OGH 13Os9/08k

OGH13Os9/08k22.1.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schörghuber als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Zlatko B***** wegen des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. Oktober 2007, GZ 9 Hv 155/07a-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Zlatko B***** wie klarzustellen ist: (der Sache nach) real konkurrierend zweifach des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a (erster Fall), 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er „in der Nacht vom 17. auf 18. August 2007 bzw 19. auf den 20. August 2007 am Grenzübergang Gruskje Slowenien bzw Spielfeld Österreich in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung" (gemeint: von Schmuggel) „eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen", eingangsabgabepflichtige Waren unverzollter und unversteuerter drittländischer Herkunft, nämlich 26.499 Stangen Zigaretten (5.299.800 Stück) der Marke LD „mit strafbestimmenden Wert von 728.029,21 Euro" - was der ursprünglichen Abgabenberechnung des Zollamts Graz ON 16 S 29 entspricht, vgl jedoch dessen Berichtigung ON 16 S 126: 727.970,78 Euro - „über die Grenze und damit in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht", indem er diese mit dem von ihm gelenkten, im Urteil näher bezeichneten LKW-Zug in Plastikboxen, versteckt unter einer Ladung Plastikboxen und deklariert als 104 Stück leere „Plastic-Box Palete", einführte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Weshalb die in der Beschwerde just als „neutral" bezeichnete Aussage des Zeugen Ivica V***** (S 159 f iVm ON 7), hinsichtlich dessen die Tatrichter konstatierten, dass er dem Angeklagten als dessen Dienstgeber den Auftrag gab, den LKW-Zug in Osijek mit einer Fracht des Unternehmens E***** zu beladen (US 5 oben), „nicht ausreichend verwertet" (Z 5 zweiter Fall) und die Urteilsbegründung daher „unzureichend" sei, lässt die Mängelrüge offen, ebenso, aus welchen Gründen das gleiche auf die Aussage der Zeugin Katharina V***** zutreffen solle, die zur Sache nur angab, dass der Angeklagte sie von der zollamtlichen Überprüfung bei der Grenzkontrolle telefonisch verständigt hatte (S 163 f).

Die Beschwerde legt auch nicht dar, weshalb „für die Erhärtung der Anklage" die Vernehmung des Inhabers des Unternehmens E***** erforderlich gewesen wäre, der unauffindbar sei, und warum die Beweiswürdigung, da es nicht zur Vernehmung des Genannten kam, unzureichend sei. Solcherart ist das Vorbringen nicht am Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände orientiert (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Im Hinweis des Erstgerichts, dass es zu den Aufgaben eines Berufskraftfahrers gehöre, „bei der Beladung seines LKWs anwesend zu sein bzw sich zu vergewissern, nichts Verbotenes mit sich zu führen" (US 7 Mitte), liegt keine notwendige Bedingung für die Feststellungen zur inneren Tatseite (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410).

Warum „das Ergebnis der ausgewerteten SMS (AS 161)" einer Erörterung bedurft hätte (Z 5 zweiter Fall), sagt die Beschwerde nicht; vielmehr weist sie darauf hin, dass die in der Hauptverhandlung vom Dolmetsch übersetzten SMS „vollkommen privater Art" seien. Anderes wurde im Urteil ohnedies nicht angenommen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 409).

In Betreff der zur Gewerbsmäßigkeit getroffenen Feststellung (US 6 Mitte) nimmt die Begründungskritik (Z 5 vierter Fall) nicht die im Urteil angeführten Erwägungen, sondern Beweisergebnisse in den Blick, auf welche sich die Tatrichter gar nicht stützten (vgl US 9 unten).

Dass sich die Gewichtungsangaben US 7 zweiter Absatz nicht auf in der Hauptverhandlung Vorgekommenes stützen, blieb in der Nichtigkeitsbeschwerde ungerügt. Die Äußerung gemäß § 24 StPO dient nicht zur Ergänzung des Beschwerdevorbringens.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) stellt auf Erwägungen der Tatrichter ab, aus denen der Beschwerdeführer erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen abzuleiten trachtet, lässt aber die nach der Prozessordnung gebotene Bezugnahme auf konkrete Beweismittel vermissen (RIS-Justiz RS0117446, RS0117425, RS0099711).

