OGH 9ObA54/04p

OGH9ObA54/04p15.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Personalausschuss der Österreichischen Post AG, Maximilianstraße 2, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Österreichische Post AG, Postgasse 8, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Bernhard Hainz und Dr. Christoph Wolf, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert EUR 21.800), über die Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 7.267,29) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse EUR 14.533,33), gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. Februar 2004, GZ 13 Ra 5/04i-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. September 2003, GZ 16 Cga 123/01w-22, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Der als "Replik zur Revisionsbeantwortung der beklagten Partei" bezeichnete Schriftsatz der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

2. a) Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

b) Hingegen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen insgesamt wie folgt zu lauten haben:

"Das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass sowohl die Beamten (§ 17 Abs 1a PTSG) als auch die Arbeitnehmer (§ 18 PTSG) und die Angestellten (§ 19 Abs 1 PTSG) der beklagten Partei mit Ausnahme der Urlaubsersatzkräfte (§ 19 Abs 5 erster Satz PTSG) und der Angestellten, die regelmäßig wiederkehrend als Ersatz für die Dauer der Dienstabwesenheit von Bediensteten aufgenommen werden (§ 19 Abs 5 zweiter Satz PTSG) - soweit sie bei in Tirol und Vorarlberg gelegenen Betriebsdienststellen der beklagten Partei beschäftigt sind -, die bis 31. 12. 2000 Berechtigungsscheine für die kostenlose Benützung von Postbussen und des KWD der ÖBB erhalten haben, weiterhin zur kostenlosen Benützung von Postbussen bzw des KWD der ÖBB für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und retour berechtigt sind, wenn die bis 31. 12. 2000 beklagterseits geforderten Voraussetzungen weiterhin vorliegen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 6.370,74 (darin EUR 989,68 Umsatzsteuer und EUR 432,68 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die mit EUR 1.652,70 (darin EUR 275,45 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 875,34 (darin EUR 145,89 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zu 1.: Die von der klagenden Partei eingebrachte Replik zur Revisionsbeantwortung der beklagten Partei ist im Gesetz nicht vorgesehen (RIS-Justiz RS0041666 [T 38, T 49]) und widerspricht dem auch im Revisionsverfahren geltenden Einmaligkeitsprinzip (RIS-Justiz RS0102887; RS0036673).

Zu 2.: Mit dem Poststrukturgesetz BGBl 1996/201 (PTSG) wurde die vorher als Teil der Bundesverwaltung organisierte und in zahlreichen Bereichen des Post- und Fernmeldewesens mit Hoheitsbefugnissen ausgestattete Post- und Telegraphenverwaltung ausgegliedert und in die Post- und Telekom Austria Aktiengesellschaft (PTA) umgewandelt. Mit 1. 1. 1999 wurde die Beklagte als Österreichische Post AG von der PTA durch privatrechtlichen Vertrag abgespalten, die Arbeitnehmer wurden von der Beklagten "übernommen".

