Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der klagende Betriebsrat begehrt - soweit dies für das Revisionsverfahren noch relevant ist - einerseits die Feststellung, dass für bestimmte Vertragsbedienstete bei „Wendezeiten" am Dienstort die Zeit vom Ende des Fahrdienstes bzw einer sonstigen Dienstverrichtung bis zum Beginn des folgenden Fahrdienstes oder sonstigen Dienstverrichtung bis zu einer Dauer von einer Stunde voll, darüber hinaus bis zum Ablauf der dritten Stunde zur Hälfte auf Dienstzeiten angerechnet wird, und zwar ohne Zusammenrechnung mehrfach täglich anfallender „Dienstpausen" (Wendezeiten). Er stützt sich dabei auf die Lenkerdienstvorschrift A 24 sowie deren Anhang 9. Weiters begehrt er die Feststellung, dass diesen Dienstnehmern das Recht zusteht, von der Beklagten jährlich Essensbons im Nachhinein als Sachbezug zu erhalten. Hinsichtlich beider Begehren stützt er sich auch auf eine Betriebsübung.
Die Vorinstanzen haben übereinstimmend diesen Begehren stattgegeben.
Rechtliche Beurteilung
Die ausführliche Begründung des Berufungsgerichts, wonach die Anrechnung der „Wendezeiten" bezogen auf die jeweilige „Wendezeit" und nicht - wie von der Beklagten vertreten - summiert auf den jeweiligen Tag zu erfolgen habe, ist - soweit sie sich auf eine entsprechende Betriebsübung stützt - ebenso zutreffend wie die Bejahung des Anspruchs auf den Sachbezug der Essensbons (eingeschränkt auf 55 EUR). Gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO kann daher auf die Richtigkeit der Begründung des Berufungsgerichts insoweit verwiesen werden.
Ergänzend ist den Ausführungen der Revision der Beklagten Folgendes entgegenzuhalten:
A. Zu den „Wendezeiten":
Nach dem zufolge § 20 VBG auch für Vertragsbedienstete maßgeblichen § 47a Z 1 lit a BDG sind Dienstzeiten grundsätzlich die Zeiten, die im Dienstplan als Dienststunden vorgeschrieben werden (dienstplanmäßige Dienstzeit).
Der Abs 6 des § 48 BDG („Dienstplan") bestimmt, dass für Beamte, in deren Dienstzeit aufgrund der Eigenart des Dienstes regelmäßig unvermeidbare Dienstbereitschaft und Wartezeiten im erheblichen Umfang anfallen, durch Verordnung der Bundesregierung festgelegt werden kann, dass der Dienstplan eine längere Wochendienstzeit als 40 Stunden umfasst („verlängerter Dienstplan"). Gleichzeitig wird festgelegt, dass diese Zeit des „verlängerten Dienstplans", insoweit sie die regelmäßige Wochendienstzeit von 40 Stunden überschreitet, nicht als Dienstzeit im Sinne dieses Abschnitts gilt. Dafür sieht allerdings § 16a Gehaltsgesetz 1956 idgF vor, dass Beamten, für die ein Dienstplan nach § 48 Abs 6 BDG gilt, eine monatliche Pauschalvergütung gebührt.
Mit Verordnung vom 22. 12. 1981 (BGBl 17/1982) hat die Bundesregierung, gestützt auf § 48 Abs 6 BDG und § 20 VBG, in § 1 unter anderem Folgendes festgelegt:
„§ 1 (1) der Dienstplan der Omnibuslenker ... umfasst eine Wochendienstzeit, die um 50 vH der außerhalb des Dienstortes anfallenden Wendezeiten länger ist als die im § 48 Abs 2 und 4 BDG 1979 vorgesehene Wochendienstzeit. Das Ausmaß der Verlängerung darf die Differenz zwischen der im § 48 Abs 2 und 4 BDG 1979 vorgesehenen Wochendienstzeit und der für die ordnungsgemäße Besorgung der dienstplanmäßig festgelegten Aufgaben erforderlichen Zeit zuzüglich der im Sinne des Abs 3 als volle Dienstzeit anzurechnende Wendezeiten nicht überschreiten.