Dass die vorgelegten Urkunden im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde angesichts des für dieses geltenden Neuerungsverbots keine Berücksichtigung finden dürfen, räumt der Beschwerdeführer selbst ein.

Anzumerken ist jedoch, dass dem Erstgericht in Ansehung der Einfuhrumsatzsteuer und der Tabaksteuer jeweils ein in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgezeigter Rechtsirrtum unterlaufen ist.

Zur Einfuhrumsatzsteuer:

Den Feststellungen zufolge führte der Angeklagte die Zigaretten am 17. August 2007 im LKW-Zug bei der Grenzekontrollstelle Gruskovje unter falschen Angaben über das Ladegut von Kroatien nach Slowenien und damit in das Zollgebiet der Europäischen Union ein. Am 19. August 2007 stellte er sich (nach Ablauf des Wochenend-Fahrverbots) am Grenzübergang Spielfeld, Bundesstraße, auf der so genannten Leerspur zur Einreise nach Österreich „mit dem Vorsatz an, diese so geschmuggelten Zigaretten an nicht näher bekannte Abnehmer zu übergeben, ohne die abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht zur Entrichtung der auf diesen Waren im europäischen Zollgebiet lastenden Steuern zu erfüllen" (US 5 f). Bei der österreichischen Grenzkontrolle wurden die Zigaretten entdeckt.

Des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 lit a erster Fall FinStrG macht sich schuldig, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet (Art 3 ZK) verbringt. Die Verkürzung von Abgaben gehört zwar beim Schmuggel nicht zum Tatbestand (zB Dorazil/Harbich FinStrG § 35 E 1), doch ist mit dem Zweifachen „des auf die Waren entfallenden Abgabenbetrages" die Strafdrohung bestimmt (§ 35 Abs 4 FinStrG), bei Gewerbsmäßigkeit mit dem Dreifachen (§ 38 Abs 1 lit a FinStrG).

Auf die Waren entfallende Abgaben sind - nach den jeweils dafür maßgebenden Bestimmungen - Zölle, Einfuhrumsatzsteuer und Verbrauchsteuern (wie zB die Tabaksteuer), die von den Zollämtern anlässlich der Wareneinfuhr erhoben werden (zB Dorazil/Harbich FinStrG § 35 Anm 5 aE).

Ausländische Steuern werden vom FinStrG nicht erfasst (§ 2 Abs 1 FinStrG; anders die deutsche Rechtslage, s § 370 Abs 6 dAO).

Der (österreichischen) Einfuhrumsatzsteuer unterliegt zufolge § 1 Abs 1 Z 3 UStG die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg. Inland ist das Bundesgebiet (§ 1 Abs 2 erster Satz UStG), Drittlandsgebiet das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist (§ 1 Abs 3 dritter Satz UStG). Die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Österreich - wie hier von Kroatien nach Slowenien im August 2007 - unterliegt daher nicht der österreichischen Einfuhrumsatzsteuer. Diese fällt nur bei einer aus dem Drittlandsgebiet unmittelbar in das Inland erfolgenden Einfuhr an. Die Vorschrift des § 26 Abs 1 UStG, wonach für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß gelten, bezieht sich nur auf solche Fälle.

Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf die zufolge § 2 Abs 1 ZollR-DG iVm § 26 UStG sinngemäß zur Anwendung kommenden zollrechtlichen Vorschriften. Gemäß Art 215 Abs 1 erster Anstrich ZK, wonach die Zollschuld an jenem Ort entsteht, an dem der Tatbestand eintritt, der die Zollschuld entstehen lässt (die Ausnahme nach Art 215 Abs 1 zweiter Anstrich ZK greift in Fällen wie dem vorliegenden, in denen jener Ort bekannt ist, nicht jene des Art 215 Abs 4 ZK, der auf eine Zollschuld von weniger als 5.000 Euro abstellt, ebenso wenig), iVm dem hier maßgebenden Tatbestand des Art 202 Abs 1 lit a ZK, wonach eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn eine Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird, entsteht die Zollschuld nur dann in Österreich, wenn die Ware aus einem Drittland unmittelbar in das Inland verbracht wird. Die sinngemäße Anwendung dieser Normen führt demnach dazu, dass österreichische EUSt nur bei unmittelbarer Einfuhr aus einem Drittland in das Inland anfällt.

