OGH 7Ob111/08m

OGH7Ob111/08m11.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Sparkasse, *****, vertreten durch Dr. Martin Schober, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Dr. Peter S*****, vertreten durch Dr. Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wegen 328.405,06 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Februar 2008, GZ 16 R 187/07y‑117, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 20. April 2007, GZ 25 Cg 5/03p‑106, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Die Klägerin begehrt Schadenersatz, weil der Beklagte (dessen Konzipient, für den er einzustehen habe) mehrfach seine Pflichten aus einer Treuhandvereinbarung verletzt habe. Die Klägerin macht dem Beklagten im Wesentlichen folgende - in der Revision noch aufrecht erhaltene und nicht gegen das Neuerungsverbot verstoßende - Vorwürfe:

- aus der Erklärung des Verkäufers vom 20. Jänner 1998 habe sich ergeben, dass er trotz Nichtzahlung des Kaufpreises keine Einwände gegen eine Einverleibung des Eigentums der Käufer habe. Daher habe dem Beklagten die Verpflichtung zur sofortigen grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrags getroffen, der er nicht nachgekommen sei;

- der Beklagte hätte die Klägerin darüber informieren müssen, dass die Abwicklung nicht planmäßig verlaufe, dass der Liegenschaftskaufpreis von den Käufern nicht bezahlt und die Bausparfinanzierung nicht abgewickelt werde;

- der Beklagte hätte alles tun müssen, damit die Darlehensvaluta auf seinem Anderkonto einlangt, und alles unterlassen müssen, was dies gefährdet; er hätte daher alles daran setzen müssen, dass die Käufer den Kaufpreis leisten und die Bausparanträge und Pfandurkunden unterfertigen;

- der Beklagte hätte auch nicht an der Erstellung des Kaufvertrags vom 3. November 1998 mitwirken dürfen, weil dadurch die Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer endgültig gescheitert sei und damit auch die Auszahlung der Darlehensvaluta.

Durch die Unterlassungen des Beklagten sei es der Klägerin unmöglich gewesen, entsprechende (konkret behauptete) Maßnahmen zur Verhinderung des Schadenseintritts zu setzen.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete relevant ein, eine Treuhandvereinbarung mit der Klägerin sei wegen der aufschiebenden Bedingung des Einlangens des Geldes, die nicht eingetreten sei, gar nicht zustande gekommen. Selbst wenn man einen Treuhandvertrag annehme, habe sich die Aufgabe des Beklagten darauf beschränkt, das allenfalls am Anderkonto einlangende Geld entsprechend weiterzuleiten. Der Beklagte bestritt ausdrücklich die Kausalität seines Fehlverhaltens und wendete so hohes Eigenverschulden der Klägerin ein, dass „Kulpakompensation eingetreten sei". Sie habe den Schaden grundsätzlich selbst zu tragen, weil sie sich trotz Urgenzen des Verkäufers, den Liegenschaftskaufpreis zu finanzieren, nicht dazu entschließen habe können. Die Durchfinanzierung des Projekts sei nicht durchgeplant gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Hälfte statt und wies das Mehrbegehren ab.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht änderte das Urteil im Sinne einer Klagsabweisung ab und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

1. Der von der Klägerin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt nicht vor, weil eine Überprüfung des Berufungsurteils zweifellos vorgenommen werden kann, es nicht mit sich selbst in Widerspruch steht und ausreichende Gründe für die getroffene Entscheidung angeführt sind. In Wahrheit versucht die Klägerin damit nur - ebenso wie mit den ungerechtfertigten Rügen wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und Aktenwidrigkeit -, die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zu bekämpfen, das eine Verschuldensabwägung zur Gänze zu Lasten der Klägerin zugrundegelegt hat. Gerade die besondere Kasuistik der hier zu beurteilenden Finanzierung durch die Klägerin schließt jedoch eine beispielgebende Entscheidung über die Art der Verschuldensteilung und die Schwere des Verschuldens aus (vgl RIS‑Justiz RS0042405). Auch bei der Frage, ob ein Rechtsanwalt bei der Abwicklung einer mehrseitigen Treuhandschaft seiner hohen Sorgfaltspflicht nachgekommen ist, handelt es sich um eine solche des Einzelfalls, da es auf die jeweilige konkrete Vereinbarung ankommt (RIS‑Justiz RS0107573).