(2) Wendezeit im Sinne des Abs 1 ist die Zeit zwischen der Ankunft am Zielort und der dienstplanmäßigen Abfahrt von diesem Ort, wobei im Dienstort Zeiten bis zur Dauer von einer Stunde zur Gänze, ab der zweiten bis zum Ablauf der dritten Stunde zur Hälfte und darüber hinaus nicht als Wendezeit gelten. Die Zeit, die für die ordnungsgemäße Besorgung dienstplanmäßig festgelegter Aufgaben am Zielort vorgesehen ist, gilt nicht als Wendezeit.
(3) Wendezeiten, die im Einzelfall 30 Minuten nicht überschreiten, sind voll als Dienstzeit anzurechnen. Diese Wendezeiten bleiben für die Verlängerung der Wochendienstzeit im Sinne des Abs 1 außer Betracht.
..."
Die sogenannte Dienstanweisung A 24 lautet in ihrem Punkt 3.:
„3. Bewertung der Dienstzeit
3.1. als volle Dienstzeit sind anzurechnen:
3.1.1. die Lenkzeit (Pkt 2.7.)
3.1.2. die Rüstzeit für die sonstigen regelmäßig vom Lenker zu erbringenden Dienstverrichtungen wie zB Tanken, Vorbereitung des Fahrzeuges vor der ersten Abfahrt, Abrechnung etc (Teil III Pkt 1.)
3.1.3. die Zeit für die Fahrzeugreinigung (Teil III Pkt 2., Teil IV Pkt 2.)
3.1.4. die Zeit für andere, dem Lenker angeordnete Arbeiten (Teil III Pkt 3.)
3.1.5. die Wendezeiten bis 30 Minuten im Einzelfall.
3.2. teilweise auf die Dienstzeit sind anzurechnen:
3.2.1. auswärtige Wendezeiten im Sinne des § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundesregierung vom 22. 12. 1981, mit der die Wochendienstzeit bestimmter Bediensteten im Bereich der Post- und Telegrafenverwaltung verlängert wird (BGBl Nr 17/1982).
3.2.2. Wendezeiten am Dienstort im Sinne des § 1 Abs 2 der Verordnung der Bundesregierung vom 22. 12. 1981, mit der die Wochendienstzeit bestimmter Bedienstetengruppen im Bereich der Post- und Telegrafenverwaltung verlängert wird (BGBl Nr 17/1982), ab der zweiten bis zum Ablauf der dritten Stunde zur Hälfte. Die darüberliegenden Zeiträume haben dienstzeitrechtlich außer Betracht zu bleiben.
Würde beispielsweise eine Wendezeit am Dienstort im Ausmaß von 5 Stunden dienstplanmäßig vorgesehen, so sind eine Stunde voll und die zweite und die dritte Stunde zur Hälfte - somit insgesamt 2 Stunden - dienstzeitmäßig zu berücksichtigen.
Zeiten am Dienstort können nur dann (ganz oder teilweise) auf die Dienstzeit angerechnet werden, wenn sie in den Zeitraum fallen, der zwischen dem dienstplanmäßig festgelegten Dienstbeginn und Dienstende liegt. Das bedeutet, dass Zeiten, die nach den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes als Ruhezeiten (Pkt. 2.6.) sind, dienstmäßig nicht - auch nicht mit dem bis zu 3 Stunden reichenden Teil - anzurechnen sind. Bei der Erstellung der Dienstpläne ist darauf zu achten, dass - unter Vermeidung von Härtefällen für das Personal - den betrieblichen Erfordernissen entsprechend nach streng wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgegangen wird."
Es war bei den Vorgängergesellschaften der Beklagten immer so, dass die einzelnen Wendezeiten gesondert beurteilt wurden und keine Addition der Wendezeiten innerhalb eines Tages stattfand. Während der Wendezeiten haben die Dienstnehmer grundsätzlich keine Arbeiten zu verrichten, außer wenn diese angeordnet und auch gesondert angerechnet werden.
