OGH 8ObA277/98p

OGH8ObA277/98p22.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Senatsrat Dr. Kurt Scherzer und Dr. Christoph Klein als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ingrid H*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P***** Papier und Zellstoff AG, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 350.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Juli 1998, GZ 8 Ra 74/98h-38, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. November 1997, GZ 32 Cga 250/94i-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.020,-- (darin S 2.670,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Klägerin die begehrten Pensionszuschußzahlungen zustehen, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin kann sich die Klägerin auf die von der beklagten Partei aufgestellten Pensionsrichtlinien vom 10. 7. 1956 als Anspruchsgrundlage nicht berufen, weil die beklagte Partei ihren Willen, sich nach diesen Richtlinien vorbehaltslos zur Gewährung von Pensionszuschüssen an ausscheidende Arbeitnehmer zu verpflichten, nicht durch eine entsprechende Erklärung gegenüber den Arbeitnehmern bekundet hat. Entscheidend ist vielmehr, welchen Verpflichtungswillen die Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger bei sorgfältiger Würdigung aus dem ihnen gegenüber nur durch die Zuerkennung und Gewährung von Betriebspensionen gesetzten Erklärungsverhalten der beklagten Partei erschließen konnten (Arb 10.493; SZ 46/9; RIS-Justiz RS0014154).

Beginnend mit dem Pensionszuerkennungsschreiben an Alfred F***** vom 30. 6. 1953 enthielten nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen 53 bis Mitte 1972 an ausscheidende Arbeitnehmer gerichtete Zuerkennungsschreiben den Beisatz "freiwillig und jederzeit widerruflich", 11 weitere lediglich den Beisatz "freiwillig"; in bezug auf vier weitere ausgeschiedene Arbeitnehmer liegt kein derartiges Schreiben vor. Erhielt damit die überwiegende Mehrzahl der über keinen gesonderten Pensionsvertrag verfügenden ausscheidenden Arbeitnehmer den Pensionszuschuß mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die jederzeitige Widerruflichkeit, dann läßt diese Betriebsübung einen zweifelsfreien Schluß auf einen vorbehaltslosen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers nicht zu.

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten, daß der Oberste Gerichtshof bereits in seiner in diesem Verfahren ergangenen Vorentscheidung 8 ObA 2258/96h - ebenso wie in den gleichgelagerten Fällen 8 ObA 2253/96y und 8 ObA 2254/96w - ausgesprochen hat, daß die Klägerin einen Pensionsanspruch nicht auf eine individuelle Pensionszusage, sondern allenfalls auf betriebliche Übung stützen kann. Die Revisionswerberin kann sich daher nicht auf die von ihr zitierten Entscheidungen 9 ObA 2235/96h, 8 ObA 2259/96f, 9 ObA 2236/96f und 9 ObA 2232/96t stützen, da diesen jeweils individuelle Pensionszusagen zugrunde liegen.

Die einmalige unvollständige Mitteilung über das Bestehen der betrieblichen Übung durch Dr. W***** sowie unvollständige Mitteilungen durch Mitarbeiter oder den Betriebsrat, die keinen Hinweis auf die Widerruflichkeit der Betriebspension enthalten, sodaß dieser Umstand der Kenntnis der Klägerin entzogen war, sind kein dem Arbeitgeber zuzurechnendes Erklärungsverhalten, das die Arbeitnehmer zu einem Vertrauen auf das Bestehen eines uneingeschränkten (unwiderrufbaren) Pensionsanspruchs berechtigt (SZ 61/274 uva). Entgegen der Meinung der Revisionswerberin konnte sie gemäß § 863 ABGB nicht davon ausgehen, daß unwiderrufbare Ansprüche entstehen.

Weiters ist festzuhalten, daß auf den klagsgegenständlichen Sachverhalt entgegen der Meinung der Revisionswerberin das Betriebspensionsgesetz nicht anwendbar ist. Wie sich aus Art V Abs 3 BPG unzweifelhaft ergibt und der Oberste Gerichtshof auch in ständiger Rechtsprechung judiziert, ist das BPG nur auf nach dem 1. 7. 1990 erworbene Anwartschaften anwendbar (SZ 65/163 uva), somit nicht auf gegenständlichen Sachverhalt.

Die Revisionswerberin verkennt in diesem Zusammenhang die Entscheidung 9 ObA 15/97i des Obersten Gerichtshofes, wenn sie meint, daß mit dieser Entscheidung ausgesprochen wurde, daß ein vor Inkrafttreten des BPG erworbenes Anwartschaftsrecht auch dann bestehen bleibe, wenn die Pensionsleistung durch den Arbeitgeber widerrufbar sei und eine Kündigung vor Erreichung des Pensionsfalles erfolgt sei. Haupttenor dieser Entscheidung ist aber, daß, vorausgesetzt die Anwartschaft ist widerruflich, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber keinen tauglichen Widerruf darstellt und daher mangels Widerrufs gemäß der betreffenden Betriebsvereinbarung ein Anspruch auf Altersunterstützung besteht. Der zitierten Entscheidung liegt somit ein anderer Sachverhalt zugrunde. Grundsätzlich steht sie aber in ihren allgemeinen Ausführungen im Einklang mit dieser Entscheidung.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Stichworte