Gemäß § 18 Abs 1 PTSG wurden die bisher bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten Vertragsbediensteten unter Wahrung ihrer am Tag vor dem Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden Rechte Arbeitnehmer der PTA. Der Übergang erfolgte mit 1. 5. 1996, dem Wirksamwerden dieses Bundesgesetzes. Die Beamten wurden gemäß § 17 Abs 1 PTSG der PTA bzw nachfolgend der Beklagten in Realisierung der Novellen BGBl 6/1999 und 31/1999 zur Dienstleistung zugewiesen. Die im Jahre 1996 nach dem PTSG zu Arbeitnehmern der PTA gewordenen Vertragsbediensteten und die neu eingetretenen "Angestellten" der PTA sind unstrittig zu Arbeitnehmern der Beklagten als Betriebsinhaberin des Unternehmens geworden. Schon vor der Ausgliederung hatten sowohl die bei der Post beschäftigten Beamten als auch Vertragsbediensteten Berechtigungsscheine für die kostenlose Fahrt mit Postbussen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und zurück erhalten. Eine Zustimmung des Finanzministers im Sinne des § 36 VBG war hiefür nie eingeholt worden. Als Grundlage für diese Gewährung wurde eine Regelung der Dienstvorschrift für den Post-, Postauto- und Fernmeldedienst Gruppe A, Ausgabe 1986, PAD I, folgenden Inhalts herangezogen: "3.4.7. Post- und Telegraphenbedienstete sind bei Fahrten zwischen dem Wohnort und dem Dienstort mit Postautokursen gegen Vorweis eines "Berechtigungsscheins" (Anlage 43) unentgeltlich zu befördern. Dabei ist es ohne Belang, ob diese Fahrten regelmäßig oder nur zum Wochenende ausgeführt werden. Für Fahrten innerhalb eines Ortsbereiches ist die unentgeltliche Beförderung mit einem Berechtigungsschein nur dann zugelassen, wenn die Verkehrsbedürfnisse innerhalb dieses Ortsbereiches durch Postautolinien erfüllt werden. Die Berechtigungsscheine werden im Bereich von Gleichlaufstrecken auch in den Kursen des Kraftwagendienstes der ÖBB anerkannt, wenn ihre Geltungsstrecke innerhalb der betreffenden Gleichlaufstrecke liegt. Die Berechtigungsscheine sind über Antrag von der Zuteilungsdienststelle des betreffenden Beamten auszustellen... Die Geltungsdauer der Berechtigungsscheine ist jeweils mit höchstens drei Kalenderjahren festzusetzen. Der Berechtigungsschein gilt nur in Verbindung mit dem Dienstausweis... Die Berechtigungsscheine sind nach Ablauf ihrer Gültigkeit oder bei Wegfall der Voraussetzungen für die unentgeltliche Beförderung einzuziehen und zu vernichten. Über die ausgegebenen Berechtigungsscheine ist ein Vormerk zu führen, der die Nummer des Berechtigungsscheines, den Namen und Amtstitel des Inhabers, die Fahrstrecke (Haltestelle des Wohnortes und des Dienstortes) sowie das Datum der Ausstellung und der Einziehung zu enthalten hat. Reisegepäck wird unentgeltlich befördert." Für die Dienstnehmer der Post bestand die Möglichkeit, zwischen Wohnort und Dienstort die jeweilige Postbuslinie unentgeltlich zu benützen. In der Praxis wurden derartige Berechtigungsscheine den Beschäftigten der Post von der jeweiligen Dienststelle ausgestellt. Die Beschäftigten beantragten die Ausstellung von Berechtigungsscheinen mündlich, ab dem Jahr 2000 hatte die Dienststelle zusätzlich auf den schriftlichen Antragsformularen eine Kostenstellennummer auszufüllen. Im Bereich der Gleichlaufstrecken von Post und Kraftwagendienst der ÖBB galten Berechtigungsscheine auch auf Kursen des KWD der ÖBB. Nach Ablauf der auf dem jeweiligen Berechtigungsschein vermerkten Gültigkeitsdauer von maximal drei Jahren gab der Postbeschäftigte den Berechtigungsschein bei seiner Dienststelle ab und erhielt einen neuen Berechtigungsschein mit aktueller Gültigkeitsdauer ausgestellt. Auf die Gewährung der Berechtigungsscheine wurde bereits bei den jeweiligen Einstellungsgesprächen ausdrücklich hingewiesen. Die Ausgabe von Berechtigungsscheinen stand in keinerlei Zusammenhang mit der Frage, inwieweit einzelne Beschäftigte etwa einen Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss hatten. Allerdings reduzierte sich der Fahrtkostenzuschuss um die Fahrtkosten jenes Streckenteiles, für den die unentgeltliche Beförderung mit dem Postbus aufgrund des Berechtigungsscheins möglich war (Anmerkung: offenbar im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach welcher eine individuelle Freifahrtberichtigung die "notwendigen monatlichen Fahrtauslagen" im Sinn des § 20b Abs 1 Z 3 GehG mindert: VwSlg 14.185A/1994 uva).

