Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Erlegerin beantragte die Annahme des von ihr zu Gunsten des Erlagsgegners erlegten Entschädigungsbetrags von 3.256,27 EUR und brachte dazu vor: Sie sei verpflichtet, dem Erlagsgegner den Schaden zu ersetzen, der ihm durch von ihr zu verantwortende Bauarbeiten erwachsen sei. Der Erlagsgegner habe von ihr 20.318,40 EUR an Schadenersatz begehrt. Die Erlegerin habe ihre Ersatzpflicht dem Grunde nach anerkannt und den zu ersetzenden Schaden mit Hilfe eines Sachverständigen mit 3.256,27 EUR ermittelt. Mit Schreiben vom 23. 10. 2007 habe sie dem Erlagsgegner die Zahlung dieses Betrags angeboten und ihn aufgefordert, die für eine Überweisung erforderlichen Kontodaten bekannt zu geben. Dieses Schreiben sei vom Antragsgegner nicht beantwortet worden. Der Antragsgegner habe daher den angebotenen Schadenersatzbetrag nicht angenommen. Er habe es schuldhaft unterlassen, der Antragstellerin eine Bankverbindung für die Vornahme einer Überweisung bekannt zu geben. Die Erlegerin sei daher iSd § 1425 ABGB zum Erlag berechtigt.
Das Erstgericht wies den Erlagsantrag ab. Dass der Erlagsgegner keine Kontoverbindung bekanntgegeben habe, stelle keine endgültige Annahmeverweigerung dar.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Die Hinterlegung nach § 1425 ABGB setze das Vorliegen eines Hinterlegungsgrunds voraus, wobei im vorliegenden Fall die in § 1425 ABGB genannte „Unzufriedenheit" des Gläubigers in Betracht komme. Es handle sich dabei regelmäßig um Fälle, die dem Gläubigerverzug zuzuordnen seien. Er trete ein, wenn der Schuldner die Leistung zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort und in der gehörigen Art anbiete und der Gläubiger sie nicht annehme. Geldschulden seien gemäß § 905 Abs 2 ABGB im Zweifel Schickschulden. Der Schuldner habe den Betrag dem Gläubiger an dessen bei Vertragsabschluss bestehenden Wohnsitz (Niederlassung) zu „übermachen". „Übermachen" bedeute nicht „überbringen". Eine taugliche Übersendungsart sei die Versendung von Bargeld zur Auszahlung (zB Wertbrief). Die Zahlung mit Buchgeld, zB die Überweisung auf ein Bankkonto, sei, wenn nicht schon ursprünglich vereinbart, eine Leistung an Zahlungs statt, die des (konkludenten) Einverständnisses des Gläubigers bedürfe.
Hier habe der Erlagsgegner durch die Einmahnung des Ersatzbetrags dessen Fälligkeit herbeigeführt. Von „Passivität des Gläubigers bei Fälligkeit" könne daher nicht die Rede sein. Da weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Vereinbarung der Zahlung mit Buchgeld, noch die Übersendung des angebotenen Geldbetrags an den Wohnsitz des Gläubigers behauptet worden sei, sei die vergebliche Aufforderung der Erlegerin, „eine Kontoverbindung bekannt zu geben", kein ordnungsgemäßes Anbot der geschuldeten Leistung. Sie sei daher ihrer aus § 905 Abs 2 ABGB folgenden Verpflichtung, den geschuldeten Betrag dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermachen, bisher nicht nachgekommen. Ein in der Sphäre des Gläubigers gelegener Hinderungsgrund im Sinne des Gesetzes, der die Erlegerin zum Erlag berechtige, liege daher nicht vor.
Es möge zutreffen, dass nach den Bedingungen der Österreichischen Post AG im Fall von Inlandspostüberweisungen weder eine Verständigung über den erhaltenen Betrag erfolge noch eine Baranweisung durch Auszahlung an der Wohnanschrift des Empfängers möglich sei. Dies ändere aber nichts an § 905 Abs 2 ABGB, wonach der Schuldner Geldzahlungen im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu „übermachen" habe. Das Erstgericht habe daher zu Recht einen Hinterlegungsgrund verneint.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner die Erfüllung einer Geldschuld ordnungsgemäß angeboten habe, nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Ungeachtet dieses für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruchs ist der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs der Erlegerin nicht zulässig.
Vorweg ist festzuhalten, dass die Erlegerin in ihrem Erlagsantrag jegliches Vorbringen zur Frage des Zugangs ihres Schreibens vom 23. 10. 2007 schuldig geblieben ist. Ist aber nicht einmal klar, ob der Erlagsgegner dieses Schreiben überhaupt erhalten hat, können aus dem Umstand, dass er es nicht beantwortet hat, von vornherein nicht die von der Erlegerin daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen gezogen werden. Selbst wenn man aber von diesem Umstand absieht, zeigt die Erlegerin in ihrem Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf:
Zahlung mit Buchgeld - also zB die Überweisung auf ein Bankkonto - ist, wenn nicht schon ursprünglich vereinbart, eine Leistung an Zahlungs statt, die des (konkludenten) Einverständnisses des Gläubigers (zB Bekanntgabe von Konten; Zusendung von Zahlscheinen) bedarf (Binder in Schwimann, § 905 Rz 28; Bollenberger in KBB² § 905 Rz 6; je mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; RIS-Justiz RS0017656). Damit fehlt es aber für die von der Revisionswerberin offenbar unterstellte Verpflichtung des Gläubigers, dem Schuldner eine Kontonummer bekannt zu geben, an einer rechtlichen Grundlage.
