OGH 7Ob156/08d

OGH7Ob156/08d24.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Gradischnig & Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in Villach, gegen die beklagten Parteien 1. A***** GmbH, *****, 2. A***** Versicherungs-Aktiengesellschaft, *****, beide vertreten durch Dr. Werner Masser und andere Rechtsanwälte in Wien, und 3. C***** SrL, *****, vertreten durch Dr. Veronika Staudinger, Rechtsanwältin in Innsbruck, wegen 172.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. April 2008, GZ 5 R 213/07v-62, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Spedition zu fixen Kosten führt zur Anwendung des Frachtrechts (§ 413 HGB). Der Frachtführer haftet gemäß Art 3 CMR für Handlungen und Unterlassungen aller Personen, deren er sich bei Ausübung der Beförderung bedient wie für eigene Handlungen und Unterlassungen. Grundsätzlich endet der Aufgabenbereich des Frachtführers mit der Übergabe des Transportguts an den annahmeberechtigten Empfänger (RIS-Justiz RS0062537), dem die Gewahrsame eingeräumt wird. Die Ablieferung kann nur mit dem Wissen und Willen des Empfängers erfolgen (RIS-Justiz RS0062704). Der Ablieferungsvorgang ist abgeschlossen, wenn ein Verhältnis hergestellt wird, das dem zur Entgegennahme bereiten Empfänger die Einwirkungsmöglichkeit auf das Gut einräumt (2 Ob 271/05z; RIS-Justiz RS0074012).

Es kommt also bei der Beurteilung, ob der Ablieferungsvorgang abgeschlossen ist, auf die Vereinbarung zwischen den Parteien und damit auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass nach der Vereinbarung zwischen den Parteien die Ablieferung erst bei Abholung durch den Empfänger vor Ort gegen Bezahlung oder zumindest Freigabe durch die Klägerin der Erstbeklagten gegenüber erfolgen sollte, ist im Einzelfall vertretbar, hatte doch die Erstbeklagte selbst den Auftrag, die Ausfolgung nur zuzulassen, wenn sie die Zustimmung der Klägerin erlangt. Wenn das Berufungsgericht zur Auslegung der Vereinbarung die Weisung heranzieht, dass eben die Transportversicherung für den gesamten Zeitraum eingedeckt werden soll, bis das Gut an den Empfänger mit Zustimmung der Klägerin ausgefolgt werden könnte, ist dies nicht zu beanstanden.

Lautet die Weisung, dass die Ware nur mit Zustimmung der Erstbeklagten nach der ihr erteilten Zustimmung von der Klägerin nach Bezahlung des Kaufpreises ausgefolgt werden darf und wird die Ware aber gegen Vorlage eines Faxes, das eindeutig nicht von der Erstbeklagten stammt, ausgefolgt, ist die Beurteilung durch das Berufungsgericht, dass dieses Verhalten grob fahrlässig sei, vertretbar, sodass es auf die Frage, ob die Fälschung des Faxes vom 28. 6. 2004 erkennbar gewesen sei, gar nicht ankommt. Im Hinblick auf die grobe Fahrlässigkeit ist keine Verjährung des Anspruchs nach Art 32 CMR eingetreten, worauf das Berufungsgericht bereits in seiner Entscheidung ON 40 hingewiesen hat. Da die Erstbeklagte Frachtführer ist, kommt es auf die Verjährungsbestimmungen im Speditionsgeschäft nicht an. Das Berufungsverfahren ist auch nicht mangelhaft. Es ist zwar richtig, dass sich die Rechtsrüge der Klägerin primär auf die Verletzung der Weisung zur Versicherungseindeckung bezieht und nicht darauf, dass der Sachverhalt nicht nach den CMR geprüft wurde, doch stützt sich die Berufung sehr wohl auch darauf, dass die Haftung der Erstbeklagten deshalb gegeben sei, weil die Drittbeklagte eine ausdrücklich erteilte Weisung, nämlich die Waren erst nach schriftlicher Freigabe durch die Erstbeklagte an den Käufer auszufolgen, nicht eingehalten und die Ware ohne Freigabe der Erstbeklagten ausgehändigt habe. Insgesamt ist die Rechtsrüge gesetzmäßig ausgeführt, sodass das Berufungsgericht sehr wohl den Sachverhalt auch auf der Rechtsgrundlage einer CMR-Haftung prüfen konnte.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die allenfalls unrichtige rechtliche Qualifikation des Sachverhalts durch den Kläger die Prüfung nicht ausschließt, ob der geltend gemachte Anspruch bei richtiger rechtlicher Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auch auf einen anderen Rechtsgrund gestützt werden kann (vgl RIS-Justiz RS0058336, RS0058348). Es ist vertretbar, im Vorbringen der Klägerin keine Beschränkung der rechtlichen Anspruchsgrundlage zu erkennen, sodass das Berufungsgericht den vorgetragenen Sachverhalt in jede Richtung prüfen konnte.

Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte