Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die am 1. Mai 1925 geborene Ernestine Agnes A***** ist am 7. April 2006 verstorben. Die EZ 288 des Grundbuchs ***** wies bei Einbringung des Grundbuchsgesuchs ua folgende für die Beurteilung relevante Eintragungen auf:
Zu C-LNR 2a war ein Wohnungsrecht, zu C-LNR 3a ein Ausgedinge, zu C-LNR 5a ein Pfandrecht für monatlich 1.000 ATS und zu C-LNR 8a das „BESTANDRECHT bis 2050-08-31 gem Mietvertrag 2000-09-15" jeweils für die Verstorbene eingetragen; weiters eingetragen waren zwei Höchstbetragspfandrechte (C-LNR 12a und 13a), denen der Vorrang vor den LNR 2, 3, 5 und 8 eingeräumt war.
Das Verlassenschaftsgericht bestätigte mit Amtsbestätigung vom 5. März 2008 gemäß § 186 Abs 1 AußStrG, dass „in dem für die Verstorbene [...] eingetragenen bücherlichen Rechte, und zwar Ausgedinge (CLNr. 3) und Pfandrecht für monatlich 1.000,-- (CLNr. 5) zum Todestag keine Rückstände vorhanden waren."
Unter Vorlage eines Auszugs aus dem Sterbebuch mit der Nummer 90/2006 vom 7. April 2006 und der Amtsbestätigung vom 5. März 2008 beantragte der Antragsteller, ob der genannten Liegenschaft die Löschung der Eintragungen C-LNR 2a, C-LNR 3a, C-LNR 5a und C-LNR 8a zu bewilligen.
Das Erstgericht bewilligt die Löschung der Eintragungen in C-LNR 2a, C-LNR 3a, C-LNR 5a und wies das Mehrbegehren, die Löschung auch des Bestandrechts C-LNR 8a zu bewilligen, ab. Eine Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG könne nur durchgeführt werden, wenn keine Rechte Dritter betroffen seien. Laut MRG könne in das einverleibte Bestandrecht ein naher Angehöriger/Lebensgefährte der Verstorbenen eintreten. Es könne daher vom Grundbuchsgericht nicht geprüft werden, ob Rechte von Dritten bei einer Löschung betroffen seien.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 20.000 EUR und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig. § 1116a ABGB besage, dass durch den Tod eines Vertragsteils der (auch befristete) Bestandvertrag nicht aufgehoben werde. Das Mietverhältnis werde zunächst mit der Verlassenschaft, nach der Einantwortung mit den Erben fortgesetzt. Derjenige, auf den das Recht im Erbweg oder durch ein Legat übergehe, sei Rechtsnachfolger des verstorbenen Mieters. Demgemäß setze § 1116a zweiter Satz ABGB nicht die Vererblichkeit von Mietrechten fest, sondern enthalte lediglich eine Bestimmung, die nach dem Tod des Mieters dem Vermieter die Aufkündigung des Mietvertrags erleichtern soll. Der Tod der Verstorbenen habe somit ein Bestandverhältnis - unabhängig vom Vorhandensein eintrittsberechtigter Personen - keinesfalls beendet. Die Abweisung des Löschungsgesuchs erweise sich daher bereits aus diesem Grund als zutreffend. Es bedürfe daher auch im Lichte der Bestimmung des § 95 Abs 3 GBG keiner weiteren Begründung. Bei der Bewertung sei auf die Dauer des Bestandrechts Bedacht zu nehmen und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen gewesen, weil sich die Vererblichkeit des Mietrechts eindeutig aus dem Gesetz ergebe und ständiger Judikatur entspreche.
Dagegen richtet sich das als „1. Zulassungsvorstellung, 2. Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel des Antragstellers mit dem Antrag, die Löschung des Bestandrechts zu bewilligen. Als erhebliche Rechtsfrage wird angesehen, ob bei Tod des Mieters das im Grundbuch eingetragene Bestandrecht aufgrund der Sterbeurkunde gelöscht werden könne, wozu Judikatur des Obersten Gerichtshofs fehle. Die Frage sei zu bejahen, weil mit dem allfälligen Übergang des Mietvertrags auf eine andere Person nicht das Recht verbunden sei, den neuen Mieter im Grundbuch einzutragen, da dieser über kein bücherlich sichergestelltes Bestandrecht verfüge.
Rechtliche Beurteilung
Das als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandelnde Rechtsmittel ist aus dem vom Antragsteller angeführten Grund zulässig; es ist jedoch nicht berechtigt.
1. Der Antragsteller, der sich zur begehrten Löschung des Bestandrechts nur auf den Nachweis des Tods der eingetragenen Bestandnehmerin beruft, strebt damit offensichtlich eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG an. Diese hat zur Voraussetzung, dass das Grundbuch mit der wirklichen Rechtslage wegen einer nachträglichen, nur außerbücherlich eingetretenen Rechtsänderung nicht mehr übereinstimmt (RIS-Justiz RS0061010; RS0079847; RS0060992). Wie schon das Rekursgericht zutreffend hervorhob, führt aber der Tod des Bestandnehmers allein nicht zur Beendigung des Bestandvertrags, weshalb der Nachweis dieser Tatsache die begehrte Löschung der Eintragung des Bestandrechts aufgrund des Mietvertrags vom 23. August 2000 nicht rechtzufertigen vermag:
1.1. § 1116a Satz 1 ABGB und § 14 Abs 1 MRG normieren ausdrücklich die sich bereits aus § 531 ABGB ergebende Vererblichkeit der Bestandnehmer- und Bestandgeberposition, weshalb der (wenn auch befristete) Bestandvertrag durch den Tod eines Teils nicht aufgehoben wird.