Die Revisionsrekurswerberin beschäftigt sich zwar in umfangreicher Weise mit den Bedingungen der Österreichischen Post für Inlandspostanweisungen und leitet daraus ab, dass die Postanweisung im Zeitalter der Informationstechnik wegen der damit verbundenen Begleiterscheinungen (Abholung des Geldes bei der Postfiliale; keine Verständigung; Ausfolgung auch an Bevollmächtigte des Gläubigers; keine Verständigung des Schuldners) kein zeitgemäßes Mittel sei, Geldbeträge dem Gläubiger zu „übermachen". Unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung geht sie aber selbst davon aus, dass der Schuldner dann die Wahl zwischen den verkehrsüblichen Zahlungs- und Übersendungsarten (Wertbrief, Postanweisung, Einzahlung auf ein Bankscheckkonto, bargeldloser Zahlungsverkehr) hat, wenn der Gläubiger nicht eine bestimmte Zahlungsform vorgeschrieben hat. Auch daraus ergibt sich aber, dass der Gläubiger die Möglichkeit hat, bestimmte Zahlungsformen vorzuschreiben und andere auszuschließen. Eine Verpflichtung des Gläubigers, dem Schuldner eine Kontonummer bekannt zu geben und damit die Überweisung auf ein Konto zu ermöglichen, lässt sich auch aus diesen Ausführungen nicht ableiten.
Macht daher der Gläubiger von seiner von Lehre und Rechtsprechung anerkannten Möglichkeit Gebrauch, einer Überweisung des Forderungsbetrags auf ein Konto nicht zuzustimmen, kann dies für sich allein nicht als Annahmeverzug bzw als „Unzufriedenheit" des Gläubigers iSd § 1425 ABGB gewertet werden. Nichts anderes kann daher gelten, wenn er mangels Einverständnisses mit der Überweisung auf ein Konto nicht bereit ist, dem Schuldner ein Konto bekannt zu geben.
Im hier zu beurteilenden Fall hat der Erlagsgegner auf das Schreiben der Erlegerin vom 23. 10. 2007 nicht geantwortet. Letztlich ist daher zu prüfen, ob diesem Schweigen des Erlagsgegners ein Erklärungswert (wenn ja, welcher) zukommt.
Nach der Rechtsprechung hat Schweigen für sich allein keinen Erklärungswert. Stillschweigen wird aber von der Rechtsprechung dort als Zustimmung gewertet, wo Gesetz, Verkehrssitte oder Treu und Glauben eine Pflicht zum Handeln auferlegen, wo der nicht Zustimmende nach Treu und Glauben oder nach der Verkehrssitte hätte reden müssen oder wenn der Erklärungsempfänger dem Schweigen seines Partners schlechterdings keine andere Bedeutung als jene der Zustimmung beilegen kann (RIS-Justiz RS0014124; RS0014122; RS0013958; RS0016507; RS0014126; zuletzt etwa 2 Ob 136/07z).
Vor diesem Hintergrund kann unter den gegebenen Umständen von einer unvertretbaren Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz nicht die Rede sein: Dass der Erlagsgegner auf das Schreiben der Erlegerin vom 23. 10. 2007 geschwiegen hat, macht es unmöglich, von seiner Zustimmung zu einer Überweisung auf ein Konto auszugehen, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der Erlagsgegner die ihm angebotene Leistung zurückweisen wollte. Dass das Berufungsgericht das Verhalten des Erlagsgegners nicht im zuletzt genannten Sinn gewertet hat, ist jedenfalls nicht unvertretbar, zumal der Erlagsgegner hier weder durch Gesetz, noch durch Verkehrssitte oder durch Treu und Glauben zu einer Antwort verpflichtet war und sein Schweigen nicht zwingend als Zurückweisung der Zahlung sondern auch als Verweigerung zur Zustimmung zur Überweisung auf ein Konto gewertet werden kann (RIS-Justiz RS0014122; 2 Ob 136/07z).
Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zeigt daher die Revisionsrekurswerberin nicht auf. Letztlich stellt sie die schon vom Rekursgericht zutreffend zitierte Rechtsprechung nicht in Frage. Welcher Erklärungswert dem Verhalten des Erlagsgegners unter den gegebenen Umständen zuzumessen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die grundsätzliche, vom Einzelfall losgelöste Ausführungen des Obersten Gerichtshofs nicht erfordert.
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