2. Aus folgenden Überlegungen ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit eine Korrektur der Berufungsentscheidung durch den Obersten Gerichtshof nicht erforderlich:

2.1. Die Behauptung des Beklagten, der Verkäufer habe die Zahlung/Finanzierung des restlichen Kaufpreises für die Liegenschaft bei der Klägerin laufend urgiert, diese habe sich jedoch nicht dazu entschließen können, wurde von der Klägerin insofern zugestanden, als sie dazu vorbrachte, die Ersuchen des Verkäufers an ihren Mitarbeiter, auch die Kosten für den Liegenschaftskauf zu finanzieren, seien zu Recht zurückgewiesen worden. Daher ist unstrittig, dass seitens des Verkäufers bei der Klägerin die Zahlung/Finanzierung des restlichen Kaufpreises gefordert, von dieser jedoch abgelehnt wurde. Da der Kaufpreis bis 1. März 1998 gestundet wurde, ist davon auszugehen, dass diese Urgenzen im nachfolgenden Zeitraum erfolgten.

2.2. Die weiteren Behauptungen des Beklagten, die „Bausparurkunden" seien auch an die Klägerin geschickt worden, und die Treuhandvereinbarung sei unentgeltlich zustande gekommen, blieben ohne jede substanziierte Bestreitung der Klägerin, obwohl sie dazu leicht Stellung nehmen hätte können, sodass diese Umstände als zugestanden gelten (§ 267 ZPO).

2.3. Einer Erweiterung der Sachverhaltsgrundlage bedarf es nicht, weil die in der Revision gewünschten ergänzenden Feststellungen ohnehin vorliegen oder unerheblich sind.

3. Bei ihrem Vorwurf an den Beklagten, er habe die sofortige Einverleibung des Eigentums der Käufer trotz des Einverständnisses des Verkäufers dazu vor Leistung des Kaufpreises unterlassen, lässt die Klägerin den dem Beklagten im Kaufvertrag vom 16. Oktober/20. November 1997 „unwiderruflich" erteilten Treuhandauftrag außer Acht. Demnach hat nämlich der Kaufpreis beim Beklagten erlegt zu werden, der ihn an den Verkäufer auszubezahlen hat, „sobald die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käuferseite entsprechend den Bestimmungen dieses Vertrags gewährleistet ist". Die Punkte 5. und 6. dieses Kaufvertrags sehen eine lastenfreie Übertragung des Eigentums am Kaufgegenstand vor. Der Treuhandauftrag muss daher so verstanden werden, dass der Beklagte an den Käufer nur auszahlen darf, sobald eine lastenfreie Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer gewährleistet ist. Dementsprechend hat die Klägerin die Notwendigkeit der Zahlung des Kaufpreises für die Lastenfreistellung der Liegenschaft zugestanden.

Wer einen Geldbetrag in Wahrung der Interessen zweier Personen in Verwahrung nimmt (oder nehmen soll), ist Treuhänder beider Teile (RIS‑Justiz RS0010452). Bei einem mehrseitigen Treuhandverhältnis hat der Treuhänder die - gegensätzlichen - Interessen aller Treugeber bestmöglich zu wahren (RIS‑Justiz RS0107334). Einer nachträglichen Weisung, die nur von einem Treugeber ausgeht, sachlich ungerechtfertigt ist und den anderen Treugeber belastet, darf der Treuhänder beider Vertragsteile nicht nachkommen (RIS‑Justiz RS0010417; RS0112065).