1.2. Beim Tod des Mieters muss danach unterschieden werden, ob Eintrittsberechtigte nach § 14 Abs 3 MRG vorhanden sind oder nicht (vgl Weiß/Ferrari in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht (2007) 15 ff): Ist ersteres der Fall, sehen § 14 Abs 2 und 3 MRG eine kraft Gesetzes eintretende Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen in das Hauptmietverhältnis über eine Wohnung beim Tod des Hauptmieters vor, welche die allgemeine Erbfolge - ausnahmsweise - ausschließt (RIS-Justiz RS0012202 [T7]; RS0069664). Dieser Eintritt in die Hauptmietrechte erfolgt kraft Gesetzes unabhängig von einer Erklärung des Eintretenden (RIS-Justiz RS0103062; RS0068257).
1.3. Fehlt es an eintrittsberechtigten Personen oder wollen diese das Mietverhältnis nicht fortsetzen oder fällt das Mietverhältnis gar nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung, wird das Mietverhältnis zunächst mit der Verlassenschaft, nach der Einantwortung mit dem Erben fortgesetzt (RIS-Justiz RS0021167 [T4] und [T5]; RS0021182). Der Eintritt der Erben in den Bestandvertrag vollzieht sich ex lege und bedarf keiner Erklärung (5 Ob 8/99h). Für die Wohnungsmiete gilt in diesen Fällen, dass der Vermieter ein den gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen unterliegendes Bestandverhältnis gemäß § 30 Abs 2 Z 5 MRG kündigen kann; das ändert jedoch nichts daran, dass der Mietvertrag bis zu dessen Kündigung fortbesteht (RIS-Justiz RS0103727). Gleiches gilt außerhalb des Anwendungsbereichs des MRG, für den § 1116a Satz 2 ABGB ein beiderseitiges besonderes Kündigungsrecht vorsieht.
1.4. Zusammenfassend ergibt sich also, dass der Tod des Mieters entweder zum Eintritt bestimmter Personen oder zum Übergang des Mietrechts auf den Nachlass oder den/die Erben führt und erst eine Kündigung den Bestandvertrag beendet. Der - urkundlich erwiesene - Tod der Bestandnehmerin hat daher für sich allein nicht die Auflösung des Bestandvertrags zur Folge, weshalb er auch nicht die begehrte Löschung des eingetragenen Bestandrechts rechtzufertigen vermag. Ein eingetragenes Bestandrecht kann jedenfalls vor Ablauf der vertraglich festgelegten Bestandzeit gemäß § 136 GBG (nur) gelöscht werden, wenn die Auflösung des Bestandvertrags durch ein auf Räumung lautendes Urteil nachgewiesen wird (vgl Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht, § 136 GBG Rz 55 mwN).
2. In diesem Zusammenhang ist auf die Wirkung der grundbücherlichen Einverleibung eines Bestandvertrags (§ 1095 ABGB) hinzuweisen, die sich darin erschöpft, dass nicht nur der derzeitige Eigentümer der Liegenschaft, sondern auch jeder spätere Erwerber entgegen der sonst geltenden Regel des § 1120 ABGB an den einverleibten Bestandvertrag „für die übrige Zeit" gebunden bleibt, das heißt an die Bestandzeit. Der spätere Erwerber erhält also bei verbücherten Bestandrechten durch den Eigentumswechsel nach Veräußerung per se kein außerordentliches Kündigungsrecht im Sinn des § 1120 Satz 1 ABGB (RIS-Justiz RS0020428 [T1] und [T2]; Binder in Schwimann³ § 1095 ABGB Rz 12; Würth in Rummel³ § 1095 ABGB Rz 1). Es geht primär um die Absicherung der vereinbarten Dauer eines Bestandvertrags (wenn auch zugunsten des jeweiligen Bestandnehmers). Mangels Beendigung des Bestandvertrags durch den Tod des Bestandnehmers kommt die beschriebene Wirkung auch darüber hinaus zum Tragen, und zwar zugunsten der Eintretenden/Übernehmenden. Deshalb darf (nur) der Tod der Bestandnehmerin nicht zur Löschung des Bestandrechts im Grundbuch führen, weil es gemäß § 1116a ABGB zur Fortsetzung des eingetragenen Bestandverhältnisses kommt (vgl RIS-Justiz RS0021290; Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht, Rz 28 zu § 19 GBG; Bittner zu LGZ Wien 21. 7. 1999, 46 R 507/99w = wobl 2000/111).
3. Im Grundbuchsverfahren findet ein Kostenersatz nicht statt (RIS-Justiz RS0035961 [T7]).
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