OGH 5Ob227/08f

OGH5Ob227/08f21.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Heidemarie S*****, geboren am 13. April 1949, *****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Grundbuchshandlungen in der EZ 438 GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 7. August 2008, AZ 2 R 202/08h, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 9. Juli 2008, TZ 4530/08-2, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit dem verfahrenseinleitenden Grundbuchsantrag begehrt die Antragstellerin als Legatarin nach dem verstorbenen bücherlichen Eigentümer der Liegenschaft EZ 438 Grundbuch ***** die Einverleibung der Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechts auf dieser Liegenschaft. Zur Anspruchsbegründung legte sie eine Amtsbestätigung des Bezirksgerichts Bregenz vom 23. 4. 2008 mit Rechtskraftbestätigung vor, welchem Beschluss allerdings nicht zu entnehmen war, auf welcher Liegenschaft die Dienstbarkeit einverleibt werden sollte. Gleichzeitig legte sie eine - nicht mit Rechtskraftbestätigung versehene - Ausfertigung eines Berichtigungsbeschlusses des Bezirksgerichts Bregenz vor, mit dem die Bezeichnung der Liegenschaft ergänzt wurde. Das Testament, in dem das Vermächtnis angeordnet worden war, wurde in Kopie vorgelegt.

Die Vorlage der zitierten Beilagen erfolgte nicht im elektronischen Rechtsverkehr, sondern in Papierform.

Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag mit der Begründung ab, gemäß § 89c Abs 5 GOG müssten im Original vorzulegende Beilagen im Grundbuchsverfahren nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten von Rechtsanwälten oder Notaren im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden. Nunmehr lägen die technischen Möglichkeiten generell vor (§ 11 Abs 1a ERV 2006).

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts nicht, dass die Art der Vorlage der Grundbuchsurkunden eine Abweisung des Grundbuchsantrags rechtfertige.

Zwar seien Notare und Rechtsanwälte seit 1. 7. 2007 zur elektronischen Einbringung von Beilagen zu Grundbuchsgesuchen verpflichtet (§ 89c Abs 5 GOG iVm § 11 Abs 1a ERV 2006), wobei im Einzelfall allerdings die Möglichkeit bestehe, glaubhaft zu machen, dass die technischen Möglichkeiten im elektronischen Rechtsverkehr für einen bestimmten Anwalt oder Notar nicht bestünden. Der Vertreter der Antragstellerin habe von dieser Möglichkeit erst im Rekurs und somit gemäß § 122 Abs 2 GBG verspätet Gebrauch gemacht. Nach Ansicht des Rekursgerichts sei jedoch eine geschäftsordnungsgemäße Behandlung von im Postweg übersendeten Urkunden nicht ausgeschlossen. Das GOG gehe vielmehr von einer Parallelität der Zulässigkeit von Eingaben auf dem Postweg und in elektronischer Form aus.

Hingegen liege ein anderer Abweisungsgrund vor:

Die „Amtsbestätigung" nach § 182 Abs 3 AußStrG durch das Abhandlungsgericht habe nicht über den Bestand von neu zu begründenden Rechten an einer Liegenschaft zu entscheiden. Werde aber dem entgegen eine Amtsbestätigung solchen Inhalts ausgestellt, die auch in Rechtskraft erwachse, sei deren Inhalt der Überprüfung durch das Grundbuchsgericht entzogen. Dieses habe sich bei seiner Prüfung darauf zu beschränken, die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchstand zu beurteilen. Selbst im Fall einer inhaltlichen Unrichtigkeit wäre die Entscheidung des Abhandlungsgerichts nicht wirkungslos oder unbeachtlich. Weil die mit einer Rechtskraftsbestätigung versehene Amtsbestätigung die Liegenschaft aber nicht bezeichne, auf der die Einverleibung erfolgen solle, komme es auf den Berichtigungsbeschluss vom 30. 6. 2008 an. Nur die Rechtskraft dieses Berichtigungsbeschlusses hätte als Grundlage für die Eintragung des Fruchtgenussrechts ausreichend sein können.

Zu Recht habe daher das Erstgericht das Grundbuchsgesuch abgewiesen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil durch höchstgerichtliche Rechtsprechung die rechtliche Qualifikation von Verstößen gegen die Vorschrift des § 89c Abs 5 GOG bisher nicht geklärt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig.

Er ist jedoch nicht berechtigt.

Mit dem BRÄG 2008 wurde für Rechtsanwälte und Notare die Verpflichtung statuiert, im Grundbuchsverfahren die für die Eintragung erforderlichen Urkunden in elektronischer Form zu übermitteln.

§ 89c Abs 5 GOG lautet:

Eingaben und im Original vorzulegende Beilagen im Grundbuch- oder Firmenbuchverfahren, welche elektronisch eingebracht werden dürfen, sind von Rechtsanwälten und Notaren nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten im elektronischen Rechtsverkehr einzubringen. Diese Vorschrift gilt seit 1. 1. 2008.

In der ERV 2006 ist in § 11 Abs 1a geregelt:

Ab 1. 7. 2007 liegen die generellen technischen Möglichkeiten für Rechtsanwälte und Notare vor, die nach dieser Verordnung zugelassenen Eingaben und im Original vorzulegenden Beilagen im Grundbuch- oder Firmenbuchverfahren im elektronischen Rechtsverkehr einzubringen (§ 89c Abs 5 GOG). Liegen die konkreten technischen Möglichkeiten dafür im Einzelfall nicht vor, so ist dies vom einbringenden Rechtsanwalt oder Notar in der nicht im elektronischen Rechtsverkehr übermittelten Eingabe glaubhaft zu machen.