Dem Beklagten war demnach ein Abgehen von dem an ihn unwiderruflich erteilten Treuhandauftrag, vor der Auszahlung des (restlichen) Kaufpreises für den lastenfreien Eigentumserwerb der Käufer zu sorgen, allein aufgrund der Zustimmung des Verkäufers zu einer Eigentumseinverleibung vor Erlag des Kaufpreises nicht möglich. Die diesfalls unterbleibende Lastenfreistellung des Kaufobjekts hätte ja zur Belastung der Käufer in der Form geführt, dass sie eine mit einem Pfandrecht belastete Liegenschaft erworben und das Risiko der Lastenfreistellung selbst zu tragen gehabt hätten. Die somit erforderliche Zustimmung der Käufer zum Abgehen vom im Kaufvertrag erteilten Treuhandauftrag wurde aber von der Klägerin gar nicht behauptet.

4.1. Zum Zweck der Abwicklung eines Liegenschaftskaufvertrags hat der Treuhänder für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglich übernommenen Aufgaben einzustehen, nicht jedoch gehört es zu seinen Obliegenheiten als Treuhänder, das gültige Zustandekommen des Vertrags oder dessen Weiterbestehen zu garantieren (RIS‑Justiz RS0104573). Der mehrseitige Treuhänder darf keine Erhöhung des Risikos für einen oder mehrere Treugeber herbeiführen. Es kann ihn auch die vertragliche Nebenpflicht treffen, dem Treugeber für diesen relevante Informationen zukommen zu lassen. Die Verletzung von Informations‑(Aufklärungs‑)pflichten des Treuhänders macht ihn für einen ursächlich herbeigeführten Vertrauensschaden des Treugebers ersatzpflichtig (RIS‑Justiz RS0010453; RS0112065). Der Treuhänder hat gegebenenfalls die Treuhandschaften niederzulegen, wenn sich ein Spannungsverhältnis zwischen der Aufklärungspflicht gegenüber einem Treugeber und der Verschwiegenheitspflicht gegenüber einem anderen ergibt und diese Interessenkollision nicht behoben werden kann (1 Ob 68/07t). Welche Interessen der Treuhänder gegenüber einem bestimmten Treugeber zu wahren hat, bestimmt sich in erster Linie nach Inhalt und Zweck des ihm erteilten Treuhandauftrags (6 Ob 262/99v = RIS‑Justiz RS0112065 [T1] = RS0107334 [T2]; 7 Ob 119/05a).

4.2. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dem Beklagten (seinem Konzipienten) könnte allenfalls eine Verletzung der Pflicht zur Information der Klägerin vorgeworfen werden, ist nicht korrekturbedürftig:

Nach dem Inhalt der Erklärung des Beklagten vom 20. Jänner 1998 hat dieser zunächst festgehalten, die grundbücherliche Durchführung der beschriebenen Liegenschaftskaufverträge erfolge durch seine Kanzlei. Im Weiteren hat er die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käufer und des Pfandrechts für die Bausparkasse im zweiten Geldrang angekündigt, allerdings erst, sobald sämtliche Unterlagen und alle Voraussetzungen dafür vorliegen würden. Schon nach dieser Textierung ist klar, dass zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung weder sämtliche Unterlagen noch alle (anderen) Voraussetzungen für die Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer vorlagen; weiters durfte die Klägerin diese Erklärung nur dahin verstehen, dass der Beklagte zusagte, nach dem Vorliegen der derzeit fehlenden Voraussetzungen die grundbücherlichen Schritte zu unternehmen; keinesfalls kann jedoch aus dieser Formulierung abgeleitet werden, der Beklagte habe sich der Klägerin gegenüber zur Schaffung der noch fehlenden Voraussetzungen (vor allem für die [Betreibung der] Zahlung des Kaufpreises durch die Käufer zu sorgen) verpflichtet. Beim Kaufvertrag über die Liegenschaft handelte es sich um ein Rechtsgeschäft, an dem die Klägerin weder als Vertragspartei noch als Finanziererin beteiligt war; daher wurde sie auch nicht Partei der im Kaufvertrag enthaltenen Treuhandvereinbarung, sodass sie aus dieser keine Ansprüche erheben kann.

