OGH 5Ob615/88 (RS0032297)

OGH5Ob615/8820.6.2017

Rechtssatz

Steht fest, dass sich der Dienstgeber in äußerst bedrängten finanziellen Verhältnissen befand und eine (weitere) Kreditgewährung durch die Bank nur gegen Besicherung durch Bürgschaft erfolgen könnte, stellt die Vorgangsweise des Dienstgebers, seinen Dienstnehmer zur Übernahme dieser Bürgschaft zu überreden, indem er die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses von der Bürgschaftsübernahme durch den Dienstnehmer abhängig macht, eine den Zweck des KautSchG vereitelnde Umgehung dar, die gleichfalls unter Nichtigkeitssanktion steht.

Normen

ABGB §1358
KautSchG §3

5 Ob 615/88OGH08.11.1988

Veröff: SZ 61/229 = EvBl 1989/83 S 306 = ÖBA 1989,631 = RdW 1989,369

8 Ob 57/89OGH28.06.1990
4 Ob 22/98hOGH21.01.1998

Vgl

6 Ob 1/00sOGH17.05.2000

Beisatz: Die Rechtsprechung hat den (bei wörtlicher Interpretation engen) Schutzbereich des KautSchG durch Analogie auf solche Sachverhalte erweitert, in denen eine Umgehung der Nichtigkeitssanktion dadurch versucht wurde, dass eine darlehensgewährende Bank auf der Beibringung eines Bürgen bestand und der Dienstgeber die Aufrechterhaltung des Dienstvertrages von der Bürgschaftsübernahme abhängig machte, oder ein Dienstnehmer auf Initiative des Alleingesellschafters einen Geschäftsanteil an der Dienstgeber-GmbH im Wege der Drittfinanzierung erwarb, wobei die Nichtigkeitssanktion auch das Finanzierungsgeschäft erfasste, weil der Finanzierer Kenntnis von der wirtschaftlichen Verflochtenheit der Vorgänge besaß. Verpöntes Verhalten in allen diesen Fällen ist die Ausübung von Druck durch den Dienstgeber auf den Dienstnehmer, wodurch dessen freie Willensbildung beeinträchtigt wird. (T1)

6 Ob 26/03xOGH20.02.2003

Auch

8 Ob 57/04xOGH24.09.2004

Auch

7 Ob 190/08dOGH11.02.2009

Auch; Beis ähnlich wie T1; Beisatz: Gilt es, arbeitnehmerähnliche Personen davor zu bewahren, einem Druck ihres „Dienstgebers" ausgesetzt zu sein, der ihre freie Willensbildung bei der Bestellung von Kautionen (jedweder Art) beeinträchtigt, ist eine (analoge) Anwendung des Kautionsschutzgesetzes angezeigt. (T2)

9 Ob 41/09hOGH15.12.2009

Vgl auch; Beisatz: Eine analoge Anwendung der §§ 3 f KautSchG scheitert aber dann, wenn die kreditgewährende Bank von einer für den Arbeitnehmer wegen des drohenden Verlusts seines Arbeitsplatzes bestehenden Drucksituation nichts wusste und dass sie sich eine solche Drucksituation daher nicht zurechnen lassen muss. (T3); Veröff: SZ 2009/163

8 Ob 67/09zOGH21.12.2009

Vgl auch; Beisatz: Ob im konkreten Fall eine Analogie (zu §§ 3, 4 KautSchG) geboten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. (T4)

9 ObA 107/09iOGH30.06.2010

Vgl auch; Beis ähnlich wie T2; Beisatz: Hier: Analoge Anwendbarkeit von § 3 KautSchG verneint. (T5)

8 ObA 11/12vOGH24.10.2012

Vgl; Beisatz: Ein „Abhängigmachen“ iSd § 3 Kautionschutzgesetzes liegt immer dann vor, wenn aufgrund des Arbeitgeberverhaltens aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers konkret der Eindruck entsteht, er werde im Fall der Verweigerung der Darlehenshingabe gekündigt, entlassen, nicht aufgenommen oder verlängert. (T6); Beisatz: Eine im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen allgemein unterstellte Drucksituation gegenüber Ansinnen und Wünschen des Arbeitgebers, um sich sein Wohlwollen zu erhalten und Karriereaussichten nicht zu gefährden, reicht dafür nicht aus. (T7)

2 Ob 236/16vOGH20.06.2017

Auch

Dokumentnummer

JJR_19881108_OGH0002_0050OB00615_8800000_001