Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Am 8. 1. 2008 beantragte die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau als Jugendwohlfahrtsträger namens der minderjährigen Rebecca A*****, die seit Herbst 2007 bei ihrem Vater Josef G***** lebt, die Mutter des Kindes zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von 180 EUR ab 1. 10. 2007 zu verpflichten und brachte dazu vor, dass die Mutter 900 EUR netto im Monat zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld verdiene.
Der Mutter wurde der Unterhaltfestsetzungsantrag zur Äußerung unter Hinweis auf die Säumnisfolgen des § 17 AußStrG am 16. 1. 2008 durch Hinterlegung zugestellt. Die Mutter hat weder der damit verbundenen Ladung Folge geleistet noch sich schriftlich geäußert. Das Erstgericht holte daraufhin Auskünfte über das Einkommen der Mutter sowohl vom AMS Zell am See als auch vom Arbeitgeber Firma H***** ein.
Die Ergebnisse dieser Auskünfte wurden zwar dem Jugendwohlfahrtsträger, nicht aber der Mutter zur Kenntnis und Äußerungsmöglichkeit zugestellt.
Das Erstgericht verpflichtete daraufhin die Mutter ab 1. 10. 2007 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 150 EUR zu leisten und wies das Mehrbegehren ab.
Dabei ging es von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen der Mutter von 827,48 EUR und Sorgepflichten der Mutter für zwei weitere Kinder aus.
Für den Zeitraum nach dem 2. 2. 2008, ab dem die Auszahlung von Arbeitslosengeld an die Mutter wegen deren Auslandsaufenthalts eingestellt worden war, spannte das Erstgericht die unterhaltspflichtige Mutter im selben Ausmaß an, wie sie zuvor an Einkommen zu erzielen in der Lage gewesen war.
Die Aufstellungen über „monatliche Kosten, Schuldennachweis und Rückforderungen" und das „Kostenblatt" über erhaltene Sozialhilfe fand das Erstgericht für unbeachtlich, weil diese Positionen bei der Unterhaltsfestsetzung nicht abzugsfähig seien.
Gegen diesen Beschluss erhob die Mutter Rekurs mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Unterhaltsfestsetzungsbegehrens. Mit dem Rekurs verband die Mutter einen Antrag auf Verfahrenshilfe und Beigebung eines Dolmetschers für die englische Sprache.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Mutter teilweise Folge und änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass der für die minderjährige Rebecca zu leistende monatliche Unterhaltsbetrag beginnend mit 1. 10. 2007 bis auf weiteres mit 90 EUR festgesetzt wurde. Das Mehrbegehren wies das Rekursgericht ab.
Anders als das Erstgericht legte das Rekursgericht der Unterhaltsbemessung nicht das ermittelte Durchschnittseinkommen der Mutter zugrunde, sondern hielt es für gerechtfertigt, im Sinn der Rechtsprechung (vgl etwa EFSlg 113.514) der Mutter eine absolute Leistungsgrenze in Höhe des Existenzminimums von derzeit 600 EUR zuzubilligen. Unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten ermittelte das Rekursgericht den der Antragstellerin danach zustehenden Unterhaltsbetrag mit 90 EUR monatlich.
In der Folge legte die Unterhaltspflichtige ein Vermögensbekenntnis vor, woraufhin ihr vom Erstgericht Verfahrenshilfe samt Beigebung eines Rechtsanwalts bewilligt wurde.
Der bestellte Verfahrenshelfer erhob eine Zulassungsvorstellung verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs.
Mit Beschluss vom 3. 12. 2008 änderte das Rekursgericht seine Entscheidung, wonach der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG doch für zulässig erklärt wurde. Die im Revisionsrekurs geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren könne auch noch vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden. Wegen dieses behaupteten schweren Verfahrensverstoßes sei der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig zu erklären.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts erweist sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin als nicht zulässig.
Das ist wie folgt kurz zu begründen:
Zunächst ist nach dem Akteninhalt davon auszugehen, dass der Antragsgegnerin der Unterhaltfestsetzungsantrag zugestellt, allerdings von ihr nicht behoben wurde. Eine Ortsabwesenheit oder fehlerhafte Zustellung wurde nicht behauptet. Es ergeben sich nach dem Akteninhalt dafür auch keine Anhaltspunkte.
Der Grundsatz des Parteiengehörs fordert zunächst nur, dass der Partei ein Weg eröffnet wird, die Argumente für ihren Standpunkt und alles Zweckdienliche vorzubringen. Das rechtliche Gehör ist einer Partei auch dann gewährt, wenn sie sich nur schriftlich äußern konnte (vgl RIS-Justiz RS0006048).