Ebenso wenig kann der Erklärung entnommen werden, der Beklagte habe es gegenüber der Klägerin bedingungslos übernommen, einen Treuhandauftrag der Bausparkasse vor dem Vorliegen aller Voraussetzungen dafür (vgl den Rat der Bausparkasse in den Schreiben an den Beklagten vom 2./3. März 1998, die Treuhandverpflichtung erst nach beglaubigter Unterfertigung unter anderem der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde anzunehmen) und für die Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer anzunehmen. Daher muss auch die Erfüllung der - eine Treuhandvereinbarung zwischen der Klägerin und der Bausparkasse voraussetzenden - treuhändigen (im letzten Absatz der Erklärung vom 20. Jänner 1998 gegenüber der Klägerin eingegangenen) Verpflichtung, nach Einlangen der Darlehensvaluta von der Bausparkasse daraus 3,5 Mio S an die Klägerin zu überweisen, als von dem Umstand abhängig abgegeben gesehen werden, dass (auch) alle Voraussetzungen für die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käufer vorliegen. Auch daraus lässt sich eine gegenüber der Klägerin bestehende Pflicht des Beklagten zu einem Tätigwerden gegenüber den mit den Kaufpreiszahlungen und Urkundenunterfertigungen säumigen Käufern nicht ableiten.

Allein aus dem (aufgrund der Mitteilung des Mitarbeiters der Klägerin vor Abgabe der Erklärung durch den Beklagten vom 20. Jänner 1998) erkennbaren Zweck der Einschaltung des Beklagten als Treuhänder für die Klägerin - Absicherung einer Kreditfinanzierung der Klägerin gegenüber dem Bauträger durch unmittelbaren Erhalt der Bauspardarlehensvaluta im Umfang von 3,5 Mio S - könnte eine Nebenpflicht des Beklagten angenommen werden, die Klägerin vom Nichteintritt der Voraussetzungen für die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käufer zu informieren. Ob eine solche Informationspflicht des Beklagten hier anzunehmen ist, braucht - aus noch später darzulegenden Gründen - an dieser Stelle jedoch nicht weiter erörtert zu werden.

5. Die vom Berufungsgericht angenommene Unbeachtlichkeit der Mitwirkung des Beklagten (seines Konzipienten) an der Erstellung des Kaufvertrags vom 3. November 1998 erweist sich auch aus folgenden Überlegungen als vertretbar:

Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Klägerin scheitert auch an der fehlenden Kausalität eines solchen, allenfalls gegebenen Fehlverhaltens. Der Beklagte hat nämlich zu Recht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die den Käufern von der Bausparkasse gegebenen Darlehenszusagen, die - unbestritten - auch der Klägerin übermittelt wurden, davon abhängig waren, dass die Beschaffung der Eigenmittel bzw die Auszahlung des Zwischendarlehens bis spätestens 30. Juni 1998 erfolgte. Die Darlehenszusagen der Bausparkasse waren daher unter der Bedingung abgegeben, dass die Beschaffung der Eigenmittel oder die Auszahlung des Zwischendarlehens bis spätestens 30. Juni 1998 erfolgt. Da es dazu nicht kam, verfügten die Käufer ab 1. Juli 1998 nicht mehr über wirksame Darlehenszusagen der Bausparkasse; ihre - zur Sicherheit der Klägerin - an diese abgetretenen Darlehensansprüche waren daher mit diesem Zeitpunkt erloschen, was den Ausfall der von der Klägerin vorgesehenen Sicherheit bedeutete. Ob die Klägerin die Bausparkasse zu einer Verlängerung der Bindungsfrist für die Darlehenszusagen bewegen hätte können, braucht nicht näher untersucht zu werden, weil die Klägerin ungeachtet des ausdrücklichen Hinweises des Beklagten auf den Termin 30. Juni 1998 dazu keinerlei Vorbringen erstattete.

