OGH 9Ob51/08b

OGH9Ob51/08b25.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. J*****, geboren am *****, über den Revisionsrekurs des Vaters Stefan K*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. März 2008, GZ 2 R 46/08m-U-30, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-West vom 6. September 2007, GZ 15 P 45/07x-U-17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Mutter der mj. J***** beantragte am 9. 1. 2007, den vom Vater für das Kind zu leistenden Unterhalt mit Wirkung ab 1. 9. 2006 auf den seinem Einkommen und den gestiegenen Bedürfnissen des Kindes entsprechenden Betrag von 400 EUR monatlich zu erhöhen.

Der Vater beantragte die Abweisung dieses Antrags. Er verdiene weniger, als von der Mutter behauptet und habe Rückzahlungsraten für die Wohnraumbeschaffung von 800 EUR monatlich sowie Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz von 250 EUR monatlich zu tragen. Zudem habe er Sonderausgaben für den Bruder J***** wegen eines gegen diesen geführten Strafverfahrens gehabt.

Das Erstgericht gab dem Unterhaltserhöhungsantrag vollinhaltlich statt. Ausgehend vom anhand einer Lohnauskunft des Dienstgebers ermittelten Einkommen des Vaters sei der begehrte Unterhaltsbetrag angemessen. Die vom Vater geltend gemachten Abzugsposten seien nicht zu berücksichtigen.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht wies einen erstmals im Rekurs von ihm gestellten Unterhaltsherabsetzungsantrag zurück und bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs unzulässig sei.

Der vom Vater erhobene Einwand, das Erstgericht habe seinen Vertreter in erster Instanz nicht über den Inhalt der durchgeführten Erhebungen in Kenntnis gesetzt, sei zwar berechtigt. Die betroffenen Erhebungsergebnisse seien dem Vertreter des Vaters jedoch mit der erstgerichtlichen Entscheidung zugestellt worden. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sei aber geheilt, wenn die betroffene Partei Gelegenheit habe, ihren Standpunkt im Rekurs vorzutragen. Der Vater wäre daher verhalten gewesen, im Rekurs zu den ihm nun zur Kenntnis gebrachten Beweisergebnissen Stellung zu nehmen. Er habe in seinem Rechtsmittel zwar generalisierend die Feststellung der Unterhaltsbemessungsgrundlage kritisiert, jedoch in keiner Weise ausgeführt, inwiefern die vorliegende Bezugsauskunft nicht den Tatsachen entspreche. Es sei daher vom festgestellten Einkommen des Vaters auszugehen. Wie schon in erster Instanz habe der Vater auch in seinem Rechtsmittel nicht dargelegt, warum die von ihm in erster Instanz geltend gemachten Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz und für die Wohnraumbeschaffung die Unterhaltsbemessungsgrundlage reduzieren sollen. Nach ständiger Rechtsprechung seien Kreditrückzahlungen grundsätzlich nicht bzw nur in Einzelfällen von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen. Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz seien nur insoweit zu berücksichtigen, als sie den durchschnittlichen Fahrtaufwand von Arbeitnehmern in ähnlicher Situation übersteigen. Dazu habe der Vater aber weder in erster Instanz noch im Rekurs relevante Behauptungen aufgestellt, obwohl das Vorliegen von Gründen für die Abzugsfähigkeit der behaupteten Belastungen nicht evident sei. Gleiches gelte für die auch im Rekurs nicht geltend gemachten Sonderausgaben für den Bruder J*****.

Damit erweise sich aber die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, verbunden mit dem Antrag, auf Änderung des rekursgerichtlichen Zulässigkeitsausspruchs.

Das Rekursgericht änderte daraufhin seinen Zulassungsausspruch ab und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, wonach die Verletzung des rechtlichen Gehörs dadurch geheilt werde, dass die betroffene Partei Gelegenheit habe, ihren Standpunkt im Rekurs zu vertreten, werde in der Entscheidung 10 Ob 5/08w bestätigt. Nach dieser Entscheidung müsse das im Rekurs erstmals erstattete Vorbringen, wenn es rechtlich relevant sei, zu einer Verfahrensergänzung führen. Ob das kursorische Vorbringen des Vaters im Rekurs für das Verfahren relevant sei, müsse zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch das Höchstgericht geklärt werden.

Rechtliche Beurteilung

Trotz dieses Ausspruchs des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

Unstrittig ist, dass in erster Instanz dem Rechtsvertreter des Antragsgegners Erhebungsergebnisse und Stellungnahmen der Mutter des unterhaltsfordernden Kindes nicht zugestellt wurden. Unbestritten ist aber auch geblieben, dass dem Rechtsvertreter des Vaters mit der erstinstanzlichen Entscheidung die ihm zunächst nicht zugestellten Aktenbestandteile zugestellt wurden und dass daher für den Vater (bzw für seinen Vertreter) die Möglichkeit bestand, seinen Standpunkt zu den betroffenen Aktenbestandteilen im Rekurs nachzutragen und entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Allerdings hat sich der Rekurswerber in seinem Rechtsmittel darauf beschränkt, die Ermittlung seines Einkommens ohne nähere Konkretisierung als unrichtig zu bezeichnen und im Übrigen nur Vorbringen zu erstatten, das in seinem Inhalt über das ohnedies schon in erster Instanz erstattete (weitgehend unkonkretisiert gebliebene) Vorbringen nicht hinaus ging.