Auch nach der Ausgliederung in PTA bzw Post AG, wo sowohl Post- als auch Postautobetrieb noch gemeinsam geführt wurden, wurde die vorerwähnte Vorgangsweise sowohl gegenüber Beamten als auch ehemaligen Vertragsbediensteten aber auch den "neuen" seit 1996 eingetretenen Angestellten beibehalten. Nachdem am 13. 5. 2000 die neu gegründete Österreichische Postbus Aktiengesellschaft in das Firmenbuch eingetragen worden war, beschloss die Hauptversammlung der beklagten Partei am 26. 9. 2000 die Spaltung zur Aufnahme in die Österreichische Postbus Aktiengesellschaft durch Übertragung des Betriebes Postautodienst, bestehend aus den Geschäftseinheiten "Personenbeförderungen" und "Werkstätten" gemäß Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 26. 9. 2000. Dies wurde am 23. 10. 2000 bei der beklagten Partei im Firmenbuch eingetragen. Von diesem Zeitpunkt an erfolgte eine Verrechnung der den Postbediensteten gewährten Freifahrten zwischen Post AG und Postbus AG. Mit Dienstanweisung vom 12. 12. 2000 teilte die Unternehmungsführung der beklagten Partei ihren Bediensteten mit, dass "infolge der Abspaltung der Postbus AG als eigenständige Firma die Gültigkeit von Berechtigungsscheinen für die unentgeltliche Beförderung von Mitarbeitern der Österreichischen Post AG auf Postautolinien mit 1. 1. 2001 erlischt". Dies wurde auch in einem Schreiben vom 20. 12. 2000 an sämtliche Dienststellen mitgeteilt. Gleichzeitig wurden die Bediensteten auf die Möglichkeit der Gewährung von Fahrtkostenzuschüssen hingewiesen, welche aber insbesondere bei den Bediensteten, welche nur Postlinien in Anspruch nahmen, die nunmehr entstehenden Fahrtkosten nicht mehr zur Gänze abdecken. Den Bediensteten wurde auch mitgeteilt, dass sie bis 31. 1. 2001 ihre Berechtigungsscheine an das Personalamt zu übermitteln hätten.

Der klagende Personalausschuss (für die Bundesländer Tirol und Vorarlberg) stellte das aus dem Spruch ersichtliche Feststellungsbegehren. Wenngleich während der Zeit der Zugehörigkeit des Post- und Postautobetriebes zur Bundesverwaltung keine Zustimmung des Finanzministers zum Sondervertrag "Freifahrtgenehmigungen" bestanden habe, sei doch nach der Überführung dieser Betriebe in eine private Aktiengesellschaft durch ständige vorbehaltlose Gewährung eine Betriebsübung entstanden, welche in die Einzelverträge Eingang gefunden habe. Die Antragstellung sei nur ein Formalakt gewesen, sowohl Erstgewährung als auch Weitergewährung seien ausschließlich an die Voraussetzungen geknüpft gewesen, dass der jeweilige Bedienstete seinen Wohnsitz an einer Postbuslinie gehabt habe und auch der Dienstort mit dieser Linie hätte erreicht werden können. Eine solche Betriebsübung sei auch hinsichtlich der nur zugeteilten Beamten möglich gewesen, weil aufgrund des gespaltenen Dienstverhältnisses der PTA bzw Post AG die Befugnis zugestanden wäre, den öffentlich-rechtlichen Bediensteten daneben ein privatrechtliches Entgelt in Form der Freifahrten zuzuerkennen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich aller drei Bedienstetengruppen. Sie wendete zunächst die mangelnde Aktivlegitimation des klagenden Personalausschusses ein. Darüber hinaus brachte sie vor, dass die Gewährung von Freifahrten zwischen Wohn- und Dienstort keine Betriebsübung, sondern eine freiwillig gewährte Wohlfahrtseinrichtung des Arbeitgebers gewesen sei. Aufgrund der Vorgangsweise der Ausstellung der Freifahrtausweise liege auch das für eine solche Einrichtung notwendige Mindestmaß an Organisation und Institutionalisierung vor. Inhaltlich sei eine solche Freifahrt eine entgeltferne Begünstigung. Mangels des Belegschaftsbeitrages zu dieser Einrichtung sei die Arbeitgeberin berechtigt gewesen, diese Einrichtung zu widerrufen, wofür auch sachliche Erwägungen maßgeblich gewesen seien. Letztlich wendete die beklagte Partei auch noch ein, dass sie durch Übertragung des Postbusbetriebes auf die Post AG keine Möglichkeit mehr habe, so wie bisher Freifahrten zu gewähren. Ähnlich wie bei der Einstellung einer Linie, was zu keinen Ersatzansprüchen der davon betroffenen Bediensteten geführt hätte, könnten daher die Bediensteten auch bei Übertragung des gesamten Postautobetriebes keine Ansprüche mehr auf diese Leistungen erheben.

