OGH 4Ob2195/96i

OGH4Ob2195/96i12.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dieter M*****, vertreten durch Dr.Thomas Lins, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagten Parteien

1.) B***** GmbH, ***** 2.) B***** GmbH & Co, ***** beide vertreten durch Dr.Fritz Schneider und andere Rechtsanwälte in Bludenz, wegen S 500.000,- sA (Revisionsinteresse S 478.971,27), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 11.Jänner 1996, GZ 2 R 1037/95g-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 9.August 1995, GZ 7 Cg 86/95-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit S 22.671,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.778,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger schloß am 23.9.1993 mit der Erstbeklagten zwei Lieferungs- und Leistungsübereinkommen, und zwar einen Vertrag über die Lieferung von alkoholfreien Getränken und einen Vertrag über die Lieferung von Bier. Pkt 7. des Bierbezugsvertrages lautet:

"Zur Sicherstellung aller der Bauerei F***** aus diesem Vertrag zustehenden Ansprüche erhält die Bauerei F***** eine Bankgarantie befristet bis zum Jahre 2003 in der Höhe von S 500.000,- in Worten (fünfhunderttausend Schilling). Außerdem übernimmt Herr M***** Dieter .. die Haftung gemäß § 1357 ABGB". Im Vertrag über die Lieferung alkoholfreier Getränke übernahm der Kläger nur die Haftung nach § 1357 ABGB, nicht aber die Verpflichtung zur Beistellung einer Bankgarantie. Tatsächlich erhielt die Erstbeklagte eine Bankgarantie der BAWAG über S 500.000,-.

Die Erstbeklagte ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Zweitbeklagten; ihr Vermögen wurde mit Umwandlungsvertrag vom 26.8.1993 in die Zweitbeklagte eingebracht.

Nachdem der Kläger mit seiner Gattin die M***** GmbH gegründet hatte, kam es am 7.1.1994 zu der Vereinbarung zwischen der Zweitbeklagten, der M***** GmbH und dem Kläger, daß die M***** GmbH in die Verträge vom 23.9.1993 als Rechts- und Geschäftsnachfolgerin eintrete. Dabei verpflichtete sich der Kläger als Privatperson als Bürge und Zahler (§ 1357 ABGB), sämtliche Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag bzw aus der Beendigung dieses Vertrages gegenüber der Zweitbeklagten zu erfüllen.

Am 14.1.1994 einigte sich die M***** GmbH mit der Zweitbeklagten dahin, daß sie sich gegen einen weiteren Zuschuß in der Höhe von brutto S 144.000,- verpflichte, "innerhalb von zehn Jahren zusätzlich zur Abnahmeverpflichtung des Vertrags vom 23.9.1993 noch 300 Hektoliter Bier (jährlich 30 Hektoliter) F***** Bier Eigenerzeugnisse zu beziehen". Alle anderen Punkte des Vertrags vom 23.9.1993 sollten von dieser Zusatzvereinbarung nicht berührt werden. Der Kläger verpflichtete sich auch diesmal als Privatperson als Bürge und Zahler, sämtliche Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag bzw aus dessen Beendigung gegenüber der Zweitbeklagten zu erfüllen.

