Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Nach Punkt XI. des zwischen den Streitteilen geschlossenen, als Pachtvertrag bezeichneten Bestandvertrags vom 8. 6. 1989 hat sich die Beklagte verpflichtet, „bei Vertragsabschluss eine Kaution in der Höhe von 200.000 öS in Form einer Bankgarantie durch ein österreichisches Bankinstitut beizubringen, welche zur Sicherstellung aller dem Verpächter zustehenden Forderungen aufgrund dieses Vertrags dient".
Die Beklagte stellte die Bankgarantie einer österreichischen Bank bei. Die Bankgarantie wurde „jeweils verlängert, zuletzt bis 30. 6. 2005". Die garantierende Bank kündigte die Bankgarantie jedoch zum 1. 1. 2001 auf. Daraufhin nahm der Kläger die Bankgarantie in Anspruch und erlegte die ausbezahlte Garantiesumme von 200.000 ATS auf ein Sparbuch.
In der Folge zahlte die Beklagte schleppend oder gar nicht, so auch in den Monaten Mai bis Oktober 2004 sowie April und Mai 2005. Diese Ausfälle „wurden durch den Kläger von der Kaution abgezogen. Heute ist die Kaution vollständig erschöpft".
„Es wurde schon einmal Klage wegen Pachtzins und Räumung eingebracht." Mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 13. 1. 2005, 57 C 31/04p, wurde in diesem Verfahren entschieden, dass das „Klagebegehren betreffend den Mietzins berechtigt war. Allerdings war auch die eingewendete Gegenforderung in der Höhe der Mietzinsforderung berechtigt, da der Kläger eigenmächtig die Bankgarantie in ein Sparbuch‑Guthaben umgewandelt hatte. Die Beklagte hat daher zu Recht das Sparbuch‑Guthaben gegen die Mietzinsforderungen aufgerechnet".
Das Erstgericht, das die eingangs wiedergegebenen Feststellungen traf, wies das auf Beibringung einer Bankgarantie über 14.534,57 EUR eines österreichischen Bankinstituts zur Sicherstellung aller dem Kläger gegenüber der Beklagten aus dem am 8. 6. 1989 abgeschlossenen Bestandvertrag zustehenden Forderungen gerichtete Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Sinn und Zweck einer Kaution sei die Sicherstellung künftiger Forderungen aus dem Bestandverhältnis. Eine gesetzliche Verpflichtung des Bestandnehmers zur Wiederauffüllung einer verbrauchten Kaution bestehe nicht. Mangels ausdrücklicher vertraglicher Regelung habe der Bestandnehmer keinen Anspruch darauf, dass die Kaution während der Dauer des Bestandverhältnisses für Mietzinsrückstände herangezogen werde. Der Bestandgeber sei daher nicht verpflichtet, die ihm gestellte Kaution während des laufenden Bestandverhältnisses für Mietzinsrückstände des Kautionsstellers anzugreifen. Vielmehr könne er die Forderung direkt geltend machen. Greife er die Kaution dennoch an, so habe er die sich daraus ergebenden Folgen sich selbst zuzuschreiben. Dies begründe keinen Anspruch auf Auffüllung der Kaution auf den vereinbarten Betrag. Dem Sicherungsbedürfnis des Bestandgebers werde durch den einmaligen Erlag einer Kaution ausreichend Rechnung getragen, zumal er es in der Hand habe, sich diesen Deckungsfonds während der gesamten Dauer des Bestandverhältnisses zu erhalten. Zur Erreichung des Schutzzwecks der Kautionsvereinbarung müsse daher nicht im Weg einer ergänzenden Vertragsauslegung eine Verpflichtung des Mieters zur Auffüllung einer verbrauchten Kaution begründet werden.
Die Revision sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob sich „aus dem Schutzzweck der Kautionsvereinbarung eine vertragliche Nebenverpflichtung zur Auffüllung einer während aufrechten Bestandverhältnisses verbrauchten Kaution ableiten lässt", nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig. Weder die vom Berufungsgericht bezeichnete Rechtsfrage noch jene darüber hinaus vom Revisionswerber für die Zulässigkeit der Revision ins Treffen geführte Rechtsfrage ist im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblich. Von der Frage, ob der Bestandnehmer ohne „ausdrückliche" Vereinbarung zur neuerlichen Beibringung einer der Sicherstellung aller Forderungen des Bestandgebers aus dem Vertrag dienenden Bankgarantie verpflichtet ist, wenn der Garantiebegünstigte zu Recht auf die Bankgarantie gegriffen hat, hängt nämlich die Entscheidung nicht ab.