Das Erstgericht schloss sich in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen den Argumenten der klagenden Partei an und vertrat die Auffassung, dass die Gewährung von Freifahrten durch Betriebsübung Inhalt der Einzeldienstverträge geworden sei. Aufgrund des gespaltenen Dienstverhältnisses der Beamten bestehe kein Hindernis, dass der Beschäftiger, dem die Beamten zur Dienstleistung zugeteilt seien, diesen - im Wege der Betriebsübung - einen privatrechtlichen Anspruch verschafft habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise dahin Folge, dass es das Feststellungsbegehren, soweit es die zugeteilten Beamten betraf, abwies. Hinsichtlich der ehemaligen Vertragsbediensteten und der "neuen" Angestellten vertrat es wie das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass durch vorbehaltlose, nur von formellen Kriterien abhängige Gewährung der Freifahrten für den Kreis von Dienstnehmern, auf die die Voraussetzungen zugetroffen hätten, eine den Einzelvertrag ändernde (ergänzende) Betriebsübung entstanden sei, an die die beklagte Partei trotz Ausgliederung des Postautobetriebes weiter gebunden sei. Die Rechtsbeziehungen zwischen Beamten und ihrem Dienstgeber unterlägen jedoch nicht der privatautonomen Gestaltung durch Vertrag, sondern seien gesetzlich in jeder Richtung determiniert. So wenig ein Beamtenverhältnis durch Vertrag begründet werden könne, so wenig könne es auch durch Vertrag geändert werden. Bezugsrechtliche Ansprüche könnten daher nur aus bezugsrechtlichen Bestimmungen geltend gemacht werden. Das öffentliche Recht kenne keinen dem § 863 ABGB vergleichbaren Vertrauensschutz. Die Beamten könnten sich deshalb nicht auf eine betriebliche Übung und einen daraus abgeleiteten Rechtserwerb berufen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zum allenfalls schlüssigen Rechtserwerb durch Beamte sowie zur Klagelegitimation eines Personalausschusses keine eindeutige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorhanden sei.

Gegen den der Berufung teilweise Folge gebenden, klageabweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Gegen den der Berufung nicht stattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.

Die Parteien beantragten wechselseitig, der jeweils gegnerischen Revision nicht Folge zu geben.

Die Revisionen sind wegen des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zulässig; diejenige der beklagten Partei ist auch berechtigt. Hingegen ist die Revision der klagenden Partei nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach Ansicht der beklagten Partei fehle es dem klagenden Personalausschuss (für Tirol und Vorarlberger) an der Legitimation zur Einbringung der vorliegenden Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASVG. Diese Angelegenheit betreffe nämlich nicht nur die Postbediensteten der genannten Bundesländer, sondern überregional die Postbediensteten in ganz Österreich. Es handle sich somit um eine Sache, welche gemäß § 73 Abs 2 Z 6 P-BVG in den Kompetenzbereich des Zentralausschusses falle. Dieser habe die Angelegenheit aber nicht an die klagende Partei delegiert. Dazu ist zu erwägen:

Gemäß § 17 Abs 3 PTSG sind zur Wahrnehmung der bisher den Post- und Telegraphendirektionen zugekommenen Funktionen einer nachgeordneten Dienstbehörde nachgeordnete Personalämter eingerichtet: .... Z 2 Innsbruck für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft in Tirol und Vorarlberg; .... Gemäß § 9 Abs 1 P-BVG sind Organe der Arbeitnehmerschaft (Personalvertretungsorgane) 1. die Betriebsversammlung, 2. der Vertrauenspersonenausschuss, 3. der Personalausschuss, 4. der Zentralausschuss, 5. die Personalvertretungsversammlung, 6. die Wahlausschüsse und 7. die Rechnungsprüfer.... Gemäß § 19 Abs 1 letzter Satz P-BVG war für die Post- und Telekom Austria Aktiengesellschaft jeweils für den Bereich der gemäß § 17 Abs 3 PTSG errichteten Personalämter ein Personalausschuss zu errichten.

Daraus ergibt sich die grundsätzliche Legitimation des hier klagenden Personalausschusses. Soweit die beklagte Partei einwendet, dass Agenden von überregionalem Interesse nicht vom einzelnen Personalausschuss, sondern nur vom übergeordneten Zentralausschuss wahrgenommen werden könnten, vermengt sie interne, in der Betriebsverfassung gegründete Kompetenzen und das durch § 54 Abs 1 ASGG eingeräumte Klagerecht. Nach Lehre (Gamerith, "Die besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 ASGG" in DRdA 1988, 303, 306; Eypeltauer, "Das besondere Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG" in JBl 1987, 490 f; Kuderna ASGG² 345) und Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0050991) können die parteifähigen Organe der Arbeitnehmerschaft und damit der Betriebsrat (Anmerkung: welchem der Personalausschuss gleichzuhalten ist) die Feststellungsklage im Rahmen ihres Wirkungsbereiches erheben, also für die von ihnen vertretenen Arbeitnehmer. Dass die Klageberichtigung auf Angelegenheiten beschränkt wäre, die den Gegenstand einer zulässigen Betriebsvereinbarung bilden können, lässt sich indes dem Gesetz nicht entnehmen. Damit hat der klagende Personalausschuss, welcher - zuletzt - sein Feststellungsbegehren auf die Postbediensteten der Bundesländer Tirol und Vorarlberg eingeschränkt hat, seine Kompetenzen nicht überschritten.