Wird im erstinstanzlichen Außerstreitverfahren das rechtliche Gehör verletzt, so wird dieser Mangel behoben, wenn die Gelegenheit bestand, den eigenen Standpunkt im Rekurs zu vertreten. Dieser Grundsatz gilt - wie schon das Rekursgericht richtig erkannte - auch nach Inkrafttreten des Außerstreitgesetzes BGBl I 2003/111 (10 Ob 5/08w; 7 Ob 182/07a; RIS-Justiz RS0006057; siehe dazu insbesondere § 58 Abs 1 Z 1 und Abs 3 AußStrG). Da - wie eben gezeigt - der Revisionsrekurswerber die Gelegenheit hatte, im Rekurs zu sämtlichen seinem Rechtsvertreter nicht zugestellten Verfahrensergebnissen und Äußerungen Stellung zu nehmen, wurde somit die Verletzung des rechtlichen Gehörs des Revisionsrekurswerbers im erstinstanzlichen Verfahren im Sinne der dargestellten Rechtslage saniert.

Der Revisionsrekurswerber hält dem entgegen, dass er nur berechtigt, aber nicht verpflichtet sei, Gehörverstöße durch entsprechendes Vorbringen bzw durch Stellungnahmen zu Urkunden zu sanieren. Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend und steht im Widerspruch zur bereits oben wiedergegebenen Rechtsprechung. Macht die Partei, der in erster Instanz das rechtliche Gehör nicht (oder nicht ausreichend) gewährt wurde, von ihrer Möglichkeit, im Rekurs ihren Standpunkt darzulegen und entsprechendes Vorbringen zu erstatten, nicht Gebrauch, steht die in erster Instanz erfolgte Verletzung des rechtlichen Gehörs der der Sache nach sonst möglichen Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht entgegen (§ 58 Abs 1 Z 1 AußStrG). Der Entscheidung 10 Ob 5/08w ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen: Offen ließ der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung lediglich die Frage, ob der Rekurswerber, der in seinem Rechtsmittel Vorbringen erstattet, das weitere Erhebungen notwendig macht, auch entsprechende Beweise anbieten muss. Dass der Rekurswerber, dem in erster Instanz das rechtliche Gehör nicht gewährt wurde, die Sanierung des Mangels verhindern könne, indem er von der ihm nun offenstehenden Möglichkeit, seinen Standpunkt darzulegen, nicht Gebrauch macht, ist der zitierten Entscheidung hingegen mit keinem Wort zu entnehmen. Von einer iSd § 62 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfrage kann in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein.

Nichts anderes gilt für das Vorbringen des Revisionsrekurswerbers, wonach das Rekursgericht, das die Möglichkeit der Sanierung der Verletzung des rechtlichen Gehörs bejahe, in jedem Fall eine mündliche Rekursverhandlung durchführen müsse. Dass dies unzutreffend ist, ergibt sich bereits aus § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG, der in solchen Fällen, wenn selbst aufgrund der Angaben im Rekursverfahren der angefochtene Beschluss zur Gänze zu bestätigen ist, die (sofortige) Entscheidung in der Sache durch das Rekursgericht ermöglicht.

Zu erörtern bleibt daher nur mehr die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Frage, ob das kursorische Vorbringen des Rekurswerbers in seinem Rekurs „für das Verfahren relevant" sei.

Wie schon ausgeführt, hat der Rekurswerber in zweiter Instanz die Feststellung seines Einkommens ohne nähere Konkretisierung bestritten und im Übrigen nur (ebenfalls nicht näher konkretisiertes) Vorbringen erstattet, das seinem Inhalt nach über das ohnedies bereits in erster Instanz erstattete Vorbringen nicht hinausging. Die im angefochtenen Beschluss näher dargelegte Rechtsauffassung der zweiten Instanz, dass der Inhalt dieses Vorbringens für sich allein der Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht entgegenstand, ist jedenfalls vertretbar und wird im Revisionsrekurs in Wahrheit auch nicht in Frage gestellt. Fraglich könnte nur sein, ob die zweite Instanz unter den gegebenen Umständen verpflichtet gewesen wäre, den Rekurswerber aufzufordern, sein (abermals) unkonkretisiertes Vorbringen zu konkretisieren und schlüssige Behauptungen über seine Einwände gegen die erstgerichtliche Einkommensermittlung und über die von ihm geltend gemachten Belastungen und deren Relevanz für die Unterhaltsbemessung aufzustellen. Selbst wenn man eine solche Verpflichtung der zweiten Instanz bejahen wollte, wäre aber für den Revisionsrekurswerber nichts zu gewinnen. Es wäre dann an ihm gelegen, im Revisionsrekurs die Relevanz des in einer Verletzung einer allfälligen Erörterungspflicht gelegenen Verfahrensmangels aufzuzeigen und darzulegen, welche relevanten Behauptungen er hätte aufstellen können. Derartiges Vorbringen bleibt der Revisionsrekurswerber aber auch in seinem Revisionsrekurs zur Gänze schuldig. Abermals beschränkt er sich auf die Behauptung, er sei der Möglichkeit einer Ergänzung seines Vorbringens beraubt worden. Was er aber an für die Unterhaltsbemessung relevanten Umständen vorbringen hätte können oder wollen, wird nicht mit einem Wort dargelegt. Zur Feststellung seines Einkommens bringt er lediglich vor, dass die Feststellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Basis jeder Unterhaltsentscheidung seien. Weshalb die Auswertung der im Akt erliegenden Lohnauskunft unrichtig erfolgt sein soll, wird aber auch in dritter Instanz nicht vorgebracht.

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