Mit 1. Juli 1998 verfügte daher die Klägerin nicht mehr über die den Gegenstand dieses Verfahrens bildende Sicherheit wegen Ablaufs der Bindungsfrist der Bausparkasse, sodass allfällige spätere Verfehlungen des Beklagten (seines Konzipienten) als Treuhänder keinen kausalen Einfluss mehr auf den Ausfall dieser Sicherheit der Klägerin nehmen konnten. Für die Verantwortlichkeit des Beklagten kommt es daher gar nicht darauf an, ob die Einverleibung des Eigentumsrechts an der Liegenschaft für die Käufer dadurch unmöglich wurde, weil der Konzipient den Kaufvertrag vom 3. November 1998 entworfen hat oder weil es erst am 30. November 1998 zu einem Rücktritt des Verkäufers vom Liegenschaftskaufvertrag kam.

6.1. Nicht nachvollziehbar ist der Vorwurf der Klägerin an die Vorinstanzen, sie hätten zu Unrecht auf den Verschuldenseinwand des Beklagten Bedacht genommen, weil dieser unsubstanziiert geblieben sei.

Der Beklagte hat nämlich den ausdrücklichen Einwand erhoben, die Klägerin treffe so hohes Eigenverschulden, dass „Kulpakompensation" eingetreten sei, und die Klägerin trage den Schaden grundsätzlich selbst wegen der lockeren Kreditvergabepraxis ihres Mitarbeiters. Am Vorwurf des Alleinverschuldens der Klägerin kann daher nicht ernstlich gezweifelt werden. In diesem Sinn hat sie umfangreiches Vorbringen erstattet, dem sich die Behauptung des Alleinverschuldens der Klägerin entnehmen lässt. Das genügt nach der ständigen Rechtsprechung, die gar nicht die ausdrückliche Geltendmachung eines Mitverschuldens der Klägerin verlangt (RIS‑Justiz RS0027103). Zusammengefasst wirft der Beklagte der Klägerin zum einen einen völlig sorglosen Abschluss des Kreditvertrags mit dem Bauträger samt Auszahlung der Kreditvaluta trotz Fehlens ausreichender Sicherheit(en) und zum anderen Nachlässigkeiten nach Kenntnis von der Säumigkeit der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises für die Liegenschaft vor.

6.2. Unter den besonderen Umständen des Einzelfalls ist das Ergebnis des Berufungsgerichts, der vorwerfbaren Sorglosigkeit der Klägerin in eigenen Angelegenheiten komme ein solch übermäßiges Gewicht zu, dass der allfällige geringfügige Sorgfaltsverstoß des Beklagten/seines Konzipienten völlig in den Hintergrund trete und deshalb vernachlässigt werden könne (vgl RIS‑Justiz RS0027202), durchaus zu billigen.

6.2.1. Dem Schreiben des Verkäufers an die Klägerin vom 20. Jänner 1998 war für die Klägerin bei der Bewilligung des Kredits an den Bauträger zu entnehmen, dass die Käufer mit der vereinbarten Zahlung des Kaufpreises säumig waren, ihnen diese bis 1. März 1998 gestundet wurde und noch nicht entrichtet war. Nach dem weiteren Inhalt dieses Schreibens sollte der Liegenschaftskaufpreis aus den bereits bewilligten Darlehen der Bausparkasse geleistet werden, also aus der Darlehensvaluta im Gesamtausmaß für alle drei Käufer von ca 3,8 Mio S. Davon waren bereits 3,5 Mio S für die Klägerin vorgesehen, sodass für die Bezahlung des Liegenschaftskaufpreises von 1,3 Mio S nur mehr ca 300.000 S zur Verfügung gestanden wären. Die Klägerin hatte deshalb von einem Finanzierungsbedarf von ca 1 Mio S auszugehen. Die Annahme, die Zahlung des Liegenschaftskaufpreises sei gesichert und die Abwicklung (vor allem die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käufer) werde zügig und planmäßig vorgenommen werden, war demnach keinesfalls gerechtfertigt. Vielmehr musste ihr dies angesichts der bereits eingetretenen Säumigkeit der Käufer und der vom Verkäufer angekündigten Art und Weise der Finanzierung als höchst fragwürdig und zweifelhaft erscheinen.

