Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß in EZ ***** Grundbuch ***** ob den ehemals je 445/232174 Anteilen des Johann P*****, B-LNR 340 und der Berta P*****, B-LNR 341, nunmehr 890/232174 Anteilen der Renate P***** , B-LNR 551, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung 263 verbunden ist, die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung für Berta P*****, bewilligt wird.
Text
Begründung
In der EZ ***** Grundbuch ***** bewilligte das Erstgericht ob den je 445/232174 Anteilen des Johann P*****, B-LNR 340, und der Berta P*****, B-LNR 341, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung 236 verbunden ist, nachstehende Eintragung: Aufgrund der Amtsurkunde vom 20. 3. 1999, 5 A 24/98a-8, sowie der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 1. 7. 1998 wird einverleibt: a) das Eigentumsrecht für Renate P***** unter Zusammenziehung dieser Anteile zu 890/232174 Anteilen;
b) das Belastungs- und Veräußerungsverbot für Berta P*****. Hingegen wies das Erstgericht den weiteren Antrag der Antragstellerin Renate P*****, auf den bezeichneten Anteilen die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung zugunsten der Berta P***** zu bewilligen, ab. Begründet wurde die Entscheidung damit, daß § 178 AußStrG nur auf Rechte und Forderung Anwendung finde, die im Grundbuch bereits hafteten, daher nicht auf solche Rechte und Forderungen, die durch den letzten Willen des Erblassers oder - wie hier - durch das zwischen den Parteien geschlossene Erbübereinkommen erst geschaffen würden.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte folgendes aus:
Die Eigentumswohnung, an der das dingliche Wohnungsrecht zugunsten der Berta P***** eingetragen werden solle, sei ursprünglich im gemeinsamen Ehegattenwohnungseigentumsrecht gemäß § 9 WEG der Berta P***** und ihres Ehegatten Johann P***** gestanden. Als dieser verstorben sei, sei nach einem Erbübereinkommen im Verlassenschaftsverfahren die rechtskräftige Amtsurkunde gemäß § 178 AußStrG ergangen, nach der betreffend die gesamte Eigentumswohnung 1. das Eigentumsrecht für Renate P*****, 2. das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Berta P***** und 3. die Dienstbarkeit der Wohnung zugunsten der Berta P***** einverleibt werden könne.
Bestehe im Todesfall ein gemeinsames Wohnungseigentumsrecht der Ehegatten, so gelte, wenn nicht der andere Ehegatte den Anteil des Verstorbenen als Erbe oder Vermächtnisnehmer erwerbe, folgendes: Der Anteil des Verstorbenen am Mindestanteil und gemeinsamen Wohnungseigentum wachse dem überlebenden Ehegatten als gesetzliches Vermächtnis unmittelbar ins Eigentum zu. Der Zuwachs trete jedoch nicht ein, wenn der überlebende Ehegatte vor dem Ablauf einer vom Verlassenschaftsgericht festzusetzenden angemessenen Frist entweder auf den Zuwachs verzichte oder gemeinsam mit dem Erben des Verstorbenen eine Vereinbarung schließe, aufgrund deren der gesamte Mindestanteil an eine Person ungeteilt übergehe (§ 10 WEG). Letzterer Fall liege hier vor. Die Wohnung sei nicht an die überlebende Ehegattin, sondern an die Erbin gemeinsam mit dem Anteil der Ehegattin übertragen worden. Der Anteil des Verstorbenen sei also nicht der überlebenden Ehegattin zugewachsen. Sie sei nicht Eigentümerin eines Vorausvermächtnisses geworden. § 10 WEG gehe § 758 ABGB vor, welche Bestimmung nur subsidiären Charakter habe. Die Ehegattin erwerbe also durch das Erbteilungsübereinkommen, das der Amtsbestätigung zugrundeliege, ein dingliches Wohnungsrecht nicht nur an ihrem eigenen früheren Anteil, sondern auch an dem ideellen Anteil, der bisher im Eigentum ihres verstorbenen Mannes gestanden sei. Insoweit werde jedenfalls ein neues Recht begründet, das bisher im Grundbuch nicht bestanden habe.