Der Kläger verkaufte seine Anteile an der M***** GmbH mit Abtretungsvertrag vom 9.12.1994 an Franz und Sandra Z*****; die Firma der Gesellschaft wurde daraufhin in "Z***** GmbH" geändert. Noch vor der Übertragung der Gesellschaftsanteile hatte der Kläger eine Entlassung aus der Haftung gegenüber der Zweitbeklagten angestrebt. In einem Gespräch vom 7.12.1994, an dem Franz Z*****, der Kläger und zwei Mitarbeiter der Zweitbeklagten teilnahmen, äußerte der Kläger den Wunsch, daß die Lieferverträge von der Zweitbeklagten abgerechnet und aufgelöst würden und daß neue Bezugsverträge mit der B***** AG abgeschlossen würden. Der Kläger erklärte, daß er seine Gesellschaftsanteile an die Eheleute Z***** abtreten werde, welche die GmbH weiterführen würden. Die Mitarbeiter der Zweitbeklagten waren mit einer Auflösung und Abrechnung der Lieferbezugsverträge nicht einverstanden und erklärten dem Kläger, daß er weiterhin als Vertragspartner angesehen werde und die Eheleute Z***** "Vertragserfüller" seien. Nach Abschluß des Notariatsaktes vom 9.12.1994 übermittelte der Kläger der Zweitbeklagten eine Kopie davon. Im Jänner 1995 fand bei der Zweitbeklagten ein Gespräch statt, an dem ua der Kläger und Reinhold W*****, ein Angestellter der Zweitbeklagten, teilnahmen. Reinhold W***** machte dem Kläger klar, daß er aus seiner persönlichen Haftung nicht entlassen werde und die Zweitbeklagte nur zustimme, daß Franz Z***** "Vertragserfüller" werde. Dabei wurde über eine Abrechnung und Auflösung der Lieferverträge durch die Zweitbeklagte gesprochen. Die Beklagten erklärten aber die Lieferungs- und Leistungsübereinkommen vom 23.9.1993 nicht für beendet. Es kam auch zu keiner Einigung dahin, daß diese Übereinkommen beendet und abgerechnet würden. Das Gespräch endete mit dem Angebot des Klägers, nach Einholung anwaltlichen Rates eine Lösung zu bringen.

Die Mitarbeiter der Beklagten wiesen bei keinem der Gespräche im Dezember 1994 und Jänner 1995 daraufhin, daß die Lieferungs- und Leistungsübereinkommen nicht erfüllt worden seien.

Am 21.2.1995 rief die Zweitbeklagte die Bankgarantie über S 500.000,-

ab. Das Konto des Klägers wurde mit diesem Betrag belastet. Grund für das Abrufen der Bankgarantie war, daß sich der Kläger nicht mehr gemeldet hatte und die Zweitbeklagte "die Sache ins Rollen bringen" wollte. Sie hatte vorher die Lieferungs- und Leistungs- übereinkommen nicht aufgekündigt. Der Rechtsvertreter der Beklagten hatte nur am 17.1.1995 dem Kläger ein Schreiben übermittelt, in welchem die Vereinbarungen vom 23.9.1993 und 14.1.1994 wie folgt abgerechnet wurden:

"alkoholfreie Getränke S 133.457,20

Biervertrag

S 1,084.939,20

zusammen S 1,218.386,40

Hievon geht ab die Bankgarantie der BAWAG

vom 18.10.1993 i.B.v. -S 500.000,--

was S 718.386,40

ergibt."

Erst mit den Rechnungen vom 28.6.1995 rechnete die Zweitbeklagte die Lieferungs- und Leistungsübereinkommen vom 23.9.1993 - und zwar gegenüber der Z***** GmbH - in folgender Weise ab:

"Abrechnung der Vereinbarung vom 23.9.1993 wegen Nichterreichung der vertraglich vereinbarten Mindestabnahmemengen

Abnahmeverpflichtung Hl Bier 2.200,-

Abnahme bis 20.6.1995 Hl Bier 236,30

Amortisation pro Hl in S 400,--

Investition ohne USt S 760.000,--

Amortisation

236,30 Hl x S 400,- S - 94.520,-

S 665.480,-

9 % Zinsen aus S 665.480,-(23.9.93-28.6.95)

S 105.644,-

S 771.124,-

20 % USt S 154.224,80

S 925.348,80" (Beil./. 10)

"Abrechnung der Vereinbarung vom 23.9.1993 wegen Nichterreichung der vertraglich vereinbarten Mindestabnahmemengen:

Abnahmeverpflichtung Hl AF 280,-

Abnahme bis 20.6.1995 Hl AF 37,-

Amortisation pro Hl in 400,-

Investition ohne USt S 112.000,-

Amortisation

37 Hl x S 400,- S - 14.800,-

S 97.200,-

9 % Zinsen von S 97.200,- (23.9.93-28.6.95)

S 15.430,-

S 112.630,-

20 % USt S 22.526,-

S 135.156,-" (Beil./.11)

Die beiden Rechnungen vom 28.6.1995 wurden der Z***** GmbH am selben Tag übergeben. Der Kläger erhielt davon erstmals in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29.6.1995 Kenntnis.