Der einzige Streitpunkt zwischen den Parteien besteht nun im Ergebnis darin, ob bei der Anwendung der Regelung, wonach die erste Stunde jedenfalls als Dienstzeit zu rechnen ist, die zweite und die dritte Stunde zur Hälfte und weitere Stunden nicht mehr als Dienstzeit zu rechnen sind, auf jede „Wendezeit" gesondert abzustellen ist, oder mehrere „Wendezeiten" an einem Tag heranzuziehen sind. Die Beklagte releviert in ihrer Revision zusammengefasst dazu, dass die entsprechende Regelung des Abs 2 des § 1 der Verordnung BGBl 1982/17 doch im Plural gehalten sei („Zeiten") und dass doch nach Abs 3 ohnehin „Wendezeiten", die im Einzelfall 30 Minuten nicht überschreiten als Dienstzeiten anzurechnen sind und insoweit Abs 2 überflüssig wäre. Am Dienstort würden dem Arbeitnehmer längere Wendezeiten ohnehin mehr Chancen geben, seine Freizeit zu planen. Auch werde bei den beschwerlicheren „auswärtigen" Wendezeiten nur die volle Anrechnung von 30 Minuten festgelegt. Daraus, dass eine Rechtsvorgängerin der Beklagten diese Regelung falsch ausgelegt hätte, könne wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Entlohnungsbestimmungen kein Rechtsanspruch abgeleitet werden.
Dazu ist, wie bereits einleitend festgehalten, vorweg auf die - jedenfalls hinsichtlich der Begründung einer Betriebsübung - überzeugende Argumentation des Berufungsgerichts zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Dass aus der Verwendung des Wortes „Zeiten" in § 1 Abs 2 der Verordnung BGBl 1982/17 nicht abgeleitet werden kann, dass mehrere „Wendezeiten" zusammenzurechnen sind, ergibt sich schon daraus, dass einleitend auf „die Zeit" abgestellt wird. Auch wäre überhaupt nicht ersichtlich, in welchem Zeitraum diese „Wendezeiten" zusammenzurechnen wären, ob dies etwa ein Tag, eine Woche oder ein Monat sein sollte. Überzeugend ist vor allem die Argumentation des Berufungsgerichts, dass kürzere „Wendezeiten" (Pausen) für den Arbeitnehmer kaum für Freizeitzwecke verwendet werden können und daher noch voll einzurechnen sind, während längere „Wendezeiten" (Pausen) für den betroffenen Arbeitnehmer einen eigenen Freizeitwert und eine eigene Möglichkeit der Gestaltung bieten und daher nur teilweise bzw ab der dritten Stunde überhaupt nicht mehr einzurechnen sind. Warum dies aber bei mehreren kürzeren Wendezeiten anders sein soll, sodass etwa bei einem Dienstnehmer, der vier Wendezeiten mit jeweils einer Stunde hat, nur die erste Stunde voll anzurechnen wäre und die zweite und die dritte Stunde jeweils zur Hälfte, die vierte Wendezeit aber überhaupt nicht mehr, ist nicht ersichtlich.
Zu dem vermeintlichen Widerspruch zwischen dem § 1 Abs 3 der Verordnung BGBl 1982/17, wonach „Wendezeiten" im Einzelfall bis 30 Minuten voll als Dienstzeiten anzurechnen sind und bei der Verlängerung der Wochendienstzeit im Sinne des Abs 1 für außerhalb des Dienstorts anfallende Wendezeiten außer Betracht bleiben, einerseits und der Regelung des Abs 2 für „Wendezeiten" am Dienstort, wonach diese bis zu einer Stunde gar keine Wendezeiten darstellen, ist vorweg darauf zu verweisen, dass sich ja das eine auf den Dienstort (Abs 2) und das andere (Abs 3) auf „Wendezeiten" - nach Abs 1 außerhalb des - Dienstorts bezieht. Die grundsätzliche Zielrichtung in Abs 1 und in der Regelung des „verlängerten Dienstplans" im Sinne des § 48 Abs 6 BDG iVm § 20 VBG liegt ja darin, für „unvermeidbare Dienstbereitschaft und Wartezeiten" („unproduktive Zeit") eine Verlängerung des Dienstplans vorzusehen, die keine Verlängerung der - zu bezahlenden - Dienstzeit bedeutet, sondern durch eine Pauschale abgegolten wird. Ansatzpunkt sind hier die „Wendezeiten außerhalb des Dienstortes", bei denen dem Arbeitgeber regelmäßig auch kaum ein Zugriff auf die Arbeitnehmer möglich ist. Ein Anliegen dabei ist es offensichtlich