1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der neueren Rechtsprechung (1 Ob 214/00b mwN; RIS‑Justiz RS0114182) geldgleiche Ansprüche nicht nach § 56 Abs 2 JN zu bewerten sind. Deren Streitwert entspricht vielmehr dem jeweiligen bestimmten Geldbetrag, der ihnen zugrunde liegt. Der Anspruch auf Beibringung einer Bankgarantie über einen bestimmten Geldbetrag ist ein geldgleicher Anspruch.
2. Die Vereinbarung in einem Bestandvertrag, dass der Bestandnehmer dem Bestandgeber eine Barkaution zu stellen hat, enthält eine Pfandbestellung für künftige Forderungen des Bestandgebers (9 Ob 160/02y mwN). Das Pfandrecht an vertretbaren Sachen, besonders an Geld (Barkaution), ist in der Regel ein unregelmäßiges Pfandrecht. In diesem Fall wird der Empfänger Eigentümer durch Vermengung; der Pfandbesteller hat kein dingliches Recht, sondern nur den schuldrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung (2 Ob 2344/96m = SZ 69/246 ua; Hofmann in Rummel³, ABGB § 447 Rz 7 mwN). Die Verwertung der Barkaution erfolgt durch Aufrechnung der gesicherten Forderung gegen den ‑ erst nach Vertragsende fälligen - Rückzahlungsanspruch (Hofmann aaO). Die Stellung einer Barkaution war im Anlassfall nicht vereinbart.
2.1. Die Kaution des Bestandnehmers in Form einer Bankgarantie zur Sicherung aller Ansprüche des Bestandgebers aus dem Bestandverhältnis ist - nicht anders als eine Barkaution - ein Deckungsfonds (auch) für künftige Forderungen, wenn - wie hier - das Bestandverhältnis fortgesetzt wird (3 Ob 149/07v). Mangels einer gegenteiligen Vereinbarung ist der Bestandgeber bis zur Endabwicklung der zu sichernden Vertragsbeziehung berechtigt, aber nicht verpflichtet allfällige Bestandzinsrückstände (oder andere gesicherte Forderungen) während des Bestehens des Bestandsverhältnisses aus der Kaution abzudecken (3 Ob 149/07v; 3 Ob 624/86 = SZ 68/15; 6 Ob 827/83; RIS‑Justiz RS0020626). Der Bestandnehmer kann ihn für seine Ansprüche also nicht auf die Kaution verweisen. Wird die Kaution in Form einer Bankgarantie gestellt, so nimmt der Bestandgeber die Befriedigung seiner (gesicherten) Forderungen durch Einziehung der Forderung gegen die Bank vor.
2.2. Im Anlassfall ist weder behauptet noch festgestellt worden, dass
a) bei Abruf der Bankgarantie eine Forderung des Klägers aus dem Bestandverhältnis von der Beklagten nicht erfüllt gewesen wäre, deren Tilgung er mit der Auszahlung der Garantiesumme erreichen konnte, und
b) sich die Beklagte vor dem Abruf geweigert hätte, die Bankgarantie zu verlängern.
Der abgerufene Geldbetrag (Garantiesumme) wurde nicht zur Barkaution, fehlt es doch an einer Abrede über eine Pfandbestellung. Eine solche Abrede lässt sich aus dem Umstand, dass die Parteien eine Kautionsvereinbarung getroffen haben, nicht ableiten. Eine Auslegung der Kautionsvereinbarung in Richtung einer Einigung auch auf die Stellung einer Barkaution verbietet sich, weil dies die Stellung der Beklagten verschlechtern würde. Bei Vereinbarung eines unregelmäßigen Pfandrechts, wie sie in der Regel bei Vereinbarung einer Barkaution anzunehmen ist, hat nämlich im Fall des Konkurses des Bestandgebers der Bestandnehmer keinen Aussonderungsanspruch, sondern nur einen obligatorischen Anspruch, eine Konkursforderung (Klang in Klang² II, 398; Ehrenzweig, System² I/2, 397). In der Entscheidung 3 Ob 149/07v hat der Oberste Gerichtshof eine „Umwandlung der Haftung des Garanten in eine Barkaution" für möglich erachtet. Dem lag aber ein mit dem Anlassfall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, waren doch bei Abruf der Bankgarantie gesicherte Forderungen des Garantiebegünstigten (Bestandgeber) vom Grantieauftraggeber (Bestandnehmer) nicht erfüllt gewesen.