Hingegen kommt einem anderen Einwand der beklagten Partei selbst für den Fall, dass man durch Betriebsübung entstandene Individualansprüche bejahen wollte, wesentliche Bedeutung zu: Die Gewährung der Freifahrten auf Postlinien (und parallel geführten Kraftwagenlinien der ÖBB) war an Voraussetzungen gebunden, welche im Einzelfall kumulativ gegeben sein mussten, nämlich an dem Bestand einer Postautolinie und die Situierung sowohl des Wohn- als auch des Dienstortes an einer solchen Linie. Änderte sich daher der Wohn- oder Dienstort des Freifahrtsberechtigten derart, dass einer dieser Orte nicht mehr an einer Postautolinie gelegen war, ging die Freifahrtberechtigung entschädigungslos verloren. Genauso verhielt es sich aber auch, wenn eine Postautolinie aufgelassen wurde, und zwar nach dem klaren Wortlaut der Gewährungsrichtlinie auch dann, wenn eine parallel geführte Kraftwagenlinie der ÖBB weiterbestehen sollte. Die Gewährung der Freifahrtberechtigung stand daher unter der - für jeden Berechtigten erkennbaren - auflösenden Bedingung, dass sämtliche für die Gewährung erforderlichen Voraussetzungen aufrecht waren. Durch die gesellschaftsrechtliche Abspaltung des Postautobetriebes und Einbringung desselben in die neu gegründete Postbus AG ging der beklagten Partei die Möglichkeit verloren, den bei ihr beschäftigten Personen kostenlose Mitnahme zu bieten, weil sie nunmehr über keinen Postautoliniendienst mehr verfügte. Dem möglichen Gegenargument, dass die beklagte Partei immer noch einen bestimmenden Einfluss auf die neu gegründete Postbus AG behalten hätte, steht das Gesetz entgegen: Gemäß § 19a PTSG, in Kraft getreten am 1. 3. 2001, gingen nämlich die Anteilsrechte der Österreichischen Post AG an der Österreichischen Postbus AG in das Eigentum der Österreichischen Industrie Holding AG über. Der bei der Österreichischen Post AG daraus entstehende Buchverlust war direkt mit Kapitalrücklagen zu verrechnen. Wenn somit bereits das Einstellen einer Linie dem vormals dadurch - bedingt - begünstigten Bediensteten entschädigungslos die Freifahrtmöglichkeit nahm, muss dies im Wege eines Größenschlusses auch für den bei der beklagten Partei eingetretenen Verlust aller Postautolinien Geltung haben. Aus der kurzfristigen Verrechnung der Freifahrtleistungen durch die Postbus AG gegenüber der Post AG in der Zeit von Mitte Oktober bis Ende des Jahres 2000 konnten die freifahrtberechtigten Beschäftigten nicht auf einen Abänderungswillen der beklagten Partei dahin schließen, dass Freifahrten nunmehr unabhängig von den vorgenannten Bedingungen gewährt würden. Zum einen ist nicht hervorgekommen, dass diese Inrechnungstellung bekannt geworden ist, zum anderen hat die beklagte Partei mit ihrem "Widerruf" in der ersten Dezember-Hälfte rechtzeitig auf die geänderten Verhältnisse und das Ende der Freifahrtbegünstigungen hingewiesen. Selbst im Falle durch Betriebsübung entstandener Individualansprüche wären diese daher durch Eintritt der auflösenden Bedingung erloschen. Damit bedarf es auch keines Eingehens mehr auf den weiteren Einwand der beklagten Partei, dass keine Betriebsübung entstanden sei, sondern eine betriebliche Wohlfahrtseinrichtung seitens der Arbeitgeberin - zulässig - eingestellt worden sei.

Damit ist aber auch auf die Ausführungen in der Revision der klagenden Partei nicht weiter einzugehen, welche darauf abzielen, dass hinsichtlich der Beamten neben deren öffentlich-rechtlicher Stellung zum Bund eine privatrechtliche Beziehung zum "Beschäftigerbetrieb" möglich gewesen sei.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO, hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 Abs 1 ZPO. Zum Kostenzuspruch für das Verfahren erster Instanz ist ergänzend anzumerken: Für die im Jahre 2001 erbrachten Leistungen (erste Tagsatzung und Schriftsatz vom 29. 11. 2001) hatte die Berechnung auf Basis von ATS 300.000 nach dem damals geltenden Kostentarif in Schillingbeträgen zu erfolgen, welche in Euro-Währung umzurechnen waren. Für den vorgenannten, auf eine Fristerstreckung abzielenden Schriftsatz gebührt nicht, wie verzeichnet, TP 2, sondern nur TP 1 I lit c RAT. Da die Tagsatzung vom 1. 7. 2003 die Dauer von einer Stunde nicht überschritt, waren die von der beklagten Partei für zwei begonnene Stunden verzeichneten Kosten entsprechend zu kürzen.

Zu den Kosten der Revision der beklagten Partei ist anzumerken, dass Gegenstand des Rechtsmittels nur die Bekämpfung jenes Teiles des Berufungsurteils war, mit welchem das stattgebende Feststellungsurteil hinsichtlich zweier Interessentengruppen, nämlich ehemaliger Vertragsbediensteter einerseits und Angestellter andererseits, aufrecht erhalten wurde. Das Revisionsinteresse ist daher mit zwei Drittel des Gesamtinteresses zu bewerten, das heißt mit EUR 14.533,33 anstelle EUR 21.800. Auf der Basis dieses Ansatzes waren die Kosten der Revision zuzuerkennen. Kosten für die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei zur Revision der klagenden Partei konnten nicht zuerkannt werden, weil solche nicht verzeichnet wurden.

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