Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Sina V***** war vom 2. 2. 2008 bis 28. 2. 2008 nach dem Unterbringungsgesetz in stationärer Behandlung der 1. Psychiatrischen Abteilung des Sozialmedizinischen Zentrums Baumgartner Höhe, Otto-Wagner-Spital. Sie war vom 5. 2. 2008, 20:05 Uhr, bis 7. 2. 2008, 11:20 Uhr, in ihrer Bewegungsfreiheit innerhalb der Abteilung durch eine Vier-Punkt-Fixierung sowie durch Verlegung ins Netzbett beschränkt.
Der Patientenanwalt beantragte die Überprüfung der Zulässigkeit dieser Beschränkung.
Am Schluss der mündlichen Verhandlung vom 27. 6. 2008 verkündete das Erstgericht den Beschluss, dass die dargestellte Beschränkung der Bewegungsfreiheit der Patientin nicht zulässig gewesen sei. Der Vertreter der Abteilungsleiterin meldete in der Verhandlung die Rekurserhebung an.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der Abteilungsleiterin zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus, in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beschränke sich im Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz (UbG) die verfahrensrechtliche Stellung des Abteilungsleiters darauf, die Interessen des Untergebrachten zu verfolgen; jener sei aber nicht dazu berufen, die Interessen des Krankenhausträgers oder der behandelnden Ärzte zu vertreten. Dem Abteilungsleiter stehe insbesondere kein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung zu, mit der eine bereits aufgehobene Maßnahme für gesetzwidrig erklärt worden sei. In Verfahren nach dem Heimaufenthaltsgesetz (HeimAufG) habe der Oberste Gerichtshof zuletzt allerdings das Rechtsschutzinteresse des Leiters der Einrichtung an der Bekämpfung solcher erstinstanzlicher Entscheidungen mehrfach bejaht. Zwar rechtfertige der Umstand, dass dem Leiter der Einrichtung in § 11 Abs 1 HeimAufG, nicht aber dem Abteilungsleiter in § 33 Abs 3 UbG ein Antragsrecht zugestanden werde, auch eine differenzierende Betrachtung der Rechtsmittellegitimation. Im Hinblick auf die „dargelegte Judikaturdivergenz" sei aber der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Abteilungsleiterin erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig. Die vermeintliche „Judikaturdivergenz" liegt nicht vor; auch die Abteilungsleiterin zeigt in ihrem Rechtsmittel keine (sonstige) erhebliche Rechtsfrage auf.
Der erkennende Senat hat erst jüngst in einem gleich gelagerten Fall Folgendes ausgeführt (30. 10. 2008, 2 Ob 198/08v):
„Nach der ständigen, trotz der Kritik der Lehre (Hopf/Aigner, Unterbringungsgesetz [1993] § 28 Anm 8a; Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts2 [2005] Rz 352) bis zuletzt aufrecht erhaltenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum UbG mangelt es nach Aufhebung der Unterbringungsmaßnahmen und Ablauf der Frist, für die die strittigen Maßnahmen als zulässig erklärt worden waren, an einer aufrechten Beschwer des Abteilungsleiters durch die die Unterbringungsmaßnahmen für nicht zulässig erklärende Entscheidung (8 Ob 46/08k mwN; RIS-Justiz RS0007806, RS0075954). Dies wird damit begründet, dass sich die verfahrensrechtliche Stellung des Abteilungsleiters im Unterbringungsverfahren auf die Verfolgung der Interessen des Patienten beschränkt, während ihm etwa die Wahrung der Interessen des Krankenhausträgers oder der behandelnden Ärzte nicht zukommt. Auch sein Rekursrecht dient nicht der Abwehr des durch eine gerichtliche Sachentscheidung gegen die Anstalt gerichteten Vorwurfs gesetzwidriger Vorgangsweise gegenüber einem Kranken (10 Ob 38/08y; 1 Ob 70/08p; vgl RIS-Justiz RS0076089 [T2 und T3]). Wurde die Unterbringung bereits aufgehoben, könnte in Erledigung des Rechtsmittels des Anstaltsleiters bzw Abteilungsleiters lediglich ausgesprochen werden, dass eine nicht mehr aktuelle Unterbringung zulässig gewesen wäre. Eine solche Feststellung erfordert jedoch die richtig verstandenen Interessen des Kranken nicht. Die Entscheidung wäre rein theoretischer Natur, sodass das Rechtsmittelrecht des Anstaltsleiters bzw Abteilungsleiters bei einer solchen Sachlage zu verneinen ist (5 Ob 61/07t; 10 Ob 38/08y; 7 Ob 77/08m; RIS-Justiz RS0076104). Diese Rechtsprechung ist - wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat - auch in jenen Fällen anzuwenden, in denen die Zulässigkeit während der Unterbringung angeordneter, aber nicht mehr aufrechter weitergehender Beschränkungen und Behandlungen (§§ 33 ff UbG) zu prüfen ist (4 Ob 576/94 = SZ 67/230 = RdM 1995/12 [Kopetzki]; 7 Ob 17/97v; 6 Ob 198/02i; 1 Ob 70/08p)."