2.3. Im vorliegenden Fall war der Abruf der Bankgarantie durch den Kläger unberechtigt, weil er zum Zeitpunkt des Abrufs keinen fälligen (gesicherten) Anspruch hatte. Steht dem aus einer Bankgarantie Begünstigten in Wahrheit kein Anspruch auf die durch die Garantie gesicherte Leistung zu, so kann grundsätzlich nur der Auftraggeber in Analogie zu § 1431 ABGB Bereicherungsansprüche gegen den Empfänger geltend machen (4 Ob 2195/96i = SZ 69/178 mwN; Koziol in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² Vor §§ 1431‑1437 Rz 11 mwN). Die Beklagte hatte demnach gegen den Kläger eine Leistungskondiktion auf Rückzahlung des Garantiebetrags. Sie hat mit einem Teil dieser Forderung gerichtlich gegen Bestandzinsforderungen aufgerechnet; der Kläger seinerseits mit Bestandzinsforderungen gegen den restlichen Anspruch der Beklagten, sodass der Bereichungsanspruch der Beklagten erfüllt ist.
3. Der Auffassung des Klägers, die Beklagte sei nach „Verbrauch" der beigestellten Bankgarantie zur neuerlichen Beibringung einer Bankgarantie verpflichtet, ist im Hinblick auf die Entscheidung 4 Ob 2195/96i (= SZ 69/178) nicht zuzustimmen:
Nach Punkt XI. des Bestandvertrags hatte die Beklagte zur Sicherstellung aller dem Kläger aus diesem Vertrag zustehenden Forderungen eine Bankgarantie in der Höhe von 200.000 ATS beizustellen. Da das Wesen einer Kaution darin besteht, dem Begünstigten während der gesamten Dauer des Rechtsverhältnisses Sicherstellung für die zu sichernden Ansprüche zu gewähren (5 Ob 502/88 = SZ 61/25), und eine befristete Bankgarantie nicht ausdrücklich vereinbart war, ist die Vereinbarung dahin auszulegen, dass die Beklagte zur Verlängerung einer bloß befristeten Bankgarantie verpflichtet war. Diese Verpflichtungen hat die Beklagte erfüllt. Sie war zum Zeitpunkt des Abrufs der Garantie mit der Verlängerung nicht säumig. Dass über den Wortsinn und dieser Auslegung des Punktes XI. des Bestandsvertrags hinaus nach übereinstimmender Parteienabsicht die Beklagte verpflichtet wäre, dann eine weitere Bankgarantie zu übergeben, wenn der Kläger dieses Sicherungsmittel dadurch verliert, dass er es zu Unrecht gebraucht und dann den daraus empfangenen Betrag wieder ausfolgen muss, wurde weder behauptet noch festgestellt. An einen solchen Fall haben die Parteien offenbar nicht gedacht. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung könnte nicht zu dem vom Kläger gewünschten Ergebnis führen. Ergänzt man nämlich den Vertrag, was für den eingetretenen (nicht vorhergesehenen) Fall zwischen den Parteien rechtens sein soll (4 Ob 2195/96i = SZ 69/178 mwN), dann ist unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte zu prüfen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (4 Ob 2195/96i = SZ 69/178 mwN). Solche Parteien hätten aber wohl nicht vereinbart, dass dann, wenn die aus der Bankgarantie begünstigte Partei durch Missbrauch der Garantie ihr Sicherungsmittel verliert, ihr Vertragspartner verpflichtet wäre, neuerlich eine Bankgarantie beizubringen. Eine solche Regelung könnte ja den Begünstigten dazu veranlassen, leichtfertig die Bankgarantie auszunützen, weil er ja im schlimmsten Fall - wenn er den Garantiebetrag wieder zurückerstatten muss - doch wiederum in den Besitz einer inhaltsgleichen Garantie gelangen werde. Eine solche vertragliche Regelung wäre zweifellos nicht sachgerecht (4 Ob 2195/96i = SZ 69/178).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.
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