Der Klägerin war zum Zeitpunkt der Bewilligung der Kreditvergabe Ende Jänner 1998 und auch während der Auszahlung der Kreditvaluta zu etwa 85 % im Zeitraum bis 1. März 1998 ebenso die Notwendigkeit der Zahlung des Kaufpreises für die Lastenfreistellung der Liegenschaft bekannt. In Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht musste sie als Expertin in Finanzierungsfragen nach den üblichen Gepflogenheiten annehmen, dass Lastenfreiheit als Voraussetzung für den Eigentumserwerb der Klägerin im Kaufvertrag vereinbart wurde, also die Bezahlung des Kaufpreises (zumindest im für die Lastenfreistellung erforderlichen Umfang) Voraussetzung dafür ist. Die Erklärung des Verkäufers, trotz Nichtbezahlung des gesamten Kaufpreises keine Einwände gegen die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käuferseite zu haben, ändert daran - wie bereits zu Punkt 3. ausgeführt - nichts.

Zutreffend verweist das Berufungsgericht auch darauf, Sicherheit hätte die Klägerin erst mit Einverleibung der Pfandrechte zugunsten der Bausparkasse erlangt; Voraussetzung dafür ist naturgemäß die Einverleibung des Eigentums der Käufer an der Liegenschaft, sodass eine frühere Auszahlung der 3,5 Mio S durch den Beklagten an die Klägerin ausgeschlossen war. In diesem Sinn steht ohnehin zur Vereinbarung zwischen den Streitteilen fest, die Rückführung des an den Bauträger gewährten Darlehens an die Klägerin sollte durch den Beklagten erst nach Einverleibung des lastenfreien Eigentumsrechts und nach Einverleibung des Pfandrechts zu Gunsten der Bausparkasse erfolgen.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass bei Kreditvergabe an den Bauträger und Auszahlung der Kreditvaluta zu etwa 85 % (3 Mio S) an diesen bis 1. März 1998 es der Klägerin keinesfalls gesichert, sondern höchst zweifelhaft erscheinen musste, ob der Beklagte je in die Lage kommen wird, die allein der Klägerin Sicherheit bietende Auszahlung der 3,5 Mio S an sie vorzunehmen; es war weder das Fundament für die Wirksamkeit der vereinbarten Sicherheit, nämlich die Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer an der Liegenschaft aufgrund des Kaufvertrags vom 16. Oktober/20. November 1997, noch die weitere Voraussetzung der Unterfertigung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde durch die Käufer in irgend einer geeigneten Weise sichergestellt. Dazu bedurfte es keiner Warnung durch den Beklagten gegenüber der sachkundigen Bank, weil er auch beim Abschluss des Kreditvertrags von der Klägerin nicht beigezogen wurde.

6.2.2. Das alles gilt auch für die Zeit nach dem 1. März 1998 und daher auch für die letzte Auszahlung von 500.000 S am 4. März 1998, weil die Klägerin auch damals keinen Anlass für eine günstigere Einschätzung der Situation hatte. Vielmehr war ja aus dem Grundbuch für sie leicht feststellbar, dass eine Verbücherung des Eigentumsrechts der Käufer noch nicht stattgefunden hat.