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegnerin die als Beweismittel verwendeten Auskünfte ihres Dienstgebers und des AMS nicht zur Kenntnis gebracht wurden und ihr dazu auch keine Äußerungsmöglichkeit eingeräumt wurde. Nach der Rechtsprechung ist das rechtliche Gehör im Sinn des § 15 AußStrG nämlich nur dann ausreichend gewahrt, wenn den Parteien nicht nur Gelegenheit gegeben wird, ihren Standpunkt darzulegen, sondern sich auch zu allen Tatsachen und Beweisergebnissen, die der Entscheidung zugrunde gelegt werden, zu äußern (vgl RIS-Justiz RS0005915; RS0074920; RS0119970 [T1]).
Die Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinn des § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG stellt einen Revisionsrekursgrund dar, der analog § 55 Abs 3 AußStrG auch von Amts wegen aufzugreifen ist (vgl RIS-Justiz RS0119971); sie stellt jedoch keinen absolut wirkenden Verfahrensmangel dar, sondern ist nur dann wahrzunehmen, wenn sie Einfluss auf die Richtigkeit der Entscheidung haben konnte (§ 57 Z 4 AußStrG; RIS-Justiz RS0120213).
In ihrem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss hat die Antragsgegnerin dargelegt, aus welchen Gründen sie die Entscheidung bekämpft und welche andere Entscheidung sie anstrebt. Er war damit geeignet, ihre Rechte zu wahren (§ 7 Abs 1 AußStrG iVm § 64 Abs 1 Z 3 ZPO), sodass er auch wirksam war. Da er gleichzeitig mit dem oben erwähnten Verfahrenshilfeantrag verfasst wurde, ist anzunehmen, dass die Antragsgegnerin den Rekurs zunächst selbst ausführen wollte. Jeder Partei steht aber nur eine einzige Rechtsmittelschrift zu (vgl RIS-Justiz RS0041666). Der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels gilt auch im außerstreitigen Verfahren (RIS-Justiz RS0007007). Mit ihrem Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat daher die Antragsgegnerin ihr Rechtsmittelrecht in Anspruch genommen und verbraucht. Dass über ihren Verfahrenshilfeantrag nicht schon vorher entschieden wurde, schadet nicht, weil ein Verfahrenshelfer ohnedies keine zweite Rechtsmittelschrift einbringen hätte dürfen (7 Ob 126/07s).
Macht aber die Partei, der in erster Instanz das rechtliche Gehör nicht oder nicht ausreichend gewährt wurde, von ihrer Möglichkeit, im Rekurs ihren Standpunkt darzulegen, nicht Gebrauch, steht dieser Verfahrensfehler einer zweitinstanzlichen Entscheidung in der Sache nicht entgegen (vgl 9 Ob 51/08b).
Die Antragsgegnerin hat in ihrem Rekurs nur vorgebracht, sie habe monatlich 900 EUR ohne Sonderzahlungen verdient.
Das Rekursgericht hat zwar ihr Vorbringen zu Ausgaben für Strom, Miete und Kreditrückzahlungen als unzulässige Neuerung gewertet, in diesem Zusammenhang aber auch zu Recht den Standpunkt vertreten, diese Ausgaben seien für die Unterhaltsbemessung ohnedies nicht relevant. Letztlich ist es gar nicht vom festgestellten Einkommen der Unterhaltspflichtigen ausgegangen, sondern zu ihren Gunsten vom Existenzminimum als Belastungsgrenze und hat daran die Unterhaltsbemessung ausgerichtet.
Es reicht daher für ein Aufgreifen des geltend gemachten Verfahrensfehlers nicht aus, dass im Revisionsrekurs der Antragsgegnerin abstrakt auf die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs Bezug genommen wird. Es wäre erforderlich gewesen, klarzustellen, welches ihr günstiges Vorbringen der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren und im Rekursverfahren verwehrt blieb. Um einen erheblichen Verfahrensverstoß durch Verletzung des rechtlichen Gehörs wirksam geltend zu machen, wäre es an der Antragsgegnerin gelegen, im Revisionsrekurs die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen. Ein solches Vorbringen bleibt der Revisionsrekurs aber zur Gänze schuldig. Mit keinem Wort wird dargelegt, welche anderen für die Unterhaltsbemessung relevanten Umstände die Antragsgegnerin hätte vorbringen können oder wollen (vgl 9 Ob 51/08b), um die gänzliche Antragsabweisung zu erwirken. Die Rüge ist daher nicht gesetzeskonform ausgeführt. Damit liegt aber auch eine im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage nicht vor.
Das hatte zur Zurückweisung des Rechtsmittels der Antragsgegnerin zu führen.
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