OGH 9ObA2236/96f

OGH9ObA2236/96f30.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Manfred Dafert und Helmuth Prenner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Viktoria F*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P***** AG, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler und Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 98.090,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.April 1996, GZ 8 Ra 122/95-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.Juli 1995, GZ 32 Cga 257/94v-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 (darin S 1.014,40 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Klägerin die begehrten Pensionszuschußzahlungen zustehen, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten, daß sie im wesentlichen ihre Beweisrüge in der Berufung wiederholt und nicht von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen ausgeht. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war die Klägerin bei der beklagten Partei vom 15.2.1960 bis 30.6.1992 als Angestellte im Labor beschäftigt. Seit Mitte 1962 war sie Mitglied des Betriebsrates. Bei der Einstellung der Klägerin gab es Einstufungsprobleme. Es kam dann nach einem Gespräch mit Dr.M***** zu einem solchen mit Dr.W*****, wobei der Klägerin neben den Sozialleistungen auch zugesagt wurde, daß sie Anspruch auf eine Firmenpension bei entsprechend langer Tätigkeit hätte; von einer Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit wurde der Klägerin nichts mitgeteilt. Anfang der 70er Jahre gab es Probleme mit alleinerziehenden Arbeitnehmerinnen, weil für den Fall ihres Ablebens ihre Kinder nicht in den Genuß einer Waisenrente kämen. Es wurde dann die Firmenpension auch auf die Hinterbliebenenleistungen ausgedehnt. Von seiten der Klägerin wurden immer wieder Gespräche mit Dr.W***** über die Betriebspensionen geführt, jedoch gab es vorerst keine Möglichkeit, darüber Verhandlungen zu führen. Es hat sich immer wieder herauskristallisiert, daß die Firmenpension eine praktisch bestehende Einrichtung war. In der Folge kam es wohl zu Kürzungen, jedoch wurde der Klägerin weder als Betriebsrätin noch als Arbeitnehmerin jemals mitgeteilt, daß es sich bei diesen Leistungen um freiwillige und widerrufbare handelt. Auch wußte die Klägerin zwischenzeitig im Rahmen ihrer Betriebsrattätigkeit, wie die Firmenpension berechnet wurde. Im Betrieb der beklagten Partei gab es seit 10.7.1956 schriftliche Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zu den aus der Sozialversicherung gezahlten Renten der Angestellten. Nach Punkt 1 der Richtlinien sollten Angestellte, mit mindestens 15-jähriger Dienstzeit einen "Anspruch" auf einen Zuschuß zu ihrer Pension haben. Dieser Zuschuß wurde derart berechnet, daß er für jedes Dienstjahr 1 % des letzten Monatsgehalts betrug, jedoch 30 % des Gehalts nicht übersteigen durfte. Weder in diesen Richtlinien noch im entsprechenden Vorstandsbeschluß war von Freiwilligkeit oder von Widerrufbarkeit der Zuschußleistungen die Rede. In den späteren Aktennotizen wurden die Zuschüsse als "freiwillig" bezeichnet. Der Inhalt dieser Richtlinien war kein Geheimnis, weil der Betriebsrat bereits seit den "70iger Jahren" wußte, wie die Pensionszuschüsse zu berechnen waren und die Pensionsberechnung nachprüfte. Die Pensionen wurden ausnahmslos an alle ausgezahlt, welche die Voraussetzungen erfüllten.

Der Personalchef Dr.W***** gab verschiedenen Mitarbeitern eine Zusage über die Firmenpension, teils schon bei ihrer Einstellung, teils zu einer Zeit, als sie die beklagte Partei verlassen wollten, um sie zum Bleiben zu motivieren.

Erst in den individuellen Pensionszuerkennungsschreiben teilte die beklagte Partei ihren Mitarbeitern erstmals mit, daß die Pension nur freiwillig und jederzeit widerruflich gezahlt werden sollte.

Bei diesem konkreten Sachverhalt - und nur auf diesen kommt es an -, kann kein Zweifel bestehen, daß die Klägerin ihre nachhaltige Vertrauensposition auf der Grundlage einer bestehenden betrieblichen Übung, wobei die beklagte Partei die Kenntnis des Betriebsrats über den maßgeblichen Inhalt der Pensionsrichtlinien duldete, auch auf die vorbehaltlose individuelle Zusage stützen kann (vgl 9 Ob A 2232/96t). Durch die dem Betriebsrat vorbehaltene Kenntnis, die Höhe der nachmaligen Pension zu errechnen, war diese als zusätzlicher Entgeltbestandteil zugesagte Leistung auch hinreichend bestimmbar.

Da die Klägerin im Jahre 1960 bei der beklagten Partei eingetreten ist, hatte sie die Pensionsanwartschaft von 15 Jahren im Jahr 1975 sohin nach der Neufassung der Richtlinien vom 18.12.1974 erreicht. Wie die Vorinstanzen richtig erkannten, konnten jedoch weder eine Änderung der Richtlinien noch das bei Pensionsanfall letztlich ergangene Pensionszuerkennungsschreiben den bereits bestehenden vertraglichen Anspruch der Klägerin auf ihre Zuschußpension beeinträchtigen (Rummel, Betriebspension in der Krise - Widerruf wegen Dürftigkeit ? DRdA 1989, 366 f; DRdA 1989/30 = SZ62/4), weil eine nachweisliche Mitteilung an die Arbeitnehmer, daß die Pension nun nur freiwillig und jederzeit widerruflich bezahlt werden soll vor dem Pensionszuerkennungsschreiben nicht festgestellt ist (DRdA 1995/25 [Runggaldier]). Ein Widerrufsvorbehalt kann nur dann Vertragsinhalt werden, wenn der Arbeitgeber ausreichend deutlich darauf aufmerksam macht (infas 2/1992, 12). Geschieht dies nicht, so ist die Vertrauenslage der Arbeitnehmer auf die bisherige Vereinbarung zu schützen, weil die einseitige Änderung der Bedingungen ohne Aushandeln mit dem Arbeitnehmer und ohne Hinweis auf die abgeänderten Rechte eine einseitige, unvorhersehbare und unzumutbare Änderung der ohne Widerrufsklausel vereinbarten Pensionszusage bedeutet (9 ObA 2001/96x). Die Einstellung der betrieblichen Leistung ab Juli 1993 erfolgte im vorliegenden Fall sohin rechtswidrig.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.

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