Dennoch blieb die Klägerin weiter zur Gänze passiv, obwohl den - wenn auch kryptischen - Mitteilungen des Konzipienten (dennoch) jedenfalls zu entnehmen war, dass von einer (ohnehin schon ursprünglich nicht gesicherten) planmäßigen Abwicklung (auch weiter) keine Rede sein konnte. Abgesehen davon belegen die Urgenzen des Verkäufers bei der Klägerin, die Finanzierung des Kaufpreises zu übernehmen, die (weitere) Säumigkeit der Käufer mit der Kaufpreiszahlung für die Liegenschaft über den 1. März 1998 hinaus. Spätestens seit Anfang März 1998 war der Klägerin wegen des Erhalts der entsprechenden Schriftstücke auch die Abhängigkeit der Wirksamkeit der Darlehenszusagen der Bausparkasse an die Käufer von der Beschaffung der Eigenmittel oder der Auszahlung des Zwischendarlehens bis 30. Juni 1998 bekannt. Es standen ihr deshalb nur knapp vier Monate zur Verfügung, um die Darlehenszusagen ausnützen zu können, wobei dieser Zeitpunkt mit der Fälligkeit der Rückzahlung des Kredits durch den Bauträger zusammenfiel. Die Klägerin war deshalb von sich aus und eigenständig dringend gehalten, all jene Maßnahmen zu ergreifen, die sie nach entsprechender Information durch den Beklagten gesetzt hätte. Weiters stand der Klägerin die Möglichkeit offen, zu den Käufern Kontakt aufzunehmen, mit denen sie wegen der Abtretung deren Darlehensansprüche in rechtsgeschäftlichem Kontakt stand; genauso gut hätte sie die Verbindung zum Verkäufer nutzen können, aber auch ihre Nahebeziehung zur Bausparkasse und/oder anderen nahestehenden Unternehmen. Ungeachtet dessen verließ sich die Klägerin - im Widerspruch zum Wortlaut der vom Beklagten ihr gegenüber abgegebenen Treuhanderklärung - zu Unrecht blind darauf, der Beklagte werde alles für sie zur Erreichung der Wirksamkeit der von ihr erdachten Sicherheit Notwendige - noch dazu unentgeltlich (!) - erledigen, obwohl ihr die nach wie vor unterbliebene Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer ständig aus dem Grundbuch offenbar sein musste.

6.3. Dieser über mehrere Monate anhaltenden Sorglosigkeit der Klägerin in der Wahrung ihrer eigenen Interessen bei ihrer Geschäftstätigkeit sowohl im Zusammenhang mit der Vergabe und Auszahlung des Kredits an den Bauträger, als auch danach, steht die allfällige Verletzung der Nebenpflicht des Beklagten aus dem Treuhandvertrag gegenüber, die Klägerin darüber zu informieren, es sei keine rechtzeitige Kaufpreiszahlung durch die Käufer erfolgt, weshalb eine Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer und des Pfandrechts für die Bausparkasse an der Liegenschaft nicht möglich sei. Selbst wenn man eine solche Pflichtenverletzung annehmen wollte, käme ihr völlig untergeordnete Bedeutung zu, weil die Klägerin ohnehin ‑ wie oben dargestellt - über entsprechende Kenntnisse verfügte, aus denen sie die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen gehabt hätte. Dem Beklagten stand nämlich als Treugeberin kein bei den im konkreten Zusammenhang zu lösenden Fragen völlig unerfahrener Vertragspartner gegenüber, sondern eine sachkundige, ständig mit Finanzierungen und ihren Absicherungen befasste Bank, die sich der Problematik von vornherein bewusst sein musste oder hätte sein müssen.

Die Ablehnung einer Schadensteilung durch das Berufungsgericht hält sich daher in einem durchaus vertretbaren Rahmen.

6.4. Die Verneinung einer Haftung des Beklagten für eine allfällige Verletzung einer Informationspflicht gegenüber der Klägerin auf der Ebene des Verschuldens erübrigt eine Prüfung der Kausalität einer solchen Pflichtenverletzung.

7. Die Zurückweisung der außerordentlichen Revision bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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