Tatsächlich betrug in der Zeit vom 23.9.1994 bis 20.6.1995 der Bezug von Bier 236,30 Hektoliter und an alkoholfreien Getränken 37 Hektoliter

Die Sekundärmarktrendite liegt derzeit bei 7,5 %; die Zweitbeklagte zog bei der Abrechnung einen Zinssatz von lediglich 9 % heran.

Am 8.11.1994 hatte die Zweitbeklagte folgende Rechnungen zum 31.10.1994 erstellt:

"Angleichung der Vereinbarung vom 23.9.1993:

Auf Grund der Minderabnahme erhalten Sie folgende Angleichung:

Abnahmeverpflichtung pro Jahr Hl AF 56,-

Abnahme 1.11.93-31.10.94 Hl AF 28,80

Minderabnahme Hl AF 27,20

Investitionsbetrag pro Hl in S 400,-

27,20 Hl x S 400,- S 10.880,-

9 % Zinsen von S 10.880,- (23.9.93-31.10.94)

S 1.079,-

S 11.959,-

20 % USt S 2.391,80

S 14.350,80

(Beil./. 9)

"Abnahmeverpflichtung pro Jahr Hl Bier 220

Abnahme 1.11.93-31.10.94 Hl Bier 150,20

Minderabnahme Hl Bier 69,80

Investitionsbetrag pro Hl in S 400,-

69,8 HL x S 400,- S 27.920,-

9 % Zinsen von S 27.920,- (23.9.93-31.10.94)

S 2.771,-

S 30.691,-

20 % USt S 6.138,20

S 36.829,20"

(Beil./. 8).

Mit diesen Rechnungen wurde die M***** GmbH aufgefordert, die angeführten Beträge bis zum 15.12.1994 zu überweisen. Die M***** GmbH war mit der Höhe der in Rechnung gestellten Beträge einverstanden. Tatsächlich hatte sie zwischen 1.11.1993 und 31.10.1994 28,8 Hektoliter alkoholfreier Getränke und 150,2 Hektoliter Bier abgenommen. Die Beträge aus den Rechnungen vom 8.11.1994 haften noch offen aus. Zudem ist eine Rechnung aus einem Warenbezug der M***** GmbH bei der Zweitbeklagten über S 19.241,40 offen.

Daß mit der Zweitbeklagten die Ausstellung neuer Rechnungen über die offenen Beträge von S 19.241,40, S 36.829,20 und S 14.350,80 vereinbart worden wäre, kann nicht festgestellt werden. Das gleiche gilt von der angeblichen Erklärung Franz Z*****s als Geschäftsführer der Z***** GmbH, er hebe die Lieferungs- und Leistungsübereinkommen auf.

Der Kläger begehrt von den Beklagten S 500.000,- sA. Obwohl die M***** (= Z*****) GmbH die Verpflichtungen aus den Lieferverträgen eingehalten habe, habe die Zweitbeklagte die Bankgarantie in Anspruch genommen. Sein Konto sei deshalb mit S 500.000,- belastet worden. Die Bankgarantie sei zu Unrecht abgerufen worden, weil die Beklagten den Vertrag mit der M***** GmbH nicht beendet hätten. Die Abrechnung gegenüber der Z***** GmbH zum 28.6.1995 sei unzulässig, weil nur zum Ende eines Geschäftsjahres festgestellt werden könne, ob Minderbezüge vorlägen, die zur Beendigung des Vertrages führen könnten. Durch die Abrechnung der Minderabnahmemengen zum November 1994 hätten die Beklagten ihr Wahlrecht - Minderabnahmeabrechnung oder Vertragsabrechnung - verwirkt. Da die Zusatzvereinbarung vom 14.1.1994 prozentuell nicht berücksichtigt worden sei, sei die Abrechnung unrichtig. Die 30 %ige Unterschreitung der Abnahmeverpflichtung liege somit nicht vor.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Sie seien berechtigt gewesen, die Bankgarantie in Anspruch zu nehmen, weil der Kläger nach Übertragung der Geschäftsanteile an Franz und Sandra Z***** die Meinung vertreten habe, daß er den Beklagten nichts mehr schulde. Die Z***** GmbH habe die Verträge nicht übernommen und sie auch mengenmäßig bei weitem nicht erfüllt. Auch aus diesem Grund seien daher die Voraussetzungen für den Abruf der Bankgarantie vorhanden gewesen. Sollte jedoch die Bankgarantie zu Unrecht in Anspruch genommen worden sein, dann könnten die Beklagten zur Zahlung von S 500.000,- sA nur Zug um Zug gegen Rückstellung der Bankgarantie oder Ausstellung einer neuen Bankgarantie verurteilt werden.