Auch nach den Vorgaben des Art 4 Nr 10 ZK, Art 7 Abs 1 der Sechsten Richtlinie Nr 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern vom 17. Mai 1977 (ABl EG Nr L 145/1 - „Mehrwertsteuerrichtlinie") und Art 5 Abs 1 der Richtlinie Nr 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl EG Nr L 76/1 - „Systemrichtlinie") ist die Einfuhr das unmittelbare Verbringen der Ware aus dem Drittlandsgebiet in das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft, nicht jedoch das Verbringen der Ware (außerhalb eines gemeinschaftlichen Zollverfahrens) von einem Mitgliedstaat in den anderen (so schon BGH 1. 2. 2007, 5 StR 372/06).

Österreichische Einfuhrumsatzsteuer fällt somit nur bei unmittelbarem Verbringen der Ware von einem Drittland in österreichisches Staatsgebiet (als Teil des Gemeinschaftsgebiets) an. Kommen weder Art 215 Abs 1 zweiter Anstrich ZK noch Art 215 Abs 4 ZK zur Anwendung, ergibt auch der Verweis auf die zollrechtlichen Vorschriften in § 26 UStG und § 2 Abs 1 ZollR-DG nichts anderes.

In Konstellationen wie der vorliegenden (Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Österreich und von jenem Mitgliedstaat in der Folge nach Österreich) ist Einfuhrumsatzsteuer von jenem anderen Mitgliedstaat zu erheben. Ausländische Einfuhrumsatzsteuer - hier slowenische - wird aber wie erwähnt nicht vom FinStrG erfasst (§ 2 Abs 1 FinStrG).

Die vom Unabhängigen Finanzsenat gestützt auf § 5 Abs 2 FinStrG vertretene Ansicht, auch bei mittelbarer (dh über einen anderen Mitgliedsstaat erfolgender) Einfuhr aus einem Drittland nach Österreich sei österreichische Einfuhrumsatzsteuer beim strafbestimmenden Wertbetrag in Rechnung zu stellen (zB FSRV/0012-W/06), vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu teilen. § 5 Abs 2 FinStrG regelt nicht die - dem Strafrecht vorgelagerte - Frage nach dem Entstehen einer Abgabenschuld, sondern vielmehr Konsequenzen der Missachtung einer aufgrund anderer Bestimmungen entstandenen Abgabenschuld.

Demnach gelangte das Erstgericht rechtsirrig zur Auffassung, dass auch nicht entrichtete Einfuhrumsatzsteuer beim strafbestimmenden Wertbetrag zu berücksichtigen sei. Nach dem Gesagten fiel slowenische (somit vom FinStrG nicht erfasste), aber keine österreichische Einfuhrumsatzsteuer an.

Dass dem Angeklagten zu Unrecht angelastet wurde, im Zusammenhang mit dem Schmuggel auch Einfuhrumsatzsteuer verkürzt zu haben, bewirkt zwar Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO. Dieser in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht gerügte Umstand erfordert aber kein Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO; ihm ist vom Oberlandesgericht im Rahmen der Strafberufung Rechnung zu tragen (RIS-Justiz RS0116501, RS0114427, RS0109969).

Zur Tabaksteuer:

Für die Tabaksteuer gilt schon angesichts des Wortlauts des § 9 Abs 5 und des § 25 TabStG - „Werden Tabakwaren aus einem Drittland unmittelbar in das Steuergebiet eingebracht (Einfuhr) ..." - nichts anderes. Die Einfuhr über andere Mitgliedsstaaten ist hiedurch nicht erfasst.

Da somit im gegebenen Fall die Einbeziehung nicht entrichteter österreichischer Tabaksteuer in den strafbestimmenden Wertbetrag nicht auf einen Einfuhrvorgang gegründet werden kann, wurde Schmuggel (§ 35 Abs 1 lit a erster Fall FinStrG) vom Erstgericht, das übrigens angesichts der festgestellten Entdeckung der Zigaretten beim Grenzzollamt auch noch inkonsequent von Vollendung ausging, zu Unrecht angenommen.