§ 178 AußStrG schließe die Ausstellung einer Amtsbestätigung zur Eintragung erst neu zu begründender bücherlicher Rechte aus. In diesem Sinne könne ein Dienstbarkeitsrecht nicht auf der Grundlage einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG eingetragen werden, weil damit ja ein neues Recht geschaffen worden sei. In Ansehung neu zu begründender Rechte ersetze die Amtsbestätigung die als Eintragungsgrundlage erforderliche Urkunde nicht. Die Amtsbestätigung sei ein rechtskräftiger Gerichtsbeschluß über bücherliche Einverleibungen im Sinne des § 33 Abs 1 lit d GBG. Als solcher Beschluß sei er gemäß § 94 Abs 2 GBG der Überprüfung durch das Grundbuchsgericht entzogen. In diesen Fällen habe sich das Grundbuchsgericht darauf zu beschränken, lediglich zu prüfen, ob der Vollzug in Rücksicht auf den Grundbuchsstand möglich sei. Hinsichtlich der übrigen Erfordernisse stehe die Entscheidung dem bewilligenden Gericht zu. Selbst die Verletzung bücherlicher Rechte durch den Vollzug wäre kein Grund, den Vollzug der Eintragung abzulehnen. § 94 (Abs 2) GBG stehe der begehrten Eintragung im Sinne der bisherigen Rechtsprechung dann nicht entgegen, wenn man die Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG nur als eine solche begreife, die bisher vorhandene bücherliche Rechte regeln könne und darüber hinaus keine Wirkung entfalte. Bestätige das Verlassenschaftsgericht, daß ein Dienstbarkeitsrecht neu begründet werden soll, so stelle das nicht mehr eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG dar, sondern gehe darüber hinaus. Die Bestätigung sei dann keine taugliche Grundlage mehr für die Eintragung.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei deswegen zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage nicht vorliege, ob § 94 Abs 2 GBG es dem Grundbuchsgericht überhaupt erlaube, eine rechtskräftige Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG inhaltlich zu überprüfen.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die vorinstanzlichen Beschlüsse dahin abzuändern, daß die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung für Berta P***** bewilligt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, auch wenn man davon ausgehe, daß durch die Vereinbarung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts ein neues Recht begründet werde, so liege ein rechtskräftiger Beschluß des Verlassenschaftsgerichts vor, der vom Grundbuchsgericht gemäß § 94 Abs 2 GBG zu vollziehen sei. Das Erstgericht habe das ihm nach dieser Gesetzesstelle eingeräumte Prüfungsrecht überschritten. Die durch das Wohnungsrecht begünstigte Witwe sei schon als Ehegattenwohnungseigentümerin berechtigt gewesen, die gesamte Eigentumswohnung zu bewohnen; es sei daher nicht von der Neueinräumung eines Rechts auszugehen, weil dieses bereits - wenn auch durch Eigentum am halben Mindestanteil - ausgeübt worden sei. Es entspreche nicht dem Zweck des § 10 WEG, zwar die umgehende Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch zu gewährleisten, nicht jedoch die umgehende Eintragung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts für den überlebenden Ehegatten.
Hiezu wurde erwogen:
In der vorliegenden, mit einer Rechtskraftbestätigung versehenen Amtsbestätigung des Abhandlungsgerichts gemäß § 178 AußStrG wird unter anderem bestätigt, daß die grundbücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung zugunsten der Witwe des Erblassers vorgenommen werden kann. Wie schon das Rekursgericht richtig erkannt hat, ist eine derartige Amtsbestätigung als Gerichtsbeschluß über grundbücherliche Eintragungen anzusehen (EvBl 1975/211 = NZ 1976, 109; LGZ Wien EFSlg 61.666) und als solcher gemäß § 94 Abs 2 GBG der Überprüfung durch das Grundbuchsgericht insoweit entzogen, als dieses sich darauf zu beschränken hat, über die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchstand zu entscheiden (vgl NZ 1986, 293 [Hofmeister]; 5 Ob 447/97i). Die Frage, ob es sich bei der Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung zugunsten eines bisherigen Ehegattenwohnungseigentümers um ein "neues" Recht handelt, für dessen Verbücherung nach der Rechtsprechung eine Amtsurkunde gemäß § 178 AußStrG im Verlassenschaftsverfahren nicht ausgestellt werden kann (vgl SZ 66/39, 25/15), war somit nicht vom Grundbuchsgericht, sondern vom Abhandlungsgericht zu beantworten; dessen bewilligender Beschluß ist aber in Rechtskraft erwachsen. Selbst im Falle der inhaltlichen Unrichtigkeit wäre diese Entscheidung keineswegs wirkungslos oder unbeachtlich (anders SZ 25/15; LGZ Wien RPflSlgG 2053, 2177; LG Linz RpflSlgG 2508).
Da die Vorinstanzen somit das ihnen gemäß § 94 Abs 2 GBG eingeräumte Prüfungsrecht überschritten haben und der Grundbuchsstand dem Vollzug der begehrten Eintragung nicht entgegensteht, war der angefochtene Beschluß spruchgemäß abzuändern.
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