Der Kläger erklärte im Verfahren ausdrücklich, nicht bereit zu sein, den Beklagten eine neue Bankgarantie zu übergeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach Übertragung der Geschäftsanteile durch den Kläger sei die Z***** GmbH Vertragspartnerin der Beklagten aus den Lieferungs- und Leistungsübereinkommen geworden. Davon sei nur die Haftung des Klägers als Bürge und Zahler nicht betroffen. Auch die Bankgarantie sei weiter aufrecht gewesen. Diese beziehe sich nur auf den Bierbezugsvertrag. Sie diene als Sicherung der Erfüllung oder Abwicklung eines Hauptgeschäftes. Habe eine Bank zu Recht aus der Garantie an den Begünstigten geleistet und stelle sich heraus, daß der Begünstigte keinen Anspruch aus dem Grundverhältnis habe, so sei zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten rückabzuwickeln. Die Beklagten hätten die Bankgarantie mißbräuchlich abgerufen, weil ihnen bei Abruf der Bankgarantie im Februar 1995 gegen die Z***** GmbH kein Anspruch auf Zahlung eines Betrages von S 500.000,- zugestanden sei. In diesem Zeitpunkt sei der Vertrag auch nicht beendet worden. Das ändere aber nichts daran, daß der Kläger aus dem Grundverhältnis nach wie vor verpflichtet bleibe, den Beklagten - Zug um Zug gegen Rückzahlung des abgerufenen Betrages - eine Bankgarantie beizubringen. Da er dazu nicht bereit sei, bestehe die Klageforderung nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht verurteilte die Beklagten - unter (rechtskräftiger) Abweisung des Mehrbegehrens von S 21.028,73 sA - zur Zahlung von S 478.971,27 sA zur ungeteilten Hand und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Wenn auch die Leistung des Garanten keine Erfüllungshandlung des Kausalschuldners ist, sei doch der Streit über die Rechtfertigung der Vermögensverschiebung zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses auszutragen. Dabei sei § 1431 ABGB analog anzuwenden, wenn der Kausalschuldner erkennt, daß die Garantie zu Unrecht abgerufen wurde. Zum Abruf der Bankgarantie gemäß Punkt 7 des Bierbezugsvertrages vom 23.9.1993 wäre die Zweitbeklagte nur dann und nur in jener Höhe berechtigt gewesen, in der ihr aus dem Bierlieferungsvertrag eine fällige Forderung zustand. Die Erweiterung des Bierlieferungsvertrages sei nicht zwischen dem Kläger und der Zweitbeklagten, sondern zwischen der M***** GmbH und der Zweitbeklagten am 14.1.1994 zustandegekommen. Die Auslegung des Vertrages vom 23.9.1993 führe daher zum Ergebnis, daß die Bankgarantie lediglich als Sicherstellung für die Forderungen aus dem ursprünglichen Bierlieferungsvertrag, nicht aber auch zur Sicherung von Ansprüchen aus der Vertragserweiterung vom 14.1.1994 diene. Etwas anderes hätten die Beklagten in erster Instanz auch nicht behauptet. Selbst wenn daher den Beklagten zum 31.10.1994 Forderungen in Betrag von S 14.350,- und S 19.241,40 zustanden, so seien diese Forderungen nicht durch die Bankgarantie besichert.