Das bedeutet, dass neben der generellen Verpflichtung für Rechtsanwälte und Notare, sich des elektronischen Rechtsverkehrs zu bedienen, bis zur Erlassung einer neuen Verordnung die Möglichkeit besteht, die im Grundbuchsverfahren im Original vorzulegenden Beilagen wie bisher in Papierform vorzulegen, wenn im Einzelfall glaubhaft gemacht wird, dass die konkreten technischen Möglichkeiten für den elektronischen Rechtsverkehr noch nicht bestehen. Beim gegebenen Verordnungsstand ist daher davon auszugehen, dass trotz der Verpflichtung (s dazu RV 303 BlgNR 23. GP 40; auch RV 1169 BlgNR 22. GP 36), wie sie für Rechtsanwälte und Notare gilt, daneben noch die Möglichkeit zu einer Einbringung von Urkunden in der bisherigen Form besteht.

Dann aber ist das oben wiedergegebene Gebot an den Rechtsanwalt oder Notar, im Einzelfall glaubhaft zu machen, dass für ihn die konkreten technischen Möglichkeiten noch nicht bestehen, eine reine Ordnungsvorschrift, der - ohne dass damit ein Verstoß gegen § 122 Abs 2 GBG gesetzt würde - jederzeit entsprochen werden kann. Die Abweisung des Grundbuchgesuchs unter Vorlage von Originalurkunden durch das Erstgericht entbehrte daher einer gesetzlichen Grundlage. Im Weiteren hat das Rekursgericht völlig zutreffend erkannt, dass der tragende Abweisungsgrund darin besteht, dass das Begehren der Antragstellerin durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden nicht begründet ist (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG).

Abgesehen vom allgemeinen Erfordernis einer Rechtskraftbestätigung auch für Amtsbestätigungen als Eintragungsvoraussetzung und der Unbeachtlichkeit der im Revisionsrekurs ins Treffen geführten „Gerichtskundigkeit" der Rechtskraft (vgl RIS-Justiz RS0008396; insb 5 Ob 324/97a; 3 Ob 290/04z; vgl auch Kodek, Grundbuchrecht Rz 29 zu § 33 GBG), würde nur eine rechtskräftige Bestätigung in Beschlussform nach § 182 Abs 3 AußStrG (früher § 178 AußStrG) das Grundbuchsgericht an den Bestand von erst zu begründenden Rechten binden. Nach ständiger zu § 178 AußStrG aF ergangener höchstgerichtlicher Judikatur hätte nämlich das Abhandlungsgericht in der Amtsbestätigung nicht über den Bestand von erst zu begründenden Rechten, also solchen, die bisher nicht an der Liegenschaft bestanden haben, zu entscheiden (vgl RIS-Justiz RS0008393; RS0008391; zuletzt 5 Ob 21/08m = wobl 2008/90 mit zust Call). Zu Lebzeiten des Erblassers bestand keine Servitut, was eine Bestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG an sich ausgeschlossen hätte (vgl auch 5 Ob 200/05f = wobl 2006/59 [Call]). Sollen durch entsprechende Übereinkommen neue Rechte begründet werden, wie dies hier der Fall ist, ist die Amtsbestätigung zur Verbücherung nicht ausreichend, die entsprechende Grundbuchsurkunde wäre formgerecht zu errichten. Hat allerdings das Verlassenschaftsgericht seine Befugnis überschritten, wird durch die Rechtskraft einer solchen Entscheidung das selbständige Prüfungsrecht des Grundbuchsgerichts ausgeschlossen (vgl 5 Ob 133/99s = NZ 2000/467 [Hoyer]).

Der Verweis der Revisionsrekurswerberin auf die Rechtskraft der unverbesserten Amtsbestätigung ist verfehlt. Diese Urkunde bildet keine zweifelsfreie Grundlage für die begehrte Einverleibung, weil in ihr die Liegenschaft, auf der die Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechts einverleibt werden soll, nicht bezeichnet ist (vgl RIS-Justiz RS0060878; RS0003084). Wenn auch § 32 Abs 1 lit a GBG, der die genaue Angabe der Liegenschaft, auf der die Einverleibung erfolgen soll, nur für Privaturkunden fordert und § 33 Abs 1 lit a GBG diese Erfordernisse nur für Rechtsgeschäfte vor einer öffentlichen Behörde oder einem Notar statuiert, muss doch jedenfalls nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunde begründet erscheinen. Enthält also eine Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG keine genaue Angabe der Liegenschaft, auf der eine Einverleibung erfolgen soll, vermag die Urkunde das Begehren auf Einverleibung auf einer bestimmten Liegenschaft nicht zu begründen. Anders läge der Fall nur, wenn die Amtsbestätigung auf eine weitere Urkunde Bezug nähme, die die Voraussetzungen des § 32 GBG aufweist und in grundbuchsfähiger Form vorgelegt wird. Das ist aber bei einer Kopie eines Testaments nicht der Fall.

Zu Recht hat also das Rekursgericht die Abweisung des Grundbuchsgesuchs bestätigt.

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