Tabaksteuer wird hier allerdings nach § 27 Abs 2 TabStG geschuldet (vgl BGH 1.2.2007, 5 StR 372/06):

Werden Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaats in anderen als den in § 27 Abs 1 TabStG genannten Fällen (in denen - was auf die hier gegebene Schmuggelfahrt nicht zutrifft - Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaats zu gewerblichen Zwecken „bezogen" werden und der Bezieher die Tabakwaren im Steuergebiet in Empfang nimmt oder die außerhalb des Steuergebietes in Empfang genommenen Tabakwaren in das Steuergebiet verbringt oder verbringen lässt) in das Steuergebiet verbracht, entsteht die Steuerschuld dadurch, dass sie erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsame gehalten oder verwendet werden. Steuerschuldner ist, wer sie in Gewahrsame hält oder verwendet wie hier der Angeklagte.

Wer Tabakwaren nach § 27 Abs 1 oder Abs 2 TabStG beziehen, in Gewahrsame halten oder verwenden will, hat dies dem Zollamt, in dessen Bereich er seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, vorher anzuzeigen und für die Steuer Sicherheit zu leisten (§ 27 Abs 3 erster Satz TabStG).

Nach § 27 Abs 5 TabStG hat der Steuerschuldner für die Tabakwaren, für die die Steuerschuld entstanden ist, unverzüglich bei dem Zollamt, in dessen Bereich der Steuerschuldner seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, in Ermangelung eines solchen, beim Zollamt Innsbruck, eine Steueranmeldung abzugeben, die Steuer zu berechnen und diese spätestens am 25. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden Kalendermonats zu entrichten. Wird das Verfahren nach § 27 Abs 3 TabStG nicht eingehalten, ist die Steuer unverzüglich zu entrichten (was dem festgestellten Sachverhalt zufolge nicht geschah; ebensowenig wurde das Steueraussetzungsverfahren nach § 17 TabStG in Anspruch genommen). Hat in diesen Fällen der Steuerschuldner - wie sich hier aus dem festgestellten Sachverhalt deutlich genug ergibt - keinen Geschäfts- oder Wohnsitz im Steuergebiet, ist das als erstes befasste Zollamt zuständig (§ 27 Abs 5 letzter Satz TabStG), im gegebenen Fall demnach das tätig gewordene Grenzzollamt. Den Entscheidungsgründen zufolge unterließ der Angeklagte die Steueranmeldung.

Demnach hätte das Erstgericht in Ansehung der Tabaksteuer nicht nach § 35 Abs 1 lit a, sondern nach § 33 Abs 1 (je iVm § 38 Abs 1 lit a) FinStrG schuldig sprechen müssen.

Dieser vom Angeklagten nicht beanstandete Subsumtionsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) gereicht ihm angesichts der in beiden Fällen (§ 33 Abs 1 und § 35 Abs 1 lit a FinStrG) gleich hohen Strafdrohung (§ 21 Abs 1 und Abs 2, 38 Abs 1 lit a FinStrG) im Ausmaß des Dreifachen des strafbestimmenden Wertbetrags nicht zum Nachteil, sodass hier aus diesem Grund kein Anlass zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO bestand.

Das Urteil leidet unter weiterer, nicht in der Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemachter Nichtigkeit

- nach Z 11 erster Fall, weil in Ansehung der Geldstrafe die Zusammensetzung des Abgabenbetrags (§ 35 Abs 4 FinStrG) den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen ist (RIS-Justiz RS0107044),

- nach Z 11 zweiter Fall, weil die „Höhe der hinterzogenen Steuern" entgegen § 32 Abs 2 erster Satz StGB (§ 23 Abs 2 FinStrG) als erschwerend gewertet wurde (US 10; RIS-Justiz RS0086318, RS0086302), und

- nach Z 11 dritter Fall, weil in Betreff der Wertersatzstrafe für die Beförderungsmittel die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 19 Abs 5 FinStrG gänzlich unterlassen wurde (ausdrücklich: 15 Os 5/95; zur Parallelvorschrift des § 17 Abs 6 FinStrG: RIS-Justiz RS0088035).

Die Berufung richtet sich gegen beide Strafen, sodass auch in diesen Punkten der nicht gerügten Nichtigkeit nach Z 11 im Berufungsverfahren Rechnung zu tragen ist (erneut RIS-Justiz RS0116501, RS0114427, RS0109969).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Dabei wird von der berichtigten Zollberechnung (ON 16 S 126) auszugehen sein (das Erstgericht hatte sich auf die überholte in ON 16 S 29 gestützt).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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