Auf Grund einer jährlichen Abnahme- verpflichtung von 190 Hektoliter Bier (Vertrag vom 23.9.1993) errechne sich die infolge Minderabnahme vorzunehmende Angleichung dahin, daß den Beklagten der Betrag von S 21.028,73 zustehe, welcher durch die Bankgarantie gesichert gewesen sei. Weitere fällige Forderungen der Zweitbeklagten aus dem Bierlieferungs- vertrag vom 23.9.1993 hätten am 21.2.1995 noch nicht bestanden, weil jedenfalls an diesem Tag der Vertrag noch nicht aufgelöst worden sei. Soweit die Bankgarantie mit mehr als S 21.028,73 abgerufen wurde, sei dies mißbräuchlich geschehen, sodaß der Kläger einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung von S 478.971,27 habe. Dieser Anspruch hänge nicht davon ab, daß der Kläger Zug um Zug eine neue Bankgarantie beibringe. § 1431 ABGB betreffe die Rückgabe von irrtümlich Geleistetem. Der Zweitbeklagten sei aber ausschließlich eine Leistung des von ihr in Anspruch genommenen Garanten, nicht aber des Klägers, zugekommen. Daß die Zweitbeklagte über die Bankgarantie nach deren teilweise mißbräuchlichem Abruf nicht mehr verfügen könne, sei von ihr selbst zu vertreten.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den abändernden Teil dieses Urteils erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die Beklagten meinen, aus den Feststellungen über die Rechnungen vom 28.6.1995 (Beilagen 10 und 11) ergebe sich, daß mit diesen Abrechnungen die darin enthaltenen Beträge von S 925.348,80 und S 135.156,- fällig gestellt worden seien. Schon aus diesem Grund müsse die Klage zur Gänze abgewiesen werden. Dem ist nicht zu folgen:

Die Beklagten übersehen offenbar, daß es im Prozeß um die Frage geht, ob der Abruf der Bankgarantie vom 21.2.1995 unberechtigt war. Gegen die Auffassung der Vorinstanzen, daß zu diesem Zeitpunkt keine fällige Forderung in der Höhe des Garantiebetrages bestanden hat, führt die Revision nichts ins Treffen; aus einer etwaigen Fälligstellung zum 28.6.1995 ist für die Beklagten nichts zu gewinnen. Daß aber mit dem Schreiben vom 17.1.1995 die darin angeführten, S 500.000,- übersteigenden Beträge wirksam fällig gestellt worden wären, behaupten die Beklagten selbst nicht.

Die Beklagten wenden sich auch nicht gegen die analoge Anwendung des § 1431 ABGB. Tatsächlich steht die dazu vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht im Einklang mit der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes:

Steht dem aus einer Bankgarantie Begünstigten in Wahrheit kein Anspruch auf die durch die Garantie gesicherte Leistung zu, so kann grundsätzlich nur der Auftraggeber Bereicherungsansprüche gegen den Empfänger geltend machen (Koziol, Garantievertrag 85;

Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II Rz 3/160;

Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 15 a vor § 1431; Canaris in GKHGB3 III/3.

Bankvertragsrecht2, Rz 1142; ÖBA 1987, 505 [Koziol] = RdW 1987, 194;

SZ 61/63 = EvBl 1988/92 = ÖBA 1988, 606; ÖBA 1991, 293 = RdW 1991,

142).

Diese dem Auftraggeber zustehende Leistungs- kondiktion kann nicht unmittelbar auf § 1431 ABGB gestützt werden, weil es bei Abruf der Garantie und Zahlung durch den Garanten nicht entscheidend auf den Irrtum des Auftraggebers ankommen kann. Diese Bestimmung ist daher nur analog anzuwenden, weil die Lage des Auftraggebers, der zwar erkennt, daß die Garantie zu Unrecht abgerufen wird, aber wegen der abstrakten Ausgestaltung der von ihm in Auftrag gegebenen Bankgarantie die Leistung nicht mehr zu verhindern vermag, derjenigen des Irrenden rechtsähnlich ist (ÖBA 1987, 505 [Koziol] = RdW 1987, 194; Avancini/Iro/ Koziol aaO Rz 3/162). Avancini/Iro/Koziol (aaO) meinen dazu, "es dürfte sich um die anerkannte Analogie bei List oder Zwang handeln", könne doch der Auftraggeber durch die abstrakte Ausgestaltung der Garantie nicht mehr die Zahlung verhindern, sodaß er insofern einer zwangsweisen Eintreibung ausgesetzt sei; bei rechtsmißbräuchlicher Inanspruchnahme werde überdies häufig eine listige Herbeiführung der Zahlung gegeben sein.

