. Ebenso fehlten Feststellungen zur Beurteilung der Frage, ob ein gemäß § 3 KautSchG verpöntes Rechtsgeschäft vorliege. Eine Nichtigkeit der Pfandbestellung im Sinn des § 3 KautSchG wäre möglich, wenn zwischen dem Geschäftsführer der GmbH und der Klägerin vereinbart worden wäre, dass diese im Austausch für ihre Pfandbestellung einen Arbeitsplatz erhalten solle. Es fehlten in diesem Zusammenhang jedoch Feststellungen, inwieweit der Prokurist der beklagten Partei Kenntnis von solchen Umständen oder einer solchen Bedingung habe und ob die Arbeitsplatzzusage für die Klägerin ein Mitgrund für die Pfandbestellung gewesen sei. Das Erstgericht werde auch andere unklare Feststellungen zu sanieren haben. Schließlich fehlten Feststellungen zum Vorbringen, wonach der der GmbH gewährte Kontokorrentkredit am 24. 1. 2005 unter Aufrechterhaltung aller Sicherheiten bis zum 31. 7. 2005 verlängert worden wäre und die Klägerin in diesem Zusammenhang vom Geschäftsführer wiederum zur Bestellung von Sicherheiten überredet worden sei. Damit im Zusammenhang werde die Klägerin auch entsprechendes Vorbringen zu erstatten haben.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, inwieweit eine Umgehung des in § 3 KautSchG normierten Verbots auch durch eine reine Pfandbestellung verwirklicht sein könne, fehle.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung des Berufungsgerichts im Sinn einer Klagestattgebung abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben, hilfsweise, in der Sache selbst zu entscheiden und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig (§ 526 Abs 2 ZPO). Die Rechtsmittelwerberin vermag eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO, deren Vorliegen gemäß § 519 Abs 2 ZPO gefordert wird, nicht aufzuzeigen.
Die Rechtsprechung hat den (bei wörtlicher Interpretation engen) Schutzbereich des KautSchG durch Analogie etwa auf solche Sachverhalte erweitert, in denen eine Umgehung der Nichtigkeitssanktion (§ 4 KautSchG) dadurch versucht wurde, dass eine darlehensgewährende Bank auf der Beibringung eines Bürgen bestand und der Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags von der Bürgschaftsübernahme abhängig machte (SZ 61/229 in RIS-Justiz RS0032297). Durch Analogie wurde der Schutzzweck des § 3 KautSchG auch in anderen Fällen erweitert (SZ 62/54 in RIS-Justiz RS0063439; RS0032297 [T2]; 6 Ob 1/00s; Kallab in ZellKomm § 3 KautSchG Rz 2 ff). Die vom Berufungsgericht im Zusammenhang mit der von ihm im Zulassungsausspruch als erheblich bezeichneten Rechtsfrage im angefochtenen Beschluss vertretene Rechtsansicht, dass das Umgehungsverbot des § 3 KautSchG auch auf Pfandbestellungen Anwendung zu finden habe, wird von der Rekurswerberin nicht inhaltlich bekämpft. Ihre Rechtsausführungen sollen nicht zu einer Korrektur dieser rechtlichen Beurteilung führen, sodass die zulässige Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage nicht vorliegt (RIS-Justiz RS0107971, zuletzt 9 Ob 22/07m). Davon ist die Frage zu trennen, ob eine allfällige Nichtigkeit gemäß § 4 KautSchG der beklagten Partei entgegengehalten werden kann. Das Berufungsgericht folgt hier aber der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach dies nur möglich ist, wenn der Gläubiger von den für die Nichtigkeit maßgebenden Umständen Kenntnis hat (RIS-Justiz RS0063439; Gamerith in Rummel, ABGB3 § 1349 Rz 5). Auch in diesem Zusammenhang zeigt die Rekurswerberin daher keine erhebliche Rechtsfrage auf.
Ob im konkreten Fall eine Analogie geboten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Weil zu dessen Beurteilung aber noch maßgebliche, vom Berufungsgericht im Einzelnen aufgezeigte Feststellungen fehlen, liegt eine erhebliche Rechtsfrage auch deshalb nicht vor, weil der Oberste Gerichtshof nicht berufen ist, abstrakte Rechtsfragen zu lösen (RIS-Justiz RS0111271; RS0109383). Insbesondere steht nicht fest, ob die GmbH den Abschluss eines Arbeitsvertrags mit der Klägerin überhaupt davon abhängig gemacht hätte, dass die Klägerin ein Pfandversprechen gegenüber der beklagten Partei abgegeben hätte (3 Ob 80/97d).
Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch gar nicht genügend geklärt ist, so kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).
Nach ständiger und gefestigter Rechtsprechung kommt eine analoge Anwendung der §§ 25c, 25d KSchG auf den bloßen Pfandbesteller nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0116829, zuletzt 6 Ob 224/08x; Kathrein in KBB2 § 25c KSchG Rz 3). Dem Argument der Rekurswerberin, dass im Fall der Verpfändung eines existenznotwendigen Gutes diese Rechtsprechung nicht anwendbar sei, liegt kein entsprechendes Vorbringen zugrunde. Die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht stimmt mit der dargestellten einheitlichen Rechtsprechung überein, sodass die Rekurswerberin auch in diesem Punkt keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt (RIS-Justiz RS0042405).
Zur Klarstellung ist abschließend allerdings festzuhalten, dass das Erstgericht im fortgesetzten Rechtsgang nicht mehr über das von der Klägerin durch Umstellung auf das Zahlungsbegehren (ON 11) gegenstandslos gewordene Begehren auf Einwilligung in die Löschung des (vormals bestandenen) Pfandrechts, was bei der Fassung des klageabweislichen Spruchs offenbar übersehen wurde, zu befinden haben wird.
Da sich der Rekurs somit als unzulässig erweist und die beklagte Partei in ihrer Rekursbeantwortung auf diesen Umstand im Ergebnis hingewiesen hat, sind ihr die Kosten für ihre Rechtsmittelbeantwortung gemäß §§ 41, 50 ZPO zuzusprechen (RIS-Justiz RS0123222).
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