auch, die Arbeitnehmer nicht übermäßig mit einer bloß pauschalen Abgeltung zusätzlicher nicht als „Dienstzeiten" zu wertender, im „verlängerten Dienstplan" aber vorgesehener Dienststunden zu belasten. Dem entspricht der letzte Satz des § 1 Abs 1 der Verordnung BGBl 1982/17, der die „Verlängerung" im Wesentlichen dadurch begrenzt, dass sie nicht länger sein darf, als die innerhalb der normalen Dienstzeit gelegene „unproduktive Zeit", wobei auch die Pausen bis 30 Minuten im Sinne des Abs 3 als produktive Zeiten gerechnet werden. Hingegen wollte der Verordnungsgeber in dem Einschub in Abs 2 (offenkundig) nur festlegen, was nicht als „Wendezeit" anzusehen ist und damit auch nicht in die Grundlagen für den „verlängerten Dienstplan" fällt (vgl etwa zu den unterschiedlichen Aspekten arbeitszeitrechtlicher Regelungen auch 8 ObA 1/07s oder 9 ObA 83/06f). Inwieweit dies Dienstzeiten sind, wird - anders als in Abs 3 - in Abs 2 der Verordnung BGBl 1982/17 nicht ausdrücklich geregelt. Allerdings lässt sich daraus, dass die „Wendezeiten" am Dienstort ja durch die Definition des Abs 1 grundsätzlich ohnehin nicht erfasst wären, wohl ein Ansatzpunkt dafür finden, dass der Verordnungsgeber auch dies regeln wollte. Jedenfalls Punkt 3.2.2 der Dienstanweisung 24 definiert in dem im § 1 Abs 2 der Verordnung vorgesehenen Umfang diese „Wendezeiten" als „Dienstzeiten", stellt allerdings entsprechend § 47a BDG auch darauf ab, ob die Zeit zwischen dienstplanmäßig festgelegtem Dienstbeginn und dem Dienstende liegt. Nähere Erörterung zur Frage, inwieweit diese Anordnungen in der Verordnung und in § 48 Abs 6 BDG eine Rechtsgrundlage haben, sind schon insoweit nicht erforderlich, als ja nicht nur vor, sondern auch nach der Ausgliederung eine sehr viele Jahre bestehende Übung in diesem Sinne vorhanden war (vgl dazu auch 9 ObA 332/99k, 9 ObA 325/99f oder 9 ObA 54/04p).
Soweit die Beklagte eine unsachliche Bevorzugung gegenüber den „Wendezeiten" außerhalb des Dienstorts sieht, ist ihr schon im Ansatz entgegenzuhalten, dass bei diesen „Wendezeiten" genauso eine „Einzelbeurteilung" erfolgt und der Dienstgeber am Dienstort wohl sogar einen besseren Zugriff auf die Arbeitskraft des Dienstnehmers und mehr Möglichkeiten bei der Gestaltung des Arbeitseinsatzes hat.
B. Zu den „Essenbons":
Auch hinsichtlich der Bekämpfung des Zuspruchs der „Essenbons" kann im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden, hat der Oberste Gerichtshof doch schon mehrfach festgehalten, dass zur Beurteilung einer allfälligen „Widerruflichkeit" oder das Fehlen eines „Rechtsanspruchs" darauf abzustellen ist, wie die betriebliche Übung nach außen in Erscheinung getreten ist (vgl etwa 9 ObA 306/01t, 9 Ob 2/02p oder 8 ObA 277/98p). Dementsprechend ist aber das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass in Richtlinien enthaltene Hinweise auf „den mangelnden Rechtsanspruch" dann ohne Belang sind, wenn die Beklagte nicht nachweisen kann, dass diese Richtlinie den Arbeitnehmern zur Kenntnis gebracht wurde, mag auch eine dahingehende Dienstanweisung bestanden haben. Dieser Beweis ist der Beklagten jedoch nach den maßgeblichen, vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen nicht gelungen. Soweit sich die Beklagte auch in diesem Zusammenhang im Ergebnis auf die aus § 36 VBG früher resultierenden Beschränkungen beruft (RIS-Justiz RS0029331 oder RS0029319 jeweils mwN), kann sie auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, weil auch die „Essenbons" nach der Ausgliederung weiter geleistet wurden.
Insgesamt vermögen die Ausführungen der Revision somit keine Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht darzustellen.
Der Revision war dementsprechend nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.
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