Die Beklagten vertreten nun - unter Berufung auf Wilburg in Klang2 VI 475 - die Auffassung, daß jede Kondiktion in erster Linie auf Wiederherstellung des vorigen Zustandes in der Natur gerichtet sei; § 877 ABGB sei anzuwenden. Demnach seien Rückforderungsansprüche, die beiden Teilen zustehen, nur Zug um Zug zu erfüllen. Da der Kläger zur Beibringung einer Bankgarantie nicht bereit sei, komme eine Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht in Frage. Die Klage sei daher abzuweisen. Dem ist nicht zuzustimmen:

Nach Punkt 7 des Bierlieferungsvertrages vom 23.9.1993, Beilage B,

hatte der Kläger zur Sicherstellung aller den Beklagten aus diesem

Vertrag zustehenden Ansprüche eine Bankgarantie befristet bis zum

Jahr 2003 in der Höhe von S 500.000,- beizustellen. Diese

Verpflichtung hat der Kläger erfüllt. Daß er aber über den Wortsinn

dieser Vertragsbestimmung hinaus nach übereinstimmender Parteiabsicht

dazu verpflichtet wäre, dann eine weitere Bankgarantie zu übergeben,

wenn die Beklagten dieses Sicherungsmittel dadurch verlieren, daß sie

es zu Unrecht gebrauchen und dann den daraus empfangenen Betrag

wieder ausfolgen müssen, wurde weder behauptet noch festgestellt. An

einen solchen Fall haben die Parteien offenbar nicht gedacht. Auch

eine ergänzende Vertragsauslegung könnte nicht zu dem von den

Beklagten gewünschten Ergebnis führen. Ergänzt man nämlich den

Vertrag um dasjenige, was für den eingetretenen (nicht

vorhergesehenen) Fall zwischen den Parteien rechtens sein soll (SZ

39/216; SZ 42/52; SZ 45/11; WBl 1987, 240 uva), dann ist unter

Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den

Parteien verfolgten Zwecks sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte

zu prüfen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart

hätten (SZ 49/86; JBl 1987, 248; WBl 1987, 240 uva). Solche Parteien

hätten aber wohl nicht vereinbart, daß dann, wenn die aus der

Bankgarantie begünstigte Partei durch Mißbrauch der Garantie ihr

Sicherungsmittel verliert, ihr Vertragspartner verpflichtet wäre,

neuerlich eine Bankgarantie beizubringen. Eine solche Regelung könnte

ja den Begünstigten dazu veranlassen, leichtfertig die Bankgarantie

auszunützen, weil er ja im schlimmsten Falle - wenn er den

Garantiebetrag wieder zurückerstatten muß - doch wiederum in den Besitz einer inhaltsgleichen Garantie gelangen werde. Eine solche vertragliche Regelung wäre zweifellos nicht sachgerecht.

Ist somit ein Anspruch der Beklagte auf Beistellung einer neuen

Bankgarantie durch den Kläger zu verneinen, braucht auf die Frage

nicht eingegangen zu werden, ob ein solcher Anspruch überhaupt mit

demjenigen des Klägers im synallagmatischem Verhältnis stünde, sodaß

er - wie in den Fällen des § 877 ABGB (Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 4

zu § 877 mwN aus Lehre und Rechtsprechung) und des § 921 ABGB

(Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 10 zu § 921 mwN aus der

Rechtsprechung; Koziol/Welser10 I 245) - einen Zug-um-Zug-Einwand

rechtfertigen könnte.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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