Das Rekursgericht hat im Einklang mit diesen Grundsätzen den Rekurs der Abteilungsleiterin zurückgewiesen. Mit ihren Überlegungen zur Rechtsmittelbefugnis des Leiters der Einrichtung in Verfahren nach dem HeimAufG zeigt die Revisionsrekurswerberin keine Gründe auf, die zu einer abweichenden Beurteilung Anlass geben könnten.
Hierzu hat der erkennende Senat ausgeführt (2 Ob 198/08v):
„Es trifft wohl zu, dass der Oberste Gerichtshof in nach dem HeimAufG zu beurteilenden Fällen das Rechtsschutzinteresse des Leiters der Einrichtung an der Bekämpfung einer erstinstanzlichen Entscheidung, mit der eine freiheitsbeschränkende Maßnahme für unzulässig erklärt worden war, bejahte, obwohl die Maßnahme zur Zeit der rekursgerichtlichen Entscheidung über das Rechtsmittel (zufolge § 15 Abs 3 HeimAufG) nicht mehr aufrecht war (7 Ob 226/06w; 8 Ob 121/06m). Er berief sich dabei jeweils auf einschlägige Lehrmeinungen (Barth/Engel, Heimrecht [2004] § 16 HeimAufG Anm 8 mwN; Zierl, Heimrecht [2004] 165 f; Klaushofer, Heimaufenthaltsgesetz [HeimAufG]:
ein erster Überblick, ZfV 2004/1229, 590 [605]; Barth, Spezielle Fragen zum Gerichtsverfahren nach HeimAufG, RZ 2006, 2 [9]; vgl nunmehr auch Strickmann, Heimaufenthaltsrecht [2008] 157 f) und hob das dem Einrichtungsleiter in § 11 Abs 1 HeimAufG eingeräumte Antragsrecht hervor.
Die Grundlage dieser Beurteilung bildeten jedoch ausschließlich die speziellen Verfahrensvorschriften des HeimAufG, weshalb aus den zitierten Entscheidungen für den Anwendungsbereich des UbG keine neuen Erkenntnisse zu gewinnen sind.
Dies gilt ebenso für die zu diesem Thema jüngst ergangene Entscheidung 8 Ob 46/08k, in welcher der Oberste Gerichtshof in einer Heimaufenthaltssache die an ihn herangetragene Frage, ob die Rechtsprechung zum fehlenden Rechtsschutzinteresse des Abteilungsleiters nach dem UbG auf die Rekurslegitimation des Einrichtungsleiters nach dem HeimAufG übertragbar sei, aus verfahrensrechtlichen Erwägungen unbeantwortet ließ."
Schließlich argumentiert die Rechtsmittelwerberin, die Erwägungen des Obersten Gerichtshofs zur Unterbringung als solcher seien auf die Beurteilung der Zulässigkeit einzelner Maßnahmen, mit denen die Bewegungsfreiheit einer rechtmäßig untergebrachten Person gemäß § 33 UbG beschränkt werde, nicht ohne weiteres übertragbar. Dem ist zu entgegnen, dass nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung dem Abteilungsleiter im Verfahren nach dem UbG nach Aufhebung der Unterbringungsmaßnahmen und Ablauf der Frist, für die die strittigen Maßnahmen als zulässig erklärt worden waren, die Rechtsmittelbefugnis auch dann nicht zukommt, wenn es um die Zulässigkeit einzelner freiheitsbeschränkender Maßnahmen geht (4 Ob 576/94; 1 Ob 70/08p; 2 Ob 198/08v).
Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
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